16. Kapitel - Please don't drive at eighty- eight
12. November 1955, Samstag 21:28 Uhr
Kichernd ging ich wieder in den Backstagebereich, blieb aber verwirrt stehen. Vor mir stand Marty, was eigentlich nicht verwunderlich sein sollte, aber er sah anders aus. Er hatte seine normale Jeans und ein rotes T-Shirt an. Darüber trug er eine schwarze Lederjacke und einen schwarzen Hut.
Eine Ahnung überkam mich. Das war nicht mein Marty. Zumindest noch nicht.
Er bemerkte mich und erstarrte auch kurz bevor er mich lächelnd musterte. Er kam auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen. Ich konnte mich nicht bewegen. Er war es! Aber irgendwie auch nicht...
„Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, habe ich mir gedacht... wer auch immer dieses bezaubernde und überaus lästige Mädchen ist... ich werde mein restliches Leben mit ihr verbringen"
Er beugte sich runter und hauchte einen Kuss auf meine Lippen. Ich war immer noch erstarrt, aber dennoch breitete sich ein leichtes Lächeln auf meinem Gesicht aus, als er sich wieder etwas entfernte.
„Wie?"
Mir entkam nur ein Wispern, aber er verstand mich anscheinend dennoch.
„Wirst du schon sehen"
Er zwinkerte mir noch zu und rannte dann an mir vorbei. Immer noch verdattert starrte ich ihn nach und bemerkte so meinen Marty gar nicht, wie er auf mich zukam.
„Daisy? Alles ok?"
„Huh?"
Ich drehte mich zu ihm um und musterte ihn. Eindeutig mein Marty.
„Alles in Ordnung? Bist du sauer? Es tut mir wirklich leid. Ich weiß wir sollten nicht trödeln. Ich musste einfach..."
„Alles ok", grinste ich und griff nach seiner Hand.
Erleichtert seufzte er und nickte dann schnell.
„Aber wir sollten uns beeilen", fügte ich noch hinzu.
Wieder nickte er und verschränkte unsere Finger, bevor er mich in dieselbe Richtung zog, wohin auch der andere Marty verschwunden war. Wir verließen den Backstagebereich und gingen eine Treppe hinunter.
Dort befanden sich zwei Türen. Eine führte nach draußen und die andere zurück in den Turnsaal. Beim Turnsaal stand Lorraine und wir wurden wieder langsamer.
Lächelnd musterte sie unsere Hände und versuchte Martys Auftritt zu komplimentieren. Danach erklärte sie, dass George sie nach Hause bringen würde.
Marty freute sich für sie, was sie zum Lächeln brachte. George stand etwas hinter ihr. Ich warf ihm ein anerkennendes Lächeln zu, was ihn etwas größer werden ließ.
„Also ich verschwinde dann jetzt, aber ich wollte euch nur sagen, dass war für mich alles sehr aufschlussreich"
Ich schmunzelte über den Satz und zog leicht an Martys Arm, um ihn zu zeigen, dass wir langsam losmussten.
„Sehen wir uns jemals wieder?"
Lorraine schaute fragend zwischen mir und Marty hin und her. Lächelnd nickte ich und Marty antwortete: „Das garantier ich dir"
George bedankte sich noch bei Marty und er verabschiedete sich von seinen Eltern. Ich zog ihn die restlichen Treppen runter, aber er blieb noch einmal stehen und drehte sich um.
„Achso...da ist noch was. Für den Fall, dass ihr beide mal Kinder habt und eines davon als Achtjähriger ausversehentlich einen Wohnzimmerteppich in Brand steckt... nehmt ihn nicht zu hart dran"
Ich hob meine Augenbraue und zog Marty wieder weg von seinen Eltern. Ich stieß die Tür auf und rannte mit Marty an irgendjemanden vorbei. Ich schenkte demjenigen aber keine Beachtung. Stattdessen zog ich Marty zu dem Wagen meines Dads und fragte belustigt: „Wie zum Teufel hast du einen Wohnzimmerteppich in Brand gesteckt?"
Marty lachte verlegen als er den Kofferraum des Wagens öffnete und mir meine eigentlichen Klamotten reichte.
„Streichhölzer"
Lächelnd schüttelte ich den Kopf und ging dann um den Wagen herum. Schnell musterte ich den Parkplatz und stellte zufrieden fest, dass bis auf Marty und mir keiner in der Nähe war.
Zuerst zog ich mir die Schuhe aus und schlüpfte in meine Jeans. Danach schälte ich mich aus dem Kleid und zog mir blitzschnell mein Shirt an. Danach zog ich mir noch meine Bluse und meine Jeansjacke drüber an und schlüpfte in meine Sportschuhe.
Marty zog sich gerade seine Weste an, als ich mein Kleid in den Kofferraum schmiss und mich hinters Lenkrad setzte. Marty schloss den Kofferraum und schmiss sich dann in den Beifahrersitz. Sobald die Tür geschlossen war, gab ich gas.
Wir brauchten nicht lange, bis ich eine Vollbremsung im Stadtzentrum hinlegte und aus dem Auto sprang.
„Ihr seid spät dran!", begrüßte uns mein Dad.
Ich rannte sofort zum DeLorean und entfernte mit Marty die Abdeckung.
Marty ging auf die Sticheleien meines Dads nicht ein sondern erzählte stattdessen, dass sein Dad Biff umgehauen hatte.
„Ich wusste nicht, dass er das in sich hat. Er hat Biff nie die Meinung gesagt!", führte Marty zu ende und reichte meinen Dad das Foto von ihm und seinen Geschwistern.
„Niemals?", fragte mein Dad und riss die Augen auf.
„Nein? Wieso? Was ist denn jetzt?"
Mein Dad winkte ab und gab Marty das Foto zurück. Wir rannten zum DeLorean und mein Dad erklärte uns, wann wir wieder in unserer Zeit ankommen würden. Genau in dem Moment, indem wir in die Vergangenheit gereist waren.
„Als ob ihr nie weggewesen wärt", grinste mein Dad und stieg wieder aus dem DeLorean aus. Danach erklärte er uns, wo wir hinfahren mussten, und drückte mir einen Wecker in die Hand. Wenn der läutete, mussten wir losfahren.
„Tja. Ich glaube das wäre dann alles", lächelte mein Dad.
Ich umarmte ihn und Marty bedankte sich bei ihm.
„Ich danke euch"
Danach umarmte auch Marty ihn.
„Wir sehen uns in etwa dreißig Jahren!"
Ich lächelte und ging um den DeLorean herum. Ich wollte gerade auf der Beifahrerseite einsteigen, da zog mein Dad den Brief von Marty und mir heraus.
„Was hat das zu bedeuten?"
„Das erfährst du in dreißig Jahren", antwortete Marty, aber mein Dad raufte sich die Haare und fing an sich aufzuregen. Marty sprang wieder aus dem DeLorean und ich stürmte auf meinen Dad zu.
„Das könnte grauenvolle Konsequenzen nach sich ziehen!"
„Das ist ein Risiko was du eingehen musst!", versuchte ich meinen Dad zur Vernunft zu bringen.
Ich erstarrte, als mein Dad den Kopf schüttelte und den Brief zerriss. Ich hörte wieder die Schüsse. Ich sah wieder, wie mein Dad tot zu Boden fiel.
Zum Glück schaltete Marty aber nicht ab. Er wollte es meinen Dad sagen, aber ein Blitz schlug in den Baum neben uns ein und ein Ast trennte das Kabel ab.
„Grundgütiger!", fluchte mein Dad und packte ein Seil.
„Ihr holt das Kabel! Ich werfe das Seil von oben runter"
Marty stimmte zu und rannte zum Kabel. Als mein Dad das Seil runterwarf, band Marty es an das Kabel und mein Dad zog es hoch.
„Wir müssen es ihm irgendwie sagen!", versuchte ich über den Sturm hinweg Marty zuzuschreien. Der nickte und richtete seinen Blick nach oben.
Marty schrie und mein Dad versuchte ihn tatsächlich zu verstehen, aber als die Glocken der Uhr läuteten rutschte mein Dad ab und baumelte nun in der Luft.
„Dad!"
Er schaffte es sich wieder hochzuziehen, aber schrie uns nun zu, dass wir losmussten.
„Doc! Nein!"
„Los! Ihr habt nicht einmal mehr vier Minuten!"
Marty fluchte und zog mich dann hinter sich her. Er stieß mich auf den Beifahrersitz, schlitterte dann über den DeLorean auf die andere Seite und stürzte sich in den Wagen. Wir schlossen die Türen und Marty fuhr los.
Sofort stellte ich eine neue Zeit ein.
„Was machst du?"
„Wenn er zu Stur ist, um sich so warnen zu lassen, kommen wir halt etwas früher an"
„Gott ich l... du bist ein Genie"
Ich lächelte kurz, quietschte aber auf, als Marty über die Startlinie fuhr und eine 180° Drehung hinlegte. Er sprang aus dem Wagen, montierte die Antenne und setzte sich wieder hinters Steuer.
„Das wird klappen", versicherte Marty.
„Ich weiß"
„Ich sags mehr für mich", gestand er und trommelte mit den Fingern am Lenkrad.
Schnell griff ich nach seiner Hand und drückte sie.
„Es wird funktionieren"
Er drückte meine Hand zurück und nickte hektisch.
Danach schaute er sich im Auto um.
„Die Zeitleitung ist eingeschalten. Der Flux Kompensator..."
Er drehte sich um und machten eine Pause.
„Fluxuiert?"
Ich lachte kurz auf, hörte aber sofort wieder auf, als der Motor abstarb.
„Nein bitte nicht"
Auch Marty verzweifelte nun und versuchte den Motor wieder zu starten.
„Nein! Nicht schon wieder. Du musst doch jetzt anspringen. Spring an! Mach schon!"
Es tat sich gar nichts, dafür klingelte jetzt der Wecker. Marty und ich wechselten einen verzweifelten Blick. Frustriert schlug Marty mit der Hand aufs Lenkrad und schließlich auch mit seinen Kopf.
Wie ein Wunder startete der Motor und Marty richtete sich mit aufgerissenen Augen wieder auf.
„Fahr!"
Er gab gas und ich wurde leicht in den Sitz zurückgepresst. Mein Blick wanderte immer wieder zwischen der Geschwindigkeitsanzeige und der Straße hin und her.
„Bitte bitte bitte", murmelte ich leise und hielt mich an meinen Sitz fest.
Marty schaltete und wurde immer schneller.
61...70...75...
Marty schaltete wieder und mein Griff wurde fester. Wir rasten direkt auf das gespannte Kabel zu.
78...83...88!
Ich kniff die Augen zusammen. Ein Schütteln ging durch den DeLorean, bevor ein Aufprall uns abrupt abstoppte.
Ich riss meine Augen wieder auf und bemerkte, dass wir voll in das Kino gerast waren.
„Geht es dir gut?", konnte ich Marty neben mir fragen hören.
„Alles gut. Bei dir?"
Er nickte und fuhr dann langsam rückwärts aus dem Kino. Er blieb auf der Straße stehen und wir stiegen beide aus.
Ich verstand Martys Gebrabbel nicht, aber ich verstand was passiert war. Es hatte funktioniert! Alles sah wieder so wie früher aus. Oder später besser gesagt.
„Es hat geklappt... Es hat geklappt!", jubelte ich und schmiss mich in Martys Arme. Der lachte auf und drückte mich.
„Wir müssen uns beeilen", stellte Marty klar und ich löste mich schnell wieder.
Wir sprangen wieder in den Wagen, aber er startete erneut nicht.
„Hau wieder deinen Kopf gegen das Lenkrad!", schlug ich vor und kassierte dafür einen bösen Blick.
Nach einem kurzen Zögern befolgte er aber tatsächlich meinen Vorschlag. Er gab einen Schmerzenslaut von sich, aber der Motor blieb still.
Ein Auto quietschte neben uns und wir sprangen aus dem Wagen.
„Die Libyer", keuchte Marty und zog mich dann hinter sich her.
Wir verfolgten den Wagen, waren aber dennoch viel zu langsam.
„Renn voraus! Du bist schneller", keuchte ich.
Zum Glück zögerte Marty nicht, sondern ließ mich sofort los und wurde schneller. Beim Schild zur Mall holte ich ihn aber wieder ein.
Mein Dad stand den Libyern direkt gegenüber. Und wir waren zu weit weg, um auch nur irgendetwas ausrichten zu können.
Bevor ich etwas machen konnte, schob sich Marty vor mich und drückte mir seine Hand vor die Augen. Ich hörte den Schuss, aber ich sah es nicht. Erneut rannten mir Tränen über das Gesicht und ich vernahm mein und Martys Geschrei nur dumpf.
Marty drehte mich so, dass ich von der Mall wegschaute und drückte mich an sich. Ich klammerte mich an ihn fest und schluchzte. Schützend legte er seine Arme um mich. Er sah es. Er sah alles erneut. Und ich versteckte mich feige bei ihm.
Ich konnte einfach nicht hinschauen. Nicht, bis es vorbei war.
Ich hörte den DeLorean verschwinden und löste mich aus Martys Umarmung. Auch ihm rannten Tränen über das Gesicht. Wir stolperten den Hang hinunter und rannten auf meinen Dad zu.
„Doc!"
„Dad!"
Ich warf mich neben ihn und starrte in sein ausdrucksloses Gesicht.
„Nein. Nein nein nein nein nein..."
Marty zog mich etwas weg und ich warf mich erneut in seine Umarmung. Ich weinte. Und ich hörte, dass er auch weinte.
Ich hörte etwas hinter uns und wir beide zuckten zusammen und drehten uns um. Mein Dad richtete sich gerade auf und starrte uns verdattert an.
„Du lebst?"
Ich konnte es nicht glauben. Ich schnappte über. Nach der Woche und allem was passiert war schnappte ich nun endgültig über.
Immer noch mit aufgerissenen Augen öffnete mein Dad seinen weißen Anzug und zeigte uns eine schusssichere Weste.
„Woher wusstest du das?", fragte Marty fassungslos.
Lächelnd zog mein Dad den Brief, den er eigentlich zerrissen hatte, hervor und reichte ihn Marty. Er war an den zerrissenen Stellen wieder zusammengeklebt worden.
Während Marty den Brief betrachtete warf ich mich weinend auf meinen Vater. Ich zog ihn in eine feste Umarmung, die er auch erwiderte.
Ich löste mich zwar wieder von meinen Dad, aber entfernte mich nur ein bisschen.
„Was sollte das ganze Gerede? Das man sich nicht in zukünftige Ereignisse einmischen darf? In die Zeit-Raum-Kontinuität?"
„Naja, ich dachte mir... scheiß drauf!"
Nun zog Marty meinen Dad in eine Umarmung, die mein Dad wieder lächelnd erwiderte.
Wir hatten es geschafft! Wir hatten es wirklich geschafft!
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