Rot und Blau

Ein blaues Flämmchen spiegelte sich in dem kleinen, gläsernen Kaffeetisch und verschwand kurz darauf in der Dunkelheit des Zimmers. Grauer Rauch stieg über dem ausgebreiteten Sofa hinauf, auf dem zwei ineinander gekuschelte junge Männer lagen. Ein unangenehmer Geruch umspielte die Nase des Älteren, trotzdem fuhr er mit seiner Tätigkeit fort und zog immer wieder an dem Glimmstängel. Nebenbei streichelte er den Kopf des auf seiner Brust schlafenden Blonden.

Nach einiger Zeit der Entspannung löschte er den Joint und warf den Stummel kurzerhand irgendwo hinter sich. Vorsichtig zupfte er an einzelnen Federn des Helden – wie er irgendwann festgestellt hatte, waren diese ganz weich und flauschig. Langsam schob er seine Hand hinauf und gelangte schlussendlich an dem Gesicht des Blonden an. Zärtlich strich er ein paar verirrte, blonde Strähnen hinter sein Ohr. Als Antwort bekam er lediglich ein Murren seitens des schlafenden Partners, was bewirkte, dass der Schwarzhaarige leicht lächelte.

Den angenehmen, wie auch warmen Zustand, unterbrach plötzlich ein lautes Geräusch, es war der starke Wind, der kräftig gegen das Fenster und den Rest des Gebäudes schlug. Daraufhin drückte der Ältere den Geflügelten nur noch näher an sich heran, bedeckte sich, wie auch ihn, mit der blauen, weichen Decke. Nach wenigen Minuten driftete auch er in das Land der Träume ab, ohne dem Lärm weitere Beachtung zu schenken.


~ ~ ~

Der Geflügelte, nein Keigo besaß keine Flügel mehr, genauso wenig wie den Heldenstatus. Dennoch änderte es nichts. Trotz seiner kurzen Karriere, besaß er viele Fans, die selbst nach dem Vorfall von damals an seiner Seite blieben. Natürlich wollte er die Zeit zurückdrehen, doch er wusste genau, dass das nicht möglich war.

Oder etwas doch? Vielleicht besaß jemand so eine Spezialität? Doch selbst wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, er würde nicht mehr in seine Wirklichkeit zurückkehren können. Es wäre eine andere, die, welche gewesen war, dennoch eine andere. Nicht die seine. Es war kompliziert und der Blonde möchte keine komplizierten Dinge. Weshalb er nicht weiter darüber nachdenken wollte und es dabei beließ.

Er steuerte die Richtung an, in der seine Wohnung lag, trank genüsslich den zuvor gekauften Kaffee und schob sich die Sonnenbrille auf die Nase. In seinen Ohren die Musik, die aus den kleinen, kaum sichtbaren Bluetooth Kopfhörern erklang. Als er vor dem Gebäude stehen blieb, spürte er den kalten, wenn auch bekannten Blick auf sich ruhen.

Ruckartig drehte Keigo sich um, er hatte nicht erwartet, ihn noch einmal in seinem Leben wiederzusehen. Diesen verfluchten, Schwarzhaarigen, dank dem er seine Flügel verloren und der ihm das Herz in tausend Teile zerschlagen hatte.

Laut schluckte er, drückte den Pappbecher mit dem halb ausgetrunkenen Inhalt zusammen. Leicht blickte er zur Seite, versuchte zu lächeln, jedoch konnte er es nicht. Er konnte ihm nicht einmal direkt in die Augen schauen. Wegen dem, was er ihm angetan hatte, auch wenn er selbst nicht ganz unschuldig war.

Angezogen in ein weißes Hemd, eine löchrige, schwarze Jeans und schlichte, ebenfalls schwarze Stiefel. Plötzlich hustete der Dunkelhaarige theatralisch, wollte die Aufmerksamkeit seines ehemaligen Partners wieder auf sich lenken.
»Lange nicht gesehen, Keigo«, begann er mit einem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen.

»Bist du gekommen, um das zu beenden, was du damals nicht beendet hast und mich töten? Mein restliches Vermögen an dich reißen und dich über mich lustig machen?«, gab er zurück, dabei stets bemüht, seinen Blick irgendwo zu halten, nur nicht auf Dabi. »Oder vielleicht alles zusammen?«

Touya lachte als Antwort, doch kehrte kurz darauf wieder zu ihrem Gespräch zurück.
»Ich bin nur gekommen, um dich zu sehen, doch wenn du so unbedingt sterben willst, kann ich das natürlich tun. Jedoch hab’ ich die Karriere des Schurken längst hinter mir gelassen, du weißt doch selber am besten, wie so eine Kampf zwischen Gut und Böse ausgehen kann und was er anrichten würde«, sagte er, betrachtete dabei die große Narbe, die sich über die linke Gesichtshälfte des Blonden erstreckte und anschließend an die Stelle, an der einst zwei prächtige, rote Flügel gethront hatten. Sein Verdienst.

»Ich soll also glauben, dass du nach vier Jahren einfach herkommst, weil du der Meinung bist, dass du mich wieder sehen willst? Sehr witzig, Touya.«
»Ich hatte gedacht, dass unser Treffen anders aussehen würde, doch irgendwie hätte ich es mir selbst denken können«, stellte er fest.

Nach einer Weile drehte er sich schnell um. »Wenn du doch bereit bist, mit mir zu reden, dann weißt du denke ich mal, wo du mich findest.«
»Das wird nicht passieren«, antwortete der etwas kleinere. »Ich hasse dich und bereue jeden mit dir verbrachte Sekunde zutiefst.« Zumindest wollte er es, das redete er sich immer wieder ein.

»Verzeih mir Keigo«, sagte Dabi, und war dabei seines Weges zu gehen, wollte den ehemaligen Helden allein lassen. Keigo drückte den Becher noch etwas fester zusammen und ließ ihn fallen. Er wusste nicht wieso, doch irgendetwas in ihm sagte, er solle den Schwarzhaarigen nicht gehen lassen und das tat er auch. Er lief ihm hinterher und schlang seine Hände um den Größeren.

»Geh nicht«, war das einzige, was er noch hervorbrachte. So sehr er ihn für das, was geschehen war, hasste, so sehr liebte er ihn auch.

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