Zweiundzwanzig

Hyunjins POV

Eine ganze Weile blieb ich auf der Bank sitzen, die ich vor einer halben Ewigkeit mit Jeongin teilte. Jetzt war er weg und ich allein. Ich hasse Minjee jetzt noch mehr. Kann man eine Person so sehr hassen, dass man innerlich in Flammen aufging? Falls nicht, dann ist es eine Premiere. Meine Wut so rasend und sauer. Wegen ihr wird Jeongin nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Weil er jetzt die Wahrheit kennt. Weil er jetzt sehen kann, was ich wirklich bin. Ein schwuler Junge, der einen Crossdressingkink hat. Ich kann auch keinen Scheiß drauf geben, weil mir Jeongin ans Herz gewachsen wer. Mehr als es gut für mich wäre. Verdammt, ich liebe ihn. Es darf nicht hier und jetzt enden. Nicht, wo er mein Herz für sich beschlagnahmt hatte. Ich will es auch nicht zurück, ich habe es ihm ehrlich geschenkt. Hätte ich es ihm doch nur besser gesagt, dass er wichtig für mich ist. Bis jetzt habe ich nur gedacht, ich nur leicht in ihm verknallt war, aber je mehr ich an ihn und den Kuss denke, desto schwerer wurde mir ums Herz. Bestimmt war er zurück im Waisenhaus. Da muss ich jetzt auch hin, aber er wollte bestimmt nicht mit mir reden. Vielleicht sollte ich ihm bis morgen Zeit geben. Er braucht eine Weile, bis er alles verdaut hatte.

Am nächsten Tag war ich dort, aber im Waisenhaus war Jeongin nicht. Ich hab sogar gefragt. Man wusste nicht, wo er war. Nur, dass er schon den ganzen Morgen weg ist. Und wenn er wieder von Chan weggerannt war? Ich verfluche dieses Waisenhaus langsam, weil die sich einen Dreck um Jeongin kümmern. Noch einen Grund, wieso mir Jeongin so Leid tut. Wie er sich immer fühlen muss, wenn er dieses Gebäude betritt. „Kann ich auf ihn warten?", fragte ich eine Erzieherin. Sie zuckte mit den Schultern. „Aber nur bis acht Uhr. Dann darf nämlich kein Fremder mehr rein." Fremder. Was sie nicht sagt. Ich kenne Jeongin besser als jede Person hier. Zumindest glaube ich das. „Danke. Dann warte ich bis er wieder kommt." Die Leiterin reckt ihr Kinn. „Bist du ein Freund von Jeongin?" Nein, ich bin sein verschollener Bruder. „Ja."

„Seit wann?" Die Frau war aber mal nervig. Da war ja pures Wasabi sogar angenehmer. Wenn man auf scharfes Zeugs steht, dann sicher. Auf jeden Fall nervt sie mich. „Seit einer Zeit." Sehr hilfreich, ich weiß. Dann endlich lässt sie mich in Ruhe.

Ich setze mich auf die Stufen draußen und wartete auf Jeongin. Zum Glück hab ich wieder alles im Griff. Der Leiterin sollte ich danken. Wenn sie mich nicht so genervte hätte, wäre ich wohl weiterhin so verzweifelt um Jeongin gewesen. Jetzt aber war ich wieder in meinem kühlen Angepisstseinmood und oh, war der mir Recht, denn dieses Gefühl was ich vorher auf der Bank gespürt habe, als Jeongin weggerannt war, hat weh getan und ich will es lieber nicht nochmal spüren.

Vor mir tauchte ein Junge auf. Er hatte eine Tüte Chips in der Hand. Seine Haare waren in einem komischen Grün gefärbt. Sie haben was von einem Brokkoli, musste ich belustigt fest stellen. Gut, die Sache mit Jeongin setzt mich nicht mehr zu. Nichts kann mich lange verletzen. Ich habe nicht nur kochen gelernt sondern meine Gefühle nicht ernst zu nehmen. Der Junge aß einen Chip und schaute auf mich runter. „Und wer bist du?", fragte er mich. Er hatte etwas Bedrohliches an sich. „Jemand, der hier sitzt?", gab ich ihm als Antwort. Er muss ja schließlich nicht wissen, wer ich bin. „Entweder du bist so verzweifelt, dass du hier am Waisenhaus sitzt oder du wartest auf jemanden."

„Und du? Bist du hier, um Leute zu nerven?", fragte ich ihn. „Sei mal nicht so unfreundlich. Ich hab nur gefragt, wer du bist." Ich hob die Braue. „Wer bist du denn?" Wie als würde er auf ein Stichwort zu warten, trat jemand aus dem Waisenhaus raus. „Da bist du ja endlich, Chan." Warte, der Typ mit den grünen Haaren war Chan? Das war der Salatkopf? Dann war ich ja nicht mal so falsch mit den Namen. Salat war auch grün. Somit passt der Name Salatkopf auch zu ihm. „Oh, du bist also der Typ, der immer Jeongin mobbt? Hallo." Hyunjins Überlebensregel Nummer 1: Man kann sich am besten den Frust von sich abbauen, wenn man den Leuten gibt, was sie verdienen. Sofort wurde Chans Blick dunkel. „Woher kennst du Jeongin? Warte...du bist das Arschloch, dass mit mir am Telefon geredet hat." Ich grinse. „War lustig, oder?" Sofort stürzte sich Chan auf mich. „Weißt du, dass du eine echt Drecksfresse hast? Du sollst Jeongin in Ruhe lassen!" Sagt genau der Richtige. Soll ich ihn dran erinnern, dass er Jeongin wie den letzten Dreck behandelt? „Gilt das nicht für dich? Wer mobbt hier Jeongin? Ich sicher nicht."

„Und wieso weint Jeongin dann? Chan war es nicht. Der war die ganze Zeit. Vielleicht warst ja du das", sagte Chans Kumpel zu mir. „Was?", fragte ich. „Er steht da, ihr Idioten. Er hat jedes Wort mitbekommen." Ich drehte meinen Kopf und sah Jeongin, wie er wie angewurzelt vor uns stand. Mit den gleichen Klamotten und der selben trauriger Aura wie gestern. „Hyunjin..verschwinde einfach", sagte er ungewohnt gefasst. „Bitte Jeongin, lass es mich alles erklären."

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