Zweiunddvierzig
Jeongin klammerte sich an mich, als würde ich das einzige in seinem Leben war, der ihn helfen kann und vielleicht war ich das auch. Chan hat ihn von vorne bis hinten belogen. Jeongins Leben war eine Lüge gewesen. Wie er sich fühlte? Wie kann man sich fühlen, wenn die ganze Welt auf einen wie fallender Wolkenkratzer fällt und dich unter seinen Trümmern begräbt? Trauer, Verrat und Lügen bohren sich in dich rein, zerschlitzen dich auf. Töten dich langsam. Ich wusste, dass Jeongin in meinen Armen stirbt. Seine Gefühle löschen ihm seine Freude aus. Ich drückte ihn an mich so fest, wie ich nur konnte. „Innie..." Er zitterte so heftig, dass seine Hände immer wieder von meinen Rücken abfielen. Er atmete zu schnell, lies zu viel Luft in seine Lungen. Jeongin befand sich in einem Nervenzusammenbruch.
Sanft strich ich ihm über das Haar. „Keine Angst. Ich bin bei dir", flüsterte ich zu meinem wundervollen Freund. Zwar war es geplant, dass Jeongin auf mich trifft aber ich danke Chan dafür. Er hat mir gezeigt, dass ich eine Person glücklich machen konnte. Jeongin war meine Welt. Eine, die ich nie wieder verlieren will. Aber wie hat sich Jeongin erst in meinem Garten verlaufen können? Wie hat Chan das je hinbekommen? Ein kalter Schauer breitete sich aus. Chan hat mich irgendwie gestalkt. So musste es sein. Und dann hat er Jeongin irgendwie gebracht, dass er zu mir stößt. Wie lange arbeitete er schon an den Plan? Er hat geschafft. Jeongin und ich sind wegen ihm mehrmals kaputt gegangen und wir haben eine Zeit voller Leid und Trauer hinter uns. Was er aber nicht wusste ist, dass er einen Fehler begangen hatte. Er hat mich zu Jeongin geführt.
Jeongin weinte sein ganzen zerstörtes Leben an mir aus. Ich spürte seinen Schmerzen, als würden sie auf mir übergehen, griff nach dem Evoliplüschtier das umgekippt auf Chans Bett lag. „Willst du mit den Evoli kuscheln?" Zitternd nahm er es und drückte es an seine Brust und drückte mich auch an ihn. Das Evoli zwischen uns. Langsam hörte er auf, aber seine Atmung ging immer noch viel zu schnell. Strähnen dunkles Haares fielen ihm über seine verschwitzte Stirn, die ich alle aus seinem Gesicht wegstrich. „Wir schaffen das zusammen, okay?", versuchte ich ihn zu beruhigen. Seine schönen Finger griffen fester um meine Arme. Sanft legte sich sie in meine Hände und küsste sie zärtlich. „Ich liebe dich, Jeongin", sagte ich mit voller Zuneigung. Mein Innie blickte mich mit großen, geröteten Augen an. „Und ich werde dich nicht verlassen", sagte ich und küsste ihn sanft auf die Stirn. Er sagte nichts, sondern atmete tief durch. Hoffentlich beruhigten meine Wörter ihn, machten die Sache für ihn mehr erträglicher.
„Komm, wir gehen jetzt lieber. Sollen wir zu mir?" Jeongin sagte wieder nichts. Er hielt mich einfach nur fest. Ich griff nach dem Evoli und drückte es an mich. Neben mir Jeongin, den ich meinen Arm um seinen Körper schlug. Mit ihm lief ich aus dem Zimmer raus. Chan stand an der Wand angelehnt und schaute uns wie ein Dämon an. Ich würdigte ihm keinen Blick und lief einfach weiter. Seine Kumpels tauchten wie zwei Wölfe in der Dunkelheit auf. Ihr schadenfroher Blick folgte uns bis zur der Eingangstür. Niemand kam, um die drei von ihrem Spiel abzuhalten. Nur Jeongin und ich in ihren Fängen. Ich machte die Tür auf und rettete uns beide aus Jeongins Alptraum. Sobald ich die kalte Nachtluft in die Lungen roch, ging es mir ein wenig besser. Ich schaute kurz zu Jeongin rüber, doch alles was ich sehen konnte, waren leblose Augen.
Ich werde alles machen, um den Jungen aus dem Waisenhaus zu holen. Ich werde meine Eltern anflehen, ihn zu adoptieren. „Ich vermisse Eomma und Appa", flüstert Jeongin. „Hyunjin?", fragte er mich und schaute mich mit den traurigsten Blick an, den ich je gesehen hab. „Ich gehe zu meiner Eomma." Jeongin griff nach dem Evoli in meiner Hand und presste es sich an den bebenden Körper.
Mein Innie will sterben.
Tränen versuchten sich aus meinen Augen zu schleichen. „Innie...bitte sag das nicht", sagte ich leise zu ihm und drückte seine Hand. „Wenn du mich liebst, dann lass mich zurück zu meinen Eltern. Ich bin schon zu lange von ihnen getrennt und ich hasse mein Leben....". „Aber du hast mich", versuchte ich ihn von seinen Gedanken zu befreien. „Innie, du bist das Beste, was in meinem beschissenen Leben passiert ist. Ich liebe dich so sehr." Tränen rollten aus meinen Augen. „Ich bin nutzlos....ich war es immer...und es wird Zeit Abschied zu nehmen, Hyunjin."
Es war nachts und so dunkel, dass ich nicht genau wusste, wo wir beiden hinliefen. Jetzt sah ich dank der Laternen, die den Weg beleuchteten, auf welchen Platz wir standen. Jetzt konnte ich auch den Hanfluss hören. Wir waren im Park. Genauer gesagt, waren wir gerade dabei näher an den Fluss zu laufen. Jeongin hatte doch nicht vor, sich zu ertränken, oder? Jeongin lies meine Hand los und gab mir das Evoli. „Danke, Hyunjin. Für alles. Du hast mir gezeigt, dass mich jemand geliebt hat." Jeongin entfernte sich und es sah so aus, als würde er Steine suchen. Schwer Steine. Jene, die er sich dann in die Jackentasche stopfte. Jeongin will sich wirklich umbringen. Ich war schnell wieder bei ihm und wollte die Steine aus seiner Tasche holen, doch er zog meine Hände weg. „Auf Wiedersehen. Ich liebe dich." Er lächelte kurz und trat mir fest in die Eier, worauf ich schmerzerfüllt zu Knie fiel. So hatte er genug Zeit um vor mir wegzulaufen.
Damit ich ihn nicht retten kann.
Und Jeongin, du hast es geschafft. Ich konnte dich nicht mehr retten.
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