Sieben
Jeongins POV
Die Schule war schrecklich gewesen. Immer wieder hat mich Chan von der Seite angestarrt. Egal wo. Im Flur. In der Cafeteria. Seine Augen folgten mir auf Schritt und Tritt. Nirgendwo fand ich Ruhe. Ich wusste, dass er mich im Blick hatte. Dass er wieder auf die Gelegenheit wartete, mich wieder zu befummeln. Ich bekam Gänsehaut und ich hatte das Gefühl, als würde ich mich in jeder Sekunde übergeben müssen. Mein einziges Glück waren die anderen. Chan war nicht dumm. Er weiß, wenn er mir was in der Schule antun würde, dann würde er Ärger bekommen und Chan ist so jemand, der kriecht sich gerne in den Arsch der anderen rein, nur damit er im besseren Licht steht.
Ich zog meine Jacke fester um mich. Es war zwar ein warmer Tag aber ich fror. Fror vor Angst. Ich weiß nicht, wie lange ich es noch im Waisenhaus und in der Schule überleben konnte. Wie lange ich noch so viel Angst vor Chan haben musste. Die Schule war gerade aus gegangen. Ich kann von Glück reden, dass Chan zwei Klassen über mir geht. Wenn er immer im selben Raum wie ich sitzen müsste, dann würde ich keinen einzigen Schritt mehr darein machen. Im Waisenhaus ist es dagegen schlimmer. Da war er immer da, wo ich auch war. Als würde seine Lebensaufgabe zu sein, mich zu stalken. Schon wieder spürte ich die Gänsehaut auf meiner Haut. Es war mehr als unangenehm. Schritt für Schritt lief ich zum Waisenhaus. Ich wollte da nicht hin, doch wieder wegrennen darf ich nicht. Es würde jetzt am meisten auffallen. Mir fällt also nichts anderes übrig, als 'Nach Hause' zu gehen und dann schnell in mein Zimmer. Bis zum Abendessen hatte ich Ruhe vor Chan, weil er da immer Hausaufgaben macht. Das macht ihn noch mehr zu einem Arschkriecher. Ich mache die Hausaufgaben immer im Klo, weil es dort am sichersten vor Chan ist und der einzige Ort ist, an den ich ungestört sein kann.
Zitternd öffnete ich die Haupttür zum Waisenhaus und hielt automatisch Ausschau nach Chan. Sowas ist zu meinem Ritual geworden. Zwar hatte er immer noch Schule, aber man weiß nie, wann er auftauchte. Ich bin echt paranoid geworden. Alles nur wegen Chan. „Hey Jeongin." Ich schrecke auf und blicke um mich herum. Zwar war es nicht Chan, aber sein Kumpel Jinhong. Anders als er hat er früher aus als Chan. Jinhong ist zwar am harmlosesten, aber trotzdem hab ich Angst vor ihm. Seine dunklen Augen starrten mich an. „Was willst d-du?", stotterte ich voller Angst. Er hat sicher etwas vor. Irgendwas. Ich kann es spüren. Er grinst, worauf seine weißen Zähne hervorblitzten. „Ich wollte nur mal Hallo sagen." Schnell holte er sein Handy raus und dann hörte ich ein Geräusch, das kommt, wenn man ein Foto macht. „Was....was hast du gemacht?!"
„Chill mal. Ich hab nur ein Bild gemacht", sagt er lässig. „Und das schicke ich jetzt an Chan. Er wollte, dass ich ein Bild von dir mache, weil ihm im Unterricht langweilig ist. Verstehst du?" Ich erschaudere. Natürlich verstehe ich, was Chan vorhat. Er wird bestimmt aufs Klo gehen und dann....Nein, soweit will ich nicht denken. „Lösch es..", flehte ich ihn an. „Sorry, zu spät." Mein Rachen schmerzte. Ich will hier weg. Jinhong grinste. „Und er hat zurück geschrieben. Schau doch." Er hielt das Handy vor meinem Gesicht, damit ich lesen kann, was Chan geschrieben hat: 'Es ist verboten, so heiß zu sein ;) Ich freue mich auf seinen kleinen weichen Mädchenarsch *-*' Das war zu viel. Ich werfe meinen Rucksack auf den Boden und renne aus der Tür. Irgendwo. Nur nicht hier. Mir wird so übel, dass ich mich gegen den Würgereiz in meinem schmerzenden Rachen ankämpfen muss. So sehr, dass ich nicht mal merke, wie sich der Himmel über mich verdunkelte und es zu Regnen begann. Ich rannte. Die Regentropfen durchnässten meine Haare, meine Jacke, meine Wangen. Obwohl das Tränen sind, die von meinen Augen abperlten. Ich hasse Chan. Ich hasse ihn so sehr, dass ich jeden einzelnen Tag hasse, den ich leben muss. Ich hasse dieses Leben. Ich hasse meinen Körper. Mittlerweile schüttete es richtig und bald gab es keinen Zentimeter von mir übrig, der noch nicht nass war. Mein Herz raste. Leuten starrten mich an, doch das ist mir egal. Ich will einfach nur weg.
Im Unterbewusstsein wusste ich auch schon, wohin ich rannte. Nur erst wirklich realisiere ich, als ich wieder den hohen Busch sah. Ich war wieder bei Hyunjin. Vielleicht wollte ich schon die ganze Zeit, seit ich angefangen hab zu rennen, dorthin. Auch wenn ich ihn nicht kannte, hat er sich um mich gekümmert. Dieses Mal werde ich nicht in seinen Garten gehen sondern an seiner Haustür klingeln. Und was wenn er nicht mal da ist? Daran will ich nicht mal denken. Bitte sei da, Hyunjin. Ich weiß sonst nicht, wo ich hin kann. Ich wischte mir das Gesicht so gut es ging trocken, was nicht wirklich hilft, weil immer neuer Regen mein Gesicht durchnässte. Einmal tief einatmen und klingeln. Im inneren des Hauses konnte ich das Bellen des kleinen Hundes hören. Dann machte mir Hyunjin die Tür auf. „Jeongin?"
„Darf ich reinkommen, bitte?", fragte ich und ich hasse es, dass sie so brüchig vom Weinen war. Jetzt wird Hyunjin garantiert fragen, was passiert ist. „Ja klar. Komm rein." Er hielt mir die Tür offen und ich sah, wie der Hund lautstark bellte. „Kkami, alles gut", beruhigte Hyunjin ihn. Der Hund trottet auf mich zu und schmiegte sich an mir. Dann winselte er. „Er will dich trösten", bemerkte Hyunjin. „Also was ist los?"
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