(K)ein Anfang - 1

"Langsam führte sie das rote, harte Fleisch zu ihrem Mund. Sie öffnete die Lippen und ließ ihn in sich eindringen. Neckisch spielte sie mit der Zungenspitze an dem prallen Kopf und saugte an ihm. Verführerisch kratzte sie mit den Zähnen über die feste Haut, bis der Saft in ihren Mund spritzte.
Kurz zog sie sich zurück um sich sinnlich den Saft von ihren roten Lippen zu lecken und stöhnte in Ekstase auf. Noch einmal sah sie sich den verlockenden Kopf an, bis sie ihn schließlich erneut in sich aufnehmen und dann -"

"- kaute sie und schluckte runter.", brummte Biene genervt, die es nicht mehr mit anhören konnte, wie ihre Freundin selbst aus so läppischen Dingen wie das Essen einer Erdbeere ein erotisches Erlebnis machte, nur um sie damit aufzuziehen. Vivienne lachte mit einem schelmischen Blick und schob sich die letzte Erdbeere nun ganz in den Mund. Während sie kaute verdrehte sie in ihrer üblichen Manier die Augen und winkte mit der frisch manikürten Hand ab. "Mach dich locker, Schatz. Wenn es erstmal zur Sache geht kannst du auch nicht davonlaufen.", sagte sie, als wäre sie Profi. Biene seufzte und nahm einen Schluck ihres Eiskaffees. Irgendwie stimmte das ja, aber sich das vor ihrer Freundin einzugestehen, war eine der letzten Sachen die sie wollte.

Seufzend lehnte sie sich zurück und bemerkte dabei den Blick einer älteren Frau am Nachbartisch. Sie hatte ganz offensichtlich alles von ihrem 'Gespräch' mitbekommen und sah sie und Vivienne jetzt mit bestürztem Gesichtsausdruck an. Na super, dachte sich Biene und starrte provokativ zurück. Die Frau mit ihren gefärbten braunen Lockenkopf und dem gepuderten Gesicht, das trotzdem sichtlich keine 30 Jahre alt mehr war, tat unbeeindruckt, hob eine Schulter unter dem braunen Pelzmantel und wandte den Blick ab. Beinahe konnte Biene ihre Gedanken lesen, wie sie die Tasse anhob und sie zu ihren gespitzten Lippen führte. 

Das Vibrieren ihres Handys ließ Biene kurz zusammenzucken. Vivienne sah sie mit einem neugierigen Blick an, während sie sich einen Löffel Erdbeereis in den Mund schob. Biene holte ihr Handy hervor und schaute auf den Display. "Ein Liebhaber?", fragte ihre Freundin und beugte sich vor, um ebenfalls auf den Display schauen zu können. Aufgrund ihrer Nähe konnte Biene ihr Parfüm riechen, das sie ein bisschen zu stark aufgetragen hatte. Etwas warmes, blumiges, was gut zu Vivienne passte. "Nur meine Mutter, seit ich ausgezogen bin ruft sie mich jeden zweiten Tag an.", meinte Biene nicht ohne einen kleines Augenrollen und nahm den Anruf an, ehe Vivienne noch was sagen konnte. Wohlmöglich entschied sie sich noch dafür Biene ihre Enttäuschung lautstark klar zu machen. 

"Hey Mama, mir geht's immer noch gut, kein Bär hat mich gefressen, ich wurde nicht von einem Auto erfasst und ich lass die Finger von Drogen.", sagte Biene und erntete ein frohes Lachen auf der anderen Seite des Hörers. Ihre Mutter war schon immer einer - wenn auch etwas schriller - Sonnenschein gewesen, die ihr Leben gern genoss. "Das freut mich zu hören. Bei mir ist auch alles gut. Ich habe leider vergessen dir zu sagen, dass du noch was für mich einkaufen musst. Ich bin mit Rupert heute nicht im Haus, aber der Schlüssel liegt wie immer unter der blauen Vase. Das wäre ganz ganz lieb von dir! ", meinte sie mit ihrer üblichen herzlichen Stimme. Biene seufzte mit einem kleinen Lächeln. "Alles klar, wird gemacht.", meinte sie nur. Rupert war nicht ihr Vater. Er war der zehn Jahre jüngere Freund ihrer Mutter, den sie vor einem Jahr kennengelernt hatte. Seit ihrem gemeinsamen Urlaub waren die beiden kaum voneinander zu trennen, und auch wenn es Biene freute ihre Mutter wieder mit einem anderen Mann zu sehen, konnte sie nicht umhin, es ein wenig zu bedauern ihre Mutter nicht mehr für sich allein zu haben. Die Zeiten war jetzt entgültig vorbei.

Ihre Mutter drückte einen Kuss in den Hörer. "Du bist mein Schatz. Ich freu mich schon auf unser Essen nächsten Samstag.", meinte Bienes Mutter. Sie war schon oft mit ihrer Mutter in das indische Restaurant gegangen, umweit von ihrer Wohnung entfernt. Es war ihr Lieblingsladen. Zwischen Philosophie-Studenten und Esoterikern die in kleinen Gruppen aßen und über die Lebensweisheiten redeten fühlte sie sich pudelwohl. "Hab dich lieb, Mama. Tschüs, macht euch einen schönen Tag.", sagte Biene, wartete kurz bis auch ihre Mutter sich verabschiedet hatte und legte dann auf.

Vivienne sah sie über ihren Eistopf hinweg an. Biene konnte ihren Blick nicht recht deuten, den sie ihr schenkte, und ließ die Überlegung wenig später fallen. Achselzuckend trank sie ihren Eiskaffee leer und kramte in ihrer Tasche nach dem Geld. Da begann Vivienne aus ihrem verträumten Schweigen zu erwachen. "Sag mal, hast du es eigentlich schon mal mit Blind Dates versucht?", fragte sie, als wäre sie aus einem Traum erwacht und hätte nun eine ganz neue Vision. Biene sah sie düster an. "Das ist was für alte Leute. Komm ja nicht auf die Idee mich bei sowas abzumelden.", grummelte sie und bezahlte für sie beide. Eine verlorene Wette, leider nicht die erste. Vivienne war gut darin auf das richtige zu tippen und wettete für ihr Leben gern. Deshalb war auch dies natürlich eine Wette auf das Drängen von ihrer Freundin hin und Biene hatte sich überreden lassen. "Schon gut, es war ja nur ein Vorschlag. Außerdem gehen da auch junge Leute hin, der Kumpel meiner Cousine hat auch seinen Freund auf einem Blind Date gefunden.", meinte Vivienne und kratzte genüsslich ihren Eisbecher aus, ehe sie sich satt zurücklehnte und sich eine Strähne aus dem Gesicht pustete. Biene seufzte erneut. "Ich lass das eben auf mich zukommen. Und wenn, ja dann ende ich eben mit 10 Katzen in einer Wohnung irgendwie im letzten Stock einer Altbauwohnung. Katzen sind gar keine so schlechten Mitbewohner wie man denkt.", schloss Biene mit einem halbherzigen Lachen nun endgültig das Thema ab und stand auf. Sich die Tasche über die Schulter hängend, beugte sie sich noch einmal zu Vivienne hinab und drückte sie fest zum Abschied.

"Wir schreiben.", sagte Vivienne und drückte Biene kurz an sich. Biene nickte und strich die Kleidung glatt, ehe sie das Eislokal verließ. Sie wäre gern länger geblieben, aber sie hatte heute noch etwas in der Uni zutun. Das würde mal wieder ein langer Abend werden, denn wenn sie noch zu ihrer Mutter fahren musste, um die Einkäufe abzuliefern, war erst spät wieder zuhause. Gleichzeitig musste sie es auch schaffen zum Frisör zu gehen, denn ihre Haare fielen ihr ständig unordentlich ins Gesicht und nervten sie, was immer sie tat. Und für das Treffen morgen mit einem - hoffentlich - jungen Mann, den sie auf einer Datingplattform gefunden hatte, wollte sie wenigstens hübsch aussehen. Wenn das mal alles gut ging...

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