5. Oktober 3074
Ich bin ein Monster. Niemand, der so ist wie ich, verdient es überhaupt zu leben. Nur Qualen dürfte ich spüren. Vielleicht tue ich das ja sogar. Ein herausgerissenes Herz ist schrecklich. Das Loch in deiner Brust breitet sich immer weiter aus, es frisst immer mehr und mehr von dir auf, bis du nicht mehr weißt, wer du einmal warst. Alles, was Liebe war, verschwindet einfach und du kannst dich nicht einmal mehr daran erinnern, wie es sich angefühlt hat. Jahre braucht es, um geliebt zu sein und Sekunden, um alles auszulöschen. Wenn der Blick der eigenen Mutter von liebevoll auf angeekelt umschlägt, wenn einem selbst das Töten nichts mehr ausmacht, weil keine Gefühle mehr da sind, die das Gewissen anregen könnten, dann bricht die Welt. Man kann sich vorstellen, wie einem das Herz einfach so in kleine Fetzen zerrissen und dann in den Abfall geschmissen wird, aber es zu fühlen, ist weitaus schlimmer. Der Schmerz lässt sich nicht in Worte packen. Ein kleiner Teil von mir, will wieder der sein, der ich einst war. Mit allen Mitteln hält er an dem fest, was mir einmal heilig war. In mir kämpfen Gut und Böse gegeneinander, Kämpfen und Aufgeben. Jeden Tag wird es schlimmer. Mal gewinnt für einen Moment die eine Seite, doch dann schleicht die andere aus dem Schatten heran und landet einen fatalen Treffer. Sie gehen aufeinander los. Auf einem Schlachtfeld trügen sie Speere, Lanzen und Bögen. Riesige Steine würden sie aufeinander schleudern. Wer zu Boden geht, stirbt. Verwundete gibt es nicht, nur Tote. Je schlimmer die Kämpfe werden, desto mehr von mir geht verloren. Ich weiß schon nicht mehr, wie es war, ohne diese innere Zerrissenheit. Ein Graben haben sie gegraben. Mitten durch mich hindurch und die Seiten bröckeln. Ich entscheide wer gewinnt, aber was will ich? Abwarten. Zusehen und einfach warten. Mal bin ich für die einen, dann für die anderen. Mir ist egal, wer gewinnt, ich will einfach nur irgendetwas tun, ich will wissen, wer ich bin. Teufel nennt meine Mutter mich. Ein skrupelloses Monster bin ich in ihren Augen, aber ich konnte ihn nicht ungestraft lassen. Das Gesicht hat er verzogen, weil er sich darüber gefreut hatte, was sein Sohn alles kann. Menschen töten! Das kann ich und mehr nicht. Ich war viel zu schwach, um ihn festzuhalten, aber meinem Vater die Kehle durchschneiden das konnte ich! Was bin ich für ein Mensch? Aus mir wird nichts. Jeder hat das gesagt und sie sagen es noch. Zu klein bei der Geburt: "Ach der schafft es nicht lange, lassen sie ihn besser hier!" Viel später begonnen zu laufen, als andere: "Sie werden nur Kummer mit ihm haben. Bringen Sie ihn in ein Waisenhaus, da gehört er hin. Zu den anderen Schwachen!" Lesen fiel mir schon immer schwer: "Er ist dumm. Verkauft ihn an einen Bauern, der braucht ihn wenigstens!" Immer wieder sagten sie solche Dinge, aber meine Mutter schüttelte stets den Kopf und meinte nur, ich bin doch ihr kleiner Schatz. Was ist jetzt aus dem Schatz geworden? Wo ist das liebevolle Strahlen in ihren Augen hin? Warum bin ich ein Monster? Weil ich meinem Vater gegeben habe, was er verdient? Er hat sie geschlagen und misshandelt. Sie kann ihn nicht geliebt haben, aber töten darf ich ihn auch nicht! Ich hasse ihn und er hat es verdient zu sterben. Ich habe ihn nicht einmal gequält. Das hätte ich tun sollen. Selbst eine Fliege ohne Flügel hätte einen größeren Wert als er! Nein, deshalb schaut sie mich nicht so entsetzt an. Ihren Engel habe ich umgebracht. Er ist gefallen Mutter! Verurteile mich, weil ich ihn nich halten konnte, aber sage nicht, dass ich ihn ermordet habe! Es war ein Unfall. Glaub mir wenigstens noch das. Schick mich fort oder stoße mich auch aus dem Fenster, aber sage niemals wieder, dass ich meinen Bruder umgebracht habe! Ich habe ihn noch mehr geliebt als du es je konntest. Mein Beschützer war er und niemals werde ich verstehen, warum man ihn mir nehmen musste! Die Welt ist unfair. Das wusste ich schon immer, aber dass sie so grausam sein kann wusste ich nicht. Trotzdem bin ich unschuldig. Unschuldig am Tod meines Bruders. Nicht an dem des wertlosen Geschöpfes, das sich mein Vater nannte. Welche Seite von mir wird wohl gewinnen? Warum entscheiden? Der Kampf ist ein Teil von mir! Er gehört jetzt zu mir und jeder kann sich glücklich schätzen, der niemals meinen Schatten zu sehen bekommt. Ich kann es nicht kontrollieren! Warum sollte ich es also versuchen? Wenn ich mich entscheide, böse zu sein, dann will ich es auch sein und wenn ich eben einmal glücklich und nett bin, ja dann kann man sich doch freuen. Geht alle weg, lasst mich in Ruhe und hört auf, euch eure Mäuler über mich zu zerreißen. Ich bin stärker als ihr alle, wenn ich das will, denn ich habe nichts mehr zu verlieren. Provoziert mich besser nicht, denn ich hasse euch alle. Alle die, die auf mir herumgehackt haben! Aber warum sollte ich, die mögen, die mich in Schutz genommen haben? Meine Mutter hat mich auch verraten! Die ganze Welt hat mich verraten! Das Leben hat mich verraten!
Ich will doch nur normal sein. Warum kann ich das nicht? Warum muss ich so sein, wie ich bin? Elijah bitte, bitte komm zurück. Ohne dich weiß ich nicht, wohin ich gehen soll. Bitte. Ich bin noch nicht bereit, um herauszufinden, wer ich bin und wer ich sein soll. Du hasst mir doch versprochen, dass du immer bei mir bleibst und mir hilfst. Wo bist du jetzt? Ich brauche dich. Ich wollte dich nicht fallen lassen. Wirklich nicht. Ich habe versucht, dich festzuhalten. Bitte glaub mir das. Mein Arm war viel zu kurz, aber ich habe es versucht. Du weißt doch, dass ich dich nicht gestoßen habe oder? Ich habe dich geliebt. Das weißt du doch? Sogar ein Weihnachtsgeschenk hatte ich für dich schon. Das Auto aus Holz, das du so gut fandest. Ich habe lange gespart, um es zu kaufen. Mein ganzes Geld ist alle. Jetzt will ich es dir schenken. Ich wollte. Du musst zurück kommen. Wenn Weihnachten ist. Dann bekommst du es. Bitte El. Bitte.
Krestor, Mum wollte mich nie wieder Elias nennen. Teufel passt besser, sagt sie
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