fifteen

Am nächsten Morgen stehe ich wiedermal vor Levi auf und mache ihm wieder einen Tee. Meine Träume waren wieder so zweideutig, weshalb ich lieber schon aufgestanden bin. Es ist sogar noch dunkel draußen und eiskalt. Ich habe das kleine Radio in der Küche angestellt und summe leise zur Musik mit, während ich mir zwei Toasts schmiere und sie dann verdrücke. Es ist so ungewohnt, wieder in einer Wohnung zu wohnen und was essen zu können, wenn ich möchte. Auf der Straße musste ich mir erstmal das Geld dazu verdienen.

Wobei ich nicht sagen kann, dass ich bei meinen Eltern auch essen konnte, wann ich wollte. Ich habe nur zu bestimmten Zeiten was zu essen bekommen und dann nichtmal viel. Eben nur das, was nötig war.

Bei diesen Gedanken verschlechtert sich meine Laune schlagartig. Sie machen mich einfach immer noch so wütend, obwohl sie das nicht verdient haben. Sie haben es nichtmal verdient, dass ich an sie denke und trotzdem tue ich es. Mich einfach so auf die Straße zu setzen... Abscheulich.

"Morgen", ertönt Levis Stimme hinter mir an der Tür, der sich am Kopf kratzt und mich müde ansieht. Oh man, morgens sieht er irgendwie echt niedlich aus. Mit den zerzausten Haaren, diesem Blick, als würde er gleich wieder einschlafen wollen und diesen Shirts, die ihn irgendwie noch kleiner aussehen lassen, als er schon ist.

"Guten Morgen", antworte ich ihm lächelnd, während er sich den Tee nimmt, den ich ihm gemacht habe und davon ein Schluck trinkt. Diesmal sagt er nichts dazu und setzt sich zu mir an den Esstisch.

"Also Eren, eigentlich müsstest du - so wie du es die letzte Woche getan hast - morgens immer zwei Stunden putzen und abends ebenfalls. Du warst bis jetzt immer den ganzen Tag dort, wenn du willst, kannst du für die Stunden kommen und dann für die Zeit dazwischen hier bleiben" Bevor ich meine Frage stellen kann, legt er mir einen kleinen Bund mit drei Schlüsseln hin. Er vertaut mir echt eigene Wohnungsschlüssel an? Dann heißt das, dass ich wirklich offiziell nun hier wohne?

"Der hier ist für die Tür unten, der für die hier oben und der für die Firma", erklärt er mir und drückt mir die Schlüssel dann in die Hand.

"Verlier' die nicht, klar?", brummt er, ehe er wieder von dem Tee trinkt. Etwas perplex starre ich die Schlüssel an. Ich wohne jetzt offiziell hier. Ich bin nicht mehr Obdachlos. Das kann doch nur ein Traum sein...

"Hey, Eren?" Ich presse meine Lippen zusammen, kann aber nicht verhindern, dass mir die Tränen über meine Wangen laufen. Sie fangen sofort an zu brennen, weshalb ich mir mit dem Ärmel über die Augen wische. Jetzt fange ich vor ihm auch noch an zu heulen, na super.

"Wieso weinst du denn jetzt? Es sind doch nur Schlüssel."

"Ich habe nur fünf Jahre auf der Straße gelebt und kann gerade nicht fassen, von dir Wohnungsschlüssel bekommen zu haben", schniefe ich und kann die Tränen nun überhaupt nicht mehr zurückhalten, weshalb ich mich leicht von Levi wegdrehe.

"Ich weiß nicht mal, wie ich mich bei dir dafür bedanken soll", schluchze ich weiter, während ich mir immer wieder über die Augen wische. Ich spüre Levis Hand in meinen Haaren, weshalb ich ihn verheult ansehe und ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen erkenne.

"Mach dir darüber keinen Kopf. Mich stört es nicht." Doch, natürlich mache ich mir darüber einen Kopf! Ich kann ihm doch niemals so viel helfen wie er mir. Ich denke nicht groß darüber nach, als ich Levi in meine Arme ziehe und ihn fest an mich drücke. Sein leichter und angenehmer Geruch beruhigt mich ein bisschen, weshalb ich meinen Griff noch verstärke, in der Hoffnung, dem Geruch so noch näher zu sein, doch er bleibt weiterhin nur sehr schwach. Die Faust, in der ich die Schlüssel halte presse ich so gut ich kann zusammen. Ich werde die Schlüssel niemals verlieren. Niemals.

"Danke, Levi", hauche ich in sein Ohr, ehe ich ihn wieder loslasse und in die Augen sehe. Seine Hand befindet sich immer noch in meinen Haaren, wobei er mich ganz leicht krault. Auch nach ein paar Minuten hört er nicht damit auf - während ich ihn die ganze Zeit ansehe - weshalb ich mich wieder ein kleines Stücken nach vorne beuge und kurz warte. Da er aber keine Reaktion zeigt, überwinde ich mich einfach und lege wie letztes mal, diesmal aber zaghafter und schüchterner, meine Lippen auf seine.

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