48. Kapitel

"Something's made your eyes go cold"

Ellie's POV

Maddy war nun fertig und ich betrachtete mich im Spiegel. Ich trug ein eng anliegendes, schwarzes Kleid und wenn ich ehrlich war, kam ich mir darin etwas verkleidet vor, denn ich würde das so glaube ich nie anziehen. Aber Maddy redete mir durchgängig ein, dass ich super aussah. Ich musste es doch so und so tragen, ich hatte gar keine andere Wahl, warum also laberte sie mich noch damit voll?
Sie packte zwei große Taschen mit einer riesigen Menge an Schuhen ein. Wozu zur Hölle brauchten wir so viele Schuhe?
Ich nahm ihr eine Tasche ab und so liefen wir los.

Wir trafen uns unten wie abgemacht in der Lobby. Die Jungs der Band trugen allesamt schwarze Anzüge und absolut jedem stand dieser perfekt. Mein Blick wanderte verstohlen zu Corbyn, jedoch entdeckte ich keine Blondine.
"Wo ist Violet?", fragte ich die Jungs, sobald ich ankam.
Logan räusperte sich etwas unangenehm. "Sie hat die Info, dass sie doch nicht... naja, im Video sein darf, nicht so gut vertragen."
"Um es auf den Punkt zu bringen: Sie hat Logan angeschrien und sich dann in ihrem Zimmer verkrochen.", meinte Zach als wäre es nichts und Corbyn sah ausdruckslos auf den Boden. In diesem Moment hätte ich nur zu gerne gewusst, woran er dachte. Schämte er sich wenigstens ein ganz kleines bisschen für seine Freundin?

Wir fuhren zu einem Shop, in dem wirklich gar nichts los war. Das sollte doch eigentlich ein Problem darstellen, aber gegen Geld ließ sich der Manager leicht überzeugen, den Laden für uns zu schließen, erklärte Logan. Dieser hatte die ganzen Infos von Alex, doch mein Onkel war auch heute nicht dabei. Ich vermisste ihn schon ein bisschen.
Sofort lotste uns Logan im ganzen Laden herum, um die Kulisse "perfekt zu gestalten". Auch mir erklärte er, was ich zu tun hatte und irgendwie freute ich mich auf meine Rolle. Der Song an sich war ja schon lustig, aber wenn noch das Video dazukommen würde, wäre es einfach nur perfekt.
Ich bekam die Aufgabe, die tausenden Klamotten, die uns der Ladenbesitzer netterweise zur Verfügung stellte, vor der Umkleide zu platzieren. Der groß gewachsene Mann mit schon leicht gräulichem Haar führte mich an einer Treppe hinunter zu einem kleinen "Lager".
"Sie können die Klamotten in diesen Kartons benutzen.", gab er mir Bescheid und verabschiedete sich dann von uns. Ich seufzte. Diese Kartons sahen nicht gerade leicht aus.

Ich bückte mich und nahm den ersten hoch. Sogleich wurde mir bewusst, wie schwer der Karton war, denn meine Arme bekamen sofort das ganze Gewicht der Kleidung darin ab. Schwermütig schleppte ich das Ding erst die Treppen hoch und dann vor die Umkleide und stellte es ab. Ich drehte den braunen Karton um und ein Kleidungsstück nach dem anderen purzelte aus ihm heraus. Aber es waren leider noch zu wenig, um einen großen Hügel daraus zu machen. Seufzend stand ich auf, lief zurück ins Lager und holte den nächsten Karton. Bei der Treppe achtete ich wieder darauf, nicht hinzufallen und ich stöhnte genervt auf, als ich leicht stolperte, doch ich fand meine Balance wieder.
"Soll ich dir helfen?", fragte Corbyn plötzlich. Ich erschrak und fiel fast nach hinten um, da packte er mich noch rechtzeitig am Arm und hielt mich fest. Seine Augen trafen meine und wieder entstand da dieser Bann, dem ich mich nicht entreißen konnte. Seine warme Hand hielt mich immer noch am Arm fest und die Berührung ließ meine Haut kribbeln.
Ich fand meine Fassung wieder. Es war immer noch der idiotische Corbyn Besson, der da vor mir stand. Derjenige, der viel zu selten sich selbst beschuldigte wegen seinem verdammten Ego.
Und ich durfte darunter leiden? Nein danke.

Ich entriss mich seinem Griff aggressiv mit einem wütenden Blick. Jedoch fühlte sich die Stelle, an der er mich zuvor angefasst hatte, sofort so kalt an.
"Hey, ich wollte nur helfen!", beschwerte sich der Blondschopf und hob unschuldig die Hände.
"Sagst du das immer, wenn du eine Ausrede brauchst?", fragte ich ihn schnippisch und zog eine Augenbraue hoch. Und schon wieder war mir etwas so Unnötiges herausgerutscht. Ich musste in Zukunft mehr darauf achten, was ich sagte. Er blickte verdutzt sowie verwirrt drein.
"Wolltest du auch nur helfen, als du ohne jegliche Absprache Violet eingeladen hast? Wolltest du auch nur helfen, als du die ganze Schuld auf mich geschoben hast? Wolltest du nur helfen, als du auf mich losgegangen bist, als ich lediglich meine Meinung gesagt hatte?", gab ich wütend zurück, ich hatte es mir nicht verdrücken können. Trotzdem blieb ich wie angewurzelt stehen. Es war, als wollten sich meine Beine einfach nicht bewegen. Als führten sie ein Eigenleben.
Sein Blick wurde dunkel. "Und schon wieder passiert es."
"Was?", fragte ich genervt nach und verdrehte die Augen.
"Du wirst vorwurfsvoll.", sagte er ehrlich und sah mich so intensiv an, dass ich eine Gänsehaut bekam. "Das ist das Einzige, wofür ich dir die Schuld gebe, wenn es das ist, worauf du mit deiner Rede hinauswolltest. Du wirfst mir immer jeden falschen Schritt, den ich begangen habe, an den Kopf. Klar habe ich den Fehler gemacht, aber glaubst du, ich bin stolz drauf? Ich will nicht noch die ganze Zeit daran erinnert werden."
Er wirkte so beängstigend ruhig. Ich hatte das Gefühl, er würde jeden Moment auf mich losgehen, so einschüchternd wirkte er...
Was dachte ich denn da? War das nicht absurd? Oder war ich so geprägt von seinem Wutausbruch?
"Seh mich nicht so verängstigt an, ich tu dir schon nichts.", meinte er genervt und seufzte.
"Sicher?", gab ich rechthaberisch zurück. "Denn ich möchte dir ja glauben, aber ich habe Angst, dass du wieder auf mich losgehst, wenn ich es tue."
Und schon wieder bekamen seine Augen diese unheimlich dunkle Farbe, die reinen Zorn und Kälte ausstrahlten.
"Schon wieder.", war alles, was er noch sagte, dann drehte er sich um und ging.
Ich schnaubte entsetzt. "Ja, meine Güte! Ich hab dir schon wieder etwas vorgeworfen! Aber du schiebst auch die Schuld wieder auf mich! Wir rennen doch nur im Kreis!"
Er schüttelte den Kopf, aber blickte nicht zurück.
"Jetzt bleib stehen, sei ein Mann und kläre das mit mir!", schrie ich ihm hinterher, doch er ging ungestört weiter.
"Arschloch", stieß ich genervt aus und wollte die Treppe weiter hoch gehen, da krachte der Boden des Kartons auseinander und sein ganzer Inhalt verteilte sich auf den Stufen.
Ich stöhnte genervt auf. Warum lief schon wieder alles schief?

Schließlich, als die Arbeit erledigt war, begannen wir zu drehen. Anfangs versaute ich meine Einsätze immer, dann funktionierte das Filmen mit der Kamera nicht oder die Jungs lachten zu sehr wegen meiner Mimik, aber ehrlich: Diese Rolle war soo lustig und es machte mir mega viel Spaß, sie zu spielen. Vor allem brachte es mich auf andere Gedanken.

Für die nächste Szene musste ich mich schnell umziehen und verzog mich dazu gleich in eine der Umkleidekabinen.
"Hey Ellie, darf ich mit rein?", rief Logan mir aus Spaß zu und die Jungs lachten natürlich darüber. Warum war das immer so unter Jungs? Ohne Logan wären sie niemals darauf gekommen, sowas überhaupt zu rufen oder darüber zu lachen, aber sobald der Kumpel es tat und es lustig fand, taten sie das natürlich auch.
"Sag sowas nochmal und du kannst Violet hier antanzen lassen!", schrie ich zurück und sah ihn herausfordernd an, wobei er sofort abwehrend die Hände hob.

Als auch das getan ist, wechselten wir eine Kulisse nach der anderen, wobei mich ein komisches Gefühl beschlich, jedes Mal, wenn wir ein Gebäude verließen oder betraten. Ich kam mir so beobachtet vor. Da das aber absurd klang schlug ich mir den Gedanken wieder aus dem Kopf. Ich hatte so eine schöne und lustige Zeit mit den Jungs und wir hatten viel zu lachen, so etwas sollte nicht meine Laune herunterziehen.

Eine halbe Stunde vor Konzertbeginn waren wir fertig. Alex hatte uns schon mit Nachrichten vollgetextet und schob mehr als nur ein bisschen Panik. Wir beeilten uns, gleich zur Konzerthalle zu kommen und Alex dort zu treffen, jedoch blieb mir nicht viel Zeit, um mich umzuziehen, deswegen zog ich mir den nächstbesten Pulli an, den ich fand, da mir etwas kalt war und wir stiegen alle aus dem Auto aus. Und dieser Hoodie war nun mal von Logan's Merch.
Als er das bemerkte, wollte ich ihm schon sagen, dass ich ihm den bald zurückgeben werde, doch er kam mir zuvor: "Kein Ding, behalte ihn. Ich hab genügend von denen daheim. Er steht dir."
"Bist du sicher?"
"Ja. Seh es als Dankeschön, dass du mitgemacht hast.", meinte er mit einem so netten und ruhigem Ton, dass ich mich schon gewundert hatte, ob es wirklich Logan war, der da vor mir stand. Aber auch der YouTuber hatte eine andere Seite.
"Danke", gab ich ehrlich zurück und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Dann lief ich ganz normal weiter, während er stehen blieb und sich mit weit aufgerissenen Augen an die Stelle fasste, die ich geküsst hatte.
"Habt ihr das gesehen?!", schrie er vor Glück auf und wir begannen alle zu lachen. Er war so ein Idiot, aber er hatte auch eine liebenswerte Seite. Man musste ihm nur noch klarmachen, diese auch öfter zu zeigen.

"Oh mein Gott, da seid ihr ja!", rief Alex erleichtert und warf Logan einen vorwurfsvollen Blick zu. Dieser ignorierte das einfach gekonnt.
Die Jungs gingen sich umziehen, während ich, Maddy und Logan zum Stylingraum liefen. Der YouTuber versuchte, meine Hand in seine zu nehmen, doch ich zuckte weg und sah ihn warnend an.
"Ist ja gut", seufzte er, grinste dann aber. "Einen Versuch war es wert."
Und ich konnte nicht anders, als zu lachen.

Im Schnelldurchlauf stylte Maddy die Jungs und wurde kurz vor knapp fertig. Alex kam gerade durch die Tür gestürmt, als sie das Styling von Jack beendet hatte.
"Kommst du mit Ellie?", fragte mich Jonah hoffnungsvoll. Ihm war es irgendwie wirklich wichtig, dass ich zusah und ich wollte mal nicht so sein und ging mit. Genauso wie Maddy und Logan, der mich schon wieder mit allen möglichen Sprüchen nervte.

Als wir gerade Backstage angekommen waren, ging das Konzert auch schon los und die Jungs gaben von Anfang an alles auf der Bühne, so wie immer. Doch zum Ende hin gesellte sich plötzlich Violet zu uns. Wo kam die denn jetzt her?
"Und? Wie war das Drehen?", fragte sie mit arrogantem Ton.
"Gut", gaben ich und Logan gleichzeitig und tonlos zurück.
Sie drehte sich zu mir, wobei ihre strohblonden Haare mitschwangen. "Bist du jetzt zufrieden?"
Ich sah sie entsetzt an. "Wie bitte?"
"Fühlst du dich jetzt wieder besser, da du dich in den Vordergrund schieben konntest?", fragte sie mich und verzog ihre rosa geschminkten Lippen zu einem gefälschtem Lächeln.
"Ich wollte das nicht. Logan wollte, dass ich die Rolle übernehme.", gab ich cool zurück. Ich hatte gerade wirklich nicht Lust dazu, mich provozieren zu lassen. Der Dreh war zwar eine der coolsten Dinge, die ich je gemacht hatte, gewesen, aber er war auch unglaublich anstrengend gewesen. Ich freute mich einfach nur auf mein Bett.

Logan sah mich so an, als wäre ich eine Verräterin, dann drehte er sich unschuldig schauend zur Blondine um: "Äh... nimm's mir nicht übel."
"Tu ich aber", gab sie prompt zurück und klang ziemlich angepisst.
Er verdrehte die Augen sichtbar.

Wir hatten noch immer alle die Augen zur Bühne gerichtet, doch plötzlich stampfte Violet mit dem Fuß und wendete sich aufgebracht an den YouTuber: "Was hat sie denn, was ich nicht habe?!" Sie zeigte mit ihrem Zeigefinger auf mich und sah mich so an, als wäre ich ein Nichts gegenüber ihr.
"Das werde ich dir nicht beantworten.", antwortete er ihr tonlos.
Sie zog eine Augenbraue hoch und fragte schnippisch: "Ach ja? Und warum nicht?"
"Weil ich dich dann wahrscheinlich beleidigen würde, aber du bist die Freundin meines Kumpels, also halte ich mich zurück."
Sie schnaubte. "Seid doch ehrlich! Ihr zwei habt was am Laufen, deswegen hast du sie bevorzugt!"
Ich stieß einen Lacher aus, doch als Logan mir einen verletzten Blick zuwarf, hielt ich mich wieder zurück. Er deutete mir, das Gespräch nun zu übernehmen. Ich seufzte genervt, aber eilte ihm zur Hilfe: "Erstens habe ich nichts mit dem am Laufen und zweitens ist es Logan's Video, also ist es auch seine Entscheidung, wen er dabei haben will und wen eben nicht. Und für seine Entscheidung braucht er auch keine Erklärung."

"Ja ja, jetzt spielt sie wieder die Coole, die alles im Griff hat. Wer hatte denn Tränen in den Augen, als sie mich und Corbyn zusammen gesehen hatte?", provozierte sie mich mit einem zickigen Ton und verschränkte besserwisserisch die Arme.
"Das hat jetzt nicht damit zu tun.", gab ich tonlos zurück und versuchte, mir nichts von meiner Verletzlichkeit anmerken zu lassen.
"Empfindest du etwa was für meinen Freund?", fragte sie mich mit einem gespielt überraschten Ton. Ich war völlig überrumpelt von dieser Frage.
"Violet", warnte Maddy sie, doch die Blondine achtete gar nicht auf sie.
"Willst du etwa was von ihm?", stichelte sie weiter und sah mir direkt ins Gesicht. "Jetzt sag schon!"
"Ich bin dir keine Erklärung schuldig, Violet. Und jetzt lass es gut sein.", gab ich monoton zurück und hielt die aufkommende Wut zurück.
"Du hast mir gar nichts zu sagen!", fuhr sie mich zickig und wütend an und schubste mich. Beinahe wäre ich nach hinten umgefallen, da fing mich jemand auf. Ich drehte mich um und sah Jonah. War das Konzert etwa schon vorbei?
"Hey, alles gut?", fragte er mich besorgt und ich nickte, wobei ich Violet zornig ansah: "Ja, bis jetzt ist noch keiner gestorben."
"Bis jetzt.", fügte Logan unnötigerweise hinzu und Jonah zog eine Augenbraue hoch. Ich wendete meinen Blick von ihm ab und das erste, was ich nun sah, waren Corbyn und Violet. Sie umarmten sich glücklich.
"Das Konzert war von vorne bis hinten mega gewesen! Du warst soo gut!", komplimentierte sie den Blondschopf und er bedankte sich bei ihr und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. Klar, Violet war ja auch von Anfang an dabei gewesen und konnte somit genau sagen, wie das Konzert gewesen ist... So eine Lügnerin.
Mir wurde augenblicklich schwindelig und schon wieder zog es mir den Boden unter den Füßen weg. Erneut fing mich Jonah auf.
"Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?", fragte er mich wieder mit Besorgnis in den Augen. Ich nickte nur: "Hab heute noch nicht so viel getrunken."
Er nickte: "Ich pass auf, dass du nicht nochmal umkippst." Dann lächelte er leicht und ich lächelte gezwungenermaßen zurück. Mir wurde alles zu viel und mein Kopf schwirrte schon. Der heutige Tag war einfach sehr anstrengend gewesen und das gerade eben hatte meine plötzliche Schwäche ausgelöst.
Ich war fertig und ausgelaugt und wollte mich nur noch hinlegen. Und genauso sehr wollte ich von Corbyn weg. Dieser Arsch. Macht hier vor mir mit Violet rum. Noch unhöflicher und unmenschlicher ging es ja wohl nicht mehr.

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Hii, da bin ich schon wieder!
Ich wünsche euch noch einen schönen Sonntag und drückt aufs Sternchen, wenn euch das Kapitel gefallen hat.

Bis zum nächsten Kapitel!

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