46. Kapitel

"I still do hate to love you"

Ellie's POV

Als ich und Chris wieder vor dem großen Hotel angekommen waren, erklärte er mir, dass er wieder in die Stadt fahren müsste, um in der Nähe von Violet und Maddy zu bleiben, falls etwas passieren sollte. Also stieg ich aus und verabschiedete mich dankend bei ihm, dann stieß ich die Autotür hinter mir zu und betrat die große, beeindruckende Eingangshalle des Hotels.

Ich nahm den Aufzug in den zweiten Stock und ging mit schnellen Schritten zu Logans Zimmer. Dort angekommen klopfte ich kurz, dann machte Zach mir auf.
"Na, wie war der Shoppingtrip?", fragte er mich frech und grinste dämlich.
"Noch ein falsches Wort, Herron", drohte ich ihm mit zugekniffenen Augen.
"Was passiert dann?", fragte er lachend und zog eine Augenbraue hoch.
"Im Drohen war sie noch nie gut gewesen.", meldete sich Corbyn plötzlich grinsend zu Wort. Er stand mit den Händen in den Hosentaschen vergraben neben dem Aufnahmegerät.
"Halt die Klappe, Besson!", zischte ich ihn an.
"Was, wenn nicht?", fragte er provozierend und Zach lachte.
"Dann...", begann ich, doch wie immer suchte ich vergeblich nach den Worten, um mich zu verteidigen. Warum konnte ich das einfach nicht?
"Siehst du? Sie kriegt's nicht hin.", wendete sich der Blondschopf an Zach und dieser lachte mich immer noch aus.
Ich schnaubte entsetzt. Warum genau wollte ich ihn nochmal wegen Violet warnen? Aus welchem Grund nochmal?

"Du kriegst auch einiges nicht auf die Reihe", gab ich tonlos zurück und sah ihn ernst an. Er lächelte frech. "Nein, ich denke, ich schaffe alles was ich will."
"Sich zum Beispiel nicht zu überschätzen ist eine Sache, die du nie lernen wirst, eingebildetes Arschloch.", fuhr ich ihn mit einem mit Absicht gefälschtem Grinsen an.
Er sah mich entsetzt an. "Tussi", gab er zurück.
"Vollidiot"
"Dumme Kuh"
"Blödmann"
"Zicke"
"Hohlkopf"
"Nervensäge"
"Kotzbrocken"
"Möchtegern Songwriterin"

Ich schnappte aufgebracht nach Luft. "Heuchler"
"Warum das?"
"Wer rennt denn hier immer zur selben Tussi zurück und lässt sich aufs neue ausnutzen?"
Er spannte seinen Kiefer an und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er sah so aus, als würde er gleich auf mich losgehen wollen und ehrlich gesagt machte mir sein dunkler, wuterfüllter Blick Angst.
"Ich lasse mich nicht ausnutzen.", brachte er unter zerknirschten Zähnen hervor. Ich wusste, ich sollte meine Klappe halten. Ein falsches Wort und er würde ausrasten. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich meinen Mund halten könnte.
"Bist du dir da sicher?", sagte ich und sah ihn intensiv an. Seine grün-blauen Augen strahlten einen derartigen Zorn aus, dass mir schwindelig wurde.
Plötzlich stürmte er auf mich zu und wollte mit der Hand ausholen, da hielt Zach ihn zum Glück auf und zog ihn von mir weg. Während ich wie versteinert da stand, warf er mir jede Menge Dinge an den Kopf.
"Ich bin kein Heuchler und ich lasse mich auch nicht ausnutzen! Die Einzige, bei der es gerade nicht läuft, bist du und deswegen lässt du es an mir und Violet raus! Krieg dein verdammtes Ego in den Griff!", schrie er mich an und wollte immer wieder auf mich losgehen, doch Zach hielt ihn mit aller Kraft zurück.

"Was ist denn hier los?", mischte sich Jonah ein, der gerade mit ein paar Wasserflaschen und Logan zurück ins Zimmer kam.
"Glaub mir, du willst es nicht wissen.", gab Zach mit angestrengter Stimme zurück und Corbyn kriegte sich langsam wieder ein.
Plötzlich kamen Jack und Dani mit irgendeinem elektrischen Gerät um die Ecke.
"Leute, wir haben es gefunden! ...Äh, alles okay?", fragte Daniel mich besorgt. Ich war völlig benommen. Corbyn hatte mich gerade angeschrien und wollte auf mich losgehen. Ich hatte eine wunde Stelle bei ihm getroffen. Trotzdem hätte ich nie gedacht, dass er tatsächlich handgreiflich mir gegenüber werden würde. Wie weit wäre er gegangen, wenn Zach nicht eingegriffen hätte?

Nach fünf Minuten hatte sich die Lage wieder einigermaßen beruhigt. Zach befahl Corbyn und mir auseinander zu bleiben und keinen Ärger mehr zu machen, sonst würde er Alex rufen. So ernst hatte ich ihn noch nie erlebt.
Nun saß ich neben Daniel vor einem Computer und er gab mir Kopfhörer, die ich sogleich aufsetzte. Von außen wirkte ich wahrscheinlich wieder  normal, aber innerlich herrschte in mir das pure Chaos. Der Wutausbruch von Corbyn erinnerte mich irgendwie an die Situation zwischen ihm und Noah. Die Prügelei. Corbyn hatte ein ernsthaftes Problem.

"Hör dir das an und sag mir dann, was fehlt.", meinte Daniel lächelnd und ich nickte verstehend.
Ich hörte aufmerksam zu und als das Lied zu Ende war, lächelte ich verschmitzt: "Der Text ist wirklich cool."
Daniel grinste, wurde dann aber wieder ernst. "Aber irgendwas fehlt doch."
"Ich weiß", seufzte ich und überlegte, was es sein könnte.
Ich zeigte ihm in den nächsten Minuten, welche Dinge ich noch verändert hätte. Bei dem Part, bei dem die Jungs im Hintergrund sangen und Logan irgendwas laberte, meinte ich, dass sie noch eine höhere Stimme brauchten, dann würde es perfekt klingen.
"Corbyn, wir brauchen dich nochmal!", rief Dani nach dem Blondschopf. Bei der Erwähnung seines Namens lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Er kam auf uns zu und irgendwas in mir meinte, lieber so viel Abstand wie möglich zu halten. Also rutschte ich weiter rüber zu Daniel, als Corbyn direkt vor uns stand. Dieser nahm das mit einem verwirrten sowie dunklen Blick hin, unter dem ich hätte schrumpfen können. Was war denn heute nur mit mir los? Hatte mich die Situation von gerade eben wirklich so fertig gemacht?

Daniel erklärte ihm, dass er nochmal etwas höher singen musste und dafür hatte er den richtigen gewählt, das musste ich ihm lassen. Corbyn's Stimme war dafür am besten geeignet.
Während er es nochmal sang, hatten ich und Daniel die Kopfhörer wieder auf und ich bekam eine Gänsehaut beim Klang seiner Stimme. Wie viel Gefühl in ihr lag.
"Ich glaube, jetzt haben wir's.", schlussfolgerte Daniel, als wir den Song erneut von vorne bis hinten durchgehört hatten, diesmal mit den neusten Änderungen, die ich vorgeschlagen hatte.
"Glaube ich auch", lächelte ich ihn an. Es machte so Spaß, sich mit ihm über Musik zu unterhalten und zusammen zu musizieren. Was das anging waren wir einfach auf der selben Wellenlänge, das spürte ich klar und deutlich.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Jack öffnete sie und zu Gesicht bekamen wir Violet und eine gestresst aussehende Maddy. Letztere kam sofort zu mir, während die Blondine auf Corbyn zu stürmte und sich ihm um den Hals warf. Sie verschloss ihre Lippen sanft mit seinen und er lächelte glücklich in den Kuss hinein. Bei dem Anblick wurde ich traurig, aber vor allem wurde mir einfach nur schlecht.
"Sieh nicht hin", flüsterte Maddy mir schnell zu und ich tat, was sie mir befahl. Daniel musterte mich verwirrt, ließ es sich dann aber nicht weiter anmerken.

Wir beschlossen nun Mittagessen zu gehen und begaben uns nach unten in einen geräumigen Saal. Corbyn und Violet liefen Händchen haltend direkt vor mir und Maddy. Lange hielt ich den Anblick nicht mehr aus.
In mir herrschte reinstes Chaos, ich musste versuchen, da irgendwie Ordnung reinzubekommen. Nur wie?

Sofort stürmten alle das Buffet, doch ich ließ mir etwas mehr Zeit, mich in Richtung Essen zu begeben. Ich atmete tief durch. Mir war schon schlecht genug, jetzt noch etwas zu essen würde nur alles schlimmer machen. Ich ging ein paar Schritte in Richtung der Tische, auf denen das Essen aufgetürmt war, dann befand ich mich plötzlich neben Daniel. Ich hatte eine Idee. Was half besser gegen Gefühlschaos als Musik?
"Ähm... Dani?"
Er blickte zu mir und sah mich fragend an. "Ja?"
"Habt ihr nicht ein Keyboard in Logan's Zimmer stehen gehabt?"
"Ja, was ist damit?"
"Darf ich es mir ausleihen?", fragte ich ihn hoffnungsvoll.
Er nickte. "Logisch, es steht jetzt aber wieder in meinem Zimmer."
"Oh okay... Darf ich... dann in dein Zimmer? Ich hab das Gefühl, ich muss mich jetzt gerade vor das Keyboard setzen und irgendetwas spielen. Weißt du, was ich meine?"
Gott, warum klang alles, was ich gerade gesagt habe, so absurd?
Er lächelte. "Das kenne ich nur zu gut. Warte..."
Er zog seine Schlüsselkarte hervor und gab sie mir mit den Worten: "Pass auf sie auf und durchsuche mein Zimmer nicht. Ich vertraue dir."
Er lächelte mich belustigt an, was ich erwiderte. Ich steckte die Karte ein und wollte gerade gehen, da hielt er mich am Arm zurück: "Willst du denn wirklich nichts essen?"
Ich sah ihn entschuldigend an. "Mir ist gerade nicht danach."
Damit drehte ich mich um und ging. Ich wollte seine Reaktion nicht sehen. Ich war ja auch nicht stolz drauf. Hauptsache ich musste Corbyn's und Violet's herum turteln nicht mehr ertragen.

Also ging ich wieder nach oben, diesmal in Daniels Zimmer. Sofort entdeckte ich das Keyboard auf einem Tisch und setzte mich sogleich davor.
Vorsichtig legte ich meine Finger in der richtigen Position auf die Tasten. Was nun?
Ich spielte etwas herum, probierte verschiedenes aus und das für eine geschlagene Viertelstunde, bis ich dann auf einer Melodie verharrte, die mir irgendwie gefiel. Ich spielte sie immer wieder auf und ab, fügte noch verschiedene Ausschmückungen hinzu und war schon etwas zufrieden mit meinem Konzept, nur zu welchem Text sollte die Melodie passen?

Auf Dauerschleife spielte ich meine Idee, summte mit und versuchte mich an verschiedenen Zeilen, die ich von meinem Notizbuch aus noch im Kopf hatte, doch nichts passte.
Wie könnte ich am besten in Worten ausdrücken, wie ich mich gerade fühlte? Was ich fühlte?
Gerade, als ich mir diese Fragen gestellt hatte, kam mir plötzlich eine Idee: "I still do
love to hate you
but I hate to love you"
So ganz zufrieden war ich noch nicht.
Weitere Minuten verflogen und ich tüftelte immer weiter an dem Song. Ich glaubte, ich befand mich gerade in sowas wie einer "kreativen Phase". Oder ich räumte einfach nur mein Gefühlschaos durch Musik auf. Beides konnte zutreffen.
Jedenfalls verstand ich nun mehr und mehr, wie viel mir Musik bedeutete. Wie abhängig ich von ihr war. Wie sehr sie mir half. Und wie sehr ich mir wünschen würde, sie zu meiner Berufung zu machen. Aber wer wollte so eine wie mich schon auf einer Bühne sehen?
Nur als Songwriterin im Hintergrund arbeiten wäre auch so cool, aber wer wollte meine Texte schon hören? Vielleicht war ich auch gar nicht so gut in dem Ganzen hier und ich machte mir zu viele Hoffnungen?

Ich schüttelte den Kopf, als könnte ich mir so meine tausenden Gedanken aus dem Kopf schlagen. Ich wollte mich gerade lediglich auf den Song konzentrieren, der hier gerade entstand.
Also legte ich meine Finger wieder auf die Tasten und spielte meinen so gut wie fertigen Refrain erneut:
"I'm afraid to say
I still do
Love you
Hate you
I still do
Hate to love you
I still do
Want you to want me like I'm wanting you
Oh I still do"

Dann spielte ich immer weiter und fand noch Zeilen, die vielleicht als Strophe in Frage kamen:
"Stick to my word when I say I don't want you
But what if I did?
Aren't her lips erasing me?
You seem to be happy now that I'm lonely
And I feel like I have to tell you I'm sorry
But you have to do the same for me"

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Hii, da bin ich schon wieder!

Weil ich wegen dem Sturm schulfrei habe, hab ich die Zeit genutzt, um gleich weiter zu schreiben.
Wie soll das mit Ellie, Corbyn und Violet noch ausgehen? Was meint ihr?

Bis zum nächsten Kapitel!

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