27. Kapitel
"You remind me of my past"
Ellie's POV
Aber mir war es egal, wer da nach mir rief. Ich wollte nur in mein Zimmer stürmen, mich aufs Bett schmeißen und mich selbst bemitleiden. Noah hatte mich betrogen. Irgendwie kam diese Info noch nicht ganz in meinem Hirn an. Meine Befürchtung war tatsächlich wahr geworden...
Tränen bahnten sich ihren Weg über meine Wangen hinunter, während mein Schluchzen nicht weniger wurde. Ich hörte, wie mir jemand hinterher rannte. Ich lief schneller. Gerade eben wollte ich mit niemandem reden. Nicht über das, was ich gerade gesehen hatte, denn das musste ich erstmal selbst verdauen.
"Ellie, warte doch!", rief die Stimme wieder nach mir, aber ich wusste nicht genau wer es war. Das Einzige, was in meinem Kopf herumschwirrte war die Szene, die ich vor wenigen Sekunden noch gesehen hatte. Noah, wie er verliebt Violet küsste.
Er hatte sich in sie verliebt. Hieß das, er hatte mich im Prinzip nie wirklich geliebt?
"Bleib stehen!"
Corbyn? Was machte er hier?
Ich drehte mich um und strich mir nebenbei eine Träne aus dem Gesicht.
"Was willst du?", fragte ich ihn, meine Stimme gebrechlich.
Er kam mir näher und sah mich besorgt an. "Alles okay bei dir?"
"Sieht es denn so aus?", gab ich schnippisch zurück.
"Nein"
"Warum fragst du dann?"
"Weil ich mir Sorgen um dich mache", meinte er und ich musterte ihn. Verdammt, dieser Smoking stand ihm wirklich gut.
Ich wusste ehrlich gesagt nicht genau, was ich darauf antworten sollte, deswegen blieb ich still. Er machte sich Sorgen um mich?
Er kam noch ein Stück näher, sodass uns nur ein kleiner Schritt trennte. Diese kleine Distanz zwischen uns machte mich verrückt. Einerseits wünschte ich mir, er würde den letzten Abstand zwischen uns überwinden. Andererseits wäre es mir aber auch lieber, wenn er wieder einen Schritt zurückgehen würde.
Vorsichtig trat er noch ein wenig näher an mich heran und der starke Geruch von Alkohol stieg mir in die Nase.
"Sag mal, wie viele Gläser Sekt hast du getrunken, Besson?", fragte ich ihn dann.
Er grinste etwas. "Weiß ich nicht mehr."
"Oh Gott, du bist total betrunken, oder?"
"Kann sein. Aber du bist total traurig, oder?", erwiderte er mit einer Frage.
Ich zuckte nur mit den Schultern und hielt die aufsteigenden Tränen zurück. Es sah so aus, als wollte er noch näher kommen, doch dann schlug er vor: "Wollen wir uns setzen?"
Etwas überfordert nickte ich. Vielleicht war etwas Gesellschaft ja doch nicht so schlecht, auch wenn es sich um einen betrunkenen Corbyn handelte.
Er zog mich am Handgelenk zum Pool und kurzzeitig hatte ich Angst, er würde mich erneut rein schubsen wollen. Jedoch zog er seine Schuhe und Socken aus, krempelte seine Hosenbeine nach oben, setzte sich an den Rand des Beckens und streckte seine Beine ins Wasser.
"Komm her", meinte er und deutete auf den Platz neben ihm.
Ich war mir ja nicht so sicher, ob ich das machen wollte. Ich hasste Wasser. Aber es waren ja nur die Beine, die rein mussten.
"Wehe, du schubst mich wieder rein!", drohte ich ihm, setze mich neben Corbyn, legte meine Schuhe neben mir ab und passte auf, dass mein Kleid nicht ins Wasser rutschte. Dann streckte ich auch ganz langsam meine Beine ins Wasser.
Ich bemerkte, wie wenig Platz eigentlich zwischen uns war und rutschte automatisch ein Stück zur Seite, wobei er leise lachte. Dafür, dass er so betrunken war, verhielt er sich wenigstens einigermaßen normal.
Jetzt erst fiel mir auf, wie schön meine Umgebung bei Nacht war. Der Pool war mit weißem Licht beleuchtet und die Sterne funkelten zu meiner Überraschung klar am Himmel. Ich lächelte ein wenig.
Das Wasser umschloss sanft meine Beine. Es war eher kalt, aber wenn man die Füße erstmal richtig drinnen hatte, wurde es angenehmer. Dafür, dass es Nacht war, war es eigentlich eher warm draußen.
"Du siehst wunderschön aus, Ellie", meinte Corbyn auf einmal. Überrascht fuhr ich herum und sah, dass er schon die ganze Zeit Bilder von mir geschossen hatte.
"Die löschst du später wieder, nur dass das klar ist!", sagte ich und deutete auf sein Handy.
"Ja ja!", lallte er grinsend. Er öffnete ein paar der oberen Knöpfe an seinem Hemd, sodass man seine Brust hindurch blitzen sehen konnte.
Nicht starren, Ellie. Nicht!
"Was ist passiert, Ellie?", fragte er und sah mich forschend an.
"Wenn ich dir das jetzt sage, wirst du es wegen dem ganzen Alkohol morgen vergessen haben", meinte ich daraufhin.
Er zuckte mit den Schultern. "Erzähl's mir trotzdem"
"Ich weiß ja nicht...", murmelte ich.
"Was hast du denn zu verlieren, wenn ich morgen eh nichts mehr weiß?"
Eigentlich hatte er Recht. Aber wollte ich jetzt darüber reden? Mit ihm?
Allein der Gedanke an Noah und Violet ließ Tränen in meine Augen aufsteigen.
"Ich... E-er hat... mich betrogen", schluchzte ich und begann erneut zu weinen.
"Noah?", fragte Corbyn nach. Ich nickte und plötzlich zog er mich näher an ihn heran und nahm mich in den Arm. Etwas überrumpelt zuckte ich zuerst zusammen, dann ließ ich mich auf die Umarmung ein. Eigentlich war dies gerade genau das, was ich brauchte.
Schützend drückte er mich an sich und ich weinte in unsere Umarmung hinein.
"Es tut mir Leid", meinte er kurze Zeit später, in der ich mich ein wenig beruhigen konnte.
"Schon gut. Irgendwie war es auch naiv von mir zu denken, dass er in seinem neuen Zuhause nicht doch jemanden besseren als mich findet, die nicht tausende Kilometer von ihm weg wohnt.", erwiderte ich noch leicht schluchzend und strich mir eine Träne aus dem Gesicht.
Er sah mich entsetzt an. "Jetzt gib ja nicht dir die Schuld dafür!"
Ich zuckte nur mit den Schultern. Mein Kopf war nun auf seiner Schulter platziert und er hatte einen Arm um mich gelegt. So starrten wir beide auf das Wasser.
"Er hat dich nicht verdient, Ellie. Merk dir das. Er hat dich betrogen, nicht du ihn!", sagte er und ich nickte leicht. Warum tat er das hier gerade für mich? Lag es an seinem Alkoholkonsum, dass er nun so nett zu mir war?
"Mit wem eigentlich?", fragte er dann irritiert.
"Violet. Die blöde Tussi im weißen Kleid, die bei seinen Eltern und Noah am Tisch saß."
Augenblicklich merkte ich, wie er distanzierter wurde. Wie er in seine Gedanken abtauchte und den Griff um mich leicht lockerte.
"Ist etwas?", hakte ich nach.
Er zögerte. "Ist schon gut"
"Auch wenn ich weiß, dass es das nicht ist?", fragte ich ihn erneut und er zuckte mit den Schultern. "Das interessiert dich eh nicht"
"Wenn es mich nicht interessieren würde, würde ich dich nicht danach fragen", gab ich zurück und sah nach oben in seine unglaublich schönen Augen.
Es herrschte eine kurze Stille zwischen uns, dann begann er, zu erzählen: "Violet und ich kennen uns von früher. Sie wohnte in Chicago und damals, als wir mit der Band dort eine Zeit lang wegen etwas geschäftlichem waren, hatten wir uns kennengelernt. Sie war meine erste große Liebe. Ich war so verschossen in sie, dass ich nicht gesehen hab, wie viele andere bei ihr Schlange standen. Wir verbrachten öfter etwas Zeit miteinander und sie schien so nett und aufrichtig zu sein und nicht an meinem Geld interessiert. Doch das war alles nur Fassade.", er lachte trocken. "Ich konnte ihr nie etwas abschlagen, deswegen kaufte ich ihr alles was sie wollte, ohne auch nur geringstes zu ahnen. Als sie dann genug von mir hatte, erzählte sie mir, dass sie eigentlich einen Freund hat und mich jetzt nicht mehr braucht. Sie sagte, ich wäre nur ein Zeitvertreib für sie gewesen... ich war so dumm und blind vor Liebe"
Seine Stimme brach am Ende leicht ab und Tränen sammelten sich in seinen Augen. "Als wir dann wieder aus Chicago verschwanden, war ich so erschüttert gewesen, dass ich mich nur noch von den anderen fern gehalten habe. Ich wollte nicht, dass sie denken, dass ich ein Schwächling wäre. Ich wollte ihnen nicht meine gebrechliche Seite zeigen. Der Einzige, dem ich mich öffnete, war Alex. Ich weiß auch nicht warum, aber bei ihm fühlte ich mich mit meinen Gefühlen gut aufgehoben. Damals wurde er zu einem richtigen Ersatzvater für mich. Er war da gewesen für mich und hat mich nicht als Versager abgestempelt, weil ich Violet tatsächlich als anders eingeschätzt hatte. Durch ihn ging es mir einige Zeit danach besser und ich konnte diesen Teil der Vergangenheit hinter mir lassen. Es war ein schwieriger Schritt gewesen, aber ich hatte es geschafft. Und ob es jetzt blöd klingt oder nicht, seitdem habe ich mich von Mädchen ferngehalten. Ich hab mich auf keine mehr eingelassen, bin denen allen aus dem Weg gegangen. Ich wollte nicht wieder auf jemanden hineinfallen. Mich in jemanden verlieben. Und dann kamst du."
Er sah mir unsicher in die Augen, doch ich wollte unbedingt, dass er weitersprach. Ich glaube, in seinem normalen Zustand, ohne Alkohol im Blut, würde er sich mir nicht so öffnen. Einerseits war es egoistisch von mir, das so auszunutzen. Andererseits lenkte es mich ab und ich wollte endlich wissen, warum er mich so verabscheut hatte.
"Du warst das erste Mädchen, dem ich wieder in die Augen sehen musste seit Violet. Vorerst wollte ich dir aus dem Weg gehen, doch so leicht war das nicht. Du hast mich immer an meine Vergangenheit erinnert, an Violet, auch wenn du ihr nicht ähnlich siehst. Jedes Mädchen hat mich an sie erinnert. Als ich dann erkannte, wie viel Spaß es machte, dich zu provozieren, dachte ich, ich könnte dich so vielleicht von mir fern halten. Aber du musstest mein Verhalten hinterfragen. Ich wollte dir die kalte Schulter zeigen, doch du hast es nicht akzeptiert. Und irgendwann gefiel mir deine Nähe dann so gut, dass ich damit aufhören wollte, doch dann hieltest du dich von mir fern. Tja, und jetzt sitzen wir hier."
Jetzt verstand ich auf einmal alles. Es machte Sinn. Deshalb sein komisches Verhalten mir gegenüber. Ich hatte ihn an Violet erinnert.
Und weil sie jetzt hier war, hatte er sich aus Verzweiflung betrunken. Das war kein guter Plan gewesen.
Und meine Nähe gefiel ihm... hieß das, er hatte Gefühle für mich?
Durch den ganzen Alkohol wurde er auf einmal so gesprächig, dass es mir schon als ungewohnt vorkam. Alles, was ihn bisher bedrückt hat, plapperte er jetzt nur so heraus.
Er fuhr fort: "Ich weiß nicht warum, aber das mit dem von dir fern halten ist für mich reine Tortur. Ich will das nicht. Ich will bei dir sein. Aber du willst es nicht und das macht mich fertig. Ich habe Angst vor meinen Gefühlen, Ellie. Ich will nicht wieder so verletzt werden und dann erneut so eine schlimme Zeit durchmachen. Das halte ich nicht nochmal aus. Vor allem nicht, wenn meine Gefühle für dich diesmal noch stärker sind, als die für Violet es waren."
Ich blieb still. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Er wollte bei mir sein.
Er hatte Gefühle für mich.
Starke Gefühle.
"Sag doch was", flüsterte er und eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Rücken. Ich wusste nicht warum, aber auf einmal entriss ich mich seinem Griff und brachte etwas Abstand zwischen uns. Es wurde mir zu viel. Zuerst erfuhr ich, dass Noah mich betrogen hatte und nun machte mir Corbyn klar, dass er sich in mich verliebt hatte. Ich musste das erstmal alles nochmal verarbeiten und mir darüber im Klaren sein.
"Ich verstehe", sagte Corbyn traurig. Natürlich hatte ich ihm mit meiner Aktion verdeutlicht, dass ich seine Gefühle nicht erwiderte. Doch entsprach das auch der Wahrheit? Empfand ich rein gar nichts für ihn? Oder war da doch etwas zwischen uns? Konnte ich mich selbst denn überhaupt einschätzen? Ich hatte doch keine Ahnung von Liebe. Woher wusste man, dass man verliebt war oder nicht?
"Ich bin noch nicht soweit. Ich... das alles in den letzten Minuten war etwas viel für mich. Bitte versteh das Corbyn.", meinte ich kleinlaut.
__________________
Willkommen zurück!
So sah Corbyn's Vergangenheit also aus. Deswegen hatte er sich anfangs so komisch Ellie gegenüber verhalten. Was denkt ihr, wie es jetzt weitergehen wird? Wird Ellie jetzt versuchen, noch mehr Abstand zwischen sich und Corbyn zu bringen? Oder wird sie sich auf ihn einlassen? Kann es etwas werden zwischen den beiden?
Welches ist euer Lieblingslied im Moment, dass ich unbedingt mal anhören sollte? (Neben den Songs von WDW natürlich😂)
Schreibt sie mir in die Kommentare!
Bis zum nächsten Kapitel!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top