20. Kapitel
"I miss you"
Ellie's POV
Ich spürte, wie seine Hände mir einen Ruck gaben und wenige Sekunden später hüllte mich das kühle Wasser des Pools ein. Adrenalin schoss mir durch den Körper und ich wurde panisch. Meine Kleidung saugte sich mit Wasser voll und zog mich nach unten. Ich strampelte verzweifelt mit meinen Armen und Beinen im Pool herum, doch es änderte nichts.
Ich konnte nicht schwimmen. Ich hatte es nie gelernt.
Warum musste dieses blöde Schwimmbecken auch so tief sein? Oder ich so klein?
Plötzlich flogen diese ganzen schrecklichen Bilder wieder in meinen Kopf herum und vor meinen Augen wurde es schwarz.
Der Fischkutter, auf dem wir uns befanden, geriet in ein Unwetter. Es wackelte im Sturm hin und her und der Regen prasselte ohne Erbarmen auf uns ein. Ich und die anderen Mädchen versuchten verzweifelt, uns irgendwo im unteren Teil des Boots festzuhalten, doch es gab keinen Halt.
"Ellie!!", schrie meine beste Freundin Sophie nach mir. "Ellie! Hilf mir!"
Ich drehte meinen Kopf ruckartig in die Richtung, aus der der Ruf kam.
Sie war durch das Wackeln nach hinten zur Platform des Kutters gerutscht, an dem die Fischer normalerweise ihre Netze hochziehen. Dort gab es kein Geländer, an dem sie sich hätte festhalten können. Sie glitt immer weiter nach hinten und ihre Hände versuchten vergebens, sich in irgendetwas zu krallen.
"Ellie! Hilf mir!", schrie sie immer wieder mit Todesangst in ihrer Stimme.
"Sophie!!", kreischte ich zurück und zitterte am ganzen Leib. Ich stolperte zu ihr um ihr zu helfen, doch schon kurz darauf fiel ich durch eine weitere Welle, die gegen das Boot gekracht war, zurück. Meine Klamotten klebten wegen dem Wasser, das erbarmungslos auf den Kutter hinein platschte, an meinem Körper und meinte nassen Haare fielen mir immer wieder ins Gesicht.
Ich rappelte mich erneut mit aller Kraft auf.
Dann durchschnitt ein schriller Schrei das Donnern das Unwetters.
Ich riss atemlos Kopf hoch.
Sophie.
Meine Augen suchten die ganze Platform ab, doch sie war nicht mehr da.
"Sophie!? Sophie! Wo bist du!?", schrie ich so laut ich konnte. Hinter mir kreischten die Mädchen genauso voller Angst und Panik.
Mein Puls stieg unnormal an und Tränen schossen mir in die Augen.
Wo war sie? Ich konnte sie nicht mehr sehen!
Mein Körper von der Panik geleitet, kämpfte ich mich nach vorne zur Platform. Ich konnte sie jetzt nicht verlieren! Ich brauchte sie doch!
Ein lauter Donner ließ mich zusammenzucken. Ich war gerade auf der großen Platform angekommen und rief gegen die Lautstärke des Unwetters ankämpfend nach Sophie. Dann krachte eine riesige Welle in den Fischkutter und riss mich und alle anderen in die Tiefe.
"Ellie? Ellie, sag doch was!", hörte ich Jonah sagen.
Ich spürte, wie jemand an meinem Arm rüttelte. Ich wollte meine Augen öffnen, doch meine Lider waren zu schwer.
Mein Atem war langsam und kontrolliert, doch in mir trieb ein Tornado sein Unwesen. Die Erinnerungen an diese Nacht hatte ich gewollt verdrängt, doch nun kam alles wieder nach oben. Ich wünschte mir jedes Mal, es wäre ein Alptraum, doch nie entsprach es der Wahrheit. Er war wirklich geschehen.
Und ich hatte Sophie danach nie wieder gesehen.
Ich wusste nicht, ob sie tot war. Ich wusste nicht, ob sie wie ich Glück hatte. Ich wusste nur, dass ich alles, was davor passiert ist, ohne sie nicht überstanden hätte. Sie war immer für mich da gewesen. Sie war mein Fels in der Brandung gewesen. Sie hat mir aufgeholfen, wenn ich am Boden lag. Sie hat mir geholfen, meine Wunden zu verarzten, die mir Dario zugefügt hatte, wenn ich nicht tun wollte, was er mir sagte. Wenn ich aufgeben wollte, machte sie mir immer wieder klar, dass ich das nicht durfte, denn wir würden da schon irgendwie wieder rauskommen.
Letztendlich sind wir das auch, nur getrennt und unwissend darüber, ob es dem anderen gut ging oder er überhaupt noch am Leben war.
Was würde ich darum geben, sie noch einmal wiederzusehen.
Plötzlich spürte ich, wie ein wenig Kraft in meinen Körper zurücktrat und ich nutze diese aus, um endlich meine Augen zu öffnen.
Erst war noch alles etwas verschwommen, doch so langsam kehrte die Schärfe wieder zurück in meinen Blick und ich erkannte nun wieder jedes der besorgten Gesichter genau.
Und natürlich war Corbyn nicht darunter.
"Oh Gott, Ellie!", atmete Jonah erleichtert aus und auch die anderen schienen nun wesentlich weniger besorgt zu sein. "Ich hatte so eine Angst um dich"
Ich wollte etwas sagen, doch plötzlich musste ich kräftig husten und richtete mich dafür ruckartig auf. Jonah legte mir sanft seine Hand auf meinen Rücken.
Und diese Berührung löste es aus. Alles, was sich in den letzten Minuten angesammelt hatte, kam nach oben. Ich schluchzte und nun schossen mir die Tränen in die Augen.
Ich fiel Jonah, der neben mir auf der Liege saß, in die Arme und ließ alles raus.
"Ich vermisse sie so! Ich vermisse sie so sehr!", schluchzte ich in unsere Umarmung hinein. Er streichelte behutsam meinen Rücken und stellte keine Fragen, was ich ihm in diesem Moment hoch anrechnete. Ich brauchte gerade keine Fragen, ich brauchte Zuwendung und einfach jemanden, der mir bedingungslos zuhörte. Und das wusste Jonah. Und wie immer war ich trotzdem davon überrascht, wie stark unsere Bindung doch war.
Ich blendete in diesem Moment einfach mal alles um mich herum aus. Die anderen Jungs, meine Umgebung und diesen blöden Pool.
Jonah löste sich dann von mir und blickte hinter sich.
"Komm sofort her und entschuldige dich bei ihr!", sagte er zu Corbyn, doch mit einem so energischem und strengem Ton, den ich wirklich noch nie von ihm gehört hatte und auch gar nicht gewohnt war.
Ich traute mich nicht nach oben in die ganzen verwirrten Gesichter zu sehen, deswegen starrte ich einfach auf den Boden und schluchzte weiter vor mich hin. Dann spürte ich, wie jemand seinen Arm um mich legte. Es war nicht Jonah.
Ich drehte mich zur Seite und erkannte Daniel. Er lächelte mich sanft an und es beruhigte mich irgendwie enorm. Es erwärmte mein Herz.
Wir starrten uns an und seine blauen Augen zogen mich wieder in ihren Bann. Ich verfolgte Jonah's und Corbyn's Diskussion nicht, doch als ich Corbyn sagen hörte: "Die will sich doch nur wieder wichtig machen!" platzte mir der Kragen.
Ich atmete tief ein und eine riesige Wut überkam mich.
Wie konnte er es wagen?
Ich entriss mich schweren Herzens Dani's Arm, stand etwas wackelig auf und hustete noch kurz. Dann ging ich entschlossen zu Corbyn.
Er saß ein paar Liegen hinter uns weg und als er sah, dass ich auf ihn zukam, stand er verachtend schmunzelnd auf.
Schritt für Schritt kam ich ihm näher, bis ich nur wenige Zentimeter vor ihm stand. Wutentbrannt sah ich nach oben direkt in seine Augen und erblickte nur Arroganz darin. Fühlte er sich nicht mal ansatzweise schlecht?
"Und? Was willst du jetzt tun?", begann er wieder mit mir wie mit einem Kleinkind zu reden.
"Es gibt so viele Dinge die ich gerade tun will", sagte ich tonlos und starrte in seine Augen. Ich würde ihm am liebsten einfach alles an den Kopf werfen, was sich so angesammelt hat durch sein Verhalten, doch ich glaubte, nichts davon würde ihn zum Umdenken bringen.
Schließlich hatte ich mich nicht mehr unter Kontrolle und verpasste ihm eine Ohrfeige. Er hatte einen vorwurfsvollen und wütenden Ausdruck im Gesicht und legte seine Hand sanft an die getroffene Stelle an seiner Wange. Doch bevor er auch nur irgendetwas sagen konnte, kam ich ihm zuvor: "Wie kann man nur so ein arrogantes Arschloch wie du sein?"
Für einen Moment dachte ich, ich könnte etwas verletzliches in seinem Blick erhaschen, doch schon kurz darauf setzte er seine eingebildete Fassade wieder auf.
"Wie kann man nur so eine arrogante, Aufmerksamkeit brauchende Tussi wie du sein?", fragte er mich nun und unterbrach unseren Augenkontakt nicht.
Ich wollte sofort etwas erwidern, doch dann wurde ich von Alex unterbrochen, der sehr wütend den Raum betrat: "Zur Hölle, da seid ihr ja! Was habe ich euch gesagt? Wenn ihr alleine wohin geht, sollt ihr mir Bescheid sagen! Verdammt, ich hab mir riesige Sorgen um euch gemacht!! Ich hab das ganze Hotel nach euch abgesucht!"
Unsere Köpfe drehten sich alle ertappt zu Alex. Die Jungs hatten ihm nicht Bescheid gesagt? Ich dachte er hätte es uns erlaubt?
Hinter ihm erkannte ich drei Angestellte des Hotels. Anscheinend hatten die ihm bei der Suche nach uns geholfen. Er bedankte sich bei ihnen für ihre Hilfe und gab ihnen Bescheid, dass sie nun gehen könnten.
Zach wollte gerade etwas sagen, da kam Alex ihm zuvor: "Was ist überhaupt mit dir, Ellie? Warum ist deine Kleidung so nass?"
"Corbyn hat mich in den Pool geschubst", verpetzte ich ihn. Er hatte es nicht anders verdient.
Alex wurde von Sekunde zu Sekunde immer wütender und ich glaubte wir alle zogen es vor, lieber leise zu bleiben.
"Ihr geht sofort in eure Zimmer und da bleibt ihr auch, bis wir zum Konzert los müssen!", bestrafte er uns. Die anderen legten gleich zur Beschwerde an, jedoch meinte er nur: "Daran seid ihr jetzt selbst schuld. Na los! Geht schon!"
Wir setzten uns alle in Gang, doch als ich und Corbyn den Jungs folgen wollten, hielt Alex uns zurück: "Nein, ihr zwei kommt mit mir mit!" und ein ungutes Gefühl überkam mich.
Ohne uns gegenseitig auch nur eines Blickes zu würdigen, gingen wir Alex bis zu seinem Zimmer hinterher.
Darin angekommen forderte er uns auf, dass wir uns setzen sollen und wir befolgten. Dann saßen wir uns gegenüber.
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Hallo zusammen!
Das Rätsel ist gelöst, Corbyn hat sie ins Wasser geschubst. Auch wenn sich ein paar von euch gewünscht hatten, dass sie sich küssen, musste ich diejenigen leider enttäuschen. Aber seid schon mal gespannt auf das nächste Kapitel, ich hoffe wir sehen uns dort!❤️
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