Kapitel 8
Tae blieb noch eine Weile. Allerdings sagte er nicht viel. Für heute schien er alle Fragen gestellt zu haben.
Zwischendurch verschwand er für ein paar Stunden und kam dann gegen 20 Uhr mit dem Abendessen noch einmal zu mir.
Er hatte sich versichert ob es mir schmeckte und mir wieder beim Essen zugesehen, bevor er mir eine gute Nacht gewünscht und mein kleines Gefängnis schließlich verlassen hatte.
Nachdem er gegangen war, hatte ich wieder eine Weile still auf dem Boden gesessen, bevor ich mich in mein Bett geschleppt hatte.
Ich befestigte das Foto meiner Eltern in dem Bilderrahmen und stellte es auf den Nachttisch.
Kaum hatte ich mich hingelegt, fixierte mein Blick die Zimmerdecke.
Irgendwie musste ich den heutigen Tag erstmal sacken lassen.
Ich hatte einen ganzen Tag in diesem Zimmer verbracht.
Streng genommen schon den zweiten.
Es war sonderbar...
Ein Teil von mir schrie, dass er hier raus wollte.
Immerhin war ich hier eingesperrt. Ich war nicht aus freien Stücken hier.
Und obwohl Tae sich mir gegenüber bisher nur fürsorglich und liebevoll benommen hatte, machte er mir immer noch irgendwie Angst.
Was er gestern gesagt hatte, war mir im Gedächtnis geblieben.
Dass er mich 'liebte'...seine Umschreibung für Besessenheit.
Allein wie er mich ansah...
Ich schluckte schwer, als ich mich an seinen Blick erinnerte, als ich vorhin mein T-Shirt hochgezogen hatte.
Als würde er mich am liebsten auffressen.
Doch während eine Hälfte von mir das alles hier immer noch für einen kranken Albtraum hielt...
...war meine andere Hälfte einfach froh, etwas zu Essen und ein Bett zu haben. Die Möglichkeit, eine warme Dusche nehmen zu können....angenehme Kleidung.
Das alles waren keine Selbstverständlichkeiten für mich.
Und so unheimlich Tae auch war...
Ohne ihn würde ich gerade frierend in einer dunklen Straße liegen, statt hier unter einer gemütlichen Decke.
Ein Gedanke, der mich irritiert blinzeln ließ.
Gerade mal zwei Tage und ich fing schon an, solche Gedanken zu haben...
Was war nur los mit mir?
Ein Verrückter sperrte mich bei sich ein und ich hatte nichts Besseres zu tun, als mich über die neue Wohnmöglichkeit zu freuen?
Ganz so war es natürlich nicht...
Trotzdem schmeckte diese Erkenntnis wie eine bittere Pille.
Es ließ mich realisieren, auf was für einem minimalen Standard mein Leben sich befunden hatte...
Dass ich ein absoluter Niemand war.
Jemand, den man entführen konnte, ohne dass irgendwer ihn vermissen würde.
Jemand, der sich damit zufrieden gab, solange man nur seine Grundbedürfnisse befriedigte.
Ein Gefühl des Selbstekels überkam mich.
Ich drehte mich auf die Seite um das Bild meiner Eltern ansehen zu können.
Aber gleichzeitig....war es nun mal einfach so.
Mein Leben war noch nie ein Bett aus Rosen gewesen. Auch ohne diese Entführung.
Ich hatte schon vor Jahren verstanden, dass es in den meisten Fällen besser war, das zu akzeptieren, was das Leben einem gab und zu versuchen sich damit zu arrangieren.
Alles andere mündete nur in einer Reihe endloser Enttäuschungen und einem Gefühl bodenlose Dunkelheit.
Das hatte ich auf die schmerzhafte Tour lernen müssen.
Umso tiefer saß diese Erkenntnis jetzt.
So sehr es mir auch gegen den Strich ging...
Gerade konnte ich nichts weiter tun, als zu schauen, wie es weiterging.
Während ich das gerahmte Foto ansah und meine Gedanken in meinem Kopf hin und her rollten, spürte ich, wie meine Augenlider schwerer wurden.
Der Tag war zwar gar nicht so anstrengend gewesen im Vergleich zu dem, was ich gewohnt war...
...aber irgendwie war ich trotzdem kaputt.
Ich rollte mich auf die andere Seite und vergrub mein Gesicht in dem weichen Kissen, bevor ich langsam in einen traumlosen Schlaf glitt.
Am nächsten Morgen wurde ich durch das piepende Geräusch der Tür geweckt, als Tae den Raum betrat.
"Hnn...", grummelnd öffnete ich meine Augen.
Ich war in der Nacht mehrmals wach geworden.
In mir war so eine Unruhe...
Angesichts meiner Situation wohl nicht unbedingt verwunderlich.
Ein Teil von mir hatte immer noch Angst, dass Tae nachts auf einmal neben meinem Bett stehen und irgendetwas gruseliges abziehen könnte.
"Oh, hab ich dich geweckt?", fragte der Blauhaarige etwas bedrückt.
"Entschuldige bitte...aber ich muss gleich zur Arbeit.", erklärte er, bevor er das Tablett mit meinem Frühstück unter dem Gitter durchschob.
Ich war vor lauter Müdigkeit noch nicht fähig, in irgendeiner Form zu antworten.
Langsam stand ich auf und trug mich mit schlurfenden Schritten zu dem Gitter.
Ich nahm auf dem Boden Platz und begutachtete mein heutiges Frühstück.
Ein kleines Gefühl der Enttäuschung machte sich in mir breit, als ich feststellte, dass es heute gar keinen Kaffee gab.
Natürlich hätte mich nichts auf der Welt dazu bringen können, das laut auszusprechen.
Der Moment, in dem ich anfangen würde, Wünsche zu äußern, würde der Moment sein, in dem ich mich mit meinem Leben hier vollständig abgefunden hatte.
Der gerade mal dritte Tag würde nicht der Tag sein, an dem das passierte.
Aber wie immer schien es gar nicht nötig, meine Gedanken auszusprechen. Tae las sie einfach.
"Tut mir leid, dass es heute keinen Kaffee gibt.", entschuldigte er sich.
"Aber ich dachte wir könnten heute, wenn ich wiederkomme, vielleicht endlich mal miteinander spielen. Da wäre Coffein nicht so gut.", erklärte er.
Binnen Sekunden waren meine Augen weit aufgerissen. Mein Blick schnellte zu Tae nach oben.
Was?
Wieso?
'Spielen'?
Und warum.....ist Coffein hinderlich?
Tae schien meinen geschickten Gesichtsausdruck komplett zu ignorieren.
Stattdessen sah er mich breit lächelnd und mit großen Augen an.
"Du siehst so niedlich aus, wenn du gerade aufgestanden bist.", stellte er fest. Er hatte seinen Kopf ein wenig zur Seite gelegt, während seine Optik an meinem Gesicht und meinen verstrubbelten Haaren klebte.
Ich blinzelte irritiert.
Seine Komplimente kamen immer ziemlich aus dem nichts.
Und irgendwie war es mir unangenehm.
...was nicht wirklich eine Erklärung dafür war, dass ich gerade rot wurde.
"Also dann, mein Schatz. Ich muss erstmal zur Arbeit. Wir sehen uns heute Nachmittag.~", säuselte Tae, bevor er offensichtlich gut gelaunt aufstand und den Raum wieder verließ.
Halb vor Müdigkeit benommen, halb vor Verwirrung überfordert sah ich ihm hinterher.
Wie schaffte er es nur, jedes Mal eine Konversation mit mir zu führen, ohne dass ich ein einziges Wort von mir gab?
Unheimlich...
Versuchend, diese Gedanken aus meinem Kopf zu schütteln, widmete ich mich meinem Frühstück.
Ich aß noch so lange, bis ich nicht mehr konnte und verbrachte den heutigen Tag dann wieder wie den gestrigen.
Das rauschende Wasser und die angenehme Wärme der Dusche hatten mir bereits gefehlt.
Und da sich seit gestern nichts verändert hatte, hatte ich den Rest des Vormittags auch keine andere Beschäftigung, als im Bett zu liegen und zu zeichnen.
Allerdings ging mir Taes kleine Ankündigung die ganze Zeit über nicht mehr aus dem Kopf...
Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit, je länger ich über sein 'Spiel' nachdachte...
"Na, hast du mich vermisst?~", säuselte Tae, als er gegen 16 Uhr wieder da war. Natürlich mit einem Tablett Essen auf den Armen.
Kaum war er da, verspannte ich mich etwas.
Gleichzeitig war ein winziger Teil von mir froh, nicht mehr die ganze Zeit alleine zu sein.
Mein natürliches Bedürfnis nach sozialer Interaktion kam Tae zugute.
Schließlich war er die einzige Person, die ich seit drei Tagen zu Gesicht bekam...
Wortlos stand ich auf und setzte mich vor dem Gitter hin, bevor ich das Tablett annahm.
Irgendwie fühlte es sich inzwischen fast wie ein Ritual an.
Als sei ich wirklich sein Haustier...
Tae schien sich nicht daran zu stören. Mit strahlenden Augen sah er mich an, bevor er fragte, ob ich genug zu essen gehabt hatte.
Er bekam ein Nicken als Antwort.
Natürlich entging ihm auch nicht, dass ich nochmal geduscht und meine Kleidung gewechselt hatte.
"Magst du Grautöne?", fragte Tae, da ihm offensichtlich aufgefallen war, dass meine Wahl auf ein ähnliches Oberteil wie gestern gefallen war.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Sieht so aus...", murmelte ich.
Schrille Farben waren nicht so meins.
Taes Augen wurden groß.
Ich konnte förmlich sehen, wie sein Gehirn diese Information unter 'unbedingt merken' abspeicherte.
Eine weitere Sache, die mir nicht entging war, dass mein Gegenüber sichtlich hibbeliger wurde, als ich zu meinem Essen griff.
Ich schluckte schwer.
"Ist was?", fragte ich verunsichert.
Seine Reaktionen beunruhigten mich.
Tae schüttelte hastig seinen Kopf.
"Ich freu mich nur, wenn wir endlich spielen können.", sagte er dann ganz glücklich.
Mein Inneres verkrampfte sich.
'Spielen'...
"Und vorher soll ich noch was essen?", bohrte ich weiter.
Wenn Coffein ein Problem ist....wieso dann nicht auch Nahrung?
Tae nickte.
"Unbedingt.", sagte er lächelnd.
Mich immer unwohler fühlend, erwiderte ich seinen Blickkontakt.
Es machte mich nervös, überhaupt nicht zu wissen, was los war.
Gleichzeitig würde Tae wohl nicht aufhören, mich anzustarren, bis ich etwas gegessen hatte.
Da war irgendwas in seinen Augen...was mir jede Fähigkeit nahm, mich ihm zu widersetzen.
Zögerlich führte ich den Löffel zu meinem Mund und nahm einen Bissen.
Das Essen war noch warm...die Gewürze geradezu perfekt ausbalanciert...
Wirklich...lecker....
Ich wollte mich gerade ein wenig beruhigen, als ich spürte, wie eine fremdartige Lähmung meinen Körper durchzog.
Mir wurde schwummrig.
Die Welt verschwamm vor meinen Augen.
"Tae, was hast du-", setzte ich noch an, bevor ich jegliche Kontrolle verloren hatte und einfach zur Seite klappte.
Auf einmal war alles schwarz.
Showtime~
Das nächste Kapitel ist nichts für schwache Nerven, glaube ich.
Mir ist beim Probelesen einfach mal wieder aufgefallen, wie willkürlich ich bestimmte Zeitformen und Fälle benutze....Himmel. Wenn man der eigenen Sprache nicht mächtig ist ._.
Also ich entschuldige mich für die kleinen Grammaik-Massaker, die ich hier z.T. veranstalte. ^^"
Dieser Blick von Tae xD "Lass uns spielen~" xDD
Hoffentlich grinst ihr heute auch mindestens einmal so breit x3 (in einem weniger gestörten Kontext, pls xD)
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