Kapitel 57
"This Love" - Camila Cabello
https://youtu.be/WNl8kDDdnOo
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"Hmhnm...", entwich es mir etwas angestrengt, als mein Bewusstsein zu mir zurückkehrte.
Der Rest des Spiels war genauso verlaufen, wie sonst auch.
Tae hatte sich noch eine Stelle zum aufschneiden gesucht, danach hatte ich einen ziemlich ausführlichen Kuss an meinen Hals bekommen...und irgendwann beim dritten Schnitt war ich schließlich weggeklappt.
Diesmal war es weniger der Blutverlust, als viel mehr meine endlose Verwirrung gewesen, die mich so viel Kraft gekostet hatte.
Ich hatte weder diesen wunderschönen Kuss, noch den horrorhaften Beginn des Spiels verarbeiten können.
Davon, dass Tae sich nach dem ersten Schnitt bereits wieder gefangen hatte, mal abgesehen...
Irgendwann war mein Kopf vor lauter Fragen einfach zu schwer geworden.
Es war fast befreiend gewesen, als die Lichter endlich ausgegangen waren...
Etwas verwirrt blinzelte ich, während ich feststellte, dass es noch nicht dunkel geworden war...
Normalerweise "spielten" Tae und ich immer Nachmittags oder Abends.
Meistens wachte ich dann irgendwann in der Nacht auf.
Aber da wir heute direkt nach dem Frühstück gespielt hatten, war es noch nicht so spät...
Die November-Abendsonne strahlte durch die kleinen Fenster am oberen Rand der Zelle.
"Tae?", verließ es ganz von selbst meine Lippen, während ich noch zu mir fand.
Es war wie ein Reflex, wenn ich nach einem Spiel aufwachte...
Jedes Mal brauchte ich die Bestätigung, dass er da war.
Jedes Mal erhielt ich sie...
"Ich bin da...", erklang die flüsternde Stimme des Blauhaarigen.
Ohne darüber nachzudenken hob ich meinen Kopf, um zu ihm gucken zu können.
Ich erhaschte kurz einen Blick auf ihn, bevor ich die Augen zusammenkniff und mich zurück in das Kissen fallen ließ.
Wahrscheinlich würde ich es nie lernen...
Schlagartige Bewegungen, nachdem man mehrere Stunden ohnmächtig und davor starker Körperverletzung ausgesetzt gewesen war, waren keine gute Idee.
"Bist du okay?...", fragte ich, während ich meine Augen schloss und kurz durchatmete, in der Hoffnung, dass meine Kopfschmerzen verschwinden würden.
Es war das erste Mal, dass ich Tae diese Frage stellte, bevor er mich hatte fragen können.
Normalerweise war es immer anders herum.
Aber irgendwie fühlte es sich heute richtig an...
Immerhin war es für mich - trotz der ganzen Verwirrung - nur ein Spiel gewesen.
Die Schnitte waren genau so gewesen, wie ich es gewöhnt war.
Tae dagegen war heute völlig anders gewesen als sonst...
Nach all dem Durcheinander wollte ich wissen, ob es ihm gut ging.
Ich konnte förmlich spüren, wie mein Herz sich weniger schwer anfühlte, als der Blauhaarige antwortete.
"Mehr als okay...", erklang seine raue Stimme.
"Danke, Kookie...", schob er noch hinterher.
Ganz von alleine legte sich dadurch ein kleines Lächeln auf meine Lippen.
Warum auch immer war diese Information unbeschreiblich erleichternd für mich...
Die Bestätigung, dass Tae wieder er selbst war.
Dass der ganze Stress nicht umsonst gewesen war...
Die Antwort des Blauhaarigen hatte so lieb geklungen, dass ich für einen kurzen Moment den Impuls verspürte, ihm zu sagen, dass es "schon okay" war.
Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, wenn er sich ständig bei mir bedankte.
Allerdings konnte ich mich noch rechtzeitig davon abhalten, als mir wieder einfiel, dass wir immer noch darüber sprachen, dass er mit einem Skalpell meine Haut aufgeschnitten hatte.
Eine Sache, die man wohl niemals als "schon okay" bezeichnen konnte.
Deshalb sagte ich erstmal gar nichts.
Stumm lächelte ich vor mich hin, bis Tae mich fragte, ob bei mir auch alles in Ordnung war.
Wenigstens diese Frage konnte ich bejahen.
Mein Kopf war immer noch so schwummrig, als hätte jemand mein Gehirn püriert....
Seltsamerweise fühlte ich mich aber trotzdem ziemlich gut.
Besser als vor dem Spiel auf jeden Fall.
Ich spürte die Schmerzen von den Schnitten.
Aber mir war nicht mehr nach weinen zumute...
Was ich gerade fühlte war eine etwas ungewohnte Mischung aus Erleichterung, purer Ratlosigkeit und einem kleinen bisschen Freude.
Letzteres einzig und allein dadurch ausgelöst, dass es Tae besser ging.
Eine erschreckende Vorstellung, wenn man bedachte, was der Preis für diese Verbesserung gewesen war...
Dass ich diesen hatte bezahlen müssen.
Allerdings war das nicht wirklich, was mir gerade präsent war...
Ich bemerkte eher, dass ich vorhin unbeschreiblich traurig gewesen war und dieses Gefühl inzwischen abgenommen hatte.
Obwohl ich immer noch nicht wirklich schlauer war, als noch vor ein paar Stunden, fühlte ich mich besser.
Nachdem ich ihm bestätigt hatte, dass ich okay war, klang Tae auch ein ganzes Stück erleichterter.
"Hast du Hunger?", fragte er weiter.
"Du hattest heute früh schon so wenig...", natürlich triefte seine Stimme gleich wieder vor Besorgnis.
Ich nickte, bis mir auffiel, dass Tae es wahrscheinlich von seiner Position aus nicht sehen konnte.
"Essen klingt gut...", murmelte ich.
Nicht, dass ich nach einem Spiel jemals wirkliches Hungergefühl verspürte...
Trotzdem fühlte mein Magen sich leer an.
Da ich nicht vor hatte, direkt wieder einzuschlafen, war eine Mahlzeit wahrscheinlich keine schlechte Idee.
Kaum hatte ich ausgesprochen, hörte ich, wie Tae aufstand.
"Ich mache dir schnell etwas.", beschloss er.
Ich kam gar nicht dazu, irgendwie zu reagieren, weil im nächsten Moment bereits das Piepen der Eisentür erklang.
Kurz darauf fiel sie ins Schloss.
Stumm lag ich da und starrte die Decke an, während ich darauf wartete, dass Tae wiederkam.
Sein extrem ausgeprägter Drang, mir immer genug Essen zu machen, wunderte mich schon lange nicht mehr...
Irgendwann schloss ich meine Augen, um mich noch ein bisschen zu entspannen.
Mein Körper fühlte sich vor Erschöpfung an, als wäre er aus Zement.
Von meinem Kopf mal ganz zu schweigen...
Ich war immer noch kein bisschen schlau aus Taes heutigem Verhalten geworden.
Es entzog sich sämtlicher Logik...
Das einzige, dessen ich mir sicher war, war die Verbindung zwischen gestern und seinem heutigen Zustand.
Dass Tae den ganzen Tag über für mich da gewesen war, hatte dazu geführt, dass wir das Spiel einen Tag hatten vorziehen müssen.
Ganz sicher...
Ich versuchte, nicht allzu lange darüber nachzudenken, ob ich das für einen angemessenen Tausch hielt.
Viel zu verstört war ich von meiner eigenen Antwort.
Jemanden zu haben, zu dem ich irgendeine Form von emotionaler und körperlicher Nähe aufbauen konnte, schien mir inzwischen wichtiger zu sein alles andere...
Ich hinterfragte diese Entwicklung nicht weiter.
Stattdessen hing ich mich in Gedanken darüber auf, ob Tae diese Person sein konnte...
Heute früh hätte ich klar widersprochen.
Ich hatte gedacht, dass Tae meine Nähe niemals genießen konnte, wenn es ihm dadurch so schlecht ging.
Doch jetzt...
Nach diesem Spiel...
...war ich nur noch verwirrt.
Es kam mir nicht vor, als wäre ich in der Lage, alleine eine Antwort auf meine Fragen zu finden.
Aus meinem Gedankenstrudel geholt, zuckte ich kurz zusammen, als das Piepen der Eisentür eine gute halbe Stunde später erneut erklang.
Weil jeder Rest Sonne sich inzwischen verzogen hatte, machte Tae das Licht an.
Natürlich nicht, ohne vorher zu fragen, ob das okay für mich war.
Inzwischen war er fast schon zu gut im Rücksicht nehmen...
"Ich hoffe du magst Reisbrei...", murmelte der Blauhaarige, während er das Essen unter den Gitterstäben hindurch schob.
Ich war schon dabei, mich aufzusetzen, als mir ein schmerzverzerrtes Keuchen entwich.
Es dauerte keine Sekunde, da waren meine Augen wieder zusammengekniffen und mein Körper wieder flach im Bett.
Auf Taes alarmierte Frage, ob es mir gut ging, gab ich nur noch ein Keuchen von mir.
"Ich glaub, das wird nichts...", seufzte ich, während ich meine Augen langsam wieder öffnete.
Aufstehen zu wollen, nachdem man mehrere Stunden ohnmächtig und davor starker Körperverletzung ausgesetzt gewesen war, schien eine noch viel dümmere Idee zu sein, als schlagartige Bewegungen.
Ich fühlte mich komplett schlapp...
Tae sagte ein paar Sekunden lang gar nichts.
Voller Besorgnis klebte sein Blick an mir.
"Du...kannst nicht aufstehen?", fragte er schließlich.
Wieder nickte ich sinnlos, bevor ich meine Zustimmung mündlich bekundete.
Gleichzeitig gab mein Magen ein kleines Grummeln von sich.
Dass man den Hunger nicht spürte, schien nicht zu bedeuten, dass er nicht vorhanden war...
Wieder war es eine Weile lang still.
Obwohl ich Tae nicht anschaute, wusste ich, dass er gerade ziemlich angestrengt überlegte.
Ich konnte seine Hirnwindungen förmlich rattern hören.
Als er schließlich wieder zu sprechen ansetzte, fiel ich trotzdem aus allen Wolken.
"Soll ich...dich füttern?...", wollte er zögerlich wissen.
Ich spürte, wie ich direkt wieder Kopfschmerzen bekam, weil ich so oft blinzelte.
Wie...bitte?...
"Du meinst...", setzte ich verwirrt an.
...Tae wollte wieder zu mir in die Zelle kommen?...
Nach allem, was heute passiert war, kam mir diese Vorstellung mehr als abwegig vor.
Allerdings war "Abwegigkeit" schon lange kein Kriterium mehr.
Wie unlogisch, daneben oder einfach nur krank ein Ereignis war, gab keinerlei Information über seine Eintretenswahrscheinlichkeit.
Nicht hier.
Nicht in Taes und meiner verdrehten, kleinen Welt...
Ich musste feststellen, dass ich mich geirrt hatte, als ich geglaubt hatte, dass der Beginn des Tages und das Spiel die verrücktesten Sachen waren, die heute passieren würden.
Das zustimmende Nicken des Blauhaarigen zeigte mir, dass ich es aufgeben konnte.
Es gab keinen auch nur ansatzweise möglichen Weg, wie ich Tae verstehen konnte.
Sein Verhalten war durch und durch widersprüchlich.
Während ich dem Blauhaarigen fassungslos dabei zusah, wie er seine Hand an den Sensor der Gittertür legte, war ich nicht mehr sicher, woran es lag.
Ob Taes Denken wirklich grundsätzlich anders funktionierte...
...oder ob mir einfach Informationen fehlten.
Ich hatte keine Ahnung.
Allerdings gab es eine Sache, bezüglich der ich mir nach heute einhundertprozentig sicher war.
Ich brauchte Antworten.
Hach ja...
I know, die meisten von euch hören sich die Musikempfehlungen wahrscheinlich gar nicht an...
(Böser Fehler btw - meine Musikempfehlungen sind der Hammer (Und ja, mein Ego ist berechtigt ^^))
Aber die Musikempfehlung von diesem Kapitel ist actually sehr emotional für mich...
Ich hab das lied zum ersten Mal gehört, als ich Home damals gerade neu angefangen hatte.
Bzw...
Ich glaube, ich war noch in dieser Phase, wo die Idee da war und ich versucht hab, davor wegzulaufen.
Ich erinnere mich, wie ich es damals unter der Dusche gehört und danach nervös im Badezimmer auf und ab gelaufen bin, während ich einer Freundin eine Memo darüber gemacht hab, dass ich doch eigentlich niemals extrem toxische Sachen schreiben wollte und dass ich mich ja voll schlecht fühlen würde sowas hochzuladen.
Tja ja...
So ändern sich die eigenen Maßstäbe xD
Ich wollte auch mal nie Fantasy und erst Recht niemals eine Vampir-FF schreiben.
Inzwischen hab ich so... drei Geschichten mit Vampiren (eine online, zwei in Planung)
Life is what happens, while you are busy making plans. ^^
Und I mean...
Durch Home hab ich die Magie von Disclaimern entdeckt.
"Du kannst den größten Mist der Welt schreiben, solange du die Leute darauf hinweist, dass es Mist ist."
Love that for me xD
Nein aber seriously...
Nach allem, was mit Home los war, bin ich richtig happy, dass ich jetzt gerade hier sitze und euch diese kleine Anekdote erzählen kann ^^
Ich bin wirklich froh, die Story wiederzuhaben...
Und ich bin froh, dass wir nur noch unter 10 Kapitel bis zum aktuellen Stand haben ^^
Ich hab dann schon zwei neue Kapitel fertig~
Aber genug von mir ^^
Wie fandet ihr das Kapitel?
Bitte lasst mich an eurer Verwirrung und euren Gefühlen teilhaben. <3
Ich enjoye das so sehr ^^
Und abschließend noch ein kleiner Teaser:
Das nächste Kapitel ist eines meines liebsten. ^^
Ganz viel Communication incoming~
Hab euch lieb <3
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