Kapitel 5
"Hmm...", schwerfällig öffnete ich meine Augen.
Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass das weiche Bett, in dem ich lag, kein Traum war.
Weil es sich so angenehm warm anfühlte, huschte ein kleines Lächeln über meine Lippen.
Allerdings verschwand dieses binnen Sekunden, als mir die anderen Umstände meines Aufenthalts wieder bewusst wurden.
Grummelnd drehte ich mein Gesicht in das Kissen.
Wenn ich jederzeit sterben kann, möchte ich jede freie Sekunde mit diesem wunderbaren Bett verbringen...
Eine Weile blieb ich regungslos liegen, bis ich mich so drehte, dass ich vom Bett aus zu den Gitterstäben gucken konnte.
'Jederzeit'...
Das Tablett mit den leeren Schüsseln stand noch an Ort und Stelle.
Nachdem er mir gute Nacht gewünscht hatte, war Tae offensichtlich nicht mehr hier gewesen.
Er hatte mir...nichts getan...
Etwas irritiert von dieser Erkenntnis rollte ich mich auf den Rücken und starrte die Zimmerdecke an. Durch die kleinen Fenster oben drang das Tageslicht nach innen.
Ein warmer Eindruck breitete sich im Raum aus, als das Licht von den hellen Möbeln reflektiert wurde.
Das Gefühl, dass ein neuer Tag begann...
Gerade als ich anfing, mich zu fragen, ob ich den Rest meines Lebens jeden Morgen aus dieser Position heraus beobachten würde, hörte ich das Geräusch der sich öffnenden Eisentür.
Mein Blick wanderte zum anderen Ende des Raumes.
"Guten Morgen, Kookie.", begrüßte mein blauhaariger Gastgeber mich mit einem Lächeln auf den Lippen. Dieses wurde um einiges breiter, als er das Tablett am Boden meiner Zelle entdeckte.
"Du hast ja wirklich noch was gegessen.~", stellte er zufrieden fest. Danach sah er zu mir. "Ich freu mich. Das hast du toll gemacht.", lobte er mich liebevoll.
Ich hob als Antwort nur eine Augenbraue.
Ich war dreiundzwanzig und nicht sieben.
Es war nicht nötig, mich dafür zu loben, dass ich Essen zu mir nahm.
Auch wenn ich nicht leugnen konnte, dass seine Worte auf eine sehr befremdliche Art und Weise dafür sorgten, dass mir warm wurde...
"Schiebst du das Tablett bitte etwas zu mir? Ich komme nicht ran.", fragte Tae freundlich. Dabei hielt er das neue Tablett, welches er auf dem Arm hatte, nach oben.
"Ich hab auch Frühstück dabei.", lächelte er.
Ich sah ihn für einen Moment einfach stumm an, bevor ich aufstand, mich mit einem gewissen Abstand vor dem Gitter auf den Boden setzte, und das leer gegessen Tablett näher zu der Öffnung der Gitterstäbe schob.
Der Blauhaarige schenkte mir ein warmes Lächeln. "Danke, Kookie.", sagte er lieb, bevor er die Tabletts austauschte.
Ich stutzte nicht schlecht.
Das Essen auf dem neuen Tablett ging weit über ein Frühstück hinaus.
Wer sollte so viel essen?
"Ich muss heute leider auf Arbeit gehen und kann dir deshalb kein Mittagessen vorbeibringen. Gegen 16 Uhr bin ich wieder da.", erklärte Tae, dem mein skeptischer Blick offensichtlich aufgefallen war.
"Denkst du, das reicht bis dahin?", wollte er wissen. In seiner Stimme lag schon wieder diese übertriebene Fürsorglichkeit.
Ich nickte, bevor ich nach einem Croissant von dem Tablett griff und einfach anfing, es zu essen.
Gerade war ich entschieden zu müde, um mir gefangen darüber zu machen, was für tödliche Chemikalien sich eventuell in meinem Essen befinden konnten. Und ich hatte Hunger.
Es war nett, nicht erst ewig nach etwas zu Essen suchen zu müssen, sobald sich dieser meldete...
Taes Augen begannen zu glitzern, als er sah, wie ich von dem Gebäck abbiss.
Ich erwiderte seinen Blickkontakt für eine Weile, bevor meine Aufmerksamkeit sich auf sein heutiges Outfit richtete.
Schick war gar kein Ausdruck.
Alleine sein Jackett musste ein Vermögen wert sein.
Aber er hatte die Ärmel locker nach oben geschoben und von seinem Hemd die obersten Knöpfe offen gelassen. So sah es nicht förmlich, sondern etwas lässiger, aber dennoch modisch aus. Und es stand ihm hervorragend.
Was so einer wohl arbeitete?
Alleine mein kleines Zimmer hier wirkte überaus kostspielig.
Schalldichte Räume finanzierten sich nicht von selbst.
Auch die Einrichtung...
"Die Kleidung in der Kommode ist für dich. Du kannst sie ruhig anziehen.", holte Taes Stimme mich aus meinen Gedanken.
Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass er das selbe getan hatte, wie ich.
Er hatte mich abgecheckt.
...nur war er natürlich zu einem völlig anderen Ergebnis gekommen.
Ich trug immer noch dieselben abgeranzten Klamotten, in denen ich gestern hier aufgewacht war und in denen ich auch schon Wochen zuvor rumgelaufen war.
"Generell ist alles hier für dich. Es gehört dir.", betonte Tae, nachdem ich immer noch keine Antwort gegeben hatte.
Ich beschloss, ihm ein schwerfälliges Nicken als Antwort zu geben, um ihm zu suggerieren, dass ich verstanden hatte, was er gesagt hatte.
Schien ihm zu reichen.
"Gut.", die Mundwinkel des Blauhaarigen zogen sich zufrieden nach oben.
"Natürlich bist du auch so wunderschön.", sagte er dann.
Ich blinzelte vor Überraschung über dieses plötzliche Kompliment.
In den Augen meines Gegenübers sah ich, dass er es ernst meinte.
....ein weiterer Beweis für sein völlig verqueres Denken.
Wie könnte jemand wie er...jemanden wie mich...-
Meine Gedanken brachen ab, als ich die Kaffeetasse auf dem Tablett entdeckte. Sie war mir zuerst gar nicht aufgefallen.
Ich spürte, wie meine Augen zu strahlen begannen.
Kaffee....
Wie lange war das her...
Fast schon zittrig griff ich nach der Tasse und atmete den Geruch ein.
Mein letzter Kaffee lag schon Ewigkeiten zurück. In meinen letzten Jahren im Waisenhaus hatte ich den Geschmack für mich entdeckt.
Aber seitdem...
Ich war so mit dem kleinen Koffeinwunder in meiner Hand beschäftigt, dass ich völlig vergaß, dass mir jemand gegenüber saß, der jede meiner Reaktionen genau mitbekam.
Taes Kichern holte mich in die überaus peinliche Realität zurück.
"Du magst Kaffee?", wollte er wissen.
Ich nickte langsam, bevor ein leises "Sehr..", meine Lippen verließ. Ich hatte die Kontrolle über meine Stimmbänder für einen kurzen Moment verloren, weil Taes Lachen meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
Es war so....unerwartet hell...und ehrlich...
"Das ist gut. Ich war mir nicht sicher...", Tae fuhr durch seine, zu einem perfekten Seitenscheitel gestylten Haare.
Meine Augen blieben weiter an seinem Gesicht hängen.
Irgendwie war ich nicht mehr fähig, wegzusehen...
Erst, als er Blauhaarige auf seine Armbanduhr sah, löste ich mich aus meiner Starre.
"Ich muss langsam los...", stellte er mit einer Note des Bedauerns in der Stimme fest, bevor er sich aufrichtete.
Da dieses mehr einseitige Gespräch sich trotzdem ein ganzes Stück netter, als erwartet angefühlt hatte, blitzte in meinem Kopf für eine Millisekunde das Bedürfnis auf, ihm 'viel Spaß auf der Arbeit' oder sowas zu wünschen.
Aber nur...für einen kaum wahrnehmbaren Moment.
Ich blieb stumm.
"Mach's gut, Kookie. Bis nachher.", lächelte Tae, bevor er den Raum verließ.
Da war sie wieder....
Die Stille.
Keine. Und ich meine keine Story, ohne kaffeesüchtigen Main Chara.
Selbst wenn er keinen Zugang zu Kaffee hat xD
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