Kapitel 46

"lovely" - Billie Eilish, Khalid

https://youtu.be/V1Pl8CzNzCw

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Taehyung Pov


Mit großen Augen betrachtete ich den in sich zusammengesackten Engel vor mir.

Ich hatte meine Hand noch nicht mal vollständig von seiner Wange nehmen können, da war er schon ohnmächtig geworden.


Vorsichtig hob ich seinen Kopf ein wenig an, um Kookies Gesicht ansehen zu können.

Gerade war es ein wenig bleich.

Trotzdem wunderschön...

Nichts konnte ihn entstellen.



Für ein paar Sekunden blieben mein Blick an seinen Lippen hängen.

Gerade...kurz bevor das Spiel vorbei gewesen war....

.....hatte Kookie da gewollt, dass ich weitermache?

Hatte er mich...noch länger küssen wollen?...

...


Ich konnte nichts dagegen tun, dass dieser Gedanke mein Herz schneller schlagen ließ.

Geistesabwesend streichelte ich mit meinem Daumen über seine Wange.

Ich liebte ihn so sehr....

Alles an ihm.


Obwohl dieses Gefühl von Anfang an da gewesen war, kam es mir vor, als würde es in letzter Zeit immer stärker werden.

Jedes Lächeln von ihm machte mich so unfassbar glücklich...

Jedes Wort, was er mit mir sprach...


Ich genoss die Wirkung, die Kookie auf mich hatte.

Mal ganz abgesehen davon, dass ich mich endlich wieder lebendig fühlte, seit er bei mir war...ich meine eigenen Gedanken wieder hören konnte....

...so brachte Kookie mich auch dazu, Dinge zu tun, von denen ich nicht gewusst hatte, dass ich dazu in der Lage war.


Im ersten Moment hatte ich es für unmöglich gehalten, als er mich darum gebeten hatte, ihn nicht mehr einzuschläfern.

Es hatte jeder Faser meines Körpers widerstrebt.

Mein Kopf hatte praktisch sofort angefangen zu drücken.


Aber nachdem ich eine Weile darüber nachgedacht hatte...

An Kookie gedacht hatte...

Daran wie es inzwischen zwischen uns war. Wie viele Schritte er schon auf mich zugetreten war....

...da hatte ich ganz plötzlich dasselbe für ihn tun wollen.

Irgendwie war es dann auch gar nicht so schwer gewesen, wie ich gedacht hatte.


Ich war froh, dass es so gut funktioniert hatte.

Dass wir jetzt nicht mal mehr die Augenbinde brauchten.

Das Spiel wurde immer schöner~



"Danke, mein Engel...", flüsterte ich, bevor ich Kookie, so wie jedes Mal wenn wir mit spielen fertig waren, einen kleinen Kuss auf die Stirn drückte.


Ganz vorsichtig ließ ich seinen Kopf wieder nach unten klappen, bevor ich die Zelle kurz verließ, um den Verbandskasten aus dem Regal neben der Kellertreppe zu holen.

Seine Wunden mussten dringend verarztet werden.

Weil ich mich schon wieder dazu hatte hinreißen lassen, den Braunhaarigen anzustarren, waren sie schon viel zu lange offen.



Wieder bei Kookie angekommen, säuberte ich die Wunden als erstes.

Zwar passte ich immer auf, dass alles hygienisch ablief, aber sicher war sicher.

Mein Schatz sollte sich doch keine Blutvergiftung zuziehen.


Anschließend verteilte ich etwas von der Salbe, die die Firma, in der ich arbeitete, entwickelt hatte, auf den Schnitten und verband sie dann ordentlich.

Ich verstand, warum die Salbe eines unserer meistverkauften Produkte war.

Die Heilwirkung grenzte an ein Wunder...


Umso schöner, dass ich unbegrenzten Zugang dazu hatte~

So würde mein Baby sich nie nachträglich mit allzu schlimmen Schmerzen quälen müssen.


Immerhin ging es nicht darum, ihm langfristige Schmerzen zuzufügen.

Kein bisschen.


Zwar konnte ich es nicht abstreiten, dass es mir gefiel, die Geräusche zu hören, die er während des Spiels von sich gab...

Aber sie waren eher die Kirsche auf dem Eisbecher.

Außerhalb des Spiels sollte meinem Schatz nichts wehtun.

Wenn ich die Schnitte danach auf magische Art und Weise verschwinden lassen könnte, würde ich es tun.


Es war einfach so unfassbar beruhigend, wenn wir spielten...

Dabei zusehen zu können, wie das Blut Kookies makellosen Körper hinablief, hatte eine fast schon hypnotische Wirkung auf mich.

Alles daran war so wunderschön...

Jedes Mal spürte ich, wie der Lärm in meinem Kopf dadurch verstummte.

Vitalisierend geradezu.

Nach jedem Spiel fühlte ich mich, als hätte man meinen Akku aufgeladen.


So lange hatte ich mich danach gesehnt, etwas ähnliches fühlen zu können...

Ich war Kookie unbeschreiblich dankbar dafür, dass er es ermöglichte.



Nachdem ich die Schnittwunden versorgt hatte, band ich die Seile los.

Vorsichtig natürlich.

Gerade Kookies Handgelenke wollte ich ungern noch mehr aufschuffeln.

Dadurch, dass die Seile an diesen Stellen direkt auf seine Haut drückten und er seine Hände beim Spielen immer so viel bewegte, war es ziemlich rot.


Als ich die Seile entfernt hatte, tat ich noch etwas Salbe auf seine Handgelenke.

Auch seine Handflächen bekamen etwas ab, weil der Braunhaarige seine Nägel mal wieder viel zu tief darin vergraben hatte.


Einen kurzen Moment lang blieb mein Blick an seinen Fingerspitzen hängen.

Ich erinnerte mich daran, wie sie sich haltsuchend in meinen Handrücken gebohrt hatten.


Desinteressiert betrachtete ich die roten Spuren, die Kookie auf meiner Hand hinterlassen hatte, bevor ich für einen kurzen Moment meine Augen schloss, um mich genauer daran erinnern zu können.

Beim Spielen war ich auf andere Dinge konzentriert.

Und eigentlich hatte ich dem Braunhaarigen meine Hand auch wirklich nur gegeben, weil ich nicht gewollt hatte, dass er sich wehtat.


Allerdings...

Leise seufzte ich.

....genoss ich es wirklich sehr, wenn ich spürte, wie er sich an mich klammerte.


Noch vor ein paar Wochen wäre das nicht möglich gewesen.

Umso glücklicher war ich jetzt darüber...



Liebevoll hauchte ich einen kleinen Kuss gegen Kookies Fingerspitzen, bevor ich ihn behutsam hochhob und in sein Bett trug.


Ganz automatisch klappte der Kopf des Braunhaarigen dabei gegen meine Brust.

Wie immer bekam ich ein wenig Herzklopfen davon.


Es war schön, Kookies Nähe genießen zu können.

Nach dem Spielen funktionierte es am besten.

Ich war dann komplett unverspannt.



Allerdings...


Erneut blieb mein Blick an Kookies Mund hängen, nachdem ich ihn ins Bett gelegt und vorsichtshalber schonmal zugedeckt hatte.

Nachdenklich biss ich mir auf die Lippe.


Kookies Nähe genießen zu können war schön....

...allerdings genoss ich sie in letzter Zeit fast schon etwas zu sehr.


Die Belohnungen im Spiel waren für Kookie gedacht.

Nicht für mich.


Und trotzdem...

Ich schluckte ein wenig, während ich nicht anders konnte, als meine Fingerspitzen kurz über seine unendlich weichen Lippen wandern zu lassen.

...trotzdem spürte ich, wie es mich jedes Mal auf eine völlig andere Art und Weise verrückt machte, wenn Kookie und ich uns küssten.


Wenn er sich mir so wie heute entgegen drückte....als würde sich alles in ihm nach mir sehnen...

...stiegen Bedürfnisse in mir auf, den Braunhaarigen auf eine völlig andere Art und Weise zu zerstören.

Seine unendliche Reinheit noch ein bisschen mehr zu beflecken, als ich es ohnehin schon tat.


Aber natürlich...

Schwach lächelte ich, bevor ich meine Hand von Kookies Gesicht löste.

...hatte ich nicht vor, diesen Bedürfnissen nachzugeben.


Mal ganz abgesehen davon, dass ich nicht wirklich einen Weg sah, wie Kookie und ich uns auf diese Weise nah sein könnten, ohne dass mir wortwörtlich eine Sicherung durchknallte...

....so wollte ich ihn auch gar nicht "zerstören".

Nicht so.


Immerhin sagte ich das nicht einfach so daher.

In meinen Augen war Kookie wirklich ein Engel.

Er hatte meinem unendlich grauen Leben so viel Farbe gegeben, dass ich mir wirklich nur schwer vorstellen konnte, dass er von dieser Welt war.


Er war so rein und perfekt...

Jemand wie ich hatte überhaupt nicht verdient, ihm auf diese Art und Weise nah sein zu dürfen.


Auch wenn ein Teil von mir es sich manchmal wirklich wünschte.

Diesem Teil fiel ständig wieder auf, wie unfassbar weich seine Haut war...

Wie perfekt seine Lippen geformt waren...

Wie unbeschreiblich süß er schmeckte...


Glücklicherweise verschwand dieser Teil regelmäßig in der Unruhe, die in meinem Inneren wütete.

Er war nicht stark.

Ich brauchte ihn nicht.


Das einzige was ich brauchte war das Spiel.

Diese Art der Nähe zu Kookie war mehr als genug.


Solange ich Kookie und ich spielen konnten, war alles andere unwichtig.

Da war ich mir sicher.



Ich trat ein paar Schritte von dem Bett zurück.


Als ich zu Kookies Kommode gehen wollte, um ihm ein neues Oberteil zu holen, fiel mir auf, dass ich seinen Lieblingspullover gerade frisch gewaschen hatte.

Er hing noch oben in der Wäschekammer, müsste inzwischen aber trocken sein.


Zufrieden zuckten meine Mundwinkel nach oben.

"Bin gleich wieder da~", flüsterte ich, bevor ich noch den Wäschekorb in Kookies Badezimmer ausleerte und seinen Pullover von vorhin vom Boden aufsammelte.

Anschließend lief ich nach oben.



Nachdem ich Kookies Lieblingspullover geholt hatte, begab ich mich direkt wieder nach unten.


Streng genommen hatte Kookie nie gesagt, dass dieser einfache dunkelgraue Sweatpullover sein Liebling war.

Ich war einfach davon ausgegangen.

Immerhin war der Pulli irgendwie ständig in der Wäsche.

Da er, so wie alles was ich meinem Liebling zum Anziehen gab, von ausgezeichneter Qualität war, blieb der Stoff auch trotz des häufigen Waschens sehr weich.


Als ich bemerkt hatte, wie gern Kookie diesen Pullover zu haben schien, hatte ich geschaut, ob ich noch einen von der Sorte bekommen konnte.

Allerdings war die Kollektion leider schon vergriffen gewesen.

Das hatte mich ziemlich geärgert...


Seitdem suchte ich immer nach einem vergleichbaren Modell.

Bisher leider ohne Erfolg.



Wieder bei Kookie angekommen befreite ich den Braunhaarigen nochmal kurz von seiner Decke.

Ich legte ihn nur immer schon in sein Bett, damit er nicht auskühlte.


Vorsichtig half ich seinem relativ leblosen Körper in den Pullover.

Naja nicht wirklich leblos...

Aber es war ein großer Unterschied ob jemand ohnmächtig war oder schlief.

Auch wenn ich, obwohl ich wusste, dass das nicht so einfach passieren würde, trotzdem immer Angst hatte, ihn irgendwie zu wecken...


Nachdem ich kurz etwas darüber geschmunzelt hatte, wie verwuschelt die Haare des Braunhaarigen abgestanden hatten, als ich ihm den Pullover über den Kopf gezogen hatte und ich diese natürlich auch wieder ordentlich gerichtet hatte, deckte ich ihn zu.


Zufrieden betrachtete ich meinen Schatz danach.

Tief eingekuschelt in seine Decke und seinen Lieblingspulli.

Ihn so zu sehen verschaffte mir ein tiefes Gefühl innerer Ruhe.

Er sah so friedlich aus...



Noch eine Weile versank ich in diesem wunderschönen Anblick, bevor ich mich daran machte, die Überreste von dem Spiel aufzuräumen.


Das machte ich immer als letztes.

Erst wenn Kookie warm und fertig verarztet in sein Bettchen gehüllt war, war Zeit für andere Dinge.


Ich machte alles sauber, stellte den Stuhl wieder an seinen Platz und brachte auch die Seile und meine Ausrüstung zurück in den Flur.

Das Skalpell machte ich natürlich vorher noch sauber.



Wie immer hatte meine ganze nach-dem-Spiel-Prozedur einiges an Zeit in Anspruch genommen.

...und auch einiges an Kraft.


Als mir ein kleines Gähnen entwich, verriet mir ein Blick auf die Uhr, dass es schon ziemlich spät war.

Da wir November hatten war es draußen schon vor Ewigkeiten dunkel geworden.


Dem ersten Gähnen folgte ein zweites.

Ich hielt mir die Hand vor den Mund und lief dann ganz selbstverständlich nochmal nach oben, um mir zwei Espresso zu machen.

Einer hielt mich um diese Zeit nicht mehr wach.


Aber ich musste wach sein.

Deshalb war es nicht mal eine Überlegung wert, einfach noch mehr Koffein in meinen Körper zu befördern.



Auf dessen Wirkung wartend, begab ich mich erneut zu Kookie in die Zelle.

Diesmal blieb ich allerdings auf meiner Seite der Gitterstäbe.


Etwas schwerfällig, weil heute alles in allem ein ziemlich anstrengender Tag gewesen war, ließ ich mich an der Wand heruntersinken.

Ich zog meine Beine an meinen Körper und legte meinen Kopf darauf ab.



Meine Augenlider waren schwer.

Trotzdem erlaubte ich ihnen nicht, sich länger als die Dauer eines Blinzelns zu schließen.


Es hatte sich damals in mein Gehirn gebrannt, als ich zum ersten Mal entdeckt hatte, dass Kookie nachts nach den Spielen weinte.

Ich konnte ihn wirklich nicht weinen sehen...

Jedes Mal zerbrach mein Herz dabei in tausend Teile.


Entsprechend einprägsam war aber auch die Erkenntnis gewesen, dass er potentiell weniger weinte, wenn ich da war, sobald er aufwachte.

Manchmal half auch das nicht...

Aber meistens...

Besonders seit ich angefangen hatte, ihm vorzulesen.


Ich liebte es, wie er in der Dunkelheit nach mir fragte, wenn er aufwachte.

Diese kleine Nuance in seiner Stimme zu hören, die mir verriet, dass er sich wünschte, dass ich da war...

Dass ich blieb.


Deshalb tat ich genau das.



Ein paar Mal blinzelte ich, um meine Müdigkeit loszuwerden, bevor ich mich aufrecht hinsetzte und einfach wartete.


Ich brauchte keinen Schlaf.


Alles was ich brauchte war die Gewissheit, dass Kookie sich nicht einsam fühlte.


Hier mal wieder ein kleiner Einblick in Taes Sicht der Dinge~

An der Stelle möchte ich es nochmal wiederholen (obwohl es ja eigentlich schon im Disclaimer steht):
Auch wenn die Story so eingerankt ist und Kookie es am Anfang auch so formuliert hat, ist Tae in dieser Geschichte kein "echter" Psychopath. (Also eigentlich überhaupt nicht, aber es kommt nicht ohne Grund am Anfang so rüber xD)
Ich will das nur nochmal herausstellen, damit keine falschen Vorstellungen entstehen.
Psychopathen entwickeln keine emotionale Bindung zu ihren Mitmenschen und sind nicht fähig Empathie zu empfinden. Das ist das Krankheitsbild.
Entsprechend muss ich denke ich nicht erklären, warum Tae mit seiner Charakterentwicklung nicht in diese Kategorie fällt.
Er hat ne Menge anderen Mist in sich drin, aber darauf kommen wir dann irgendwann zu sprechen.
Ich wollte es nur nochmal sagen ^^

Hope you liked the chapter~

Und don't ask me why, aber ich liebe es, wie Kookie als Charakter rüber kommt, wenn er aus Taes Sicht beschrieben wird. x3
I mean er ist ja normalerweise ein relativ "normaler" (wenn auch sehr kaputter) Hauptcharakter.
Aber in Taes Augen wirkt er immer so unfassbar cute. I like that. ^^

Träumt süß <3

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