Kapitel 42
"Waves - Acoustic" - Dean Lewis
https://youtu.be/KAM1wyQJsto
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Das restliche Wochenende verlief genau wie sein Anfang.
Tae verbrachte viel Zeit bei mir in der Zelle und verschwand zwischendurch immer mal, um zu kochen, einkaufen zu gehen oder Gott weiß was zu tun.
Wir aßen gemeinsam und am Ende des Tages las er mir aus "Der Zauberer von Oz" vor.
Allerdings tat er sich an den Nicht-Spieltagen den Gefallen und ging auch ins Bett, nachdem ich eingeschlafen war.
So auch gestern Nacht.
Deshalb war auch heute das Piepen der Eisentür wie immer mein ganze persönlicher, von Tae festgelegter Wecker gewesen.
"Guten Morgen, Kookie~", begrüßte Tae mich.
Ich blinzelte ein paar Mal, bevor ich benommen meine Augen öffnete.
Die Mundwinkel des Blauhaarigen zuckten liebevoll nach oben, als ich mich schlaftrunken vor ihm auf den Boden fallen ließ.
"Sieht aus, als hättest du gut geschlafen.", stellte er lächelnd fest.
Ich nickte nur.
Gerade wollte ein kleines Gähnen meine Kehle verlassen, als mein Blick an der Kaffeetasse hängen blieb.
Binnen Sekunden war meine Müdigkeit wie weggeblasen.
Aus dem einfachen Grund...
...dass ich wusste, dass der Inhalt dieser Tasse mir nicht beim Wach werden helfen würde.
Obwohl Tae sich immer an die Vereinbarung mit dem koffeinfreien Kaffee gehalten hatte und mir das Anfangs auch ziemlich geholfen hatte....
....so blieb der Blauhaarige trotzdem ein ordnungsliebender Kontrollfanatiker.
Jemand, für den es gar nicht in Frage kommen würde, sein Spiel nicht in akribisch regelmäßigen Abständen stattfinden zu lassen.
Ich hatte inzwischen mitbekommen, dass immer exakt zwei Tage zwischen den Spielen vergingen.
Da das letzte Spiel am Freitag stattgefunden hatte, würde heute das nächste sein.
Zugegebenermaßen half die Abmachung mit dem Kaffee trotzdem.
Da ich mich auf eine ziemlich abartige Art und Weise langsam an das Spiel gewöhnt hatte, war das Wissen, dass es Abends passieren würde nicht mehr ganz so schlimm.
Immer noch grausam.
Aber inzwischen wusste ich ziemlich genau, was mich erwartete.
Die Schmerzen waren nicht mehr so stark, wie am Anfang, weil mein Körper offensichtlich dabei war, sich zu desensibilisieren...
Und ein winziger....ganz leiser Teil von mir...
...freute sich auf die Belohnungen.
So schrecklich das Spiel auch war...
Es war immer noch mein einziger Zugang zu körperlicher Nähe.
Das ging natürlich nicht spurlos an mir vorbei.
Davon mal abgesehen war der Kaffee auch ein Beweis dafür, dass Tae fähig war, Eingeständnisse zu machen. Das irgendwo in ihm ein Interesse war, mir das Spiel und alles was damit zusammenhing angenehmer zu machen.
Das Ganze zu beenden war keine Option.
Aber alles drum herum...
Ich kam nicht umhin, mir immer mal wieder Hoffnungen zu machen, dass meine Hölle vielleicht noch ein wenig schrumpfen könnte.
....was mich zu dem Grund führte, warum ich gerade meine Tasse mit Blicken löcherte.
"Ist irgendwas mit dem Kaffee nicht in Ordnung?", wollte Tae besorgt wissen, als er festzustellen schien, dass ich nicht vor hatte, etwas davon zu trinken.
Ich schüttelte meinen Kopf.
Anschließend schluckte ich ein wenig und schloss für einen Moment meine Augen.
Komm schon...
Ich versuchte schon seit ein paar Spielen, mich zu dem folgenden zu überreden.
Bisher hatte ich mich nie getraut, weil Tae trotz allem kein vorhersehbarer Mensch war.
Er war super lieb und zuvorkommend bei allem, was nicht das Spiel betraf.
Aber da es genau darum gehen würde konnte ich seine Reaktion nicht wirklich einschätzen.
Das machte mir ein bisschen Angst.
"K-kann ich dich was fragen?", brachte ich kleinlaut zustande.
....ein bisschen sehr.
Ein Teil von mir machte sich Sorgen, dass das was ich gleich ansprechen würde, alles halbwegs gute, was sich zwischen mir und Tae aufgebaut hatte, kaputt machen könnte.
Die Tatsache, dass Tae Freitagnacht hier eingeschlafen war, hatte mir ein wenig Hoffnung gegeben.
Auch seine Reaktion, als ich ihn am nächsten Morgen berührt hatte...
Das Wochenende über hatte ich versucht, mir einzureden, dass fragen ja nichts kostete.
Auch wenn ich wusste, dass das so nicht ganz richtig war.
Diese Frage würde sehr wohl etwas kosten, wenn Tae nicht die Antwort geben würde, die ich mir erhoffte...
Nämlich jede Hoffnung auf Besserung oder Veränderung, die mir noch geblieben war.
Allein bei dem Gedanken, dass er ablehnen könnte, sah ich mich in einem Strudel der Ausweglosigkeit versinken...
Unsicher sah ich in die dunklen Seelenspiegel meines Gegenübers.
Pure Wärme leuchtete darin.
"Aber natürlich, mein Schatz.", antwortete Tae so liebevoll, dass es mir direkt die Luft abschnürte.
Gleichzeitig stieg die Hoffnung in meinem Inneren.
Für einen Moment kaute ich auf meiner Lippe herum.
"Du...", setzte ich an, bevor ich mich unterbrach.
Erneut schloss ich eine Sekunde lang meine Augen.
Komm schon!
Kurz holte ich Luft und schaute mein Gegenüber direkt an.
"Vertraust du mir?", wollte ich wissen.
Als Reaktion weiteten sich Taes Augen.
Seinem Blinzeln nach zu urteilen, hatte er diese Frage nicht kommen sehen.
Und tatsächlich...
Mir stockte der Atem.
...schien er darüber nachdenken zu müssen.
Irgendwie hatte ich das erwartet...
Wenn ich darüber nachgedacht hatte, war mir aufgefallen, dass Tae mir schon ziemlich viele Anlässe gegeben hatte, um festzustellen, dass er mich nicht anlog.
Dass er trotz allem immer ehrlich mit mir war.
Ich ihm also sehr wohl vertrauen konnte.
Aber da ich die Hälfte unserer Zeit hier kaum mit ihm gesprochen hatte....
Ich verkniff mir ein Seufzen.
Ein Teil von mir hatte gehofft, dass der letzte Monat irgendwas geändert haben könnte.
Dass Tae mitbekommen haben könnte, dass ich nicht vorhatte, mich irgendwie zu befreien. Dass ich überhaupt nicht von hier wegwollte.
Dass er keinen Grund hatte, mir zu misstrauen.
Ich war nicht sicher gewesen.
Aber...
Gebannt sah ich dabei zu, wie der Blauhaarige seinen Mund öffnete, um mir zu antworten.
....Vertrauen war nun mal essenziell für meine eigentliche Frage.
Deshalb musste ich vorher wissen, wie Tae zu mir stand.
"Ich hab noch nie darüber nachgedacht...", gestand Tae.
"Aber...", kurz schob er seine Unterlippe nach vorn, bevor sich ein weiches Lächeln auf seine Lippen legte.
"Klar. Wieso sollte ich nicht?", antwortete er.
Dabei klang seine Stimme so selbstverständlich, dass ich nicht umhin kam, mich zu fragen, worüber ich mir überhaupt Gedanken gemacht hatte.
Natürlich vertraute Tae mir.
Ich hatte den Typen vor mir sitzen, der offensichtlich schon vor unserer ersten Begegnung der Meinung gewesen war, in mich verliebt zu sein.
Die sich mir aufdrängende Frage, ob Vertrauen für ihn vielleicht auch eine andere Bedeutung hatte, als für mich, schob ich erstmal beiseite.
Die Wirkung war das, worauf es ankam.
Wenn Tae mir vertraute, hatte ich eine Chance, das meine eigentliche Frage keine Katastrophe lostreten würde.
Mein eigentliches....Anliegen.
Das zweite.
Allerdings forderte es diesmal etwas mehr von Tae als das kaufen zwei verschiedener Kaffeesorten.
Auch mir hatte es viel abverlangt.
Stumm sah ich meinem Gegenüber in die Augen, bevor ich sprach.
"Also....glaubst du mir, dass ich nicht versuchen würde, von hier abzuhauen?", fragte ich vorsichtshalber trotzdem nochmal nach.
Wieder weiteten sich Taes Augen ein Stück.
Langsam nickte er.
"Ich freue mich darüber.", fügte er mit nach oben gezogenen Mundwinkeln hinzu.
Er klang immer noch ziemlich gefasst...ruhig.
Davon etwas erleichtert, erwiderte ich sein Lächeln.
Auch die Tatsache, dass das inzwischen funktionierte - dass wir uns einfach anlächeln konnten - gab mir Hoffnung.
Tae musste mitbekommen haben, dass sich das zwischen uns verändert hatte...
Dass es Zeit für einen neuen Schritt war.
Während ich Taes neugierigen Blick auf mir spürte, versuchte ich sämtlichen Mut, den ich in mir hatte, zusammenzukratzen.
"Könntest du dir...", schluckend unterbrach ich mich und sah auf meine Hände.
"Naja..."
Komm schon....jetzt mach!
Ich zwang mich, Tae wieder anzusehen.
Ganz direkt.
Damit er sehen konnte, wie ernst ich es meinte.
Dass ich keine Hintergedanken oder ähnliches hatte.
Dass er mir wirklich vertrauen konnte.
"Könntest du dir vorstellen, mir vor dem 'Spiel' nicht immer Schlafmittel ins Essen zu tun?"
Na wenn dieses Kapitel sich mal nicht gezogen hat. xD
Hat irgendwer gedacht, Kookie könnte Tae fragen, ob er ihn aus der Zelle lässt?
Beim Probelesen fiel mir auf, dass es ein bisschen so rüberkommen könnte.
Aber an dieser Stelle sind wir ja noch laaaaaange nicht angekommen~
Mögen eure Träume so bunt sein, wie die Knöpfe auf Taes Jacke~
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