Kapitel 40
Als ich am nächsten Tag aufwachte, brauchte ich einen Moment, um meine Augen auf zu bekommen.
Ich hatte so tief geschlafen...
Irgendwie hatte ich das Gefühl mich besser erholen zu können, wenn Tae mir vorm Einschlafen etwas vorlas.
Etwas daneben, wenn ich mir überlegte, dass ich ein erwachsener Mensch war.
Aber eigentlich war mir das ziemlich egal.
Mal abgesehen davon, dass es meine Sache war, was mich beruhigte....
....so gab es in diesem kleinen Universum gefühlt nur Tae und mich.
Also wen sollte es stören?
Tae ganz bestimmt nicht. Er hatte es selbst vorgeschlagen.
Ich blinzelte ein paar Mal und rieb mir die Augen.
Nur um sie überrascht aufzureißen, als ich mich auf die Seite drehte und zu den Gitterstäben sah.
Den Anblick, der sich mir gerade bot, hatte ich noch nie zu Gesicht bekommen...
Tae saß immer noch da.
Den Rücken an die Wand gelehnt.
Sein Kopf war ein wenig zur Seite geklappt.
Er schlief.
Noch bevor ich es wirklich realisiert hatte, war ich aufgestanden und auf ihn zugelaufen.
Stumm setzte ich mich vor ihn auf den Boden und schaute ihn an.
Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen.
Noch nie hatte ich Tae schlafen sehen...
Er sah so friedlich dabei aus. Menschlich.
Überhaupt nicht wie jemand, der Spaß daran hatte, Menschen aufzuschlitzen.
Irgendwie konnte ich nicht mehr wegsehen.
Eine Weile lang klebten meine Augen einfach an Taes entspannter Mimik.
Es war mir schon mehrmals aufgefallen...
...trotzdem kam ich nicht umhin, immer wieder zu bemerken, wie unfassbar gutaussehend Tae eigentlich war.
Er hatte so weiche, trotzdem maskuline Gesichtszüge...
...lange Wimpern...
Dazu diese strahlend blauen Haare.
Nicht viele konnten so eine Farbe tragen.
Aber Tae stand sie hervorragend.
Irgendwie war das mit allem so....
Auch was Kleidung anging.
Kurz wanderte mein Blick seinen ganzen Körper entlang.
Er blieb an seinen Händen hängen.
Ich schluckte, als sich mir die Erinnerungen aufdrängten, wie es sich anfühlte, wenn er mich anfasste.
Seine Finger waren so lang und dünn....
Jede Berührung so unfassbar sanft...
Während ich mich bereits wieder nach diesem Teil des Spiels sehnte, glitten meine Augen ganz von selbst zu seinem Gesicht.
Zu einer ganz bestimmten Stelle dort.
Sehnsüchtig starrte ich seine Lippen an.
Ich spürte, wie sich Speichel in meinem Mund sammelte, während die Erinnerung an gestern ein kleines Kribbeln durch meinen Körper sendete.
Es hatte sich so unglaublich gut angefühlt...
So nah... und tröstlich...
Alles in mir wünschte sich dieses Gefühl zurück.
Geistesabwesend kaute ich auf meiner Lippe herum.
Ununterbrochen klebte mein Blick an meinem blauhaarigen Gegenüber, während ich versuchte mich so tief wie nur irgend möglich in meine bildlosen Erinnerungen dieses ganz speziellen Spielanschnitts von gestern sinken zu lassen.
Taes Lippen waren so weich gewesen...
Seine Zunge so warm...
Erst als ohne Vorankündigung die Stimme des Blauhaarigen erklang, schreckte ich aus meiner Gedankenwelt auf.
"Kookie...", murmelte Tae, immer noch tief im Reich der Träume versunken.
Vor Überraschung riss ich meine Augen weit auf.
Mein Mund öffnete sich einen Spalt breit.
Hatte Tae gerade?...
Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, zogen meine Mundwinkel sich noch weiter nach oben.
Dachte Tae an mich, während er schlief?
....Träumte er vielleicht sogar von mir?...
Allein der Gedanke ließ mein Herz höher schlagen.
Ich rückte etwas näher an die Gitterstäbe heran.
Im Schlaf den Namen von jemandem zu sagen war die wohl unschuldigste und reinste Zuneigungsbekundung, die mir einfiel.
Dass Tae genau das gerade getan hatte...
...machte mich viel glücklicher, als es sollte.
Es waren Momente wie diese, wegen denen ich aufgehört hatte, Taes Gefühle für mich zu hinterfragen und dazu übergegangen war, sie einfach als 'echt' anzunehmen.
Ich glaubte ihm, dass er mich liebte.
Auch wenn ich immer noch nicht ganz wusste, wohin mit dieser Information...
Noch ein paar Minuten lag saß ich einfach da und schaute den Blauhaarigen an, als würde ich ihn heute zum ersten Mal sehen.
Bis mir plötzlich auffiel, dass ich keine Ahnung hatte, wie spät es war.
Fragend wanderten meine Augen zu der Uhr über der Badtür, nur um sich im nächsten Moment weit aufzureißen.
11 Uhr....
Wieder schaute ich zu Tae.
Heute war Samstag.
Falls er arbeiten musste, würde er ganz schön zu spät kommen...
Da ich mich inzwischen dazu hatte durchringen können, den Blauhaarigen zu fragen, was er arbeite, wusste ich, dass er als pharmazeutischer Berater in einem Unternehmen tätig war.
...womit sich meine Fragen warum er so viel über den menschlichen Körper wusste und woher er all die Medikamente hatte, auch erledigt hatten.
Er hatte mir erklärt, dass er nur Samstags arbeiten musste, wenn gerade viele Aufträge anstanden.
Aber da ich keine Ahnung hatte, ob das diese Woche auch der Fall war...
"Tae?", sprach ich den Blauhaarigen an.
Er reagierte nicht.
"Tae.", wiederholte ich etwas lauter.
"Aufwachen."
...keine Chance.
Mir entfuhr ein resigniertes Seufzen.
Er konnte es einem aber auch nie einfach machen, hm?
Ein paar Sekunden lang schaute ich den schlafenden Menschen vor mir an.
Eigentlich war es ja meine Schuld, dass er überhaupt so müde war...
Kurz schluckte ich, bevor meinen Arm nach ihm ausstreckte.
Da Tae ein paar Schritte von den Gitterstäben entfernt saß, musste ich mich gegen das Metall drücken, um ihn erreichen zu können.
Das hatte ich noch nie getan.
In der ganzen Zeit, in der ich inzwischen hier war, hatte ich nicht ein einziges Mal versucht, Tae anzufassen.
Auch wenn wir 'spielten' war er es, der mir seine Hand gab.
Ich griff nicht danach.
Heute allerdings....war es wohl nötig.
Ich kniff ein Auge zusammen.
Komm schon...
"Tae....aufwachen...", wiederholte ich.
Ich schaffte es gerade so, sein Bein mit meinen Fingern anzutippen.
Kaum hatte er meine Berührung gespürt, zuckte der Blauhaarige zusammen.
"Hm?..", benommen blinzelnd hob er seinen Kopf.
"Kookie?..", sein Blick blieb an mir hängen.
Hastig verzog ich mich zurück auf meine Seite der Gitterstäbe.
"I-ich hab nicht....", begann ich zu stammeln.
"N-nur wegen d-deiner Arbeit...", fügte ich hinzu.
Er sollte nicht auf falsche Ideen kommen.
Ich hatte nicht versucht, mich irgendwie zu befreien...
Tae und mein Alltag hatte es geschafft so verhältnismäßig angenehm zu werden, weil ich aufgehört hatte, mich zu wehren und der Blauhaarige darauf eingegangen war.
Das wollte ich nicht gefährden.
Der Blauhaarige schien einen Moment zu brauchen, um die Situation zu kapieren.
Schwerfällig blinzelte er.
Nachdem er realisiert zu haben schien, wo er war, zuckte Tae zusammen.
"Oh Gott...ich bin eingeschlafen...", stellte er fest und rieb sich übers Gesicht.
Danach blieb sein Blick an mir hängen. Sein Ausdruck wurde etwas weicher.
"Entschuldige. Was hast du gesagt?", wollte er lieb wissen.
Sofort entspannte ich mich etwas.
Tae schien die Situation nicht mal ansatzweise so interpretiert zu haben, wie ich befürchtet hatte.
"Es ist elf und ich wollte nicht, dass du zu spät zur Arbeit kommst. Deshalb hab ich dich geweckt...", erklärte ich.
Ein paar Mal klappten Taes Augen auf und zu, während sein Gehirn meine Sätze zu verarbeiten schien.
Danach legte sich ein breites Grinsen auf seine Lippen.
"Ach Kookie...", glücklich stand er auf und kam etwas näher an die Gitterstäbe heran.
"Das ist so lieb von dir.~", freute er sich.
"Aber ich hab heute frei. Also keine Sorge.", fügte er lächelnd hinzu.
Ich verzog den Mund, während meine Pupillen sich weiteten.
"Ach...so...", verließ es langsam meine Lippen.
Dann hätte ich ihn auch weiter schlafen lassen können...
"Entschuldige...", murmelte ich.
"Aber nicht doch.", Tae legte seinen Kopf ein wenig schief.
"Danke, dass du mich geweckt hast, mein Schatz.", verließ es warm seine Lippen, bevor er sich aufrichtete und auf seine Armbanduhr schaute.
"Du armer bist bestimmt schon am verhungern...", stellte er plötzlich ziemlich bedrückt fest.
Ich schaute, als hätte man mir vor die Stirn geschlagen.
An Frühstück hatte ich bis eben keinen einzigen Gedanken verschwendet.
Allerdings kam ich gar nicht dazu, etwas zu sagen, weil Tae im nächsten Moment bereits die Eisentür geöffnet hatte.
"Gleich wieder da~", säuselte er, bevor er den Raum verließ.
Stumm sah ich ihm hinterher.
Was für gute Laune er schon wieder hatte, obwohl er gerade erst aufgewacht war...
Mit verengten Augen schob ich meine Unterlippe nach vorn.
Unverständlich...
Ich schleppte mich zurück in mein Bett.
Himmel ist das ungewohnt, Kookie in dieser FF so viel lächeln und in zusammenhängenden Sätzen sprechen zu lassen. xD
Und jaaa. Ich hab nen ziemlichen Faible dafür, den einen im Schlaf den Namen des jeweils anderen sagen zu lassen.
Es ist einfach adorable af *-*
Have a nice day everyone~
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top