Kapitel 30

"I have questions" - Camila Cabello

https://youtu.be/bSdPkBKHqac

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Nachdem ich langsam wieder zu Bewusstsein gekommen war, brauchte ich einen Moment, um meine Augen aufzubekommen.

Mein Körper fühlte sich so schwer an...als wäre er aus Blei..


"Hhn...", mir entwich ein gedämpfter Laut, während ich mit aller Kraft versuchte zu blinzeln.

Wie letztes Mal auch, wurde die Welt um mich herum nicht heller, nachdem ich meine Augen geöffnet hatte.

Ich trug eine Augenbinde.

Alles war schwarz...


"Tae?...", fragte ich vorsichtig in die dunkle Leere.

Angesichts der Tatsache, dass ich nichts sehen konnte, machte mich die Stille um mich herum extrem nervös.


Erschrocken zuckte ich zurück, als ich Taes kalte Fingerspitzen an meinem Gesicht spürte.

"Ich bin hier, mein Schatz..", flüsterte er verliebt.

Auf einmal konnte ich förmlich spüren, wie er mich mit seinem Blick durchbohrte.


Ich erschauderte durch die Wärme in seiner Stimme.

Gleichzeitig versuchte ich mich von seiner Berührung zu lösen.

Es widerte mich an, wie zärtlich sie war...


"Aber nicht doch...", Tae folgte meiner ausweichenden Kopfbewegung.

Auf einmal lag seine ganze Handfläche auf meiner Wange.

Zärtlich strich er mit seinem Daumen darüber.


"Du musst keine Angst haben, Kookie...", hauchte er, während er seine Stirn an meine legte.

Mein Herz blieb fast stehen, als ich seinen Atem auf meiner Haut spürte.

Er war mir so nah...

Hastig kniff ich die Augen zusammen. 


"Ich hab keine Angst.", gab ich abgestoßen von mir.

Hatte ich wirklich nicht.

Noch nicht.

Ich wollte das hier einfach nicht...

...dass er mich so anfasste...


Erleichtert atmete ich aus, als Tae sich von mir entfernte.

"Nicht?", fragte er. Ich hörte das Lächeln in seiner Stimme. Diesen Freak schien meine Aussage ernsthaft glücklich zu machen.

Als hätte er meine Tonlage einfach überhört.

"Dann können wir ja anfangen.~", stellte er zufrieden fest.


Ich folgte dem Geräusch seiner, sich von mir entfernenden Schritte mit meinem Kopf.

Als kurz darauf das Ticken des Metronoms erklang, zog sich jede Faser meines Körpers zusammen.


Tick Tack...

Jetzt hatte ich Angst.



"Gott, wie schön du wieder bist...", stellte Tae andächtig fest, nachdem er wieder bei mir angekommen war.

Die Zuneigung in seiner Stimme sorgte dafür, dass mir übel wurde.


"Wo soll ich nur anfangen...", murmelte Tae nachdenklich.

Unwillkürlich begann ich zu zittern, als er meinen ganzen Oberkörper mit seinen grazilen Fingerspitzen abfuhr.

Angefangen bei meinem Arm....hoch zu meiner Schulter...über mein Schlüsselbein...zu meiner Brust....runter zu meinem Bauch....und den ganzen Weg zurück bis zu meinem anderen Arm.

Seine Hand lag so hauchzart auf meiner Haut...es war kaum eine Berührung.


Angewidert presste ich die Zähne aufeinander.

"Hör auf...", brachte ich angespannt hervor.

Ich will nicht...


Von Tae kam nur ein leises Lachen als Antwort.

"Wie könnte ich?", fragte er halb in Trance, bevor er tatsächlich von mir abließ.


Gerade als ich meinem Körper einen Hauch Entspannung schenken wollte, indem ich ausatmete, fühlte ich das kühle Desinfektionsmittel an meinem einen Handgelenk.

Viel zu nah an meiner Pulsader.


Binnen Sekunden mutierte das Zittern meines Körpers zu einem regelrechten Beben.

"Tae, nein.", inzwischen war die Angst in meiner Stimme nicht mehr zu überhören.

Meine Adern standen unter Strom.

"Nein...", wiederholte ich, als Tae das Desinfektionstuch von mir wegnahm.

Ich hörte, wie er das Etui von seinem Skalpell öffnete.


"Bitte....", wimmerte ich hilflos.

Wenn er sich jetzt überschneiden würde...

"Bitte..."

Allein bei dem Gedanken blieb mir fast das Herz stehen.


"Keine Sorge, mein Schatz. Ich bin ganz vorsichtig.", versprach Tae und streichelte sanft über meinen Kopf.

Hastig begann ich diesen hin und her zu schütteln.

"Nein!", rief ich.

Nicht dort.


"Shhh...", Tae strich ein paar Mal über meinen Arm, um mich davon abzuhalten, hin und her zu zappeln.

Ich dachte nicht mal daran, bis Taes scharfe Stimme die Luft zerschnitt.


"Hör auf dich zu bewegen.", befahl er mit einer Stimme so dunkel, dass es mir eiskalt den Rücken herunterlief.

Eine Furcht er völlig anderen Art fraß sich gerade in meine Knochen.

Diese brachte mich dazu, mich keinen Millimeter mehr zu bewegen.


"Sehr gut...", flüsterte Tae. Die plötzliche Wärme in seinem Ton glich einem Sonnenaufgang.


Noch bevor ich etwas dagegen tun konnte, trieb es mir die Tränen in die Augen. Sie bahnten sich ihren Weg über meine Wangen, rannen diese herab und tropften an meinem Kinn nach unten.


Das war Tae...

Genau...das.

In einer Sekunde kalt und gefühllos und in der nächsten der liebevollste Mensch auf Erden.

"Hör auf...", hauchte ich schwach.

Warum?...

Ich hielt das nicht mehr aus...


Warum tat er mir das an?...



"Nggghhhhh....!", verkrampft sog ich die Luft ein, als ich spürte, wie das Skalpell in meine Haut eindrang.

Dünn, scharf, gnadenlos.


Der Schmerz, der sich daraufhin in meinen Körper ausbreitete, ließ die Sirenen in meinem Kopf auf Rotlicht laufen.

Stoßartig ging meine Atmung, während ich versuchte, meine sich viel zu rasant erhöhende Herzfrequenz unter Kontrolle zu bekommen. Erfolglos.
Ich hatte das Gefühl gleich an meinem eigenen Sauerstoff zu ersticken.


Tae schien von alledem komplett unbeeindruckt.

"Wahnsinn...", verließ es verzaubert seine Lippen.

Ich konnte förmlich spüren, wie sein Blick der purpurnen Flüssigkeit folgte, welche in einem warmen Faden meinen Arm nach unten lief.

Immerhin drückte er dieses Mal nicht nochmal extra zu.

Es lief wohl von selbst genug aus der Wunde...



Eine Weile lang passierte gar nichts.

Tae schien zu beschäftigt damit zu sein, sich an dem Anblick meines ausblutenden Arms zu ergötzen, um irgendwas zu tun, während ich knirschend meine Zähne aufeinander presste, um die Panikwellen, die sich in mir anbahnten, daran zu hindern, über mich hereinzubrechen.

Die ganze Zeit dieses nervtötende Geräusch im Hintergrund.

Tick Tack...


Meine Unterlippe zitterte.

Warum?...

Es tat so schrecklich weh.


"Atemberaubend, Kookie...", zerschnitt Taes Stimme irgendwann die zeitverstreichend betonte Stille.

"Du hast dir deine Belohnung wirklich verdient...", murmelte er weich.


Im nächsten Moment spürte ich, wie er seine Hand in meinen Nacken legte.

Plötzlich schrillten völlig andere Alarmglocken in meinem Kopf.


"Nein...", hastig lehnte ich mich nach hinten, damit er mein Gesicht erreichen konnte.

"Ich will nicht...", schluchzte ich.

Ich wollte das nicht fühlen.

Er sollte nicht lieb zu mir sein...


Meinen Widerstand erneut ignorierend, lagen Taes Lippen keine Sekunde später auf meiner Stirn.

Ganz zart...als hätte er Angst, ich könnte kaputt gehen, wenn er zu stark Druck ausübte.

Paradoxerweise war es genau das, was mich zum Zerbrechen brachte.

Diese Zärtlichkeit...

Diese widerliche....trostspendende....unangebrachte....warme Zärtlichkeit.

Ich wollte sie nicht.


Überfordert zuckten meine Augenbrauen zusammen, während ich einfach wartete, dass dieser blinzelkurze Moment vergehen würde.



"Wunderbar...", flüsterte Tae zufrieden, nachdem er sanft mit seiner Nase über meine Stirn gestrichen und sich anschließend wieder von mir entfernt hatte.


"Hmm...", Stille kehrte ein, in der Tae offensichtlich darüber nachdachte, welchen Teil meines Körpers er als nächstes misshandeln sollte.

Stille, in der ich das Bedürfnis hatte, mich zu übergeben.

Ich hatte das Gefühl, mir würde ein Stein auf der Brust liegen, so sehr drückte mein Herz.

Immer schlechte bekam ich Luft, während mein Mund von den ganzen Tränen schon ganz salzig schmeckte.


Warum?...


Gequält presste ich die Lippen aufeinander, als ich das Desinfektionstuch kurz darauf auf meiner Brust spürte.

Warum?...


"Mein kleiner Engel...", flüsterte Tae, bevor er das Skalpell ansetzte.


Mir entfuhr ein schmerzgetränkter Schrei, als er die Klinge in meine Haut drückte.

"Ngh...", ich schnappte das Luft. "Scheiße...", presste ich hervor.

Es tat so weh. So schrecklich dolle.

Meine Brust...

...und auch das, was sich darunter befand.


Schwer atmend ließ ich meinen Kopf nach vorne fallen.

Ich tat alles, um mein Bewusstsein daran zu hindern, mich wieder zu verlassen.

Trotzdem fühlte ich mich so schwach...

So hintergangen...

Die Tränen hatten nicht eine Sekunde lang aufgehört über meine Wangen zu laufen.



"Wieso?...", brachte ich leise hervor.

Es schien zu reichen, um Taes Aufmerksamkeit von meiner blutenden Wunde, auf mein Gesicht zu ziehen.

"Hm?", machte er.


Ich atmete erschöpft ein und aus.

"Wieso....tust du mir das an?..", wimmerte ich gebrochen.

Ich verstand es nicht...


" 'Wieso'?", wiederholte Tae meine Frage mit so viel Missverständnis in seiner Stimme, dass es mich augenblicklich krank machte.

"Das hab ich dir doch schon mal erklärte er.", sagte er.

"Ich tue das, weil ich dich liebe."


Die Worte klangen so ernst aus seinem Mund, dass es mir ein kaputtes, verächtliches Lachen entlockte.

Er tut das, weil er mich liebt?


"Jemand wie du weiß doch nicht mal, was 'Liebe' ist.", spuckte ich ihm die Worte förmlich entgegen.

Mein Kopf vernebelte immer mehr, während ich spürte, wie das Blut aus meinem Körper floss.

Dazu dieser Schmerz und die Anstrengung, die dieses Gespräch mich kostete....

Ich würde nicht mehr lange durchhalten.



Immer wieder klappten meine Augenlider unter der Augenbinde auf und zu, während ich auf eine Antwort wartete, die ich nicht glaubte, zu bekommen.


Umso verschreckter zuckte ich zusammen, als ich auf einmal wieder Taes Hand an meiner Wange fühlte.

Vorsichtig drückte er meinen Kopf so nach oben, dass er mir ins Gesicht sehen konnte.


"Und wie ich das weiß....", murmelte er.

In seiner Stimme lag ein Hauch Bedrücktheit.

Gleichzeitig klang er unfassbar überzeugt...


Gerade wollte ich darauf erwidern, dass das unmöglich war.

Dass er ein verachtenswertes und verabscheuungswürdiges Monster war.

Dass jemand wie er auch in hundert Jahren nicht wissen würde, wie echte, menschliche Emotionen sich anfühlten.


Aber ich kam nicht dazu.

Tae unterbrach mich.


Mit seinen Lippen auf meinen.



"Hmhn!", überfordert blinzelte ich.

Nein!


"Hör...auf...", nuschelte ich, als Tae zärtlich anfing, seine Lippen gegen meine zu bewegen.

"Nicht...", verzweifelt drückte ich mich immer weiter nach hinten. Die Lehne des Stuhls drückte sich schmerzhaft gegen meine Wirbelsäule.

Es war mir egal.

Hilflos versuchte ich Abstand zwischen mich und Tae zu bringen.

Ich will nicht...


Der Blauhaarige dachte nicht mal daran, sich von mir zu lösen.

"Kookie...", flüsterte er gefühlvoll, während er meinem Gesicht mit seinem hinterherkam.

Immer wieder drückte er seine Lippen dabei gefühlvoll auf meine.


Diesmal war es anders, als beim letzten Mal.

Tae hatte keine Angst, dass er mich wecken könnte. Ganz im Gegenteil.

Er wollte, dass ich das hier spürte.

Diesen Kuss....

....und jede einzelne der zahlreichen Emotionen, die darin lagen.

Sehnsüchtige...ehrliche...aufrichtige Gefühle.

Taes....Gefühle.


"Hmhn...", ein überfordertes kleines Keuchen entwich meiner Kehle.

Nein...

Ich will nicht...


Ich wollte das hier nicht fühlen.

Nichts davon.


Warum?

Wie?

Ich verstand die Welt nicht mehr.

Und es tat weh.

So furchtbar weh...

Mein Herz fühlte sich an, als würde man versuchen, es mit einem stumpfen Messer einmal in der Mitte durchzuschneiden.

Es drückte...brannte...wollte jede Sekunde einfach explodieren...


Krampfhaft presste ich meine Lippen aufeinander, als Tae zärtlich mit seiner Zunge darüber leckte.

Nein...


Hastig schüttelte ich meinen Kopf, als der Blauhaarige nochmal um Einlass bat.


Er atmete leise aus.

Sein Atem traf auf unsere Münder.

"Komm schon, Kookie...", raunte er. Heiser. Liebevoll.

Erneut strich seine Zunge über meine Unterlippe.

"Lass mich rein...", bat Tae.


Immer panischer ging meine Atmung, bevor ich erneut meinen Kopf schüttelte.

Nein...


"Bitte...", hauchte der Blauhaarige.

Erneut seine Zunge an meinem Mund. Zärtlich. Bettelnd.

Wieder ein Kopfschütteln.


"Bitte....", versuchte er es erneut.

Es war nicht so, als hätte Tae nicht Mittel und Wege gehabt, sich in diesem Moment genau das zu nehmen, was er wollte.

Seine Finger waren nur Millimeter von der empfindlichen Stelle an meinem Nacken entfernt. Hätte er sie berührt, hätte ich aus einem Reflex heraus meinen Mund öffnen müssen, um Luft zu holen.


Aber entgegen allem, wie er sonst war...

Entgegen seines krankhaften Kontrollzwangs...

.....tat er nichts dergleichen.

Stattdessen wiederholte er das selbe Wort immer wieder.

Das Wort, von welchem ich geglaubt hatte, dass es sich nicht mal in seinem Vokabular befand.

...von dem ich niemals gedacht hätte, dass er es an mich richten würde...


"Bitte..."

Mit so viel Sehnsucht in seiner Stimme.

So viel Zuneigung.

So viel Liebe....

Liebe, die ich nicht verstand.

Liebe, die ich gerade nicht mehr verleugnen konnte.

Liebe, die ich nicht wollte...

....nach der trotzdem alles in mir schrie...

So verlangend....so laut...

.....dass ich für einen Moment meine eigenen Gedanken nicht mehr hören könnte.


"Hn...", ein hilfloses Seufzen entwich meiner Kehle, als ich Taes Zunge schon wieder auf meinen Lippen spürte.

Vorsichtig...liebevoll...weich...

So viel Geborgenheit ging von ihr aus...

Ich sehnte mich so sehr danach...

Nichts in mir war fähig, sich dem auch nur eine Sekunde länger zu widersetzen.


Viel zu sehr sehnte ich mich danach...


"Kookie...", raunte Tae zugleich gefühlvoll und überglücklich, bevor er den Einlass, den ich ihm gerade gewährt hatte, ausnutzte und langsam eindrang.

Zart stupste seine Zunge gegen meine, bevor er langsam anfing, meine ganze Mundhöhle zu erkunden.


Meine Nerven lagen blank.

Schwer hob und senkte mein Brustkorb sich, während ich in einem Strudel gegensätzlicher Gefühle versank.

Angst...Geborgenheit...Schmerz...Sehnsucht...

Dem Bedürfnis, Tae von mir weg zu stoßen und dem unbezwingbaren Drang, ihn nah bei mir zu halten....

...seine unendlich weichen, tröstlichen Lippen nur noch ein paar Sekunden länger auf meinen spüren zu können...


Es war zu viel.

Alles.


Ein letzter schwacher Seufzer verließ meine Lippen, bevor die Welt um mich herum noch schwarzer wurde, als sie eh schon war.


Plötzlich war der Strudel weg.

Mit ihm jede Fähigkeit, etwas zu fühlen.


Uff.
Dieses Lied hat mir ungelogen das Kapitel gerettet. Bis ich es gefunden hab, hatte ich nämlich überhaupt keine Ahnung, wie das dritte Spiel aussehen soll. ^^"
Aber kaum hatte ich das Lied zum ersten Mal gehört, hat sich alles in meinem Kopf aufgebaut und ich konnte es kaum noch erwarten, dieses Kapitel zu schreiben. *-*
(Rip me. Das ist mehrere Wochen her. xD)

Ich hoffe euch hat es auch gefallen. ^-^

Ich wünsche euch schöne Träume~

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