Kapitel 28
"Unknown" - Jacob Banks
https://youtu.be/lx1MnDC6gHw
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Der Tag, nachdem Tae mir die Switch geschenkt hatte, war ziemlich ereignislos verlaufen.
Tae hatte mir Frühstück gebracht, war arbeiten gegangen, irgendwann wiedergekommen, hatte mir wieder Essen gebracht, mich die ganze Zeit lächelnd angestarrt und im Prinzip mit sich selbst geredet.
Ich war damit beschäftigt gewesen, mich zu Tode zu langweilen und mich zu fragen, warum Taes Blicke mich immer weniger störten.
Warum ich nicht mehr wollte, dass er den Raum am besten gleich wieder verließ, sobald er gekommen war.
Warum ich es sogar ein kleines bisschen genoss, seine Stimme zu hören...
Vollständiger sozialer Entzug schien wirklich Wunder zu wirken.
Zwischenzeitlich hatte ich eine gute Stunde damit zugebracht, die Switch anzustarren.
Ich hatte mich immer noch nicht getraut, sie wirklich zu benutzen.
Irgendwas hielt mich davon ab...
"Hmhn...", benommen blinzelte ich, als das Piepen der Eisentür mich aus meinem erholsamen Schlaf riss.
Ich hatte das Bedürfnis, mich umzudrehen und einfach weiterzuschlafen.
Aber ich war nicht sicher, wie Tae darauf reagieren würde...
"Guten Morgen, Kookie~", begrüßte der Blauhaarige mich gut gelaunt, während er mein Frühstückstablett auf dem Boden anstellte und es unter den Gitterstäben durchschob.
"Morgen...", murmelte ich, während ich mich schwerfällig vor ihm auf dem Boden sinken ließ.
Mich von dem Bett hierher zu schleppen, hatte mich so viel Kraft gekostet, dass ich meinen Antwort-Reflex nicht hatte zurückhalten können.
Normalerweise erwiderte ich Taes Begrüßungen nicht.
Eine Tatsache, die dem Blauhaarigen mehr als bewusst zu sein schien.
Kaum hatte dieses eine kleine Wort meine Lippen verlassen, wurden seine Augen riesengroß. Seine Mundwinkel zogen sich zu einem überglücklichen Lächeln nach oben.
Schon wieder sah er mich an, als wäre ich das Schönste, was er je zu Gesicht bekommen hatte...
Ein paar Sekunden lang konnte ich nicht anders, als seinen Blick einfach zu erwidern.
Dann...ganz langsam... widmete ich meine Aufmerksamkeit dem Frühstückstablett.
....nur um den winzig kleinen Schritt, den ich gerade auf Tae zugegangen war, sofort bitter zu bereuen.
Auf dem Tablett befand sich kein Kaffee.
Schwer schluckte ich, bevor ich mechanisch zu Tae aufsah.
Nein...
Der Blauhaarige lächelte unschuldig. "Wie wäre es, wenn wir heute mal wieder miteinander spielen?", verließ es scheinheilig seine Lippen.
Es war wie eine Frage formuliert. Aber es war keine.
Das wusste ich.
Wir würden heute wieder spielen.
Tae hatte es schon beschlossen.
Mein Kiefer verspannte sich, während ich den Blauhaarigen stumm ansah.
Ich konnte förmlich spüren, wie mir auf Knopfdruck schlecht wurde.
Alles in mir begann zu drücken, während die grauenvollen Erinnerungen nur so auf mich einprasselten.
Ich kniff die Augen zusammen.
Bitte nicht....
"Willst du gar nichts essen?", wollte Tae besorgt wissen, als ich das Essen nach ein paar Minuten immer noch nicht angerührt hatte.
Kurz stritt ich mich mit mir selbst, ob ich jetzt einen winzigen Happen in mich reinquälen sollte, um ihn zufrieden zu stellen oder ob ich es bleiben lassen sollte.
Zu wissen, dass ich heute Abend keine andere Wahl haben würde, als ihm jeden seiner abartigen Wünsche zu erfüllen, ließ den Widerwillen in mir wachsen, es jetzt auch zu tun.
Ich wollte nichts essen.
Die Aussichten auf das 'Spiel' hatten mir jeglichen Appetit gleich hundertfach verdorben.
Ich hatte das Angst, mich übergeben zu müssen, wenn ich jetzt etwas aß.
So wie beim letzten Mal...
"Ich....bin noch zu müde...", murmelte ich schließlich.
Während ich sprach, war mein Blick auf den Boden gerichtet.
Ich sah auf, nachdem ich meinen Satz beendet hatte.
Ängstlichkeit lag in meinem Blick.
Immerhin wusste ich, dass Tae es nicht unbedingt mochte, wenn man ihm widersprach...
Allerdings schien ich diesmal gar keinen Grund zur Panik zu haben.
Tae wirkte wie die Ruhe selbst, während er mich musterte.
"Aber später isst du noch etwas?", versicherte er sich.
Hastig nickte ich.
Überraschenderweise schien das dem Blauhaarigen zu genügen.
"Gut.", er lächelte freundlich.
Anschließend sah er auf eine Uhr.
"Ich muss jetzt los...", stellte er mit einen Hauch Betroffenheit in der Stimme fest.
Seine Mundwinkel zogen sich jedoch wieder nach oben, als er mich anschaute.
"Dann bis heute Nachmittag, mein Schatz.", sagte er warm, bevor er aufstand.
Mein Blick folgte ihm bis zur Tür.
"Hab einen schönen Tag~", verabschiedete der Blauhaarige sich.
Kurz darauf fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Kaum war er weg, herrschte Totenstille.
Mit leeren Augen starrte ich vor mich hin, während ich versuchte, zu realisieren, dass dieser Albtraum in ein paar Stunden schon wieder wahr werden würde.
Das letzte Mal war gerade mal drei Tage her...
War das die Zeitspanne, an die ich mich jetzt gewöhnen müssen würde?
Drei lächerliche Tage?
Hatte Tae wirklich mehrmals pro Woche vor, meinen Körper aufzuschneiden?
Allein der Gedanke ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
Es war so unendlich grausam...
Allerdings war es dieses Mal ein anderes Gefühl, was die Emotionswellen dominierte, welche gerade über mich hereinbrachen.
Keine Übelkeit.
Sondern...
...Enttäuschung.
Ich war enttäuscht von Tae.
Weil ein Teil von mir kontinuierlich vergessen wollte, was für ein Monster er war.
Dieser Teil wollte nichts lieber, als sich einfach an Taes freundliche Art zu gewöhnen.
....und dieser Teil wurde....immer und immer wieder....schmerzhaft daran erinnert....
....dass er komplett verrückt war, es auch nur zu versuchen.
Dieser Teil von mir schien seinen Verstand verloren zu haben.
Diese Erkenntnis tat weh...
Weil der Rest von mir sich mit jedem Tag, den ich in diesem Gefängnis verbrachte, mehr danach sehnte, diesem Teil einfach zu glauben.
Sich ihm anzuschließen.
Aber das ging nicht...
Tae hielt mich jedes Mal aufs Neue davon ab.
Kurz schloss ich meine Augen, während sich Tränen der Überforderung in meinen Augenwinkeln bildeten.
Ich wollte das nicht...
Diese ständige Folter...
Diese sinnlose Grausamkeit...
Ich hasste den Gedanken daran. Das Wissen, dass es nicht nur bei Gedanken bleiben würde...
Umso mehr verwirrte es mich, dass ich Tae nicht hassen konnte.
Ich war enttäuscht. Sauer. Wollte ihn anschreien, was für ein kranker Freak er war und dass er hierzu kein Recht hatte.
Aber ich....hasste ihn nicht.
Ein leiser Schluchzer entfuhr meiner Kehle, bevor ich meine Beine an meinen Körper zog.
Wieso konnte ich ihn nicht einfach hassen?...
....Wieso konnte ich ihn nicht mögen?
Wieso musste er mir beides unmöglich machen?
Inzwischen wünschte ich mir nichts sehnlicher als mich zwischen diesen abartig gegensätzlichen Gefühlen entscheiden zu können....
Konnte er nicht nur grausam sein?
...oder nur lieb?
Warum musste es so eine widerliche, menschenverachtende Mischung sein?
Es fühlte sich an, als würde ich in der Luft hängen.
Der Boden unter meinen Füßen war vollständig verschwunden.
Es gab keine Sicherheit. Nichts, woran ich mich festhalten konnte.
Jedes Mal, wenn Tae das 'Spiel' auch nur erwähnte, warf mich das aus der Bahn.
Jedes Lächeln von ihm....jede kleine Aufmerksamkeit tat genau dasselbe. Aber in die entgegengesetzte Richtung.
Als würde ich ständig hin und her geschleudert werden.
Ich spürte, wie meine Wangen immer nasser wurden, während meine Schultern zu zittern begannen.
Mein Herz hielt das nicht mehr aus...
Ich hielt das nicht mehr aus...
Der Kloß in meinem Hals wurde immer größer.
Langsam fühlte es sich an, als würde es mir die Luft zum Atmen abschnüren.
Im Moment hätte ich mir nichts sehnlicher gewünscht....
"Was soll ich nur tun?...", flüsterte ich zittrig zu mir selbst.
Anschließend begann ich nur noch hilfloser zu weinen.
Weil ich die Antwort auf meine Frage kannte.
Ich würde genau das tun müssen, was ich immer tat.
Gar nichts.
Eigentlich sollte das Kapitel noch mehr Inhalt bekommen. Aber ich fand den Schluss dann so schön passend. x3
Also possibly ist das nächste ein ziemlicher Filler. Mal sehen. ^^"
Habt noch einen schönen Tag. ^^
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