35 | Nah beieinander
Cuties, hier ist es, das neue Kapitel :)
Eliana strich sich lautlos seufzend eine Haarsträhne hinters Ohr, ehe sie sich daran machte, das dreckige Geschirr, das sich bereits auf der Anrichte in der Küche stapelte, in die Spülmaschine zu räumen. Das kühle Wetter hatte unzählige Menschen nach drinnen getrieben, sodass im Café die Hölle los war und sie seit Stunden nicht dazu gekommen war, eine kurze Pause zu machen. Rasch stellte sie die vielen Gläser, Tassen und Untertassen, Löffel und Gabeln in die Maschine, dann huschte sie wieder in den großen Hauptraum.
Die Gäste unterhielten sich angeregt, einige tauschten sich lebhaft aus oder lachten miteinander, andere arbeiteten und klackerten auf ihren Laptops herum. Hier und da war das Klappern von Geschirr und das Zischen der Espressomaschine zu hören, der Duft von frischem Kaffee und warmen Backwaren lag in der Luft.
Auch, wenn Eliana ein paar Wochen gebraucht hatte, sich an ihren neuen Job zu gewöhnen, mochte sie die lockere Atmosphäre und die Gemütlichkeit, die das kleine Café ausstrahlte. Obwohl sie eigentlich nach etwas anderem suchte, war sie Mirella dankbar dafür, dass sie sich für sie umgehört und ihr von der offenen Stelle im Café eines Bekannten erzählt hatte. Große Sprünge konnte Eliana von ihrem Gehalt nicht machen, doch es reichte aus, um sich vorerst über Wasser zu halten und ihre Miete zu bezahlen.
Aufmerksam ließ sie ihren Blick über die besetzten Tische schweifen, um zu schauen, ob noch jemand bedient oder abkassiert werden musste. Tatsächlich entdeckte sie zwei ältere Damen, die sich suchend umschauten. Eine von ihnen hielt bereits eine Geldbörse in der Hand, also druckte sie den Kassenbon aus und machte sich auf den Weg an ihren Tisch.
„Wir würden gern bezahlen", sagte die mit dem Portemonnaie in der Hand und musterte Eliana erwartungsvoll. Sie legte ihr den Zettel vor.
„Zehn Euro achtzig", lächelte sie und beobachtete, wie die Kundin ein wenig im Geldfach herumkramte. Dann reichte sie Eliana ein paar Münzen.
„Das stimmt so", sagte sie großzügig, während Eliana das Geld zählte. Ganze zwanzig Cent Trinkgeld hatte sie gegeben, und das, obwohl der teure Schmuck um ihren Hals und an ihren Handgelenken darauf schließen ließ, dass sie steinreich war. Doch Eliana beschwerte sich nicht. Für sie zählte bloß, übergangsweise ein wenig Geld zu verdienen und nicht den ganzen Tag trübselig die Wand anzustarren.
„Vielen Dank und noch einen schönen Tag", sagte sie also freundlich und räumte die beiden Tassen ab, um sie mit in die Küche zu nehmen.
„Entschuldigung, junge Dame..."
Eliana stutzte, als sie die dunkle Stimme erkannte. Sie fuhr herum und schaute geradewegs in Farids Gesicht, der in dunklem Trainingsanzug mit einem frechen Grinsen auf den Lippen am Tresen stand. Seinem akkuraten Haarschnitt nach kam er gerade vom Friseur. Seit dem Vorfall im Parkhaus waren sie noch vorsichtiger geworden und hielten in der Öffentlichkeit stets eine gewisse Distanz zueinander. Dennoch freute sie sich, dass er sie auf der Arbeit besuchte. Er hatte in den letzten Wochen viel zu tun, also schätzte sie es umso mehr, dass er zwischen seinen Terminen im Café vorbeikam und sie sich zumindest kurz sehen konnten. Schmunzelnd stellte sie das Geschirr neben der Kaffeemaschine ab und wandte sich ihm zu.
„Hey...", grinste sie, blieb vor ihm stehen und sah ihm aufmerksam in die Augen. „Hast du dich verlaufen?"
„Nee", erwiderte er kopfschüttelnd. „War gerade in der Gegend und dachte, ich schaue mal kurz vorbei. Machst du mir einen Kaffee?"
Sie lächelte.
„Schwarz?"
Er nickte.
„Setz dich doch", sagte sie und deutete mit einem Nicken auf die freien Hocker am sonst menschenleeren Tresen. Er folgte ihrem Rat und ließ sich auf einen der freien Plätze sinken. Eliana griff unterdessen nach einer Tasse. Während sie die Espressomaschine bediente, schaute sie verstohlen zu ihm herüber. Nach wie vor kribbelte ihr Bauch, wenn er in ihrer Nähe war.
„Bei dir alles klar?", wollte er wissen und musterte sie aufmerksam. Sie lächelte unwillkürlich.
„Ja, mir geht's gut", antwortete sie. „Dir auch?"
Sie nahm die dampfende Tasse aus der Maschine und stellte sie vor ihm auf dem Tresen ab. Den obligatorischen Keks ließ sie aus, wissend, dass er ihn sowieso nicht essen würde.
„Ja, alles okay", erwiderte er und trank einen Schluck. „Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie so lang auf einen Kaffee gewartet", kommentierte er dann, ohne eine Miene zu verziehen.
„Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude", konterte sie unbeeindruckt.
„Daran werde ich dich zu gegebener Zeit erinnern", erwiderte er trocken. Sie schmunzelte.
„Nicht, dass das für dich nach hinten losgeht", mahnte sie ihn belustigt. Er zog die Augenbrauen hoch.
„Da muss ich mir keine Sorgen machen", gab er selbstsicher zurück und nippte abermals an seinem Kaffee.
„Keine Ahnung, woher du diese völlige Selbstüberschätzung nimmst", kommentierte sie frech. Er lachte amüsiert auf, stellte seine Tasse ab und lehnte sich ihr ein Stück entgegen. Seine Augen funkelten herausfordernd.
„Für dich hat es bisher immer gereicht", raunte er ihr zu. Sie zog eine Augenbraue hoch, schaute sich kurz um und beugte sich schließlich ein wenig zu ihm herüber.
„Das liegt daran, dass ich meine Ansprüche für dich ziemlich weit runtergeschraubt habe", erwiderte sie leise.
„Warum gibst du nicht einfach zu, dass ich ein Jackpot für jede Frau bin?", erwiderte er todernst. Eliana rollte mit den Augen, konnte sich ein Grinsen jedoch nicht verkneifen.
„Wieso? Weil du reich und muskulös bist?", hakte sie bissig nach.
„Gutaussehend hast du vergessen", ergänzte er sachlich. Sie wollte gerade etwas erwidern, als ihre Kollegin nach ihr rief, um ihr bei einem Kundengespräch zu helfen.
„Ich muss weiterarbeiten", sagte Eliana bedauernd. „Tut mir leid."
Farid winkte ab.
„Glück für dich", grinste er frech. „Aber ich muss sowieso gleich zum Shooting..."
Er warf ihr einen Fünfeuroschein auf den Tresen. Eliana schob ihn bestimmt wieder zu ihm zurück.
„Auf gar keinen Fall", sagte sie entschieden. „Der geht auf mich."
„Okay", lächelte er, leerte den Rest der Tasse in einem Zug und stellte sie auf den Tresen zurück. „Bis später", ergänzte er und verschwand. Eliana eilte unterdessen zu ihrer Kollegin.
Den Rest ihrer Schicht huschte sie zwischen dem Bedienen der Gäste, dem Zubereiten von Kaffee und der Koordination der Bestellungen hin und her. Als sie sich später am Nachmittag von ihrer Kollegin verabschiedete, hatte sie das Gefühl, dass die Stunden wie im Flug vergangen waren.
Auf dem Weg nach Hause hielt sie kurz beim Supermarkt um die Ecke, um ein paar Besorgungen zu machen. Da Farid sich noch nicht gemeldet hatte, ging sie davon aus, ihn heute nicht mehr zu sehen. Sie wusste, dass er nach dem Fotoshooting noch mit ein paar Freunden im Shisha-Café verabredet war. Als sie an der Kosmetik-Abteilung vorbeikam, entschied sie sich dazu, die Zeit zu nutzen und endlich mal wieder einen Beauty-Abend einzulegen.
Während sie ein paar Gesichtsmasken besorgte, rief sie Mirella an und fragte, ob sie spontan Lust hatte, den Tag gemeinsam entspannt ausklingen zu lassen und sich über all die Neuigkeiten der letzten Wochen auszutauschen.
Nur wenig später betrat Eliana vorfreudig ihre Wohnung. Dort verstaute sie die Einkäufe und bereitete alles für ihren Abend mit Mirella vor. Sie hatte sich gerade einen gemütlichen Jogginganzug angezogen und ein paar Kerzen angezündet, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen, als es klingelte.
Eliana erwartete ihre beste Freundin am oberen Treppenabsatz und begrüßte sie lächelnd und einer herzlichen Umarmung. Anschließend führte sie Mirella ins Wohnzimmer, das vom sanften Kerzenschein erhellt wurde.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, du willst mich flachlegen", lachte Mirella, als sie sich auf die Couch fallenließ.
„Nee, da muss ich dich enttäuschen", erwiderte Eliana und breitete die Auswahl an Gesichtsmasken auf dem kleinen Beistelltisch aus.
„Verstehe", grinste Mirella verschwörerisch. Eliana verdrehte die Augen.
„Warum wollte ich doch gleich einen Abend mit dir verbringen?", fragte sie trocken, bevor sie sich neben Mirella setzte und ihnen etwas von den bereitgestellten Getränken einschenkte.
„Weil er heute keine Zeit hat?", schoss ihre beste Freundin ungerührt zurück und entlockte Eliana ein Schmunzeln.
„Gar nicht wahr", widersprach sie. „Ich habe es vermisst, mit dir stundenlang zu reden, bis wir völlig erschöpft einschlafen..."
Mirella lächelte.
„Das habe ich auch vermisst", pflichtete sie ihr bei, als sie Eliana das Glas aus der Hand nahm. Sie stießen aufeinander an und stellten die Drinks zur Seite.
„Also, schieß los. Wo ist er heute?", ergänzte Mirella nüchtern, als sie kurz darauf im Bad standen, um ihre Gesichter gründlich zu reinigen. Eliana kicherte.
„Mit seinen Jungs unterwegs", erzählte sie bereitwillig und schmiss das Pad in den Mülleimer.
„Siehst du. Wusste ich's doch, dass du nur deshalb Zeit für mich hast...", stichelte Mirella und warf ihr einen schiefen Seitenblick zu. „Und meinst du, er kann sich benehmen, oder muss er später irgendwo aus einem Straßengraben abgeholt werden?", setzte Mirella noch einen obendrauf. Eliana verdrehte grinsend die Augen.
„Ich wusste, dass ich dir das nicht hätte erzählen sollen", nuschelte sie kopfschüttelnd. Mirella zuckte mit den Schultern und folgte ihr zurück ins Wohnzimmer.
„Ein bisschen Spaß musst du mir schon lassen, wenn dein Freund zum pubertierenden Teenager mutiert, sobald jemand ein Handy auf ihn richtet", kommentierte sie. „Den ich übrigens immer noch nicht persönlich kennengelernt habe."
Der anklagende Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Eliana verzog reumütig das Gesicht.
„Ich weiß", räumte sie ein. „Tut mir leid."
Mirella winkte ab.
„Muss es nicht. Hauptsache, zwischen euch ist alles in Ordnung."
Eliana nickte.
„Ja, alles gut. Wir sehen uns momentan nicht so häufig, weil wir beide viel zu tun haben, aber dafür sind die Treffen umso schöner. Das Kennenlernen holen wir aber auf jeden Fall nach, versprochen", antwortete sie und band ihre Haare zu einem Knäuel zusammen. Dann begannen sie damit, die erfrischenden Masken aufzutragen. Mirella grinste schief.
„Aber nur, wenn wir nicht ins Kino gehen."
Eliana wusste nicht, wie viele Stunden vergangen waren, als sie Mirella später an diesem Abend wieder zur Tür brachte. Es hatte gutgetan, sich mit ihr über die Erlebnisse der letzten Wochen auszutauschen, mit ihr zu lachen und witzige Anekdoten aus der Vergangenheit wieder hochzuholen. Anschließend hatten sie noch eine romantische Komödie geschaut und dabei ein paar Snacks geknabbert, die Eliana vorher beim Supermarkt besorgt hatte.
Nun fiel sie erschöpft auf die Couch und zog ihr Handy zu sich heran, um zu schauen, ob Farid sich gemeldet hatte. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, ihn anzurufen, wollte ihn aber nicht beim Abend mit seinen Freunden stören. Also machte sie es sich gemütlich und schaute noch eine Folge ihrer Serie, bevor sie ihm schließlich eine kurze Nachricht schickte und ins Bett ging.
Am nächsten Morgen wurde Eliana von einem undefinierbaren Geräusch aus dem Schlaf gerissen. Sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren, und rieb sich müde übers Gesicht. Als sie realisierte, dass es sich bei dem Geräusch um die Vibration ihres Smartphones handelte, seufzte sie schwer und tastete danach. Sie strich sich über die Augen, dann warf sie einen Blick auf das Display. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als ihr Farids Name entgegenblinkte.
„Hey...", begrüßte sie ihn schläfrig.
„Hey... Hab ich dich geweckt?", erkundigte er sich. Sie seufzte lautlos.
„Nee, schon okay", schwindelte sie und schaute flüchtig auf die Uhr. „Bist du aus dem Bett gefallen?"
„So ähnlich", erzählte er mit einem seltsamen Unterton in der Stimme, der sofort eine innere Unruhe in ihr auslöste.
„Alles okay?", hakte sie vorsichtig nach. Als er nicht sofort antwortete, hielt sie den Atem an.
„Ich hab Post bekommen..."
Ihre Finger zitterten, als sie das Smartphone fester umfasste, damit es ihr nicht aus der Hand fiel. Seine Worte hallten in ihrem Kopf nach, während sie realisierte, was das bedeutete.
Ich meine, in einer meiner Geschichten einfach so davonkommen gibts halt nicht, ne :D Naja, wenigstens hat sie mittlerweile nen neuen Job, wenn auch nur übergangsweise. Was denkt ihr, was als Nächstes passiert?
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