22 | Offen und ehrlich

Cuties, da bin ich wieder. Tut mir leid, gestern war ich einfach den ganzen Tag offline. Aber hier geht's jetzt mit dem nächsten Kapitel weiter.

Als Eliana alarmiert vom Geräusch des Handyweckers aus dem Schlaf schreckte, fiel bereits helles Tageslicht durch die bodentiefen Fenster herein. Sie brauchte einen Moment, um richtig zu sich zu kommen. Kurz schloss sie ihre Augen nochmal und versuchte, sich an den vergangenen Abend zu erinnern; nach einem Filmeabend war Farid bei ihr geblieben. Sie schmunzelte unwillkürlich und schaute zur Seite.

Auch, wenn sie inzwischen einige Monate zusammenwaren und er mittlerweile häufiger über Nacht bei ihr blieb, breitete sich eine angenehme Wärme in ihrem Bauch aus, als sie ihn mit mürrischem Gesichtsausdruck neben sich liegen sah. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und er blinzelte ihr unzufrieden entgegen.

„Morgen", lächelte sie. „Tut mir leid, aber ich muss gleich zur Arbeit."

Er seufzte schwer.

„Morgen", nuschelte er ins weiche Kissen, dann drehte er sich auf den Rücken.

„Du kannst liegenbleiben, wenn du willst", bot sie ihm an, doch er schüttelte den Kopf.

„Nee, ich hau dann auch ab. Aber erst brauche ich einen Kaffee..."

„Ich mache uns einen", schlug sie vor, doch gerade, als sie sich aus dem Bett rollen wollte, hielt er sie fest und zog sie zu sich heran, um ihr einen Kuss aufzudrücken. Sie genoss das Kribbeln auf ihren Lippen, legte ihre Hand in seinen Nacken und kratzte mit ihren Fingernägeln über seine warme Haut. Er grinste schief und kniff, geblendet von der Sonne, ein Auge zusammen, als sie sich wieder voneinander lösten.

„Ich mag das sehr", sagte er.

„Was?", hakte sie nach.

„Mit dir aufzuwachen", erwiderte er. Ein verlegenes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Er grinste schief.

„Süüüüß", neckte er sie, was nur dazu führte, dass sie ihren Blick auf seine Brust senkte. Er ließ sich jedoch nicht beirren, sondern piesackte sie noch ein wenig weiter.

„Schämst du dich vor mir?", stichelte er und bohrte ihr seinen Finger in die Wange.

„Hör auf, okay?", lachte sie.

„Schon gut. Bist es halt nicht gewohnt, dass ein Mann gern neben dir aufwacht", feixte er frech. Sie musterte ihn empört.

„Dein Ernst, du Lackaffe?"

Einmal mehr brach er in schallendes Gelächter aus, bevor er ihr die Hand in den Nacken legte.

„Komm schon her", grinste er und drückte ihr noch einen Kuss auf die Lippen. Dann gab er sie endgültig frei. Schweren Herzens löste sie sich von ihm, rollte sich aus dem Bett und verschwand kurz im Bad, bevor sie sich anzog und wie versprochen frischen Kaffee machte. Am liebsten hätte sie den Vormittag mit ihm verbracht, doch nach einem kurzen Frühstück war es endgültig Zeit, sich fürs Erste von ihm zu verabschieden und zur Arbeit zu fahren.

Dort angekommen huschte sie schnell in ihr Büro. Die Festivalsaison war da und sie hatte mit der Umsetzung der Kampagnen alle Hände voll zu tun. Sie stellte ihren Kaffeebecher auf den Tisch, den sie auf dem Weg besorgt hatte, ließ sich auf den Bürostuhl fallen und schaltete den Computer ein. Heute kam es ihr ganz gelegen, dass Nico außer Haus unterwegs war. Sie hatte gerade ihr Passwort eingetippt, als Adrian im Türrahmen auftauchte.

„Guten Morgen", lächelte sie. Er erwiderte es.

„Morgen. Sag mal, hast du kurz Zeit?"

„Klar", sagte sie, ließ die Hände sinken und musterte ihn erwartungsvoll. „Worum geht's denn?"

„Ich wollte dich bitten, nächste Woche ein paar Tage bei der Tour von Capi auszuhelfen."

Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch.

„Aber Nia wollte doch dort vorbeischauen; sie hat das ja auch alles organisiert", warf sie nachdenklich ein, schließlich wollte sie ihrer Kollegin nicht die Butter vom Brot nehmen oder sich in ihre Projekte einmischen.

„Ich weiß, aber sie hat so viel zu tun mit dem Festival, dass sie gerade in Arbeit untergeht. Wahrscheinlich wäre es eine große Entlastung, wenn du ihr das abnimmst", sagte Adrian. „Sie macht sowieso schon unfassbar viele Überstunden."

„Okay, klar. Dann mache ich das", nickte Eliana zustimmend. „Kein Problem."

„Cool. Dann sag ich ihr Bescheid. Die genauen Daten könnt ihr ja nochmal kurz gemeinsam durchgehen. Dann kann sie dir gleich selbst erzählen, welche Hotels sie gebucht hat", lächelte Adrian, bevor er wieder verschwand. Eliana sah ihm einen Moment nachdenklich hinterher und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Eigentlich hatte sie selbst schon genug zu tun, aber sie hatte es einfach nicht fertiggebracht, abzulehnen. Schließlich hatte Nia sich im Gegensatz zu ihr bei Urban Beats bereits einen Namen gemacht und sie selbst arbeitete noch daran.

Als sie jedoch kurz darauf mit Nia darüber sprach, hatte sie keineswegs den Eindruck, dass Adrians Idee eine Entlastung für sie darstellte; im Gegenteil.

„Totaler Schwachsinn, dass er dich jetzt gebeten hat, für mich dorthin zu fahren", moserte sie kopfschüttelnd und sah grimmig von ihrem Computerbildschirm auf. Eliana, die vor ihrem Schreibtisch stehengeblieben war, strich sich ratlos die Haare nach hinten.

„Er hat es sicher nur gutgemeint", ergriff sie Partei für ihren Chef. Nia seufzte schwer.

„Aber er weiß doch, dass ich das alles immer hinkriege; ganz egal, wie stressig es wird. Wenn die Hütte brennt, bin ich da."

Sie klang aufrichtig enttäuscht, ein trauriger Ausdruck hatte sich auf ihr Gesicht geschlichen.

„Wenn du willst, sage ich ihm, dass du wie geplant hinfährst und ich dir dafür was anderes abnehme", bemühte Eliana sich, eine diplomatische Lösung zu finden.

„Und wenn am Ende was schiefgeht, weil du nicht im Thema warst, haben wir ein noch viel größeres Problem und er macht mich dafür verantwortlich", winkte Nia mürrisch ab. „Da kann ich es auch gleich der Praktikantin geben."

Eliana musterte sie aus großen Augen entsetzt. Hatte sie ihr gerade ernsthaft einen fiesen Seitenhieb mitgegeben?

„Hör zu, Nia. Ich kann verstehen, dass dich das ärgert, aber-"

„Ach, alles gut. Ich hab das eh schon tausendmal gemacht. Wahrscheinlich ist es tatsächlich besser so. Er weiß ja, dass die anderen To-Dos Priorität haben und schickt dich deshalb hin", schob Nia unterschwellig eine weitere Herabwürdigung nach. „Ich mache das hier eben noch fertig, dann schicke ich dir die ganzen Daten und Hotelreservierungen rüber."

Damit schien für Nia das Thema erledigt zu sein, denn sie richtete ihren Blick wieder auf den Bildschirm. Eliana sah sie aus großen Augen verblüfft an. Ein Teil von ihr wollte Nia klarmachen, dass sie so nicht mit ihr reden konnte, doch ein anderer hatte keine Lust auf einen Zickenkrieg im Büro.

***

Ein paar Stunden später kuschelte sie sich noch immer mies gelaunt an Farids Brust. Sie hatten etwas zu essen bestellt und es sich anschließend auf der Couch in seinem Wohnzimmer gemütlich gemacht. Auch, wenn inzwischen etwas Zeit vergangen war, beschäftigte sie die Situation auf der Arbeit noch immer. Auch er schien das zu bemerken, denn er musterte sie mit schief gelegtem Kopf von der Seite.

„Was ist los?", wollte er wissen.

„Ach, nichts", winkte sie ab, denn sie hatte nur wenig Lust, darüber zu sprechen.

„Sag schon", forderte er, den Blick noch immer auf sie gerichtet. Sie seufzte schwer.

„Lief einfach scheiße heute", antwortete sie vage. Er verdrehte die Augen.

„Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen", erwiderte er und kniff die Augen mürrisch zusammen. Eliana atmete tief durch, dann sah sie ihm ins Gesicht.

„Adrian hat mich gebeten, nächste Woche für Nia ein paar Konzerte zu besuchen und die ist stinksauer, weil er ihr die Arbeit weggenommen hat", erzählte sie. Farid zog skeptisch die Stirn kraus.

„Was für Konzerte?"

„Deutschlandtour von Capi."

„Und warum sollst du das machen?", hakte er misstrauisch nach, ohne sie aus den Augen zu lassen.

„Weil sie so viel zu tun hat und er der Meinung ist, sie könnte ein wenig Entlastung gebrauchen", erklärte sie und strich sich ächzend durchs offene Haar. „Dabei weiß ich selbst nicht, wie ich meine ganzen Aufgaben erledigen soll. Es ist momentan echt viel."

„Stress dich nicht so damit", sagte er und streichelte beruhigend über ihren Rücken.

„Du sagst das so leicht. Aber für mich hängt da halt der Job dran, den ich gern mache", erwiderte sie nachdenklich. Er schüttelte überzeugt den Kopf.

„Die würden dich schon nicht rauswerfen, wenn du nicht alles packst. Die wissen ja, dass das viel ist und du dich echt reinhängst. Ich meine, wie oft hast du in den letzten Wochen bis spät abends im Büro festgehangen, um deine Sachen fertigzukriegen?", erinnerte er sie.

„Ich weiß", seufzte sie. „Trotzdem will ich jetzt nicht sagen, dass ich selbst schon genug zu tun habe."

„Aber warum? Ist doch nichts dabei. Besser, als sich kaputtzuarbeiten...", erwiderte er. „Und wenn denen das nicht passt, sollen sie sich jemand anderen suchen..."

Sie zog verärgert die Augenbrauen zusammen.

„Hast du eine Ahnung, wie hart ich dafür kämpfen musste, dort hinzukommen, wo ich jetzt bin?"

„Und was hat es dir gebracht? Einen unterbezahlten Scheißjob, bei dem sie dich ausbeuten, bis du komplett ausgebrannt bist", gab er entschieden zurück. Sie schaute ihn aus großen Augen entsetzt an.

„Ich wusste nicht, dass du so wenig von dem hältst, was ich da tue", sagte sie verletzt und setzte sich auf. Er musterte sie ernst.

„Du verstehst mich falsch. Gerade, weil ich so viel von dir halte, finde ich, dass du dort deine Zeit verschwendest. Du hast richtig was auf dem Kasten und solltest mehr geschätzt werden", korrigierte er sie und zog sie unbeirrt wieder an seine Brust. Eliana lächelte gerührt.

„Das hast du süß gesagt", räumte sie ein und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Er schüttelte entschieden den Kopf.

„Ist nur die Wahrheit. Die nutzen dich da schamlos aus und du hast auch noch ein schlechtes Gewissen denen gegenüber. Allein schon die ganzen Überstunden, die sie dir nicht bezahlen, oder dass du am Wochenende in Amsterdam in einem Restaurant sitzt und Verträge bearbeitest...", stellte er in den Raum. Eliana biss sich auf die Zunge.

„Ich weiß. Aber das Festival ist in ein paar Wochen und gerade ist einfach super viel zu tun", rechtfertigte sie ihren übermäßigen Arbeitseinsatz. Er runzelte die Stirn und drehte ihr den Kopf zu.

„Und die Telefonate, die du nach Feierabend noch führst? Oder die Konzerte, auf die du jetzt abends gehen sollst?", hakte er provokant nach. Eliana seufzte.

„Du hast recht", gab sie widerwillig zu. „Aber der Job macht mir einfach so viel Spaß. Ich wollte das schon immer machen."

„Dann mach es wo anders, wo sie dich nicht im ersten Jahr verheizen und dann jemand Neues einstellen, wenn du mental am Ende bist...", sagte er. Sie legte den Kopf schief und schaute ihm nachdenklich ins Gesicht.

„So siehst du das? Ehrlich?"

Er nickte.

„Weißt du, wie viele ich dort schon habe kommen und gehen sehen? Ich habe irgendwann aufgehört, mir all die Namen zu merken, bis du aufgetaucht bist..."

Sie schmunzelte.

„Du hast dir also meinen Namen gemerkt – weil?"

Er grinste schief.

„Was denkst du wohl?"

„Ich habe dich also beeindruckt", stellte sie belustigt fest.

„Nicht jede fährt so schlecht Auto wie du. Sowas merke ich mir", kommentierte er trocken. Als sie ihn empört anschaute, lachte er belustigt auf.

„Ich kann wenigstens überhaupt irgendwas", entgegnete sie kopfschüttelnd.

„Die wichtigen Dinge auf jeden Fall", bestätigte er großspurig. „Putzen, Wäsche waschen, Kochen...", zählte er lachend auf, den Blick nachdenklich an die Decke gerichtet.

„Und was machst du in der Zeit?"

Er zuckte lässig mit den Schultern.

„Ich heb die Füße hoch, damit du besser Staubsaugen kannst."

Eliana verdrehte die Augen.

„Du bist so ein Lackaffe."

Er kicherte, dann zog er sie dichter zu sich heran.

„Aber mal Spaß beiseite", fuhr er nun ernst fort. „Du hast mich tatsächlich beeindruckt."

Sie legte den Kopf schief und zog neugierig eine Augenbraue hoch.

„Und womit?", hakte sie nach.

„Mit deiner ganzen Art", antwortete er. „Ich bin dir wie ein Idiot vors Auto gelaufen, und statt zu fluchen, wie viele andere es getan hätten, hast du dich nach mir erkundigt und mir angeboten, den Pullover reinigen zu lassen. Das hat mir gezeigt, dass du keine bist, die nur auf sich selbst guckt, sondern dir das Wohlergehen anderer am Herzen liegt. Jedes Mal, wenn wir uns danach begegnet sind, warst du bescheiden und hast dich nicht in den Mittelpunkt gedrängt; etwas, das mir sehr gefallen hat. Viele in dieser Branche sind nur darauf bedacht, jemand zu sein und das auch nach außen hin zu zeigen. Du hingegen willst mit deiner Arbeit überzeugen, und die machst du besser und gewissenhafter als viele andere, auch, wenn ich das nur ungern zugebe. Du lässt dich nicht unterkriegen und trägst dein Herz auf der Zunge, auch, wenn du damit manchmal in Schwierigkeiten gerätst. Nicht jeder traut sich, mir zu sagen, wie wenig er von meinem Image hält..."

Eliana schmunzelte, als er sein Lob auf sie beendete.

„Danke", lächelte sie. Er drückte ihr einen Kuss auf die Lippen.

„So gefällst du mir schon besser", sagte er. „Also, machst du das jetzt echt mit den Konzerten?", kam er auf das ursprüngliche Thema zurück und musterte sie aufmerksam. Ein seltsames Funkeln lag in seinen Augen.

„Muss ich ja."

Er sank schwer seufzend tiefer in die weichen Polster der Couch.

„Cool. Eine Woche Shisha-Bar..."

Könnt ihr verstehen, dass er ihr ins Gewissen redet wegen dem Job? Findet ihr, dass er recht hat? Und wie findet ihr, das er sonst über sie gesagt hat? Und meint ihr, Nia ist jetzt richtig abgefuckt, oder war sie nur im 1. Moment angefressen und hat sich schnell wieder beruhigt?

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