5 *

Mittlerweile war es endgültig dunkel geworden. Die Lichter der Stadt warfen mich immer wieder aufs Neue aus der Bahn. Es sah unglaublich aus, nicht wie in den Großstädten der Sterblichen, sondern irgendwie überirdisch. Als wäre die ganze Stadt nicht von dieser Welt.

„Wollen wir noch zu Dions?" fragte ich Med, als wir draußen vor der Arena standen und die ganzen Arenazuschauer an uns vorbeiströmten.

„Ich hatte gehofft, dass du das fragst", grinste sie. Das Dions war eine kleine Bar im südlichen Teil der Stadt. Ein bisschen weg von dem ganzen Trubel, der hier im Zentrum herrschte. Nach dem Kampf ging die Party für die ganzen Halbgötter meist erst richtig los. Nicht wenige gingen noch in den Club, der direkt gegenüber von der Arena lag, um den Sieg oder einfach den Arenakampf zu feiern. Die ganzen Pubs im Stadtzentrum waren nach so einem Ereignis auch immer total überfüllt, sodass wir irgendwann auf das Dions gestoßen waren. Und diese Bar war ein echter Geheimtipp. Namensgeber und ich vermutete fast auch geheimer Geschäftsführer war der Dionysios, der Gott des Weines. Denn der Wein in dieser Bar war der beste den ich jemals irgendwo getrunken hatte.

Straßenbahnen oder sonst irgendwelche öffentlichen Fortbewegungsmittel gab es in Olympus nicht, sodass wir den Weg zur Bar laufen mussten. Doch mir machte das nichts aus. Im Gegenteil, wenn man durch die Straßen von dieser Stadt lief, dann gab es immer so viel zu entdecken. Doch ich war froh meinen Dolch mitgenommen zu haben, denn Olympus war sicherlich nicht die sicherste Stadt der Erde. Monster und Halbgötter hatten immer noch diesen unterschwelligen Zorn aufeinander. Viele Hauptgötter behaupteten es läge ihnen im Blut, die Monster zu bekämpfen. Das wäre ihre Aufgabe, so auch wie diese der Helden der alten Geschichten, die man sich über meine Kultur erzählte. Ich hielt das für völligen Quatsch und für eine Ausrede zur Gewaltbereitschaft. Und so hatten sich die verschiedenen Banden gebildet, die in der Unterwelt von Olympus um Vorherrschaft kämpften. Und da die Götter, so gut wie nie vom Olymp, dem Berg an dessen Fuße die Stadt lag herunterkamen, hatte die „A100" alle Hände voll zu tun, das Chaos in Grenzen zu halten und die Schuldigen gefangen zu nehmen. Aber mit Med an meiner Seite, musste ich mir da sowieso keine Sorgen machen. Wir ließen also den ganzen Trubel hinter uns und marschierten durch die weniger gut beleuchteten kleinen Gassen auf dem schnellsten Weg in Richtung Dions.

„Warst du gestern beim Training?" fragte Med mich.

„Nein", meinte ich kurzangebunden. „Ich denke ich werde so schnell auch nicht mehr hingehen. Ich bin einfach nicht für den Schwertkampf geschaffen. Wieso sollte ich es immer noch weiter probieren?"

„Du koppelst dich so sehr von den Traditionen ab. Willst du wirklich gar nichts mehr mit den anderen Halbblütern zu tun zu haben? Ich meine es sind ja nicht alle totale Vollidioten. Nur eben die Meisten."

Ich seufzte. Das gab es in der Geschichte auch zum ersten Mal, ein Monster, dass versuchte eine Halbgöttin davon zu überzeugen, der mystischen Gesellschaft nicht den Rücken zuzukehren. „Ich bin doch hier, oder nicht? Ich will mich schließlich nicht komplett in die Welt der Sterblichen zurückziehen, aber es gefällt mir dort so viel besser. Ich bin die ganzen Kampfspielchen leid. Ich habe keine Lust darauf mich von einem Minotaurus verprügeln zu lassen. Sorry, aber ich sehe darin echt nicht den Sinn des Lebens."

Med schnaubte: „Das ist mir schon klar, aber du kommst fast gar nicht mehr her. Ich vermisse deine chaotische Art schon fast."

Ich grinste. „Oh je. Dann steht es aber schon verdammt schlimm um dich."

„Außerdem fragt Jason ständig nach dir. Gestern war ich echt kurz davor ihn wirklich anzusehen. Er kann es einfach nicht lassen. Ich stehe kurz vor einer Krise", beschwerte sich das Mädchen bei mir.

„Sorry. Er schreibt mir auch die ganze Zeit auf WhatsApp. Ich habe ihn mittlerweile blockiert. Wahrscheinlich probiert er es deswegen jetzt bei dir."

„Ja. Ich dachte du hättest ihm klipp und klar gesagt, dass es zwischen euch endgültig aus sei."

„Das habe ich auch. Ich weiß auch nicht."

„Offenbar doch nicht deutlich genug", meinte Med zu mir mit bedeutungsvollem Blick, den ich zwar wegen ihrer Sonnenbrille nicht sehen konnte, aber genau spürte.

„Können wir einfach über etwas anderes reden?" murrte ich. Der Wind pfiff kalt durch die Gasse und über unseren Köpfen flackerte die einzige Straßenlampe, in der gesamten Gasse. Fröstelnd zog ich meinen Mantel zu.

Med nickte wohlwissend grinsend. „Ich wollte dir nur sagen, dass wenn er nicht bald damit aufhört mich zu belästigen, dann wird er wohl oder übel als Statue enden." Med schien die Kälte wenig auszumachen. Sie trug nur eine dünne Lederjacke und eine schwarze Lederhose.

„Dann hättest du wenigstens mal eine hübsche Statue", lachte ich. „Wenigstens war er heute nicht beim Arenakampf. Ich habe wirklich keine Lust ihn zu sehen." Ich band mir im Gehen meine langen Haare zu einem Pferdeschwanz, die mich schon die ganze Zeit nervten, weil der Wind sie immer wieder in mein Gesicht peitschen ließ.

„Nein. Ich habe ihn vorhin auch nicht gesehen. Das wundert mich ein bisschen. Normalerweise verpasst er doch niemals so etwas."

Ich nickte zustimmend. „Da hatte ich wohl Glück heute."

Kurze Zeit später kamen wir im Dions an. Die kleine Bar verbarg sich unscheinbar in einer Reihenhausreihe. Wenn man nicht wusste, wonach man suchte, dann übersah man leicht das Schild, dass das Dions als Bar auswies. Schnell stieß ich die Türe auf und schlüpfte hinein, denn es hatte gerade in vollen Strömen angefangen zu regnen. Im Inneren war für die Verhältnisse des Dions doch einiges los. Med und ich suchten uns einen Tisch in der hinteren Hälfte der Bar. Es war in Gegensatz zu draußen behaglich war, sodass ich mich ungeschickt aus meinem Mantel schälte.

Med räusperte sich unvermittelt und flüsterte: „Schau jetzt nicht hin, aber ich glaube es war keine so tolle Idee hierherzukommen. Am Billardtisch steht Jason." Bei diesen Worten fuhr es mir, wie ein Blitz durch den Körper und es begann unangenehm in meinem Rücken zu kribbeln, als würde ich seinen Blick auf mir spüren. Mist, warum nochmal hatte ich mich dazu entschlossen hierherzukommen?







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