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Alles in mir schrie: Nein!  Wenn dir ein Gott eine Aufgabe anvertraute, war da nicht selten ein dicker fetter Hacken, der dich so richtig bereuen ließ, dich darauf eingelassen zu haben. Glaubt mir das hatte ich schon zu genüge aus Geschichten gehört, sowie auch schon selbst erlebt. Aber eines war sowieso klar, zu einem Gott sagte man auf keinen Fall: Nein, ich nehme diese Aufgabe nicht an. Diesen Ärger wollte man nun wirklich nicht auf sich ziehen. Es war nicht immer so einfach, mit diesen mächtigen Geschöpfen umzugehen. Manchmal waren sie wirklich unglaublich schnell beleidigt und schon hatte man statt der Gunst den Zorn auf sich lasten.

Eigentlich war es schon von Anfang an klar gewesen. Die Anemoi hatten uns irgendwie hergelockt, wer weiß wie er das wohl geschafft hatte, um uns die Aufgabe zu übertragen und jetzt kamen wir da auch nicht mehr heraus. Und dann auch noch wegen einem blöden Kartenspiel. Ich meine ein Kartenspiel? Ein lausiges dummes Kartenspiel. Nur weil sie ihre Streitereien nicht in den Griff bekamen. Das war so verdammt frustrierend.

Ich schaute zu Kaleb hinüber, er sah auch wenig begeistert aus. Als er meinen Blick auf sich spürte, sah er zu mir herüber und nickte nur ergeben. Jaa, wir hatten keine Wahl. Ach, wieso hatte man es auch nie leicht. Ich hatte schon nicht unbedingt damit gerechnet, dass Circe uns den Ring von Theresia Svenson so einfach überlassen würde, aber wenn wir jetzt auch noch das Kartenspiel mitnehmen mussten. Das konnte nur Komplikationen geben.

Ich blickte zu Notos: "Diese Entscheidung kann ich nicht alleine treffen. Wir würden uns gerne beraten." Neben mir hörte ich, wie Wonder scharf einatmete. Jep, sogar diese Aussage könnte den Gott verärgert haben. Ich betete das es nicht so war. Aber ich wollte unsere Situation wirklich erst besprechen. Vielleicht sah ja jemand eine Lösung in unserem Dilemma, wo ich keine sah.

Doch Notos lächelte nur leicht. "Natürlich, meine Dame, beratet euch kurz. Wir erwarten eure Antwort in drei Stunden. Wenn ihr den Auftrag annimmt, pustet einfach drei Mal in diese Muschel." Er deutete zu Boreas hinüber, der in seiner Manteltasche herumkramte und mir kurz darauf eine etwa faustgroße Muschel in die Hand drückte. "Wenn ihr den Auftrag nicht annimmt, was ich nun wirklich nicht hoffen mag, pustet nicht hinein", erklärte er munter, aber den letzten Satz sagte er mit so einem Funkeln in den Augen bei dem es mir eiskalt den Rücken hinunterlief. Hoffentlich war das nur Einbildung. Das konnte gut sein. Manchmal ging meine Fantasie mit mir durch. Hoffentlich. Nette Anemoi waren mir um einiges lieber als zornige. Vor allem, wenn sich der Zorn gegen mich richten würde.

"Alles klar!" Ich nickte und nahm die Muschel von Boreas entgegen. Mein Magen zog sich zusammen. Ich hatte ein verdammt ungutes Gefühl bei der Sache.

Kurz darauf flogen wir wieder auf unseren Pegasi. Diesmal hatte ich Med allerdings zu Kaleb auf den Pegasus verbannt. Leute, das Mädchen hielt man wirklich nur begrenzte Zeit hinter sich auf dem Pegasus aus. Ich war mir sicher, dass ich morgen blaue Flecken an den Stellen bekommen würde, an denen sich Med bei mir festgeklammert hatte. Oh ja. Ich hatte mal wieder wirklich rosige Aussichten. Blaue Flecken, eine göttliche Aufgabe mit einem Kartenspiel und nicht zuletzt meine eigene Mission. Yippie. Was gab es Schöneres?

Eine halbe Stunde später befanden wir uns dann endlich auf dem Boden, um eine Pause einzulegen und unser Nachtlager aufzuschlagen. Die Pegasi brauchten auch ihre Ruhe und deshalb hatten wir uns darauf geeinigt gleich hier die Nacht zu verbringen. Wir waren auf einer etwas größeren Lichtung in einem Wald gelandet. Ich sprang von Wanta hinunter und lief ein paar Schritte, um wieder ein bisschen Gefühl in meine Beine zu bekommen.

"Wir sollten die Aufgabe nicht annehmen", meinte Med schließlich, als wir alle rund um ein Lagerfeuer saßen, das Clyde und Kaleb zusammen gemacht hatten.

"Wir müssen", sagte Wonder dagegen. "Das gehört sich so. Es sind Götter."

"Pah. Nur weil die Anemoi ein Kartenspiel wollen, müssen wir wohl nicht Taylors Mission gefährden. Das ist wohl um einiges wichtiger, deshalb sind wir überhaupt erst los", schnauzte Med Wonder an.

"Du willst also vier Götter deine Hilfe verweigern?"

"Ähm, ja!"

"Wofür hältst du dich? Nur weil du kein Halbgott bist, sondern ein Monster, das wir eigentlich jagen sollten, musst du trotzdem den Göttern gehorchen. Oder denkst du etwa du wärst etwas besseres?" stichelte Wonder Med. Oh je, ich sah schon, das würde kein gutes Ende nehmen.

Med fauchte. Und kurz sah man das Monster in ihr durchblitzen. Die Seite von ihr, die sie immer so sorgfältig unter Verschluss hielt. Bevor noch irgendetwas passierte und Wonder versteinert dastand, gerade noch geeignet zur Gartendekoration, oder von Med nur noch ein bisschen Asche übrig war, ging ich wohl besser mal dazwischen.

"Leute! Hört auf!" mischte ich mich ein. "Med, Wonder hat Recht damit, dass wir die Aufgabe annehmen müssen. Wir können es uns einfach nicht leisten Götter zu verärgern. Schon gar nicht die Anemoi, ich meine, wir fliegen zu Circes Insel, da wäre es wirklich blöd, wenn wir den Wind gegen uns hätten."

Nach reichlicher Diskussion, in die sich schließlich auch Kaleb und Clyde einmischten, lenkte Med schließlich ein.

Ich nahm die Muschel und blies dreimal hinein. Auftrag angenommen.

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