27

Wir wollten gerade eine Pause einlegen und landen, als vor uns ein schwebender Tisch auftauchte. Es war ein runder Tisch, der mitten auf einer Wolke stand. Vollkommen irrsinnig, ich weiß, aber ganz ehrlich? Es wunderte mich überhaupt nicht, in dieser verrückten Welt waren auf Wolken stehende Tische über keine Ahnung wie vielen km über der Erde, keine Besonderheit.

An dem Tisch saßen vier Männer und spielten Karten. Ich hob die linke Hand an und befahl den Pegasi so in der Luft anzuhalten. Gespannt schwebten wir auf der Stelle. Die Männer schienen so in ihrem Spiel vertieft zu sein, dass sie uns nicht bemerkten. Ich musterte sie. Einer der Männer, ein Mann mittleren Alters trug einen Mantel und um den Hals hatte er eine Kette mit einer riesigen Muschel hängen. Rechts neben ihm saß ein alter Mann ebenfalls in einen Mantel gehüllt. Auf der linken Seite von dem Mann mittleren Alters saß dagegen ein etwas jüngerer Mann, er musste wohl in unserm Alter sein. Auf seinem Schoss konnte ich ein Tuch gefüllt mit Blumen erkennen. Mit dem Rücken zu uns saß ein weiterer Mann, neben ihm in der Luft schwebte eine Kanne. Die Szene kam mir irgendwie bekannt vor, aber mir wollte es partout nicht einfallen.

Ich wollte gerade den Rückzug befehlen, als der Mann gegenüber von uns den Blick hob und anfing zu sprechen.

"Na los, was schwebt ihr da immer noch so in der Luft herum? Setzt euch." Um den Tisch herum tauchten fünf weitere Stühle auf. Ich zögerte kurz, nickte dann aber doch. In meiner Welt musste man aufpassen keine Einladungen zu verschmähen, das war unhöflich und Götter oder Monster sollte man lieber nicht beleidigen, bis man wusste wer sie waren. Also bedeutete ich den anderen Platz zu nehmen. Was sich als ein bisschen schwierig gestaltete, da wir schließlich von den Pegasi auf die Stühle klettern mussten. Doch ich merkte schnell, dass die Wolke auf der der Tisch stand fest genug war darauf zu laufen. Es fühlte sich komisch an, auf der Wolke zu stehen und ich hatte die ganze Zeit Angst, dass sie plötzlich doch durchlässig wurde und ich runter fiel. Das wäre ein typischer Scherz der Götter, aber nichts dergleichen passierte.

Als ich Anstalten machte mich zu setzten, packte mich Clyde am Arm. "Was soll das? Wir hätten fliehen sollen!"

"Nein, das wäre unhöflich gewesen."

Clyde schnaubte nur. "Unhöflich, pah. Weißt du überhaupt wer die sind?"

Ich schüttelte den Kopf: "Weißt du es?"

"Nein. Ich bin noch nie vier Männern begegnet, die auf einer Wolke Karten spielen. Aber wenn mir was einfällt, bist du natürlich die Erste, die es erfährt", schnaubte er wütend. "Vorhin hatten wir noch Gelegenheit dem Schlamassel zu entgehen. Das ist jetzt wohl zu spät." 

"Wir werden schon herausfinden wer sie sind. Hör mal, es ist nicht klug jemanden zu verärgern von dem du nicht weißt wer er ist, was er kann und was er überhaupt von dir will. Diese Begegnung ist wohl kaum ein Zufall." Clyde allerdings sah immer noch nicht zufrieden aus.

"Nein, das ist allerdings kein Zufall", meldete sich der alte Mann zu Wort und kicherte leise vor sich hin. Wow, sehr beruhigend, dachte ich bei mir. Jep und schon warf mir Clyde einen bedeutungsvollen Blick zu. Dass der alte Mann auch noch so gut hören konnte.

Ich nahm ein wenig zögerlich auf einem Stuhl platz und kurz darauf hatten sich auch die anderen gesetzt.

"Hach, wir hatten schon lange keine Gäste mehr", murmelte der Mann mit der Kann zufrieden vor sich hin. "Möchtet ihr ein Wasser?"

"Ja gern", meinte Med glücklich von Wanta runter zu sein und einigermaßen festen "Boden" unter den Füßen zu haben. Der Mann mit der Kann machte wedelte mit der Hand und vor ihm tauchten fünf Gläser auf. Ein weiterer Schwenker und die Kanne neben ihm begann die Gläser von selbst mit Wasser zu füllen. Äußerst praktisch.

"Hach, Notos", murmelte der alte Mann. "Immer der perfekte Gastgeber." Notos... Notos... ich überlegte, der Name kam mir bekannt vor. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das waren die Anemoi, die Windgötter. Der Mann mit der Kanne war Notos, der Südwind. Der alte Mann musste wohl Euros sein, der Südostwind. Boreas war der Mann mit der großen Muschel um den Hals. Er war der Nordwind. Und der Junge, das war Zephyros, der Westwind.

Ich schaute mich um und merkte das es den anderen wohl ähnlich erging. Zumindest Kaleb und Clyde schienen ebenfalls zu erahnen wer unsere Gastgeber waren. Nur Med und Wonder waren beide zu beschäftigt die Festigkeit der Wolke zu testen. Oh, Mädels.

"Natürlich, Euros, so selten wie wir hier oben Besuch bekommen und dann auch noch von so netten jungen Halbgöttern."

"Ach papperlapapp. Die stören uns doch nur bei unserm Spiel. Ich möchte Ruhe", entgegnete Euros, als ob wir gar nicht da wären. Der Wind frischte leicht auf. Gar nicht gut, in einen Streit zwischen Gottheiten sollte man besser nicht geraten. Das ist überhaupt nicht gut für die eigene Gesundheit.

"Also bitte Euros, so kannst du doch nicht vor unseren Gästen reden!" Notos schaute den alten Mann empört an und der Wind nahm noch einen Zacken zu. Meine Haare peitschten mir schon ins Gesicht und ich hielt mich besser mal am Stuhl fest. Ich hatte wirklich keine Lust von der Wolke geweht zu werden.

Euros holte gerade tief Luft, um seine Streiterei mit Notos fortzusetzten, als sich plötzlich der Mann mittleren Alters einmischte: Boreas, der Nordwind.

"Aber, aber, meine Herren beruhigt euch, seht was ihr angerichtet habt, die Karten sind ganz verweht. Jetzt müssen wir das Spiel von Neuem beginnen."

Der Junge, Zephyros, seufzte: "Ach, es ist doch jedes Mal das Gleiche. Wir schaffen es nie das Spiel zu Ende zu spielen. Vielleicht sollten wir anfangen die Karten festzukleben."

Euros, der alte Mann, runzelte nachdenklich die Stirn. "Eigentlich gar keine so schlechte Idee."

Zephyros verdrehte die Augen. "Das war ein Scherz. Wie sollten wir den dann spielen?"

Bevor sich ein weiterer Streit entwickeln konnte, hob Boreas seine Stimme. "Ich hatte da so eine Idee und deshalb haben wir diese reizenden Gäste zu Besuch. Vor Jahren fertigte Circe dieses besondere Kartenspiel an. Ein verzaubertes Kartenspiel. Ich denke es wäre die Lösung für unser kleines Problem und netterweise haben wir gerade Gäste zu Besuch, die sowieso zu Circes Insel wollen."

Notos nickte vergnügt: "Ich habe von dem Spiel gehört. Eine wirklich super Idee." Er schaute uns erfreut an. "Na, wollt ihr uns helfen und uns das Spiel bringen?"

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