Gekonnt schwang ich mich auf Wantas Rücken, ihr wisst noch der verrückte Pegasus? Auch nach dem Zwischenfall war sie absolut immer noch mein Lieblingspegasus. Den Göttern sei Dank hatte sie sich ihr Gemütszustand wieder normalisiert, was wohl einer nicht ganz beträchtlichen Menge Süßigkeiten zu verdanken war. Ich wunderte mich sowieso, wieso sie nicht schon aussah, wie eine Kugel. Bei der Menge... Sie sollte wirklich besser umsteigen auf Äpfel, die waren wenigstens gesund. Da konnte sie meinetwegen so viel essen, wie sie wollte. Aber wenn es den Pegasus glücklich machte, dann sollte er eben Süßigkeiten fressen und irgendwie wurde sie sowieso nicht fett. Ja, manche hatten diese unglaublich tollen Gene, gab es wohl auch unter Pegasi. Ich beneidete sie darum.

Ich tätschelte beruhigend Wantas Hals, als Med mit einigen... ehm...Schwierigkeiten versuchte Wantas Rücken zu erklimmen. Am Ende half ihr, den Göttern sei Dank, Kaleb hinauf. Alleine hätte sie das nicht geschafft. Wobei ich eher glaubte, dass sie sich mit voller Absicht so ungeschickt angestellt hatte. Typisch Med. Sie würde lieber gegen hundert Gegner gleichzeitig kämpfen, als auf einem Pegasus zu fliegen. Ich glaube sie würde sogar lieber... hach mir fiel grade irgendwie nichts ein... aber sie würde so einiges lieber tun, dass sie eigentlich auch nicht gerne tat, als auf einem Pegasus zu reiten. Ihr versteht? Kaum war sie oben, klammerte sie sich auch schon wie ein Äffchen an mir fest. Jej, dass wird ein Spaß.

Clyde und Wonder flogen gemeinsam auf einem Pegasus names Terra. Terra war cool. Besonders an ihr war ihr Fell, das war nämlich knallig blau. Ein wunderschönes Himmelblau. Für Anfängerreiter war sie perfekt, denn sie hatte eine besonders ruhige Art. Aber sie war langsam, schrecklich langsam. Kaleb dagegen ritt auf Dschin. Dschin hatte ein weißes Fell mit schwarzen Pünktchen darauf. Sehr hübsch anzusehen. Nur war er auch sehr temperamentvoll. Ich hoffte, dass Kaleb mit ihm klarkommen würde.

Als endlich alle bereit waren und Med nicht mehr ganz so stark hinter mir herumzappelte, gab ich den Befehl loszufliegen. Und kaum hatten wir den Boden verlassen, zerquetschte Med mir so stark den Arm, dass ich das Gefühl hatte er würde bald abbrechen. Also wirklich, den ganzen Ritt über hielt ich sie nicht hinter mir aus.

Ich blickte zu Clyde hinüber. Er hatte gemeint, dass er wüsste wo Circes Insel lag. Nur deshalb hatten wir die Zwei schließlich mitgenommen. Und kurz bevor wir aufgebrochen waren, hatte er uns auch erklärt, wie er die Insel finden wollte. Von seinem Vater hatte er nämlich ein absolut cooles Geschenk bekommen.

Fast so cool wie mein Rucksack, den ich übrigens Manfred getauft hatte. Nur das ihr Bescheid wisst und euch nicht wundert, sollte ich euch mal von  einem Manfred berichten. Das ist dann nicht mein Freund, sondern mein Rucksack. Manfred leistete mir übrigens jetzt schon gute Dienste. Ein Schokoriegel war in der Seitentasche aufgetaucht. Ich war mir nur nicht sicher für wen er gedacht war. Für mich (hoffentlich), die bestimmt jetzt schon hungrige Wanta oder Med, die den Riegel wahrscheinlich am Meisten gebrauchen konnte, wegen den Nerven. Seufzend teilte ich den Riegel in der Mitte und reichte die eine Hälfte Med, die andere steckte ich mir selbst in den Mund. Hallo, ich musste meinen Lieblingspegasus doch vor Übergewicht schützen. Ich war mir nämlich gar nicht sicher, ob übergewichtige Pegasi noch fliegen konnten. Mhm, das wäre ein interessantes Thema für eine Studie. Vielleicht würde ich einen fleißigen Nachkommen von Athene damit beauftragen. Na ja, wohl eher nicht. So wichtig war es mir dann doch nicht.

Aber zurück zum Thema. Ich wollte euch gerade von Clydes Wunderdingens berichten. Und  zwar hatte er von Hades ein Armband geschenkt bekommen, dass ihn fast überall hinführte, wo er hinwollte. Ich fragte mich was für einen Preis er dafür zahlte. So etwas bekam man nicht umsonst. Manfred hatte ich auch nicht umsonst bekommen.

Gerade in diesem Moment aktivierte Clyde das Armband. Das Armband erinnerte ein bisschen an eine Uhr. Es hatte ein dunkelbraunes Lederarmband, doch statt dem Ziffernblatt, war dort eine Halbkugel angebracht, in der blau schimmernder Rauch unruhig hin und her schwebte. Ein verzaubertes Irrlicht hatte Clyde uns erzählt. Statt in die Irre zeigte es nun den Weg. An der Seite der Halbkugel war eine spitze Nadel, die ausfuhr wenn man irgendetwas sagte. Clyde hatte es uns nicht verraten wollen... Verständlich.

Er murmelte gerade etwas. So leise, dass es wahrscheinlich nicht mal Wonder hörte, die vor ihm auf dem Pegasus saß. Anscheinend vertraute er ihr nicht hundertprozentig. Wie die Nadel ausfuhr konnte ich von hier nicht sehen, aber er hielt den Finger daran und gab dem Irrlicht sein Blut. Keine Sekunde später öffnete sich die Halbkugel und das Irrlicht schwebte daraus hervor.

"Wohin, mein Herr?" fragte es übertrieben motiviert.

"Circes Insel", antwortete Clyde knapp. Das Irrlicht, es sah aus wie ein Fred, also taufte ich es: Fred, das Irrlicht, nickte bestätigend und schrumpfte zu einem kleinen Licht, in der Größe von einem Tischtennisball zusammen. Kurz verharrte es an der Stelle in der Luft, dann fing es an stark zu schwingen und plötzlich gab es einen Pfiff von sich und fing an sich in eine Richtung zu bewegen, dabei machte es Geräusche wie eine Eisenbahn. Im Augenwinkel sah ich wie Clyde nur die Augen, angesichts der Show die Fred, das Irrlicht abzog, verdrehte. Hach, irgendwie war Fred mir sympathisch. Irgendwann reichte es Clyde, sodass er Fred anfauchte, er möge endlich ruhig sein. Das Irrlicht verstummte sofort, verwandelte sich dann kurz zurück, um Clyde einen äußerst beleidigten Blick zuzuwerfen. Armer Fred.

Die Reise verlief relativ problemlos. Bis auf eine jammernde Med und einen genervten Clyde passierte nichts. Und das wunderte mich. Normalerweise lief auf einer Mission nichts problemlos ab. Ehrlich gesagt hatte ich schon Angst gehabt, dass dieser komische Drache wieder auftauchte, aber an dieser Stelle waren wir den Göttern sei Dank schon durch. Aber trotzdem rechnete ich wohl oder übel damit, dass das hier nur die Ruhe vor dem Sturm war.

Und ich sollte wohl Recht behalten.