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Ich rumpelte mit meinem alten VW Käfer den finsteren Waldweg entlang. Diese Straße auszubauen, hatte die mystische Gesellschaft nach über 10 Jahren immer noch nicht geschafft. Die Götter reisten mit anderen Verkehrsmitteln und Sterbliche, denen solche Möglichkeiten nicht zur Verfügung standen, waren ihnen egal. Und so gehörte eine Straße im Wald der Verdammten nicht unbedingt zu ihren Prioritäten. Ich schaltete das Radio ein, um das Scharren und Fauchen, welches aus dem Wald in mein Auto drang und mir auf meinen Armen eine Gänsehaut bescheerte, zu übertönen. Mit Schaudern erinnerte ich mich an die Furie die vor ein paar Wochen beschlossen hatte, dass mein VW Käfer möglicherweiße etwas zu Essen darstellen könnte. Das Auto hatte auf der Motorhaube immer noch sechs lange Furchen von dem Mistvieh. Als endlich der kleine Tunnel, welcher zur Hauptdtadt führte, in Sicht kam, atmete ich erleichtert auf. Langsam fuhr ich hinein, um mein Auto nicht noch mehr zu zerkratzen. Wie jedes Mal riss ich meine Augen weit auf, um in der allesdurchdringenden Dunkelheit etwas außer den wabbernen Schwaden der Finsternis zu erkennen. Und wie immer war es sinnlos. Die Magie, die die Welt der Sterblichen von der Welt der mystischen Gesellschaft trennte, war zu unergründlich für ein einfaches Halbblut. Kaum hatte ich den Tunnel jedoch hinter mir gelassen, eröffnete sich mir eine ganz neue Welt. Die rießigen Wolkenkratzer der Hauptstadt Olympus ragten weit in den Himmel hinein. Der blaue Lichtschimmer, den sie absonderten, ließ die Straßen unter ihnen sanft erstrahlen. Überalldem erhob sich ein Berg, dessen Spitze sich hinter der Wolkendecke verbarg. Dort auf dem Olymph thronten die Götter in ihren Tempeln.
Seufzend fügte ich mich meinem elendigen Schicksal und trat in die verhasste Arena, in der die Menge schon begeistert jubelte und klatschte. Am Eingang hielt ich meinen klobigen Wappenring, dem Kassierer hin. Der betrachtete ihn kurz und blickte mich abschätzig an.
„Unbestimmt?" murmelte er, ohne eine Antwort von mir abzuwarten und winkte mich hindurch. Ich schüttelte nur den Kopf darüber, diese Freundlichkeit war mal wieder herzerwärmend. Aber was wollte man von Nachkommen des Ares, die diese Veranstaltungen immer organisierten erwarten. Der Kriegsgott selbst, war schließlich auch nicht unbedingt für seine herzliche Art bekannt.
Ich marschierte die Tribüne hinauf, auf der Suche nach einem akzeptablen Sitzplatz. Ein paar Halbgötter hingen schon sabbernd vor Aufregung über dem Sitz ihres Vordermanns, um scheinbar noch besser sehen zu können. Wenn man sie so sah, dann würde man nicht glauben, dass diese jungen Männer und Frauen von Göttern abstammten. Ich würde es mir selbst nicht glauben, wenn ich nicht genau wüsste, was sie auf dem Kasten hatten.
Bei meinem Glück war die letzte Reihe bereits voll besetzt und ich ergatterte natürlich glatt einen besonders tollen Sitzplatz. Nämlich direkt vor einem vor Begeisterung sabbernden Sohn des Ares, der als solcher diese Spielchen besonders supercool fand. Aber verurteilen wir diese sixpacktragenden Schönlinge, Entschuldigung, Kriegshelden nicht. Sie sind schließlich einer der wichtigsten Teile der mystischen Gemeinschaft.
Mit ihren Genen waren sie wie geschaffen für den Kampf und das Held sein. Stark, wie Ochsen, und Meister von jeder nur erdenklichen Kampfkunst. Im Gegenzug waren sie aber sehr aggressiv und manchmal auch nicht immer gerade die hellsten Köpfe unter uns Halbgöttern.
Heute fand eine so genannte Zufallsarena statt. Das hieß Glücksfee Cassandra durfte Lose mit den Namen von Halbgöttern ziehen, die daraufhin gegen den Minotaurus antreten würden. Meistens meldeten sich Halbgötter an, die noch das Gefühl hatten sich unbedingt beweisen zu müssen oder Halbgötter, die einfach Spaß am Kampf hatten. Einmal hatte ich mitgemacht, sozusagen unfreiwillig, und nach einer totalen Blamage entschieden, dass ich das niemals wieder tun werde.
Mit einem dramatischen Trommelwirbel hinterlegt, streckte Cassandra ihre Hand in die altertümlich aussehende Vase, in der die Lose gesammelt wurden. Die Menge hielt den Atem an und ich musste mich wirklich beherrschen dem Typen hinter mir keinen Sabberlatz zu reichen, den er dringend gebraucht hätte, den ich machte mir langsam wirklich Sorgen um meine Haare. Vorsorglich hatte ich natürlich welche in meiner Tasche gebunkert. Ich wusste schließlich nur zu gut, wie das hier ablief. Ich beließ es aber lieber erstmal dabei, denn ich hatte die Erfahrung gemacht, dass diese Männer nicht so cool auf so ein Angebot reagierten.
Cassandra, die Gerüchten zufolge, eine Nachkommin von einer der drei Schicksalsgöttinnen war, zog ihren Arm wieder aus der Vase mit den Losen und las den Namen, der darauf stand laut vor: "Wonder Mel", rief sie. Und ein blondes Mädchen, das so zierlich war, dass ich befürchtete, dass der Minotaurus gar nicht von ihr satt werden würde, spazierte gelassen die Tribüne hinunter und sammelte dabei fleißig den Applaus der Meute ein.
Ich fragte mich zum tausendsten Mal, wie zum Hades man so was toll finden konnte. An der gegenüberliegenden Seite der Arena wurde nun der Käfig des Minotaurus geöffnet.
Aus dem Dunkeln des Käfigs trat das Monster unter einem weiteren Trommelwirbel in das Licht der Scheinwerfer der Arena. Die Zuschauermenge tobte und das Monster ließ seine durchtrainierten Bodybuildermuskeln spielen, sodass die Adern an seinen Armen nur noch mehr hervorstachen. Und das konnte ich sogar aus der zweitletzten Reihe erkennen. Die zahlreichen Narben, die seinen Oberkörper zierten, machten ihn auch nicht gerade sympathischer und weniger angsteinflößend, da es anscheinend nicht einmal diese Verletzungen geschafft hatten, ihn zurück in die Unterwelt zu katapultieren. Aber das Schlimmste und Furchterregendste an diesem Monster war das was von Schultern aufwärts kam, da wurde es wirklich grässlich.
Dort oben thronte anstatt, wie auf einem menschlichen Körper ein Kopf, der Schädel eines ausgewachsenen wütenden Stieres. Und ich hatte den Eindruck, dass dieser Schädel grinste, obwohl er vor Wut und Raserei schnaubte, wie eine Lokomotive. Falls ein Stierkopf überhaupt grinsen konnte. Aber eines war sicher: Der Gesichtsausdruck war wirklich irritierend. Doch so war es bei den meisten Monstern, die Gliedmaßen schienen irgendwie zusammengewürfelt zu sein, aus allerlei Lebewesen. Nichts schien zu passen. Es sah vollkommen falsch aus, aber auch irgendwie richtig. Es waren eben Monster.
„Habe ich schon etwas verpasst?", fragte eine weibliche Stimme rechts neben mir und ein Mädchen mit auffälligem Kopftuch in Schlangenoptik und Rundglassonnenbrille vermummt ließ sich neben mir wenig elegant auf den Sitz plumpsen.
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