Master and Apprentice III
Episode I Part III
Der folgende Tag begann in etwa so gut wie der vorherige, wenn man Kanan fragte. Er war alles andere als begeistert, als Hera ihm nach dem Frühstück eröffnete, dass Ahsoka in weniger als einer Stunde auf Lothal eintreffen würde. Huyang hatte sie benachrichtigt, sie würden am neuen Senatsgebäude auf sie warten.
„Ausgerechnet dort? Das werden sich unsere Politiker und vor allem unser liebster Gouverneur nicht nehmen lassen", kommentierte der Jedi, während er Hera half den Tisch abzuräumen. Jacen war bereits in seinem Zimmer und zog sich an.
„Ryder hat darauf bestanden Ahsoka zu begrüßen. Und Ahsoka ist es sehr daran gelegen, dass wir erscheinen. Sabine wird auch kommen."
Die Twi'lek nahm die letzten Teller vom Tisch und hielt erstaunt inne, als sie sah wie viel noch von den Waffeln übrig waren, welche sich Jacen zum Frühstück gewünscht hatte.
„Hattest du überhaupt eine?", fragte sie Kanan verwundert, welcher bereits in der Küche war.
„Die isst du doch genauso gerne wie Jacen."
„Ich hatte eine Halbe, aber ich habe im Moment nicht so einen großen Appetit", gab ihr Ehemann zurück und war dabei das Geschirr zu spülen.
„Es ist wichtiger, dass du und der Kleine versorgt werden. Ich weiß doch wie oft du unterwegs vergisst auf dich zu achten, wenn niemand von uns dich daran erinnert."
„Für gewöhnlich übernimmt das meistens Chopper, wenn mein furchtloser Anführer nicht da sein kann."
Hera gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
„Aber mal im Ernst. Ist etwas? Du hast gestern Abend schon kaum etwas runterbekommen."
Sie strich über seine Wange und Kanan seufzte.
„Es ist wirklich nichts, Hera. Der gestrige Tag war einfach zu viel und außerdem..."
Er griff nach dem Tuch und trocknete die Teller ab.
„...ich dachte es wäre eine gute Idee wieder mehr auf meine Form zu achten. Du weißt schon. Immerhin hast du dich damals in einen starken Revolverhelden verliebt."
Hera schmunzelte als sie den roten Schimmer auf Kanans Wangen sah. Sie umfasste sein Gesicht und schüttelte den Kopf.
„Kanan Syndulla, du wirst immer mein starker, wunderschöner Revolverheld bleiben. Das hier..."
Sie fasste mit einer Hand leicht an seinen Bauch und strich liebevoll darüber.
„...würde nie etwas ändern. Ich liebe dich so wie du bist. Außerdem bin ich sehr froh, dass du etwas mehr in diesen Tagen hast. Ich hätte nie gedacht, dass ich dich mal so sehen würde."
„Wie eine schwangere Loth – Katze?", scherzte er und sie haute ihm leicht auf den Arm.
„Nein, Süßer. Einfach nur sicher und glücklich. Zufrieden. Zurückgezogen vom allem und nicht mehr mit den Spuren des Kampfes belastet. Wenn ich darüber nachdenke, wie oft ich dich fast..."
Ihre Stimme versagte einen Moment und die neckende, aufgelockerte Atmosphäre endete abrupt. Kanan blinzelte und nahm sie sofort in seine Arme, küsste sie auf den Kopf und legte seinen an ihren.
„Das ist aber nie passiert. Ich bin immer bei dir und das wird sich nie ändern. Nichts und niemand wird mich jemals von deiner Seite bekommen, Hera Syndulla. Das weißt du doch."
Er wusste oder mehr konnte es nur allzu gut erahnen, woran sie dachte. Auch ihn hatte diese Nacht niemals wirklich losgelassen. Die Nacht, wo er hätte sterben müssen oder vielleicht auch gestorben war. Wo die Macht ihn gerettet hatte. Wo er das Bewusstsein auf den explodierenden Tanks verloren hatte und dann mitten in den Höhlen aufgewacht war. Zwar mit dutzenden Verbrennungen übersäht, die Narben an seinem Körper hinterlassen hatten, aber am Leben.
Es war ein Wunder gewesen. Ihr Wunder.
Was sich wenige Tage später gerächt hatte.
Hera schluckte und brauchte einen Moment, verweilte einen Augenblick oder mehr längeren Augenblick in Kanans Armen. Dann löste sie sich langsam von ihm und schien sich wieder gefasst zu haben.
„Ja, das weiß ich und ich bin sehr glücklich darüber. Um nichts in der Galaxis würde ich dich jemals hergeben, love."
„Oh das würde ich gar nicht zulassen, General Hera."
Sie küssten sich sanft. Als sie sich voneinander lösten, strich Hera über seine Wange und lächelte.
„Also mache dir keine Gedanken. Du bist perfekt genauso wie du bist. Und falls du daran gezweifelt hast, du bist immer noch sehr attraktiv. Ich kann von dir nie genug bekommen, Kanan Syndulla. Egal in welcher Form."
Die leichte Unsicherheit, die Kanan seit dem gestrigen Tage geplagt hatte und die er erst jetzt bemerkte, verschwand. Er drückte Hera etwas näher an sich und betrachtete sie mit sanftem Blick.
„Und ich nie von dir. Du weißt, wie verrückt ich nach dir bin."
Ihre Köpfe neigten sich erneut einander zu, doch sie wurden durch Chopper unterbrochen, der laut piepte und in die Küche gekommen war.
„Waup – Waup!"
Kanan verdrehte die Augen und seufzte.
„Wie immer ist Ahsoka Tano überpünktlich."
„Das hätte meinen Spectres ab und an auch nicht geschadet", scherzte die Twi'lek und küsste ihn auf die Wange.
„Beeilen wir uns und lassen sie nicht warten. Du weißt wie sie ist..."
Damit löste sich Hera von ihm und verschwand aus der Küche. Kanan stellte den letzten Teller in den Schrank und seufzte.
„Oh ja, ich weiß genau wie sie ist."
Und genau deswegen freute er sich absolut nicht darauf sie nach dem gestrigen Tag zu sehen.
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Zur Abwechslung nahmen sie nicht die Phantom II, sondern bestiegen ihren Speeder, um zum Senatsgebäude zu gelangen. Das Gebäude befand sich mitten in der Stadt und war einen guten Fußmarsch von mehr als einer Stunde von ihrem Haus entfernt. Auf dem Platz davor hatten am vorherigen Tage die Feierlichkeiten zum Tag der Befreiung stattgefunden, doch nichts mehr erinnerte daran. Der Platz war weitgehendst frei von Personenansammlungen, bis auf die ein oder andere Touristengruppe. Diese hatten auch sofort ihr Augenmerk auf die kleine Familie gerichtet, als diese ihren Speeder in der Nähe absetzte.
Kanan unterdrückte ein Stöhnen, als er Jacen raushalf.
„Nichts wie rein."
„Bin dir schon einen Schritt voraus, Süßer", gab Hera zurück, schloss ihren Speeder ab und winkte ihre Familie in Richtung des imposanten Gebäudes. Die obige Plattform, die zum Platz ausgerichtet war, war nicht mehr zu sehen. Dafür ein vertrautes Schiff, welches wie immer vergessene Erinnerungen in Kanan hervorrief, wenn er es betrachtete.
Jacen nahm seine Eltern an der Hand und die kleine Familie betrat das Senatsgebäude. Kanan ignorierte die neugierigen Blicke gekonnt und Hera, welche durch ihren Posten mehr als nur Tuscheleien gewöhnt war, steuerte geradewegs auf den Lift zu.
„Wieso ausgerechnet hier", murmelte Kanan erneut etwas verdrießlich. Es war kein Geheimnis, dass er den Regierungsbezirk am liebsten mied. Er blieb lieber auf den kleineren Märkten, wo er mit der netten Mrs. Sumar plaudern oder mit Vizago einen Drink in seiner Cantina heben konnte. Besonders wenn er mal wieder eine Aushilfe als Barkeeper brauchte.
Er bevorzugte die Orte, wo sie nicht wie ein Museumsstück begafft wurden oder sich den Ruhm ihrer früheren Taten stellen mussten. Hera hatte sich als General an all die Aufmerksamkeit gewöhnt, aber Kanan verabscheute sie. Vor allem, was seine eigene Person betraf.
„Sei nett", warnte Hera ihn leise, als sie sich im gläsernen Lift befanden. Jacen betrachtete staunend die vielen Ebenen des Gebäudes, während sie nach oben gefahren wurden.
„Ich bin immer nett, dass weißt du doch", gab Kanan gespielt freudig zurück. Hera verdrehte die Augen und warf ihm einen warnenden Blick zu.
„Ich meine es ernst, Kanan. Gerate nicht wieder mit ihm aneinander."
Vielleicht war es auch einer der Gründe, dass er den Regierungsbezirk weitgehendst vermied, dass er dem Gouverneur nicht begegnen wollte. Aber das war nur reine Spekulation.
Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis sie endlich oben ankamen. Kanan atmete auf als der Lift endlich hielt und sie in den obersten Raum traten.
„Tante Ahsoka!"
Jacen war bei dem Anblick der vertrauten Togruta kaum zu halten. Mit einem Lachen stürmte er auf die Togruta zu, welche sich ebenfalls ein Lächeln nicht verkneifen konnte und den Jungen sofort in ihre Arme schloss.
Huyang stand neben den beiden und begrüßte Jacen auf seine förmliche Art. Und neben ihnen befand sich der Gouverneur Lothals selbst.
Bei dem Anblick von Ryder Azadi verdüsterte sich Kanans Miene leicht und er wäre am liebsten umgekehrt. Hera gab ihm einen leichten Hieb in die Seite und die beiden Spectres steuerten auf die kleine Gruppe zu. Ahsoka strich Jacen über das Haar.
„Wie groß du geworden ist."
„Ich bin bald so groß wie Dad", erwiderte der Jüngere vergnügt und blickte zu seinem Vater. Ahsoka folgte seinem Blick und sie und Kanan sahen sich einen längeren Moment an. Letzterer nickte ihr zu.
„Hallo, Ahsoka. Es ist lange her."
Die Togruta betrachtete ihn einen Moment, dann wurde ihr Blick etwas sanfter.
„Zu lange, Kanan. Ich freue mich dich zu sehen. Und das nicht nur in einem Hologramm."
„Tja meistens kriegst du ja nur mich wirklich zu Gesicht", erwiderte Hera lächelnd und nickte Huyang zu.
„Hallo, Huyang. Willkommen auf Lothal."
„Die Freude ist ganz meinerseits, Generalin Syndulla."
Hera wandte sich anschließend Ryder Azadi zu und neigte in einer höflichen Geste den Kopf.
„Es ist schön dich wiederzusehen, Ryder."
„Ich freue mich, dass ich euch auch mal wieder zu Gesicht bekomme, Hera."
Der Gouverneur Lothals nickte ihr ebenfalls zu.
„Wir haben euch gestern vermisst."
„Wir konnten es leider nicht einrichten", antwortete Kanan und verschränkte die Arme. Ryder nickte.
„Natürlich...das habe ich mir schon gedacht. Es war trotzdem bedauerlich. Ich hatte gehofft, dass wenigstens du oder Sabine..."
Kanans Lächeln wurde schmal.
„Wir waren zu beschäftigt. Aber du hast sein Heldentum sicherlich auch ohne uns großartig zelebriert. So wie jedes Jahr."
Unauffällig trat Hera ihrem Mann auf den Fuß, Kanan verzog keine Miene. Genauso wenig wie Ryder, der sich nichts anmerken ließ. Er nickte nur leicht und runzelte die Stirn.
„In der Tat es war eine sehr reizende Feier. Aber ich hatte wirklich angenommen, dass ich zumindest dich sehen würde, Kanan. Ich meine es war immerhin Ezras Ehrentag..."
Dramatisch legte er eine bedeutungsvolle Pause ein und betonte den letzten Satz besonders mit gespieltem Bedauern und Entrüstung.
Kanan ballte die Hände zu Fäusten, beide Männer standen sich nun gegenüber.
„Wage es dich nicht", knurrte er leise und funkelte den Politiker an.
Hera hielt ihren Mann zurück. Ahsoka nahm Jacen etwas zur Seite und schien ihm etwas am Schiff zu zeigen.
Ryder Azadi schnaubte nur unbeeindruckt.
„Wann begreifst du endlich, dass du falsch liegst? Ezra würde wollen, dass wir ihn feiern, dass wir sein Opfer..."
Kanan machte einen weiteren Schritt auf ihn zu und baute sich fast schon bedrohlich vor ihm auf.
„Ich habe dir schon tausendmal gesagt, dass es nicht so ist! Du hast keine Ahnung von dem, was er gewollt hätte!"
Hera zog Kanan am Arm, der daraufhin ein paar Schritte zurückfiel und sich wieder neben ihr platzierte.
„Kanan, lass es gut sein."
Sie sah mit ernsten Blick zu Ryder.
„Hört auf damit, dass bringt doch nichts."
Der Politiker schnaubte.
„Dein Mann hat einfach keine Ahnung von Politik, Hera. Das Volk..."
Kanan schellte erneut nach Vorne.
„Mein Sohn hat nichts mit deiner verdammten Politik zu tun! Dir ging es nie um Ezra, diese ganzen Feierlichkeiten sind nur eine Farce! Sein Verlust ist dir vollkommen gleich, nur dein Ruhm..."
„Kanan!", entwich es Hera, die ihn an der Wange nahm und ihm flehend in die Augen sah. Der ehemalige Jedi brannte förmlich vor Zorn.
„Hör auf damit! Bitte."
Jacen vergrub sich etwas bei Ahsoka, die ihren Neffen schützend in den Arm nahm.
„Kanan", warnte sie ihn leise.
„Daddy.."
„Na, da komme ich doch zur rechten Zeit."
Die Situation wäre vermutlich eskaliert, wenn nicht Sabine aufgetaucht wäre. Sie hob eine Augenbraue als sie sah, wie Hera Kanan zurückhielt und ihm vermutlich davon abhielt Ryder ins Gesicht zu schlagen. Es überraschte sie keinesfalls, denn so ziemlich immer, wenn Ryder und Kanan im selben Raum waren gerieten sie aneinander.
„Tante Sabine!"
Jacen strahlte sie an, wobei Sabine zurück lächelte. Sie verschränkte die Arme und kam neben Hera zum Stillstand.
„Wow. Ne gesellige Runde."
Dabei wich sie vor allem dem Blick von Ahsoka aus, welche noch immer ihre Arme um Jacen gelegt hatte. Hera lächelte erleichtert und nahm Sabine an der Schulter.
„Hey, hattest du etwa was anderes erwartet?"
Beide Frauen schmunzelten und umarmten sich. Sabine warf einen Blick auf Kanan, der neben Huyang stand und alle Mühe hatte sich zu beruhigen. Es war verrückt, aber sie konnte ihn nur zu gut verstehen. Auch ihr behagten die ganzen Feierlichkeiten nicht.
Sabine löste sich langsam von Hera. Ryder räusperte sich und wandte sich an die Mandalorianerin.
„Du hast die Feierlichkeiten verpasst."
„War das gestern?"
Sabine tat höchst überrascht und erstaunt, aber konnte nur mit Mühe ein Lächeln unterdrücken. Sie schüttelte den Kopf, als würde sie sich über sich selbst wundern und machte eine Geste.
„Ist mir wohl entfallen."
Sie zwinkerte Jacen zu, der grinste.
„Du hast uns gefehlt, Sabine. Alle anderen waren dort."
Hera sah bei Ryders Worten tunlichst zur Seite, Kanan tat so, als würde er sich den Ärmel seiner Jacke zurechtzupfen. Sabine lächelte schmal und blickte Ryder in die Augen.
„Nein, nicht alle."
Es war eindeutig zu hören, dass sie damit nicht auf die Abwesenheit der restlichen Spectres anspielte. Sondern nur auf das Fehlen von Spectre – 6.
„Ich grüße Euch, Sabine Wren."
Huyang hatte die angespannte Stille dazu genutzt die Mandalorianerin zu begrüßen. Sabine blickte zu ihm und lächelte.
„Hallo, Huyang. Noch in einem Stück wie ich sehe."
„Fragt sich nur wie lange noch", murmelte Kanan leise Hera zu, welche ihm einen Hieb in die Seite gab. Der Droide ließ sich nicht beirren.
„In der Tat. Und sogar noch zu 75 Prozent aus Originalteilen."
Sabine tat so, als würde sie interessiert nicken. Dabei glitt ihr Blick kurz zu Ahsoka, welche inzwischen Jacen losgelassen und die Arme verschränkt hatte. Langsam richtete sich ihr Blick auf Sabine.
Was Jacen betraf, so war der kleine Junge vielmehr damit beschäftigt das Schiff zu bestaunen und stand neben seiner Mutter.
„Ich wäre dann im Schiff, falls mich jemand braucht."
Huyang bemerkte die erneute aufkommende angespannte Situation und wandte sich an Jacen.
„Du kannst mich gerne begleiten, junger Mann. Ich hätte da einiges, was ich dir zeigen könnte, während Lady Tano deine Eltern und Miss Wren auf den neusten Stand bringt."
„Au ja. Mum, Dad, darf ich?"
Jacen sah bittend zu seiner Mutter auf, die ihm über den Kopf streichelte.
„Natürlich. Aber bleibe schön bei Huyang und nichts anfassen, klar?"
„Na gehe schon, wir sind in der Nähe", erwiderte Kanan mit einem Nicken. Jacen folgte somit Huyang in Schiff. Sabine blinzelte und verschränkte die Arme.
„Was für ein neuster Stand? Worum geht es?"
Ryder Azadi sah dies als den Zeitpunkt an, wo er sich diskret der Familienangelegenheit entziehen wollte.
„Nun, ich muss dann wieder an meine Arbeit."
Er nickte Ahsoka zu, welche die Geste erwiderte. Hera tat dasselbe, Kanan unterließ es. Bevor er ging wandte sich der Gouverneur nocheinmal Sabine zu:
„Glaube mir, du willst hören, was sie zu sagen hat."
Sabine hob verwirrt den Kopf, während Ryder ihr nur zunickte. Dann entfernte sich der Politiker, während Sabine ihm kurz nachsah.
„Solch ein Großmaul", schnaubte Kanan.
„Kanan, lass es gut sein", erwiderte Hera laut und schüttelte den Kopf.
„Das bringt doch nichts."
„Das bringt hier alles nichts. Es ist einfach..."
„Um was geht es hier eigentlich?", fragte Sabine vollkommen verwirrt und leicht aufgebracht. Ahsoka betrachtete sie einen Moment, dann ging sie auf Sabine zu und zog die Sternenkarte hervor. Sie hielt Sabine die Kugel hin.
„Ich weiß vielleicht, wo wir Ezra finden."
Kanans abfälliges Schnauben nahm Sabine gar nicht war. Sie starrte wie angewurzelt zu Ahsoka, dann glitt ihr Blick kurz auf die metallene Kugel vor sich. Ihre Augen schweiften wieder zu der Togruta, ihre Hand streckte sie langsam nach der Kugel aus. Der Augenkontakt blieb, fast so als ob Sabine erwarten würde, dass Ahsoka ihre Worte zurücknahm oder sie als Scherz betitelte.
Doch dem war nicht so.
Es schien die Berührung der Kugel zu benötigen, bis die Bedeutung der Worte langsam bei Sabine ankam. Sie starrte einen längeren Moment auf die Kugel, dann hob sich langsam ihr Blick. Für einen Augenblick war ihre starke, entschlossene Miene gefallen. Ihre Augen waren geweitet und Ahsoka konnte die pure Hoffnung in ihnen sehen. Als auch die Trauer, den Schmerz und die Sehnsucht, welche sie alle stets mit dem Gedanken an Ezra verbanden.
Sabines Augen funkelten verräterisch, ehe sie kurz den Blick abwandte. Die Kugel hatte sie mit der rechten Hand fest umklammert.
Hera tat ihr eine Hand auf die Schulter und drückte sie sanft.
„Vielleicht sollten wir das besser im Schiff besprechen."
„Eine gute Idee."
Ahsoka ging voraus und machte eine Geste, damit die anderen ihr folgten. Hera hatte Sabine einen Arm um die Schultern gelegt und folgte ihr sofort. Kanan trottete mehr oder weniger ihnen nach.
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Ahsokas Shuttle war ganz anders als die Ghost. Für den Platz und die Räumlichkeiten war es niemals für mehr als drei oder vier Personen ausgelegt, aber für eine ehemalige Jedi und einen Droiden geradezu perfekt. Sie standen im großen Hauptraum, der an das Cockpit und an die Kabinen angrenzte. Zum Trainieren beinhaltete er reichlich Platz und bei den ausfahrbaren Sitzgelegenheiten diente er ebenso als Aufenthaltsraum als auch als Kommandozentrale. Kanan blickte sich eher langsam um. Er kannte diese Bauform und den Innenraum dieses Schiffes. Er war in dem ein oder anderen Jedi shuttle zur Zeit der Klonkriege gewesen. Bis auf die wenigen persönlichen Akzente war das Innenleben des Schiffes gleich.
Sabine war ebenfalls mit dem Schiff vertraut. Etwas ziellos wanderte sie zu einen der angrenzenden Kabinen und verharrte für einen Moment vor der, die mal ihre gewesen war. Sie war nur gut zu erkennen an den gezeichneten und hingekritzelten Loth – Katzen als auch einer Abbildung von Chopper an der Kabinenwand. Ein schwaches Schmunzeln legte sich über ihre Lippen als sie kurz in Erinnerungen schwelgte. Dann erhob sie sich und blickte zu Ahsoka, welche ihren Umhang abgelegt hatte.
„Denkst du wirklich Ezra ist noch irgendwo da draußen?"
Ihre Stimme klang monoton und sie verbarg gut ihre wahren Gefühle hinter ihren Worten. Es sollte beinahe wie eine banale, desinteressierte Frage klingen, was scheiterte. Denn Sabine hatte weiterhin die Kugel in den Händen und strich unentwegt über das Metall, fast so, als müsste sie Halt an etwas Materiellem finden. Hera kannte diese Geste nur zu gut. Sabine hatte es schon früher getan, vor allem dann, wenn sie ziemlich aufgeregt oder aufgewühlt war. Wenn sie einen Fixpunkt brauchte.
„Sicher bin ich nicht."
Ahsoka verstaute ihren Umhang.
„Allerdings scheint unser Feind auf der Suche nach Thrawn zu sein, was mich zu dieser Karte geführt hat."
Sie deutete kurz auf die Kugel, welche Sabine noch umklammerte. Diese schluckte und wollte etwas erwidern, doch sie wurde unterbrochen.
„Welcher Feind? Meinst du etwa die beiden mit den Lichtschwertern?", kam es von Kanan. Ahsoka seufzte.
„Ich meine Morgan Elsbeth und die beiden Söldner, ja."
„Ich bitte dich, Ahsoka. Dir muss doch klar geworden sein, dass diese Suche zu nichts führen wird. Sie werden Thrawn genauso wenig finden wie wir...."
Kanan machte eine Geste. Die Togruta hob eine Augenbraue.
„Nun ihre Suche wird auch zu nichts führen, weil wir die Karte haben. Und wer die Karte hat, hat die Chance Thrawn zu finden. Und Ezra."
„Kanan, höre dir wenigstens alles an", bat Hera ihren Ehemann, welcher nur abwertend schnaubte und die Arme verschränkt hatte.
„Das ist der größte Bantha – Quatsch seit Jahren und du ziehst uns alle darein. Niemand kann das überlebt haben, Ahsoka. Du weißt es selbst."
„Nun es hat auch niemand vor Ezra diesen Trick angewandt. Oder seither versucht."
Ahsoka zuckte die Schultern und ließ sich von Kanans Worten nicht aus der Ruhe bringen. Sie tat eine Hand an ihr Kinn und wirkte nachdenklich.
„Wenn wir wüssten, wo die Purgills wären, dann könnten wir es auf einen Versuch ankommen lassen."
Sie klang fast so, als ob sie das in Betracht ziehen würde. Sabine hob eine Augenbraue.
„Nette Idee, aber niemand hat diese Wesen seit Ezras Verschwinden gesehen."
„Mhm, dass könnte problematisch werden."
„Denkt ihr wirklich darüber nach?", hakte Hera nach, welche die beiden etwas entgeistert ansah.
„Nun es wäre eine Möglichkeit. Ein Schiff haben wir, die Purgills müssten wir suchen...Allerdings müssten wir jemanden finden, der so eine tiefe Verbindung zu diesen Lebewesen hat wie Ezra. Es könnte jedoch sein..."
„Oh hör schon auf!"
Kanan verdrehte die Augen.
„Das du überhaupt darüber nachdenkst, dass ist kompletter Unsinn."
„Tja, du mochtest die Idee mit der Sternenkarte nicht. Zur Not wäre das unsere Alternative", gab die Togruta unbekümmert zurück. Hera musste ein Schmunzeln unterdrücken.
„Na, die Idee mit der Sternenkarte finde ich besser."
„Hera!"
„Dachte ich mir, also bleiben wir bei diesem Plan", gab Ahsoka keck zurück.
„Seid ihr eigentlich alle verrückt geworden?!", brach es aus Kanan heraus.
„Ich kann nicht fassen, dass wir darüber ernsthaft reden. Selbst wenn diese Karte funktionieren sollte, wir haben keinerlei Garantie dafür, dass Ezra am anderen Ende ist. Und wisst ihr wieso? Weil er vor zehn Jahren umgekommen ist!"
Ahsoka schnaubte.
„Kanan, ich werde deiner Sturheit langsam wirklich leid. Wieso kannst du nicht für einen Moment in Erwägung ziehen, dass Ezra nicht...?"
Der andere Machtnutzer fuhr ihr harsch ins Wort.
„Ich wiederhole mich nochmal, Ahsoka. Ich. fühle. ihn. seitdem. nicht. mehr", knurrte Kanan förmlich.
„Und du bist dir auch nicht sicher, dass er noch lebt. Du hast es selbst gesagt."
Die Togruta verschränkte die Arme und funkelte ihren langjährigen Freund an.
„Zumindest habe ich die Hoffnung deinen Sohn zu finden, Caleb Dume. Ich habe Ezra einst ein Versprechen gegeben und das werde ich in keinerlei Weise brechen. Ich werde nicht eher ruhen, bis ich nicht alles versucht habe. Zudem geht es hier um weit mehr, aber das scheinst du in keiner Weise zu verstehen."
„Nenne mich nicht so und höre auf meine Frau da reinzuziehen! Wir haben genug die Jahre gelitten, es reicht!"
„Nein, mir reicht es jetzt, Kanan!"
Hera trat zu Ahsoka. In ihren Augen standen die Tränen und sie machte eine aufgebrachte Geste.
„Ahsoka zieht mich in nichts rein. Ich glaube ihr und wenn wir auch nur diese eine Chance haben Ezra zu finden, dann werden wir sie verdammt nochmal nutzen. Ich bin es leid zu sehen wie du dich in deiner Trauer vergräbst, wie du jede Hoffnung in den Wind schlägst und niemanden an dich heran lässt, sobald von Ezra die Rede ist."
Ihre Stimme war klar und fest, verriet nicht den Hauch ihrer wahren Gefühle.
„Du kannst nicht einmal seinen Namen hören, geschweige denn aussprechen ohne einen halben Zusammenbruch zu haben. Du hast dich so tief in deine Trauer, in deine Schuldgefühle und deinen Schmerz geflüchtet, dass du alles nur noch ignorieren willst. Als ob du Ezra vergessen willst."
Kanan riss die Augen auf.
„Wie kannst du...?"
Hera schluckte und schüttelte den Kopf, dabei senkte sie etwas den Blick. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
„Du kannst nicht daran glauben Ezra zu finden, weil du ihn im Inneren schon verloren hast. Aus Angst vor deinen Gefühlen heraus verdrängst du jeden Gedanken an ihn und flüchtest davor. Du willst ihn am liebsten vergessen und hast es in gewisser Weise auch. Ich sehe es jeden Tag, Kanan."
„Ich würde niemals...!"
Ahsoka warf ihm einen eindeutigen Blick zu.
„Du hast es und du tust es. Ezras Verlust hat dich komplett verändert, Kanan. Und ich rede nicht nur von der Tatsache, dass du dich der Macht abgewandt hast. Davon, dass du kein Jedi mehr sein willst, erlaube ich mir kein Urteil, dass wäre kontrovers. Ich meine vielmehr die Tatsache, dass du seit Ezras Verschwinden eine unsichtbare schwere Last auf deinen Schultern trägst und nicht einmal die Trauer an dich herangelassen hast. Du hast dich nie dem gestellt und es immer für dich behalten."
Ich habe gut reden, aber was solls...
„Du hast nie darüber geredet und die meiste Zeit tust du so, als ob er nie existiert hätte. Und jetzt wo wir eine reale, greifbare Chance haben ihn zu finden, ihn nach Hause zu bringen...wendest du dich von ihm ab. Du lässt ihn im Stich."
Kanans Gesicht war stark gerötet, seine Fäuste zitterten.
„Ich habe Ezra niemals im Stich gelassen!"
Seine Stimme glich einem Schrei.
„Du tust es in diesem Moment", erwiderte Ahsoka kalt. „Und ich habe weder Zeit, noch weitere Lust mich damit abzugeben. Sabine, Hera und ich haben wichtige Dinge zu bereden, die keinen Aufschub dulden. Dein starrköpfiges Denken können wir nicht gebrauchen. Wenn du also nicht nach Ezra suchen willst..."
Sie machte eine Geste und die Rampe fuhr auf.
„...da ist die Tür."
Hera konnte nur schwer seufzen, als ihr Ehemann ohne ein weiteres Wort Ahsokas Worten nachkam und aus dem Schiff stürmte. Sabine pfiff leise und betrachtete die Kugel.
„Ich glaube diese Worte hatte er lange nötig."
Ahsoka wandte sich Hera zu, welche voller Besorgnis auf die Luke starrte, wodurch Kanan verschwunden war. Die Togruta legte eine Hand auf ihren Arm.
„Er wird zur Vernunft kommen."
Die Pilotin seufzte.
„Ich hoffe es. Ezras Verlust hat ihn damals fast zerstört."
Sabine schnaubte leise.
„Wie uns alle."
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Kanan wusste nicht wohin es ihn führte oder mehr, was ihn führte. Vielleicht war es die Macht, vielleicht waren es auch alte Gewohnheiten. Hauptsache er kam nur noch weg von diesem Schiff, von diesem verdammten Regierungsbezirk und dieser verdammten Stadt!
Wie er durch die Stadt gelaufen war und das alles hinter sich gelassen hatte bis er nur noch in den Gräsern Lothals stand wusste er nicht mehr. Er hatte nur noch weggewollt. Weg von allem.
Ja, vielleicht hatte Hera Recht. Vielleicht rannte er vor seinen Gefühlen davon, war zu feige sich ihnen zu stellen. Aber hatte er das nicht sein ganzes Leben getan? Wegzulaufen?
„Lauf."
Er hielt sich den Kopf, als ihn eine vergangene Erinnerung, eine zu vertraute aber tote Stimme durch den Kopf ging. Er fluchte und schüttelte den Kopf. Nein, nein daran würde er nicht denken. Nicht nach so langer Zeit.
„Ich laufe nicht weg. Nein, ich bin bei Jacen und bei Hera. Ich habe ein Leben auf Lothal mit meiner Familie. Es gibt nichts, wovor ich weglaufe", murrte er und setzte seinen Weg weiter fort.
Er lief nicht weg. Nein, er brauchte einfach nur einen Spaziergang, um seinen Kopf freizubekommen. Frische Luft tat immer gut und das vor allem bei solch einem herrlichen Tag. Die Sonne schien, der Himmel war wolkenklar und blau, eine sanfte Brise wehte ihm durch das Gesicht...es war wunderschön. Ein richtiger warmer Tag auf Lothal. Vielleicht sollte er die Gelegenheit nutzen und den Tag morgen mit Jacen und Hera beim am Meer verbringen. Jacen liebte Wasser und sie hatten immer eine gute Zeit, wenn sie dort waren.
„Miau!"
Kanan blinzelte als plötzlich eine braue Loth – Katze an seiner Seite auftauchte. Sie miaute und blickte ihn aus ihren braunen Augen freundlich an. Der ehemalige Jedi lächelte und kraulte dem Tier sein Köpfchen.
„Na, du?"
Das Tier schnurrte und strich an seinem Bein entlang. Ein weiteres Miauen erklang und zwei weitere Katzen zeigten sich.
„Na hallo. Wo kommt ihr denn her?"
Die Katzen antworteten nur mit einem Miauen. Kanan schüttelte den Kopf.
„Das ist seltsam. Ezra hat euch immer buchstäblich angezogen, aber ich..."
Er seufzte und senkte den Blick als er daran dachte wie vergnügt sein Junge immer in den Gräsern Lothals gewesen war und wie er mit den Loth – Katzen herumgetollt hatte. Ezra hatte diese Tiere wirklich magnetisch angezogen. Diese Tiere liebten ihn, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Wobei Ezra wirklich jedes Tier geliebt hatte, nun ja bis auf die Kryknas.
„Miau!"
Kanan blinzelte als sich eine weiße Loth – Katze in sein Sichtfeld drängte. Sie stand direkt vor ihm und blickte ihn mit ihren blauen Augen neugierig an.
„Was...?"
Bei dem Anblick der weißen Loth – Katze durchströmten Erinnerungen Kanans Gedanken. Diese Katze, dieses Tier...es war keine normale Loth – Katze. Nein, sie hatte immer eine besondere Bindung zu Ezra gehabt. Er wusste noch genau wie oft Ezra die weiße Loth – Katze erwähnt hatte.
Auch diese hatte er seit zehn Jahren nicht zu Gesicht bekommen und nun tauchte sie einfach vor ihm auf.
„Miau."
Die Katze legte den Kopf schief und wedelte mit ihrem Schweif. Es schien als ob sie auf etwas wartete. Kanan hatte nur nicht den Hauch einer Ahnung worauf.
„Du...du hast Ezra oft geholfen."
Das Tier blickte ihn noch immer an. Kanan schluckte und trat näher.
„Erinnerst du dich nicht? Ezra? Ezra Bridger?"
Wie sehr allein sein Name schon wehtat, konnte Kanan nicht in Worte fassen.
„Schwarzes Haar, blaue Augen? Orangene Jacke? Sagt...sagt dir das etwas?"
Die Katze blickte ihn nur weiter unvermittelt an. Kanan seufzte und schüttelte den Kopf.
„Ich werde noch vollkommen verrückt. Jetzt rede ich schon mit einer Loth – Katze. Vermutlich ist es noch nicht mal dieselbe wie damals. Ich bin wirklich.."
„Miau!"
Mit einem Satz drehte sich die Katze um und preschte nach vorne. Kanan konnte gerade noch blinzeln, dann nahm er die Verfolgung auf.
„Hey, warte!"
Die anderen Katzen wurden von seiner raschen Bewegung aufgeschreckt, aber dass bemerkte der ehemalige Jedi nicht. Nein, er war einzig und allein nur auf die weiße Loth – Katze konzentriert. Den Grund wusste er nicht, aber er hatte das Gefühl das er ihr folgen sollte.
„Bleibe doch stehen!"
Das Tier dachte nicht daran und lockte Kanan immer weiter. Der Machtnutzer achtete gar nicht darauf wohin er lief oder mehr in welche Richtung. Erst als die weiße Loth – Katze im gewissen Abstand vor einem hohen Gebäude stoppte, kam Kanan etwas keuchend zum Stehen.
„Du...du bist echt schnell."
Er tat seine Hände auf seine Knie und schnappte etwas nach Luft.
„Ich...ich muss dringend...meine Kondition wieder aufbauen."
Die Katze miaute nur. Kanan richtete sich wieder auf, als er genügend Luft bekam und sah sich um.
Moment...diese Gegend kannte er doch.
Dieses hohe Gebäude...das war doch...
„Dein Ernst?! Du hast mich hierher geführt?!"
Als Antwort strich die weiße Loth – Katze nur um sein rechtes Bein, schnurrte und verschwand daraufhin im Gras. Kanan sah sich nach ihr um.
„Hey, moment! Das war nicht..."
Doch das Tier war verschwunden. Der Machtnutzer fluchte leise und starrte zum Gebäude hinauf. Er kannte es gut, sehr gut sogar. Es war eine lange Zeit her seit er das letzte Mal hier gewesen war.
„Dieses dämliche Vieh", murrte der ehemalige Jedi und starrte einen langen Moment an auf den renovierten Turm, welcher einst Ezras Zuhause gewesen war. Bevor er sich der Ghost – Crew angeschlossen hatte.
Nun hatte es sich Sabine zur Eigen gemacht. Aber selbst nach all den Jahren sah Kanan nur eines: Ezras Turm.
Ein Gedanke kam ihm, ein Bedürfnis. Es war komplett abwegig und vermutlich keine gute Idee. Zudem war es nun Sabines Heim. Es würde sich alles verändert haben.
Er sollte wieder gehen und den Rückweg antreten. Das war die beste Lösung.
Kanan starrte auf den Turm, dann schloss er die Augen und seufzte.
„Okay, aber nur einen Moment."
Ein kurzer Besuch konnte nicht schaden. Oder?
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Kanan hätte es nie laut ausgesprochen, aber er war Sabine sehr dankbar dafür, dass sie den Turbolift in dem Turm hatte reparieren lassen. Andernfalls hätte er wohl auf dem Weg nach oben einen leichten Herzinfarkt erleidet.
„Keine Ausreden mehr. Dein Training beginnt ab morgen", tadelte Kanan sich selbst als er oben ankam. Er trat auf die neu renovierte Plattform und kam nicht umhin beeindruckt zu sein. Der Turm erstrahlte wirklich in einem neuen Glanz und war kaum mit dem zu vergleichen, was einst Ezras Schlupfwinkel war. Sabine hatte wirklich den Turm auf Vordermann gebracht, sogar das Geländer war komplett erneuert worden.
Kanan legte eine Hand auf das Geländer und lehnte sich daran. Die Aussicht war im Vergleich zu früher definitiv eine andere. Früher hatte man einen Ausblick auf den Imperialen Komplex gehabt, aber nun...
Lothals weiße Türme strahlten im Licht der Sonne förmlich. Voller Wohlstand und Reichtum ragte die Hauptstadt mitten aus der Landschaft empor. Dahinter war sogar die Spur des blauen Meeres zu erkennen, dessen Zugang sich hinter der Stadt befand. Vor der Stadt und rundherum die gesunden grünen Gräser Lothals, eine sprießende Fauna und Flora. Die einstigen verbrannten Felder, die Asche, die tote Natur waren alles nur noch eine schlimme Erinnerung. An die Tyrannei und Zerstörung des Imperiums erinnerte heute nichts mehr.
„Ich wünschte du könntest es sehen, Ezra. Sehen, was du geschafft hast", flüsterte Kanan leise und schluckte schwer.
Es war ungerecht. So verdammt ungerecht. Ezra sollte an seiner Stelle hier stehen und die Schönheit seiner Heimatwelt bestaunen. Er sollte sehen können, was sein Verdienst war. Was sein unerschütterlicher Glaube und sein unermesslicher Mut bewirkt hatten.
Nur Ezra würde das niemals sehen. Er würde niemals erfahren wie schön Lothal nun war. Das es all seine Träume übertroffen hätte.
Kanan wandte sich ab und ging langsam weiter. Er warf einen Blick auf die Tür, welche zum Inneren des Turmes führte. Er konnte sich nicht beherrschen und drückte auf den Knopf.
Die Tür fuhr auf. Mit bedächtigen Schritten näherte er sich dem Türrahmen und verharrte einen Moment in diesem. Er kniff die Augen zusammen als Erinnerungen auf ihn einprasselten.
„Was ist die Macht?"
„Ich stelle dich vor die Wahl. Behalte das Lichtschwert, was du gestohlen hast und mache ein verstaubtes Erinnerungsstück daraus. Oder gib es mir zurück und komm mit uns. Komm mit mir und mache dich mit der Macht vertraut. Du kannst lernen, was es wirklich heißt ein Jedi zu sein."
„Ich dachte das Imperium hätte alle Jedi getötet."
„Nicht alle von uns."
Ein lautes Rascheln ließ Kanan aufschrecken und er öffnete die Augen. Er blinzelte und blickte zur linken Seite. Auf einem Tisch saß eine weitere Loth – Katze, welche mit ihrem Schwanz wedelte und ihn wachsam ansah.
„Miau."
„Na, du hast mich erschreckt. Du musst Sabines kleiner Freund sein. Sie hat ab und an erwähnt, dass sie sich um eine Loth – Katze kümmert. Murley, richtig?"
Kanan kraulte das Tier am Kopf, welches schnurrte. Die Tür war wieder zugefahren.
„Keine Sorge, ich bin ein Freund. Sabine kommt bald, ich bleibe nicht lange. Ich wollte nur...nur kurz einen Blick hineinwerfen."
Seine Stimme stockte als er einen Gegenstand in der Ecke des Raumes auf einen Tisch erblickte. Langsam ging er darauf zu und nahm einen orangenen farbenfrohen Helm in die Hände. Es war ein Scout Trooper Helm. Er hatte ihn noch nie zuvor gesehen, aber er wusste, dass er ihn kannte. Die Farbenpracht, welche vor allem orange war, verriet es. Die Größe des Helms passte auch. Sie war nicht für einen ungestümen frechen Jungen gedacht, der gerade aus seiner Kadettenuniform gewachsen war. Nein, der Helm passte eher zu einem jungen Mann, der erwachsen wurde. Ein Anführer. Ein Jedi.
Kanan hatte keinen Zweifel. Es musste Ezras Helm sein. Den, den er auf zahlreichen Missionen getragen hatte. Den Sabine für ihn bemalt hatte.
Er hatte ihn damals nicht sehen können, aber Ezra hatte ihn genau beschrieben. Nur zu gut erinnerte sich Kanan daran, wie stolz sein Padawan auf den Helm gewesen war.
„Sabine hat ganze Arbeit geleistet. Er sieht viel besser aus, als mein alter Kadettenhelm. Sie hat viel orange und gelb benutzt und es sieht einfach nur richtig gut aus. Sie hat sogar mein altes Logo von meinem Jumpsuit nachgezeichnet. Hoffentlich verliere ich ihn nicht, Sabine hat mir gedroht", hörte er Ezras lachende Stimme in seinen Gedanken.
Kanan strich bedächtig über den Helm und stellte ihn vorsichtig zurück an seinen Platz. Er wandte sich erneut ab und stellte fest, dass Murley ihn noch immer beobachtete. Ihre Ohren bewegten sich und ihr Schweif kam nicht zum Stillstand.
„Miau."
„Ich wollte ihn mir nur ansehen. Ich...er hat jemanden gehört, der mir sehr wichtig war. Keine Sorge, ich habe nichts kaputt gemacht."
Kanan fuhr sich über sein Haar.
„Wenn ich ehrlich bin...weiß ich gar nicht, was ich genau hier tue. Ich meine hier gibt es nichts mehr. Nur...nur schmerzhafte Erinnerungen..."
Kanan wusste selbst nicht, was er sich dabei gedacht hatte. Es war von Anfang an eine unsinnige Idee gewesen.
Der ehemalige Jedi schüttelte den Kopf.
„Weißt, du was, ich werde sofort gehen. Ich weiß wirklich nicht, was ich mir..."
Seine Worte gingen unter, als das Tier aus Versehen mit einem Fuß einen kleinen Projektor aktivierte. Eine Holo – Gestalt erschien, welche Kanan sehr bekannt vorkam und ihm für einen Moment die Luft zum Atmen nahm.
Es war Ezra.
„Hey, Sabine. Tut mir leid, dass ich einfach so verschwinden muss."
Kanan stoppte sofort die Aufnahme und blickte ungläubig auf das Hologramm. Das konnte nicht sein, aber den Worten nach musste Ezra die Nachricht aufgenommen haben, kurz vor seinem Tod. Vor...vor seinem Verschwinden wie er sagte. Nur schien Ezra selbst nicht zu wissen, dass er nicht verschwunden sein würde, sondern eher tot.
Es schien Ewigkeiten her zu sein, seitdem er sich zuletzt ein Holo seines Sohnes angesehen hatte. Oder auch nur eine Fotografie. Ezra zu sehen, wenn auch nur eine Aufnahme von ihm, erfreute ihn und zerstörte ihn gleichermaßen.
Mit klopfendem Herzen ließ er die Nachricht fortfahren:
„Ich nehme diese Nachricht auf, weil ich möchte, dass vor allem du meine Entscheidung verstehst. Als Jedi muss man manchmal etwas tun, was einem niemand abnehmen kann. Also tue ich es, um Thrawn zu besiegen. Wir haben so viel erlebt, sind in dieser Rebellion gemeinsam erwachsen geworden. Und auch wenn wir nicht verwandt sind, warst du für mich immer wie eine Schwester."
„Na klar, kid. Ehrlich, dass hast du dir doch selbst nicht geglaubt", kommentierte Kanan schmunzelnd und verdrehte die Augen.
„Ich weiß, der Kampf ist noch nicht vorbei und ich kann nicht mehr an eurer Seite sein. Aber ich zähle auf dich, dass du das zu Ende bringst. Möge die Macht mit dir sein."
Stille kehrte wieder in den Räumen des altes Kommunikationsturms ein. Wie vom Donner gerührt starrte Kanan auf das Holo – Abbild seines Padawans, welches noch immer zu sehen war. Er konnte es nicht glauben, nicht fassen.
Hatte Sabine diese Nachricht all die Jahre gehabt und nie etwas gesagt? Kanan wusste mit Sicherheit, dass Sabine niemals auch nur ein Wort über eine zusätzliche Holo – Nachricht von Ezra erwähnt hatte. Nie. Ezras letzte Worte waren immer jene Nachricht gewesen, die Chopper einst aufgenommen hatte. Seine Abschiedsworte, die damit endeten, dass er es nicht erwarten konnte nach Hause zu kommen. Die Worte, die ihm und Hera immer wieder Tränen in die Augen trieben. Die ihm ins Gedächtnis riefen, wie unfair und grauenvoll die Macht war, wie falsch und niederträchtig sie sein konnte. Das sie Ezra vermittelt haben musste nur zu verschwinden und nicht zu sterben.
Sie hatte ihn in eine Falle gelockt.
Ezra war nicht bloß verschwunden. Er war gestorben. Das war die harte Realität.
„Sie hat nie etwas davon erwähnt. Diese Nachricht..."
Es ertönte ein Geräusch und die Tür hinter ihm fuhr abermals auf. Schritte ertönten, dann...
„Kanan?! Was machst du hier?"
Sabine stand in der Tür und sah alles aber nicht begeistert aus. Kanan drehte sich zu ihr um und hob die Hände.
„Ich wollte sofort wieder gehen, ehrlich. Eigentlich habe ich nicht den blassesten Schimmer, was mich dazu getrieben hat hier aufzutauchen. Ich war nur spazieren, aber dann kam diese weiße Loth – Katze und..."
„Moment...weiße Loth – Katze?", hakte Sabine nach und verschränkte die Arme. Kanan nickte und machte eine Geste.
„Ich wollte es erst auch nicht glauben, aber sie hat mich hierhergelockt. Ich war hier seit Ewigkeiten nicht mehr und dachte einfach..."
Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Wenn er ehrlich war, dann erinnerte nichts mehr an Ezras einstiges Versteck. Von den Malereien hin zu dem üblichen Chaos bis zu den Klamotten und Sabines Sternenvogel an den Wänden schien alles die Handschrift der Mandalorianerin zu tragen. Bis auf den bemalten Scout Trooper Helm waren da keine alten Sturmtrupplerhelme mehr, keine Kisten voller „Schätze" oder mehr Schrott, kein zusammengeflicktes Laken was als Bett diente, kein verschlissener Rucksack den Ezra bewusst zurückgelassen hatte, weil er ihn nicht mehr brauchte.
„Er taugt kaum noch zu etwas und ist sowieso hinüber, Kanan. Außerdem...na ja ich glaube, ich brauche ihn nicht mehr. Ich habe alles auf der Ghost, ich bin durch damit."
Was so viel bedeutet hatte wie:
Ich laufe nicht mehr weg. Ich habe alles, was ich brauche Zuhause. Es ist sicher, ich bin sicher. Ich bin endlich Zuhause.
„Kanan?"
Sabines Stimme riss den ehemaligen Jedi wieder in die Gegenwart. Er schüttelte etwas den Kopf und blickte zu der Mandalorianerin, die ihn musterte und eine Augenbraue erhoben hatte.
„Also?"
„Entschuldige, ich...ich war in Gedanken", murmelte er und seufzte.
„Es ist nur...es hat sich alles verändert. Es...nichts erinnert mehr an ihn."
Sabines Blick fiel etwas und ihre Arme lösten sich aus ihrer Haltung.
„Du weißt, dass ich den Turm habe renovieren lassen. Es war nötig und ich dachte...ich dachte es würde ihm gefallen. Er hat hier lange gelebt und..."
Sie sah sich um.
„Na ja ich habe mich hier häuslich eingerichtet. Ich...es ist so viel Zeit vergangen. Ich dachte nicht..."
„Das...das war nicht so gemeint, Sabine. Ehrlich, ich wollte nicht..."
Kanan machte eine Geste.
„Es...es ist vollkommen in Ordnung, dass du hier lebst. Wirklich. Ich war nur...ich habe diesen Ort so lange nicht aufgesucht und war hier zuletzt...na ja bevor alles passiert ist. Ich bin nur etwas...verwundert, dass ist alles."
Sie nickte knapp.
„Schon okay, ich verstehe dich ja. Du warst wirklich lange nicht mehr hier..."
Sabine seufzte und strich Murley über den Kopf, welche sich an ihr linkes Bein schmiegte und miaute.
„Es ist wirklich in Ordnung. Das du hier bist, meine ich. Nur das nächste Mal wäre eine kleine Vorwarnung nicht schlecht..."
Kanan versuchte zu lächeln und drückte ihre Schulter.
„Ich werde dran denken, versprochen. Aber...aber ich glaube ich halte mich besser von hier fern. Es ist immerhin dein Zuhause."
Sie schüttelte den Kopf und ging an ihm vorbei. Nein, ihr Zuhause war es nicht. Sie hatte kein Zuhause mehr. Nicht ohne ihn.
Ihr Blick fiel auf das Hologramm von Ezra. Sie schluckte.
„Du..du hast es dir angesehen?"
Kanan folgte ihrem Blick und er nickte.
„Ja...ja es war ein Zufall. Deine Katze hat..."
Er schluckte und versuchte seine Stimme ruhig klingen zu lassen.
„Wieso hast du nie etwas gesagt? Du hast nie auch nur ein Wort über die Nachricht verloren."
Seine Versuche gingen komplett über Bord, der reine Vorwurf war aus seiner Stimme zu hören. Sabine fuhr herum.
„Wieso hätte ich das auch tun sollen? Die Nachricht war nur für mich bestimmt."
Kanan hob eine Augenbraue.
„Denkst du nicht, dass Hera gerne davon erfahren hätte? Und ich auch? Wir hatten keine Ahnung, dass noch eine weitere Nachricht existiert."
Sabine schnaubte und schaltete das Hologramm ab.
„Es hätte keinen Unterschied gemacht, Kanan. Ezra sagt nicht mehr als das, was Chopper uns zeigte. Na ja abgesehen davon, dass er mich als seine Schwester sah. Aber lügen konnte er nie", erwiderte sie mit einem Augenrollen.
„Das ist nicht witzig, Sabine. Ezra berichtet darin genau von seinem Verschwinden, er hatte keine Ahnung davon, dass er...."
„Falls du jetzt denkst, dass ich sie erhalten habe, bevor das alles passierte, dann schlage dir das sofort aus dem Kopf", warnte die Mandalorianerin.
„Ich habe sie erst Tage später versteckt in meiner Kabine gefunden. Wenn ich sie vorher gesehen hätte, dann hätte ich natürlich alles getan, um ihn davon abzuhalten."
Sie funkelte ihn an.
„Anders als gewisse andere Leute."
Kanan machte eine aufgebrachte Geste.
„Bitte?! Ich habe ihn nicht dazu ermutigt, Sabine! Ich hatte keine Ahnung von seinem Plan! Glaubst du nicht, dass ich mir bis heute Vorwürfe mache? Das ich zugelassen habe, dass er sich auf Thrawns Schiff begibt? Das er..."
„Wegen dir ist er doch auf diesen hirnverbrannten Plan gekommen!", schoss sie zurück.
„Wir hätten es auch anders hinbekommen, irgendwie aber nicht so! Nicht, dass er sich opfern musste!"
„Das habe ich niemals gewollt und das weißt du ganz genau. Ich habe Ezra nie..."
Kanans Worte gingen in einem sarkastischen Lachen von Sabine unter.
„Ezra hat es selbst gesagt, Kanan! Du hast ihm die Lektion gezeigt, ihm diese beigebracht."
Der ehemalige Jedi hob die Hände und schüttelte den Kopf.
„Sabine, bitte glaube mir. Ich habe niemals erwartet, geschweige denn ihn dazu ermutigt das zu tun. Ich hätte nie gedacht, dass er..."
„Es ist so furchtbar ungerecht!"
Die Mandalorianerin kickte einen Stuhl zu Boden, wobei Murley fauchte und sich auf Sabines Bett rettete.
„Tage zuvor hast du das Gleiche auf den Tanks versucht, nein du hast es durchgezogen! Du hast dich für Hera, Ezra und mich geopfert und warst weg, du warst tot! Und dann...dann tauchst du plötzlich wieder auf und niemand weiß..."
Ihre Worte gingen in einem frustrierten Aufschrei unter. Kanan schluckte schwer und erkannte, wo Sabines Problem lag. Oder mehr, wofür sie ihm die Schuld gab. Vorsichtig legte er ihr eine Hand auf die Schulter.
„Sabine..."
Sie riss sich los.
„Wieso war es bei Ezra nicht genauso? Wieso ist er nicht einfach auch... Wieso wurdest du gerettet, aber er nicht?!"
Kanan hatte auf diese Frage keine Antwort. Denn diese suchte er schon seit geschlagenen zehn Jahren.
„Ich...ich weiß es nicht, Sabine", flüsterte er leise.
„Glaube mir, ich wünschte es wäre anders. Das Ezra..."
„Spare dir deine falschen Worte, Kanan!"
Sabines Stimme zischte förmlich vor Wut.
„Du hast Ezra abgeschrieben. Für dich ist nur noch Jacen wichtig. Du hast Ezra vollkommen vergessen."
Die Worte waren für den ehemaligen Jedi wie ein Schlag in die Magengrube.
„Was?!"
Voller Unglaubens und Entsetzen blickte er die Mandalorianerin ein.
„Sabine, wie kannst du es wagen?! Du weißt genau..."
„Warum sonst hast du nie auch nur versucht Ezra zu finden? Es waren nur Hera, Zeb, Chopper und ich die alles darangesetzt haben es zu tun. Aber du hast dich in deiner Kabine verkrochen und wolltest nie etwas hören! Du hast dich sogar beim Rebellenkommando dagegen ausgesprochen!"
Kanan konnte sich nicht entsinnen, wann Sabine ihn jemals so angeschrien htte. Der ehemalige Jedi trat einen Schritt vor und machte eine Geste.
„Du weißt genau, warum ich es getan und tun musste. Es war ein komplett unsinniges und gefährliches Unterfangen! Hera war mit Jacen schwanger und..."
Sabine dachte nicht daran ihm zuzuhören. Ihre Stimme wurde immer hitziger.
„Und nun da wir endlich eine Spur haben, eine Möglichkeit haben Ezra zu finden, denkst du nicht daran es auch nur zu versuchen! Nein, du denkst nicht einmal darüber nach! Ich habe nie geglaubt, dass Ezra tot ist, Kanan!"
Sie zog aus ihrer Jacke die metallene Kugel, welche die Sternenkarte enthielt. Sie hielt sie ihm vor die Nase.
„Ezra ist irgendwo da draußen und wartet. Er wartet auf uns, Kanan."
Ihre Augen loderten förmlich.
„Und ich werde ihn finden. Ich werde ihn nach Hause bringen."
Für einen kurzen Moment keimte in Kanan der Gedanke auf, dass es sicherlich nicht in Ahsokas Sinne war, dass Sabine die Karte mitgenommen hatte, aber dieser Gedanke verflüchtigte sich sofort.
„Ezra ist tot, Sabine! Er ist..."
„Wenn er dir wirklich das bedeutet, was du all die Jahre behauptet hast, dann würdest du genauso wie Hera und ich jede Spur ergreifen, Kanan. Du würdest einfach alles tun, um Ezra zu finden."
Sie lachte sarkastisch.
„Stattdessen versuchst du alles, um das zu verhindern. Ich hätte wissen müssen, dass du kein Interesse daran hast. Schließlich hast du ja Jacen, wer braucht da noch Ezra, nicht wahr?"
„Sabine!"
Kanan lief rot an vor Zorn. Er kannte das Temperament der Mandalorianerin nur zu gut, aber dass ging eindeutig zu weit!
„Nimm das zurück! Jacen war nie ein Ersatz für Ezra! Wie kannst du es wagen so etwas Ungeheuerliches zu behaupten?!"
Sabines Kopf hatte ebenfalls einen rötlichen Ton angenommen und ihre Fäuste zitterten leicht.
„Wie kannst du es wagen dich wie der größte Idiot der Galaxis aufzuführen?! Ezra braucht uns, Kanan! Das tut er bereits seit zehn Jahren und du willst lieber an einem leeren Grab stehen, obwohl er noch am Leben ist! Er ist da draußen, ich weiß es! Und du wüsstest es auch, wenn du nicht so ignorant und blind wärst!"
Kanan schnaubte erbost.
„Ich war blind, falls du es vergessen haben solltest, Spectre – 5 und ich..."
„Nein, du bist es seit zehn Jahren. Ohne dein Augenlicht konntest du besser sehen als heute", konterte die Künstlerin hitzig.
„Der Kanan von damals hätte niemals aufgegeben! Er hätte Ezra niemals..."
Kanan hatte genug.
„Die Zeiten haben sich geändert, Sabine! Ich kann nicht alles riskieren, um einen Geist nachzujagen! Ich muss meine Familie beschützen, ich muss Jacen...ich werde nicht nochmal alles verlieren!"
„Ich habe bereits alles verloren, aber ich werde niemals Ezra aufgeben!"
Tränen standen in Sabines Augen.
„Meine Familie. Meinen Bruder, meinen Vater, meine Mutter, meinen Klan, meine ganze Heimat! Ganz Mandalore!"
Kanans Zorn verrauchte augenblicklich, als er einen Blick auf die gebrochene junge Frau werfen konnte, welche Sabine Wren wirklich war. Keine starke, tapfere und furchtlose Kriegerin. Nein. Eine sehr gebrochene junge Frau, welche in einer Nacht ihre Familie und ihre gesamte Heimatwelt verloren hatte. Kurz nachdem ihr bester Freund...
Es erinnerte ihn so sehr an das gebrochene Mädchen, welche innerlich vollkommen verunsichert und verschlossen an Bord der Ghost gekommen war. Ein Mädchen, welches versucht hatte, sich als Kopfgeldjägerin über Wasser zu halten und für die Vertrauen ein Fremdwort war. Welche von ihrer eigenen Familie ausgestoßen worden war und von allem und jeden verraten wurde. Die fast ein Jahr gebraucht hatte, um sich auf der Ghost einzuleben und ihm und Hera zu vertrauen.
Ein Mädchen, welches in einem verlorenen Jungen ihren besten Freund gefunden hatte.
„Ich schwöre dir, Kanan Jarrus, ich werde nicht auch noch Ezra verlieren. Nicht ihn! Eher sterbe ich!"
...und offenbar weitaus mehr als ihren besten Freund.
Kanan schluckte schwer und es schien, dass ihm zum ersten Mal seit einer langen Zeit wirklich bewusstwurde, dass er nicht allein in seiner Trauer und Sehnsucht war. Das nicht nur Hera und er Ezra verloren hatten.
Vielleicht hatte er sich so sehr in seiner Trauer verschanzt, dass er vieles übersehen hatte. Vielleicht...
„Sabine...", flüsterte der ehemalige Jedi leise und wollte ihr seine Hände auf die Schultern tun. Wie es zu erwarten war, drehte sich Sabine weg und wandte ihr Gesicht ab.
„Gehe jetzt einfach, Kanan. Ich habe Wichtigeres zu erledigen, als mit dir zu streiten."
„Sab..."
Sein Herz schmerzte als er das kleine zerbrochene Mädchen vor sich sah. Welche Angst hatte wieder verletzt zu werden und alles und jeden von sich stieß.
So wie Sabine es nun auch tat.
„Geh", fauchte sie aufgewühlt und hatte die Arme verschränkt. In ihrer rechten Hand hielt sie die Sternenkarte umklammert, welche sie an sich drückte.
Kanan harrte einen Moment mit sich, dann begriff er, dass er nichts ausrichten konnte. Zumindest in diesem Moment nicht.
„Du weißt, du kannst immer zu uns kommen", murmelte er leise und trat den Rückweg zur Tür an, welche sich öffnete. Sabine schnaubte.
„Ich hasse dich dafür, Kanan. Das du hier bist und Ezra..."
Er verharrte einen Moment in der Tür, sein Kopf senkte sich.
„Ich weiß. Ich hasse mich dafür auch."
Dann war er verschwunden.
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