.:39:.

Tyler

Nachdem ich Josh mit seinem Deutsch-Aufsatz geholfen hatte, war er nun dabei mir die Matheaufgaben zu erklären.
"Du musst die Gleichung einfach nur nach x umstellen. Dann steht da x= und du hast deine fehlende x-Koordinate." erklärte er.
"Achso... und wenn die y-Koordinate fehlt?" fragte ich.
Er lächelte, und erklärte es mir ebenfalls.

Nach einer Stunde waren wir endlich fertig und machten uns auf den Weg zu mir. Josh hatte nicht viel mitgenommen. In einen Rucksack hatte er eine frische Boxershorts, eine Hose, einen Pulli und seine Zahnbürste gepackt.
Ich hatte keine Ahnung, ob meine Mutter eine weitere Übernachtung unter der Woche erlauben würde, doch ich hoffte es sehr.

Blurryface war seit ein paar Wochen nicht da gewesen, doch jeden Abend ging ich mit der Angst ins Bett, er könnte wiederkommen. Oft hatte ich Albträume, doch Blurryface hielt sich aus diesen heraus. Doch das machte es nicht besser. Im Gegenteil, ich schlief noch schlechter aus Angst vor ihm. Das wirkte sich natürlich nicht nur auf meine Konzentration sondern auch auf meine Stimmung aus. Ich redete nicht viel, war nachdenklich und hatte oft grundlos das Bedürfnis zu weinen. Genau das tat ich auch bei fast jeder Gelegenheit. Ich merkte, dass Josh sich sorgen um mich machte und immer, wenn er die Chance dazu bekam, versuchte für mich da zu sein und zu helfen. Ich fand es zwar unglaublich lieb von ihm, doch er gab zu viel. Ich wollte ihm etwas zurück geben, doch ich konnte es nicht. Jetzt übernachtete er bei mir, damit ich vernünftig schlafen konnte. Klar, ich hatte den Schlaf dringend nötig, doch wenn ich wieder einen Alptraum haben würde, würde ich ihn wachhalten und ihm seinen wohlverdienten Schlaf nehmen.
"Hey, was ist los?" fragte er und strich mir zärtlich über die Wange.
"Ich denke nur nach."winkte ich ab. Er sah mich skeptisch an. Schnell senkte ich den Blick, damit er mir nicht in die Augen sehen konnte.
"Tyler... ich, ich hab das Gefühl etwas ist mit dir los aber immer wenn ich dich darauf anspreche, blockst du ab. Ich möchte dir helfen aber das kann ich nicht wenn du nicht mit mir redest. Und das kannst du, also mit mir reden. Du weißt, dass ich dir zuhöre wenn wen zum reden brauchst. Egal was dich bedrückt, du kannst es mir erzählen. Ich werde dich nicht dazu zwingen mit mir zu reden, aber es würde mir echt viel bedeuten. Ich wollte nur, dass du das weißt." betreten sah er zu Boden.

Eine einzelne Träne lief mir die Wange hinunter. Mir war aufgefallen, dass Josh von meiner Stimmung mitbekommen hatte, doch wie sehr es ihn traf hatte ich nicht gewusst. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Ein sehr schlechtes Gewissen. Reumütig schloss ich meine Arme um ihn.
"Es tut mir leid Josh. Ich werde es dir erzählen, nur... nicht hier. Später okay?" flüsterte ich ihm ins Ohr. Er lächelte mich dankbar an.
"Danke Tyler. Ich... ich liebe dich..." die letzten Worte waren so leise, dass ich sie kaum hörte. Doch sie lösten in mir eine Flutwelle an Emotionen aus. Ich begann unweigerlich breit zu grinsen. "Ich liebe dich auch, Josh." Und dann zog ich ihn zu mir heran und küsste ihn leidenschaftlich. Er erwiderte ohne zu zögern und ich verlor mich in dem atemberaubenden Gefühl des Moments.

Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns schweratmend voneinander und Josh lehnte seine Stirn an meine und streichelte sanft meine Wange. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flatterten erneut in meinem Bauch herum und das dämliche Grinsen, welches mein Gesicht zierte, wollte auch nicht mehr verschwinden.
"Ich hatte kurz Angst, dass du es nicht erwidern würdest." gab Josh zu.
"Niemals" versprach ich ihm.

"Schon wieder? Tyler, ihr werdet morgen Todmüde sein!"
warnte uns meine Mum.
"Ja, wenn wir eine Pyjamaparty machen würden, aber Josh soll einfach nur hier übernachten. Ohne lange wach bleiben und quatschen." stellte ich klar.
Sie seufzte. "Ich bin viel zu nett. Aber wirklich, umziehen, Zähneputzen und dann ab ins Bett. Danach will ich nichts mehr hören. Verstanden?"
"Ja, danke Mum." sagte ich und umarmte sie flüchtig.
"Danke Mi- Kelly" bedankte sich Josh höflich. Sie lächelte ihn an. Kurz darauf, verschwanden wir in mein Zimmer.

Als wir im Bett lagen, fiel mir wieder ein, dass ich Josh noch eine Erklärung schuldete.
"Also, ich hab dir ja versprochen, dir von meinen Sorgen zu erzählen. Aber... das ist für mich... sehr... schwer zu erzählen. Also... vor dir, hatte ich schon mal einen Freund. Sein Name... w-war B-... Ben. E-er war der Traumboy schlechthin. Hammer Figur, immer top gestylt und so. I-ich hab mich in ihn verliebt. Dadurch, also, dass ich mich in ihn verknallt habe, hab ich halt gemerkt, dass ich schwul bin.
Naja... e-er hat es irgendwie herausgefunden und... und hat angefangen, Zeit mit mir zu verbringen. Erst nur als Freunde, aber schon nach zwei oder drei Wochen hat er... angefangen mit mir zu flirten. Ein paar Wochen... ging das halt so hin und her, bis er... mich... g-ge-geküsst hat. Kurz darauf... sind wir zusammen gekommen. Ich war glücklich, zumindest glaubte ich das. E-er hat mich kontrolliert. Er hat jeden meiner Schritte überwacht. Anfangs hat er mich bloß immer ausgefragt. Wo ich war, was ich gemacht habe. Aber schnell hat er angefangen mein Handy zu hacken um mich zu überwachen. I-ich wusste nichts davon. Er hat nie darüber geredet. Nie. Irgendwann... hat er angefangen mir den Kontakt zu bestimmten Personen zu verbieten. Es wurden immer mehr Leute, mit denen er mir verbot zu reden. Bei den ersten zwei Leuten habe ich mich noch nicht gewehrt, aber...  es wurden immer mehr und... irgendwann habe ich mich gegen ihn aufgelehnt. Dann wurde es erst so richtig schlimm für mich. E-er hat angefangen... mir zu drohen. Ich habe seine Drohungen nicht ernst genommen, m-mich noch mit Leuten unterhalten aber..."
Tränen liefen mir über die Wangen. Ich hatte nicht bemerkt wie ich angefangen hatte zu weinen.
"Womit hat er dir gedroht?" fragte Josh vorsichtig.
Ich schüttelte den Kopf.
"E-er hat es herausgefunden. An dem Nachmittag danach, bin ich zu ihm gegangen. E-er hat... seine Drohungen... wahr gemacht. E-er hat... mich vergewaltigt. Glaub mir... i-ich hab mich gewehrt.
Eigentlich, hätte sich jeder normale Mensch danach getrennt, aber ich war blind vor Liebe. Danach habe ich den Kontakt zu jedem außer Ben abgebrochen. E-er hatte mich voll unter Kontrolle. Ich glaube das ging knapp einen Monat so. Dann... hat Alex mich angesprochen, was denn los sei.  Ich bin vor ihm weggelaufen, aber Ben hatte mich gesehen. Er hat mich zwar nicht... angefasst, a-aber wir haben uns sehr gestritten. Er hat... mir vorgeworfen, dass ich ihn nicht liebte, denn wenn ich ihn lieben würde, würde ich mich outen. Bis zu dem Zeitpunkt, hab ich die Beziehung geheim gehalten. Eine Woche später hab ich mich dann geoutet. Nicht nur vor meinen Eltern sondern auch vor der ganzen Schule.
I-ich wurde von vielen verabscheut. S-sie haben mich beleidigt, geschubst... gemobbt eben..." ich musste einen Schluchzer unterdrücken.
"Eine Woche später... hat Ben sich von mir getrennt."
"Wieso?" wollte Josh wissen.
"E-es ging alles sehr schnell. Er... er hat mich dabei erwischt... wie... wie ich mich geritzt hab. E-er war enttäuscht von mir. E-e-er sagte, er hätte mehr stärke von mir erwartet. Dass ich ein weichei wäre. Er hat sich von mir getrennt und mich ganz allein gelassen. Er hat... m-mich gehasst. Mich gemobbt, wie die anderen. I-ich war grad erst 14." Schluchzer brachten meinen ganzen Körper zum schütteln. Unkontrollierbar zuckte ich in Josh Armen.
"Schhhhh... alles ist gut... Alles ist gut, Ty." murmelte er wieder und wieder. Ab und zu küsste er mich auf die Stirn und die ganze Zeit über hielt und wiegte mich in seinen Armen. Nach langer Zeit ließ das Zittern nach und auch die Schluchzer wurden weniger, doch Josh ließ mich noch immer nicht los. Dafür war ich ihm unglaublich dankbar.
"Warum hast du es mir nicht eher erzählt?" fragte er leise und zärtlich.
"I-ich hatte Angst." hauchte ich.
"Wovor denn?" wollte er wissen.
"Dass alles... zurück kommt und... real wird. Und... dass du mich dann auch hasst." flüsterte ich.
Josh drückte mich fester an sich.
"Ich könnte dich niemals hassen." versicherte er mir sanft. "Sollen wir schlafen gehen? Ich glaube wir sollten da nicht jetzt drüber reden. Du bist zu müde."
Ich nickte schwach und er legte sich so hin, dass er mich immernoch umarmen konnte. Und so schlief ich ein.

Ich schlief durch. Das erste mal seit Tagen. ich hatte den Schlaf bitter nötig gehabt und Josh neben mir zu wissen hatte mir wirklich geholfen.

Es war Samstag und ich saß mit unserem Basketballteam in der umkleide.
Josh war schon in der Halle um sich einen guten Platz zum anfeuern zu suchen. Ich war aufgeregt. Einerseits wegen dem Spiel, andererseits weil ich Alex und Seth wiedersehen würde. Klar, ich freute mich wie blöd auf die beiden aber wir hatten uns eine sehr lange Zeit nicht mehr gesehen. Wir hatten uns verändert. Außerdem würde ich ihnen Josh vorstellen, was einige Überwindung meinerseits kostete. Josh freute sich meine besten Freunde kennenzulernen und auch Mark und Brendon waren schon Feuer und Flamme.
Josh hatte versucht Mut zuzureden, doch es hatte nur bedingt gut geklappt.

"Okay Jungs! Seid ihr soweit?"rief unser Coach. Zustimmende Jubelrufe hallten durch die Umkleide.

Josh

Der vierte Korb. Ich hatte zwar gewusst, dass Tyler ziemlich gut im Basketball war aber nicht wie gut er war. Ohne ihn wäre das Team aufgeschmissen. Bevor er in der Mannschaft war, war diese ziemlich mittelmäßig. Nicht scheiße aber wirklich auch nicht gut. Tyler hatte die Mannschaft unglaublich hochgezogen. Man sah, wie sehr ihm das Basketballspiel Spaß machte.
Die gegnerische Mannschaft hielt sich ziemlich gut. Ich kannte mich mit Basketball nicht aus, doch ich erkannte, dass beide Mannschaften ungefähr gleichauf sein mussten. Fast die ganze Zeit über, feuerte ich Tyler an. Ab und zu, sah Tyler schüchtern zu mir hinüber und lächelte. Jedes mal wenn er das tat, machte mein Herz einen kleinen Freudenhüpfer.

Nach dem Spiel ging ich sofort zu Tyler rüber. Er redete mit zwei Jungs, die ich nicht kannte. Ich vermutete, dass es Seth und Alex waren.
"Du hast mir nie erzählt wie gut du bist!" warf ich ihm, gespielt empört, vor.
"Josh! D-du hast nie gefragt." seine Aussage klang mehr wie eine Frage, als eine richtige Aussage.
"Oh, du bist Josh?" fragte einer der beiden Typen. Er hatte dunkelbraune Haare und grüne Augen, die mich interessiert musterten.
"Ja. Ihr seid bestimmt Alex und Seth, richtig?" beide nickten.
"Ich bin Alex und das ist mein Freund, Seth." er deutete zu dem Jungen neben ihm. Dieser hatte Rabenschwarzes Haar und goldbraune Augen.
"Ihr seid zusammen?" fragte ich neugierig. Seth nickte stolz. "Seit zwei Jahren."
"Wow, das ist lang." sagte ich beeindruckt. Hoffentlich würde Tylers und meine Beziehung zwei Jahre und noch länger halten. Ich würde alles dafür tun, dass wir zusammen blieben.
"Ja, also das ist mein Freund Josh." stellte mich Tyler unnötigerweise vor. Alex grinste und nickte. "Ja, das wissen wir. Mensch Ty, hut ab."
Ich grinste doch Tyler, neben mir, wurde knallrot. Unauffällig nahm ich seine Hand in meine und ließ meinen Daumen beruhigend über seinen Handrücken kreisen. Ich merkte, wie er sich fast augenblicklich entspannte.
"Warum spielst du kein Basketball? Du siehst sportlich genug aus." Seth zwinkerte mir verschwörerisch zu.
"Ähm ich kann kein Basketball spielen. Um ehrlich zu sein kenn ich nicht mal die Regeln." gab ich zu.
"Was?! Und woher hast du dann die ganzen Muskeln?"
"Jetzt lasst ihn doch mal inruhe! Genau das wollte ich vermeiden." mischte sich jetzt Tyler ein.
"Alles gut." beruhigte ich ihn leise. "Ich spiele Schlagzeug. Und ich gehe regelmäßig joggen aber..." erklärte ich dann Alex und Seth.
"Cool." fand Seth. Das, machte ihn mir gleich viel sympathischer. Ich mochte die beiden. Sie waren cool und Tyler schien sie wirklich vermisst zu haben. Er wollte es zwar nicht zugeben, doch ich kannte ihn gut genug, um es besser zu wissen.

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Ich finde dieses Bild so mega süß ^^

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