Chapter 13-Die etwas andere Übernachtung

Es war ein komisches Gefühl, bei Kyran zu übernachten und ich war mir nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war.
Ich stand in seinem riesigen Bad, dass er mir freundlicherweise überlassen hatte und atmete tief ein.
Kyran hatte mir einen Pulli von sich gegeben, er roch fantastisch und ich fühlte mich darin zugegeben sehr wohl. Auch wenn ich das ihm gegenüber wohl nie zugeben würde. Der schwarze Pullover reichte mir knapp über den Po, was mich schon etwas störte.
Zum Glück hatte ich meine Beine zuhause noch rasiert.
Es war seltsam vertraut, seine Kleidung anzuziehen und wenn ich daran dachte dass ich ihm gleichen Bett schlafen sollte, wurde mir heiss unter der Haut. Ich atmete tief ein und richtete meine Haare etwas. Es würde nichts zwischen uns passieren, dafür hatte er mich heute Nachmittag zu sehr gekränkt. Und auch sonst wäre es wohl nicht gut mit dem Sohn des Mannes was anzufangen, der mich als eine Gefahr für sich sah. Die ich nebenbei nur wegen seinem anderen Sohn geworden war. Na toll, jetzt dachte ich wieder an Ian.
Obwohl wir ja nur Freunde waren, irgendwie, fühlte ich mich mies, ohne sein Wissen im Bett seines Bruders zu schlafen. Aber wie gesagt, es würde nix passieren.
Ich seufzte und zuckte die Schultern. Mir war kotzübel, das gute Essen konnte das Zeug das ich hatte runter würgen müssen leider nicht wiedergut gemacht, ich hatte mich vorhin einmal übergeben, dann die Zähne geputzt und gehofft dass Kyran nichts merkte. Was für ein gestörter Vater.
Langsam und etwas verlegen, dass er mich so halbnackt und irgendwie auch verletzlich sah, tappte ich aus dem Bad und schloss die Tür leise.
Kyran sass schon auf dem Bett, oben Ohne und die Decke bis über seine Trainerhosen gezogen. Verdammt hatte er einen gut durchtrainierten Körper. Seine Muskeln stachen zwar hervor, aber noch vielmehr faszinierten mich seine Adern, die überall ab seinen Armen verliefen und ziemlich heiss aussahen. Keine Ahnung wieso mir das so gefiel.
„Ich wollte mir Mühe geben, dich nicht anzustarren Teufelchen. Aber tu du dir ruhig keinen Zwang an, Teufelchen."
Grinste er mich frech unter seinen dunkeln Haarsträhnen an. Ich lief knallrot an, ich hatte nicht starren wollen. Aber natürlich hatte ich es getan und dann auch noch so offensichtlich, dass er es bemerkt hatte. Wie überaus peinlich.
„Tschuldigung." murmelte ich und näherte mich zögernd dem Bett, dessen weisse Vorhänge zurück gezogen waren. Nur der schwarze Rahmen war noch an Ort und Stelle. Ich hatte einmal einen Freund, das war ein Paar Jahre her, und da hatte ich mich so neben ihn gelegt. Aber mit ihm war ich auch über ein Jahr zusammen gewesen. Mit Kyran war ich weder zusammen, noch verstanden wir uns wirklich gut. Wir wussten einfach, dass da irgendetwas zwischen uns war und ich glaube, keiner von uns wusste, was er damit anfangen sollte.
„Der Pulli steht dir." meinte er und rutschte ein Stück nach rechts, sodass zwischen uns noch genug Platz für eine dritte Person wäre. Also meinte er es ernst damit, dass er mich in ruhe liess. Oder wie er es gesagt hatte, richtig machen würde mit mir.
Wenigstens einmal ein Gentleman.
Ich murmelte ein leises Danke und war wütend auf mich selbst, wieso ich gerade meine Taffe Art verlor, auf die ich sonst so stolz war.
Ich setzte mich auf das weiche Bett und schob langsam und darauf konzentriert, nur die flauschige, schwarze Decke anzustarren, und mich nicht von seiner Nähe und Hitze die er ausstrahlte, ablenken zu lassen. Ehrlich gesagt ein ziemlich schweres Unternehmen.
Als ich mich endlich zu meiner Zufriedenheit in das riesige Kissen eingekuschelt hatte, starrten wir eine Weile die Decke an.
Die Still war mehr als unangenehm. Dennoch schien der heisse Oberkörperfreie Mann neben mir die Ruhe selbst zu sein.
„Mag mich dein Vater?" fragte ich etwas Plump. Immerhin hatte ich für ihn dieses ekelhafte Zeug geschluckt.
„Nein, ganz und gar nicht." Na super, dann war das ja wohl umsonst gewesen.
„Aber du hast Glück dass ich so ein freundlicher Kerl bin und ein gutes Wort für dich eingelegt habe. Früher schon."
Er zwinkerte und wirkte dabei mehr als selbstzufrieden.
Ich schnaubte. Toll.
„Und wenn dein Vater jetzt vorgehabt hätte, mich auf der Stelle zu erschiessen. Wärst du einfach dort gesessen und hättest es akzeptiert und nichts getan?"
Die Frage brannte mir einfach auf der Zunge, auch wenn ich die Antwort lieber nicht gewusst hätte. Ich traute Kyran irgendwie beides zu. Untätig daneben zu sitzen, aber auch einzugreifen.
Er drehte den Kopf zu mir und ich blickte ebenfalls zögernd zu ihm hinüber.
Es war ein angenehmes Gefühl, ihn so nahe bei mir zu haben.
Eine Weile schwieg er bloss und schien jeden Zentimeter meines Gesichts zu mustern.
Er wirkte nachdenklich und konzentriert, also schwieg ich und erlaubte mir, ab und zu auf seine vollen, geschwungenen Lippen zu starren.
Er schien es wirklich nicht zu bemerken. Dann stützte er seinen Kopf auf den Ellbogen und blickte auf mich hinab.
Ich sah von unten zu ihm hoch und schwieg.
„Ich bin ein Narzist, und absoluter Egoist."
Ich grinste.
„Oh ja das ist mir sehr wohl bewusst..."
Setzte ich an um ihn zu necken und gluckste.
Doch sein Blick blieb ernsthaft, was mich erstaunte, weshalb ich sofort wieder verstummte.
Er war also noch nicht fertig.
„Aber du..."
Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, so sanft wie ich es ihm ehrlich gesagt nicht zugetraut hätte.
„Du hast diese Wirkung auf mich. Du machst dass ich mich nicht mehr nur um mich selbst sorge. Du bist mir wichtiger als ich gedacht habe, Diana."
Ich schluckte und starrte ihn aus grossen Augen an. Hatte er das jetzt gerade wirklich gesagt? Kyran, der eiskalte Klotz der der Sohn eines Drogenbarons war, mochte mich?
Mein Herz begann unglaublich schnell zu klopfen und in meinen Augen glühte bestimmt ein freudiger Funke.
Er mochte mich! Mein mädchenhaftes Herz hüpfte in meiner Brust und ich öffnete die Lippen um irgendwas zu sagen. Was genau, war mir selbst noch unbekannt. Aber er hatte sich bereits wieder gefasst und sich von mir weg gedreht.
„Wir sollten schlafen, dann kannst du dich etwas vom Abendessen erholen. Ich bringe dich dann morgen zurück zu dir."
Damit war die Konversation geschlossen und mit dem Rücken zu mir, bewegte er sich nicht mehr.
Ich war zu perplex um noch was zu sagen, ich lag einfach nur da und starrte an die Decke. Ich liess mir die Worte immer und immer wieder durch den Kopf gehen, so als müsse ich mich selbst überzeugen, dass er sie auch wirklich gesagt hatte. Aber es war real, Kyran Evil hatte gerade wirklich etwas nettes gesagt. Zu mir.
Ich kaute auf meiner Lippe herum und da mit sowieso schlecht war, war an schlafen gar nicht zu denken.
Stattdessen nahm ich mein Handy hervor und begann, Kyrans Vater zu googeln. Doch er war so gut wie unsichtbar im Internet, es war erstaunlich. Ein vermutlich gesuchter Drogenboss, der nicht irgendwo in Kolumbien war, sondern hier in der Umgebung von Los Angeles. Und Trotzdem schien der Mann eine weisse Weste zu haben. Die Einzigen Bilder die ich von ihm fand waren solche bei denen er als grosszügiger Geldgeber bei einer Spendengala aufgetaucht war. Kyran immer an seiner Seite. Wie kam es denn, dass ich von dem Mann der neben mir lag noch nie vorher was gehört hatte? Ich gab auch seinen Namen ein; doch neben einem Facebook Profil voller Autos, Frauen und Luxus fand ich nichts über ihn. Wenn man den Medien glaubte, war er nichts weiter als der verwöhnte Sohn eines reichen Mannes. Ian selbst konnte ich nirgends entdecken. Seine Suchergebnisse betrafen bloss den Boxclub und das Firmenfoto von Matthews Geschäft, auf dem er breit in die Kamera lächelte. Gespenstisch.
Ich lag gut zwei Stunden so da, vermutlich war es bald Mitternacht, in dem Zimmer gab es keine Uhr. Ich blickte auf mein Handy. Jap, bald zwölf Uhr.
Da ich immer noch kein Auge zutun konnte, lag ich einfach so da und beobachtete, wie Kyran ruhig und entspannt dalag.
Dann drehte er sich plötzlich im Schlaf zu mir, den Kopf an meiner Schulter und seinen Arm auf meinem Bauch. Verdammt zuckten die Hormone in meinem Bauch. Die Berührung war angenehm und irgendwie sah er süss aus. Beinahe unschuldig.
Ich stand kurz davor, ihm in die Wange zu kneifen, aber ich wollte den Augenblick nicht kaputt machen.
Also lag ich einfach da, strich durch sein volles Haar und beobachtete, wie sich seine Brust regelmässig hob und senkte. Sein Atem strich über meinen Hals und ich schauderte. Im Schlaf war er doch gar keine so üble Person.
Ich entspannte mich selbst immer mehr, seine Nähe wirkte beruhigend auf mich. Beinahe wären mir die Augen zugefallen. Beinahe. Aber dann klopfte es zweimal an der Tür und sie wurde kurz darauf schwungvoll geöffnet. Ich fuhr hoch und riss die Augen auf, ich fürchtete schon dass einer der Bodyguards kam um mir den Gar auszumachen.
Aber stattdessen stand da eine zierliche dunkelhäutige Schönheit. Sie trug ein violettes Korsett, dass ihre enormen Brüste noch grösser wirken liess und schwarze Netzstrumpfhosen. Es sah wirklich heiss aus und auch sonst fand ich an ihrem Körper kein Gramm Fett zu viel.
Sie sah mich erstaunt, aber nicht abgeneigt an.
„Oh, entschuldige die Störung. Ich wusste nicht, dass er Besuch hat."
Ich runzelte die Stirn und zog mir die Decke über die angewinkelten Beine.
„Was soll das genau?" fragte ich misstrauisch und neigte den Kopf. Sie wusste hoffentlich dass ich damit meinte wie sie angezogen war und was sie zu dieser späten Stunde noch hier verloren hatte.
„Ich verstehe nicht?"
Sie blinzelte perplex und dann fiel ihr Blick auf Kyran neben mir.
„Oh...das ist erstaunlich Miss."
Sie hob eine zierliche Hand an ihren Mund und sah wirklich verblüfft aus.
„Was?"
Leicht abgesäuert, dass sie diesen tollen Moment zunichte gemacht hatte, blickte ich sie an.
„Mister Evil hat mich bereits seit Monaten engagiert, all paar Tage komme ich um Mitternacht und..." sie wies an sich hinunter, „Lenke ihn etwas ab. Sie wissen vielleicht dass er normalerweise eigentlich nicht schläft, deswegen bin ich gerade sehr erstaunt dass er...."
Ich verzog die Lippen. „Schläft? Ja tut er, du kannst also wieder abhauen."
Diese dämliche Tante sollte gefälligst verschwinden. Mir war schon klar dass ich hier nicht das sagen hatte, und auch das Kyran sie, so sehr es mich auch ekelte, "angestellt" hatte, aber es nervte mich, dass sie hier war.
Zudem ekelte es mich auch an, der Beruf den sie ausübte. Ich wusste ja, dass sie vielleicht keine andere Option hatte und es tat um ihre Familie oder sich selbst zu ernähren, aber es störte mich, dass sie jetzt hier war. Wow, ich war wirklich ein ignoranter Mensch, daran musste ich arbeiten. 
„Sie scheinen eine beruhigende Wirkung auf ihn zu haben. Das ist schön." Sie lächelte mich ehrlich an und sofort fühlte ich mich wieder schlecht, dass ich sie so angemotzt hatte. „So habe ich ihn zuvor noch nicht erlebt. Und ich habe mir alle Mühe gegeben."
Ich hätte mir am liebsten die Ohren zugehalten, über die Erfahrungen die er mit ihr in diesem Bett, in dem ich gerade lag, gesammelt hatte, wollte ich jetzt wirklich nicht näher kennen lernen. „Also gut, ich denke ich werde hier nicht mehr gebraucht."
Ich lächelte verbissen und nickte einmal. „Ich denke ich finde die Tür. Eine angenehme Nacht wünsche ich."
Sie zwinkerte mir zu und schloss wieder leise die Tür, sodass es wieder stockdunkel im Zimmer wurde. Nur die Nachttischlampe brannte noch.
Ich drehte mich wieder um und sah direkt in Kyrans Augen, die zufrieden glitzerten. „Was?" verteidigte ich mich und schlang die Arme um mich. Diese Situation war mir überaus unangenehm. Er hingegen grinste frech und siegessicher.
„Jetzt vertreibst du also andere Frauen aus meinem Zimmer."
Stellte er fest und ich wusste nicht ganz, ob er das toll fand oder eher nicht. Ich öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu.
„Ja, Prostituierte die hier rein platzen als wäre es das normalste der Welt."
Man hörte mir den Ekel aus der Stimme heraus.
„Tania ist keine Prostituierte, sie ist eine Bekannte mit der ich ein freundschaftliches Arrangement abgeschlossen habe. Ich habe nichts mit Frauen die ich bezahlen muss. Das sollte alles freiwillig sein."
Meinte er ruhig und kuschelte sich wieder in die Decke.
Fassungslos starrte ich ihn an. Und Sex-Pakte mit irgendwelchen Bekannten zu schmieden war ja viel besser. Na super, wenigstens hatte er mir das noch nicht angeboten.
„Ekelhaft."
Merkte ich an, damit ihm meine Unzufriedenheit auch wirklich nicht entging. Es war mir selbst ein Rätsel, wieso es mich so sehr störte, dass er mit einer anderen was hatte.
Es ging mich ja nicht mal was an. Aber ich befürchtete schon das Schlimmste. Dass ich langsam aber sicher Gefühle bekam, solche die ich eigentlich auf keinen Fall verspüren sollte.
Ich räusperte mich.
„Du...schläfst also nicht sonderlich gut?"
Meinte ich und legte mich wieder neben ihn, dieses mal etwas näher. Einfach weil es mir so wohl war.
Er blickte an die Decke und dann zu mir.
Seine Augen waren so fesselnd, dass ich darin zu ertrinken drohte. So schwarz und doch kräftig in ihrer Aussage.
„Nein, ich schlafe grundsätzlich sehr schlecht ein und wache sehr schnell auf. Schlafentzug begleitet mich schon eine Weile."
„Oh, das muss echt nervig sein. Wieso denn?"
Darauf antwortete er nicht.
Stattdessen legte er eine Hand auf meine Hüfte, natürlich oberhalb der Decke.
„Aber anscheinend muss ich das jetzt nicht mehr aushalten. Du bist anscheinend mein persönliches Mittel gegen Schlaflosigkeit."
Oh wie reizend, dieses Kompliment. Ich war also so langweilig dass sogar ein Mann mit Schlafstörungen einpennte.
„Ahso." meinte ich nur und wusste nicht recht, was ich damit anfangen sollte.
„Aber dann schlaf ruhig weiter."
Fügte ich schnell hinzu, und er schmunzelte schwach.
„Teufelchen, aus dir werde ich nicht schlau."
Ich zuckte die Schultern.

Am nächsten Morgen erwachte ich in einem leeren Bett und unten erwartete mich am Frühstückstisch ein wirklich riesiges Buffet.
Käse, Fleisch, Joghurt, Törtchen und Semmel so weit das Auge reichte.
Sir Gregor hatte es sich nicht nehmen lassen, mich wieder an den Tisch ran zu schieben und auf meine Frage hin, wo Kyran war, hatte er mit knappem „Sport" geantwortet. Ich war auch schon seit einigen Minuten mit Essen beschäftigt, als er dann frisch geduscht die Treppe runter kam. Seine Haare hingen noch nass in seine Stirn, ein weisses Shirt passte zu den dunkeln Trainerhosen. Er setzte sich schwungvoll neben mich und schien in bester Laune zu sein.
Bewacht wurden wir wieder von Dick und Doof, wobei er leicht Grinsen musste, als ich es ihm gegenüber erwähnte. Das bedeutete dass er es schon sehr lustig finden musste. Und dann frühstückten wir zu Ende und ich machte mich bereit zum gehen. Gerade als er mir in meinen Mantel half, erstaunlich freundlich, klingelte mein Handy.
Mein erster Gedanke war Hannah, dann fiel mir ein dass sie mich wahrscheinlich hasste und sowieso nicht antworten würde. Dann dachte ich an Ian, aber der wusste ja dass ich Freitags frei hatte und würde sich nicht wundern.
Es war schon merkwürdig dass ich mich bereits zu fürchten begann, wenn mein Telefon klingelte.
Ich stand stocksteif da und Kyran hob spöttisch eine Augenbraue.
„Willst du nicht rangehen."
„Doch, doch."
Krächzte ich heiser und kramte mit kalten Fingern mein Handy heraus und hob es an mein Ohr.
„Hallo?" fragte ich in die Stille hinein und konnte meinen eigenen Herzschlag lautstark in meinen Ohren dröhnen hören.
„Guten Tag, mein Name ist Inspector Newman, ich leite die Los Angeles Police Station Headquarters und ich würde es begrüssen, wenn sie für einige Fragen bereit stehen würden und heute noch zu mir aufs Revier kommen."
Wie versteinert stand ich da und langsam wanderte mein Blick hoch zu Kyran, der mich ernst ansah. Er hatte es gehört, dafür stand er nahe genug bei mir.
Er nickte und deutete doch allen ernstes an, ich solle annehmen. Geschockt versuchte ich ihm mit Gesten den Vogel zu zeigen.
„Miss O'Connor, sind Sie noch da?"
Am liebsten hätte ich einfach aufgelegt, aber dann würde man mich am Schluss auch noch verdächtigen. Verdammt wie war ich da nur reingeraten.
„Ja, entschuldigen Sie."
Meldete ich mich und setzte ein künstliches Lächeln auf, damit auch meine Stimme etwas fröhlicher klang.
„Natürlich stehe ich ihnen gerne für Fragen zu Verfügung, ich könnte am Nachmittag da sein."
„Sehr gut, melden Sie sich einfach am Empfang, sie werden dann abgeholt."
„Eine kleine Frage noch, dürfte ich vielleicht wissen wegen was sie mich befragen wollen?"
Fügte ich zögernd hinzu.
Es war kurz ruhig an der Leitung und ich hielt die Luft an.
„Wir möchten ihre Antworten gerne hundert Prozent unverfälscht, deswegen werde ich Ihnen das in unserem Gespräch erläutern. Auf Widersehen, Miss O'Connor."
Es tutete und ich liess langsam das Handy sinken.
„Scheisse." flüsterte ich und sah Kyran hilfesuchend an, der sich hoch konzentriert durch die Haare strich.
„Dieser verdammte Inspector. Seit meinem Freispruch sucht er wie besessen nach Beweisen um mich in den Knast zu bringen."
Erklärte er mir und drehte die schweren Ringe an seinen Fingern. „Aber wegen was..."
Ich blickte zu Boden und dann abrupt wieder hoch zu ihm.
„Weisst du noch an Halloween, als die DEA kam?"
Er schnaubte. „Ja, dafür stand ich schliesslich vor Gericht. Aber er hätte wissen müssen, dass ein Evil nicht ins Gefängnis geht."
Ich schüttelte den Kopf und wedelte mit der Hand. Das war also der Vorfall gewesen, wo Ian für seinen Bruder ausgesagt hatte. oder besser gesagt, gelogen hatte. 
„Ja, und jetzt hat er wohl Erkundigungen eingeholt. Du hast diese Masken verteilen lassen und ich hatte keine. Dieser Agent hat direkt mit mir gesprochen, ich glaube ich habe ihm auch meinen Namen gesagt. Er hat mich ohne Maske gesehen und vielleicht wollen sie jetzt von mir etwas über die Drogen erfahren."
Mir wurde eiskalt.
„Mein Gott Kyran...sie verdächtigen mich! Dabei habe ich doch noch nicht mal einen Strafzettel bekommen! In meinem ganzen Leben nicht!"
Ich stand kurz vorm Durchdrehen, doch er hielt mich beruhigend an den Schultern fest.
Von Sir Gregor erntete ich einen mitfühlenden Blick. Er war wohl das einzige menschliche Wesen hier im haus. Alle anderen wurden bei den Worten Mord, Drogen und Polizei nämlich nicht im Geringsten unruhig. 
„Ganz ruhig Teufelchen. Du bist da jetzt drin und raus kannst du nicht mehr. Also ziehst du das durch und gehst heute Nachmittag auf die Wache."
Ich schüttelte panisch den Kopf.
„Nein, ich weiss doch nicht was ich sagen soll! Die haben dort doch solche Methoden! Die manipulieren mich doch, was wenn ich euch aus Versehen verrate? Dann tötet mich dein Vater."
Tränen stiegen mir in die Augen. Wie hatte mein Leben mit einem sicheren Job und einer Katze so den Bach runter gehen können.
„Das wird nicht passieren, Diana."
Kyran hob mein Kinn an und grinste böse.
Mit diesem Grinsen auf seinem Gesicht hatte ich ihn kennen gelernt. Das hiess er hatte einen Plan.
„Du hast jetzt keine andere Wahl als mir zu vertrauen, okay? Du bist eine gute Schauspielerin dass habe ich gestern Abend raus gefunden. Denk einfach, dass du eine Rolle spielst und dass du sie authentisch rüber bringen willst."
Sanft strich sein Finger über meinen Oberarm, während er mich noch immer festhielt. Mein schneller Atem beruhigte sich etwas und ich nickte langsam.
„Was für eine Rolle?"
Er nickte Gregor zu und dieser eilte sofort los.
„Die der Gangsterprinzessin. Du bist jetzt in dieses Leben gefallen, jetzt musst du lernen, seine Regeln zu lernen."
Ich schluckte. Das wollte ich doch alles nicht.
„Ich will aber nicht alleine dort hin...sollte ich es nicht Ian sagen?"
Kyran schüttelte den Kopf.
„Nein, er würde sich nur zu viele Sorgen machen und so würdest du ihn nur auch noch mit rein ziehen. Das willst du doch nicht?"
Er strich mit mit dem Finger leicht über die Wange und sah mir direkt in die Augen.
„Nein. Will ich nicht."
Flüsterte ich mit rauer Stimme und er nickte bestimmt.
„Gut."
„Aber ich will nicht alleine dahin."
Er liess den Blick an mir hinab wandern als müsse er mich erneut einschätzen.
„Das musst du auch gar nicht, Teufelchen. Ich werde dich begleiten."
Sein Grinsen war fies und ihm war anzumerken wie scharf er auf einen Schlagabtausch mit diesem Inspector war. Irgendetwas stimmte mit Kyran definitiv nicht. Während alle anderen die Flucht ergreifen würden, lief er direkt auf die Gefahr zu. Als liebte er es, sich mit ihr zu duellieren. 
„Wirklich?"
Fragte ich hoffnungsvoll und er zuckte die Schultern.
„Ob es mir passt oder nicht, ich bin jetzt für dich verantwortlich. Und glaub mir, wenn dich die Bullen erst mal im Visier haben, kann deren Spionage dir so ziemlich jeden Tag versauen. Also zeigen wir ihnen, dass du unter meinem Schutz stehst."
Ich runzelte die Stirn.
„Aber die sind doch nicht korrupt dort..."
Er zwinkerte mir geheimnisvoll zu.
„Nicht alle." meinte er dann bloss und ich hob die Brauen. Wow, sowas kriminelles hatte ich bisher bloss in Hollywood Filmen gesehen, und die waren noch nie gut ausgegangen.
„Glaub mir. Das Leben wird für dich leichter werden, wenn du unter meinem Schutz stehst."
Ich nickte schnell, noch schwerer wollte ich es mir ja sowieso nicht machen. Also nahm ich sein Angebot mit Handkuss an.
„Aber ist das für dich nicht riskant, dort aufzutauchen? Einfach so mit mir, die sie doch gerade wegen dir befragen wollen?"
Er schüttelte den Kopf.
„Es wurde sowieso mal wieder Zeit, den Inspector etwas zu nerven. Ausserdem haben sie auch nichts handfestes gegen mich, vergiss das nicht. Ich bin völlig unschuldig."
Er hob triumphierend die Hände und ich verzog die Lippen. Das war er mitnichten. Ich wusste nicht was er schon für krumme Dinge gedreht hatte und ob es über Drogenhandel und Körperverletzung hinaus gegangen war. Ich wollte es auch gar nicht wissen. Ich wollte gerade einfach meinen Arsch retten, um ehrlich zu sein. Und dafür musste ich einen Beamten der Regierung anlügen. Oder aber die Wahrheit sprechen und danach sterben.
So oder so, ich war am Arsch. Natürlich gab es Zeugenschutzprogramme, doch immer wieder kamen News dass man sie trotzdem gefunden hatte. So sicher waren diese Angebote der Bullen also auch wieder nicht.
„Okay. Dann sag mir, was ich machen muss."
Ich hob das Kinne und atmete tief ein. Jetzt musste ich einfach stark sein und tun was mir der Profi sagte. Gregor kam mit einem gesamten Outfit auf dem Arm auf uns zu und Kyran lächelte süffisant.
„Es wird mir eine Freude sein."

Drei Stunden später stiegen wir aus dem abgedunkelten Mercedes aus. Kyran hatte mir die Türe geöffnet und ich hatte mich in meinem viel zu protzigen Outfit raus gewagt.
Ich trug sowas modisches normalerweise nicht, um meine Kleidung hatte ich mir sowieso nie so viele Gedanken gemacht wie andere Frauen.
Doch jetzt sah ich zugegeben, sehr edel aus. Und reich.
Ich trug schwarze enge Jeans, hohe Stiefel aus echtem Leder, bei denen ich bei jedem Schritt Angst haben musste, dass sie meine Gelenke brechen würden und eine Bluse die mit goldenen Stickereien verziert war. Einen braunen Mantel lag locker über meinen Schultern mitsamt Pelzkragen. Ich betete, dass es unechtes Fell war, ansonsten würde ich es eigenhändig verbrennen. Meine Hände steckten in eleganten, schwarzen Handschuhen und in der linken Hand hielt ich eine Handtasche die wahrscheinlich so viel kostete wie mein Monatsgehalt. Ohrringe, fette Klunker die glitzerten und mich beinahe selbst blendeten zogen meine Ohren lang und ein prunkvolles Collier mit einem blauen Stein lag um meinen Hals. Ich war geschminkt, was ich sonst nie war und meine Haare sahen ausnahmsweise super gepflegt aus. Kein lästiger Spliss, nichts.
Während ich mich bei Kyran, der schlicht wie immer im schwarzen Anzug erschienen war einhakte und wir über das Trottoir auf das riesige, gläserne Gebäude zugingen, fielen mir die Blicke der Fussgänger auf, die uns kreuzten. Ich sah Neid, Bewunderung, Anziehung, Hass und Neugierde in ihren Augen. Wahrscheinlich weil sie dachten ich sei reich und hätte ein Leben aus Schokolade. Pha, wenn die nur wüssten.
Aber es fühlte sich zugegeben auch irgendwie gut an, so selbstbewusst an Kyrans Seite zu laufen. Es war irgendwie berauschend, als könnte mir in diesem Outfit niemand etwas tun. Die Menschen machten einen Bogen, wenn wir durch wollten.
Früher war ich das graue Entlein gewesen, dass man auf der Strasse übersehen hatte. Und jetzt würde mich niemand mehr ignorieren.

Was denkt ihr? War es die Richtige Entscheidung von ihr, sich auf Kyrans Plan einzulassen? Bin gespannt wie ihr Dianas Charakterentwicklung beschreiben würdet :)
Love und bis bald!

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