Chapter 1-Regenschirme und Drama

Für eine gute Geschichte, mit möglichst viel Drama und auf keinen Fall ohne Spannung in jedem Abschnitt der Erzählung, brauchte es eigentlich nur drei Dinge.
Einen verlorenen Regenschirm.
Eine total verzückte beste Freundin.
Und Alkohol.
Viel Alkohol.
Falls euch jemals so eine Situation passieren sollte. Falls ihr jemals die drei Dinge als Kombination bei euch habt, oder eben nicht bei euch habt, dann rennt weg.
So schnell ihr könnt.
Denn wenn ihr es nicht tut, dann endet ihr wie ich.
Und ob ihr das wirklich wollt, darüber lässt sich streiten.
Falls ihr also jemals im strömenden Regen in Los Angeles steht, umgeben von hupenden Taxifahrern deren Scheibenwischer wie wild gestikulierten, und deren Räder haufenweise Wasser über die Füsse der spritzen lassen, während aus dem Himmel immer mehr Wasserkristalle auf euch nieder prasselt, seid wachsam.
Und falls ihr eure beste Freundin dabei habt, deren kurzer roter Rock im Wind flattert und ihren geröteten Wangen Konkurrenz macht, während sie euch verzückt von ihrer so tollen Arbeit erzählt, und sich dabei eine goldene Locke um den Fingern dreht, passt auf.
Und wenn ihr euch abwechselnd die Flasche Trojka in den klammen Fingern an die Lippen hebt und einen kräftigen Schluck der warmen Flüssigkeit trinkt, macht euch auf und davon.
Und wenn ihr so betrunken seid, dass ihr nicht versteht was eure Freundin euch fragt, dann sagt niemals, niemals ja.
Falls ihr es aber doch tut, und glaubt mir das werdet ihr, sage ich euch jetzt, was euch erwarten wird.

Mein Blick wanderte langsam am Spiegel des Aufzugs hinauf und wieder hinunter.
Zuoberst, gleich unter dem Lüftungsschach des Liftdeckels, war der Handabdruck einer Frau auf dem Spiegel zu sehen.
Ich fragte mich wie der da hin kam, man musste ja ein riesiges Biest sein, um da hoch zu kommen.
Ich unterstand mich, es selbst zu versuchen.
Heute war mein erster Arbeitstag, bei Johnsons international community, ich sollte nicht jetzt schon in irgend einer unangenehmen Pose erwischt werden.
So wie ich mich kannte, ging das noch schnell genug.
Ich atmete tief durch.
Hannah hatte mir den Job ermöglicht, sie wusste, dass ich einen gebraucht hatte, also hatte sie mir die Freie Stelle beim Unternehmen bei dem sie selbst arbeitete vorgeschlagen.
Ich hatte ja gesagt, allerdings zum etwas falschen Zeitpunkt, denn ich hatte eingewilligt gleich in der nächsten Woche zu beginnen.
Hannah hatte mir auch gesagt, ich solle zuerst zu Matthew ins Büro gehen, der Chef des Unternehmens.
Ich war nicht direkt eine Rebellin, aber meistens schaffte ich es dennoch, die Führungskräfte direkt zu verärgern. Wie, das hatte ich bis heute noch nicht herausgefunden.
Aber hey, vielleicht bekam ich ja gleich Gelegenheit dazu.
Ich schluckte und linste nervös in die Langen Seiten Spiegel, die mich von beiden Seiten zeigten.
Die mattgrauen Wände spiegelten verzerrt meine Umrisse und ich hörte das regelmässige Klingeln wenn ich den nächsten Stock erreicht hatte.
Meine schulterlangen, langweilig braunen Haare hatte ich zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen gebunden. Zum Glück hatten sie heute ausnahmsweise mal gehalten und hatten sich nicht, selbstständig wie sonst immer, aus dem Gummiband gelöst.
Unter meinen einigermassen schönen grauen Augen,  verbarg sich eine etwas zu lange Nase und etwas spitzige Lippen.
Hannah pflegte immer zu sagen ich hätte einen Dauer-Schmollmund.
Ich hatte nie erfahren ob es ein Kompliment war oder nicht. Um ehrlich zu sein, hatte ich es auch nie wissen wollen.
Ich hatte ordentlich einen schwarzen Blazer über eine weisse Bluse angezogen.
Ich kam mit meiner Oberweite nicht ganz klar.
Natürlich wünschten sich viele Frauen Körbchengrösse C, aber ich war mir nur noch unsicherer geworden. Deshalb kamen mir lockere Sachen genau recht.
Der schwarze Rock war mir nicht zu knapp am Hintern, obwohl Hannah darüber nicht so erfreut gewesen war. Sie war immer noch der Auffassung, dass Frauen nur mit ganz bestimmten Waffen die Karriere Leiter rauf klettern konnten. Diese Meinung teilte ich nicht. Auf Strumpfhosen hatte ich verzichtet, und die schwarzen halbhohen Dinger die meine Füsse abquetschten, hätte ich gerne hier und jetzt in den Mülleimer geworfen.
Aber nichts dergleichen, die Türen öffneten sich mit einem hellen Ton.
Ich schluckte und hob den Kopf etwas, mit hörbaren Schritten lief ich aus dem Lift raus, und sah mich um.
Die oberste Etage, hatte es geheissen.
Da stand ich jetzt, und sah mich um.
Die Lifttüren schlossen sich wieder und ich fühlte mein Herz laut pochen.
So schlimm war ein erster Arbeitstag nun auch nicht.
Der Boden war mit einem hellgrauen Teppich bezogen, der erstaunlich sauber war.
Die Säulen die ab und zu zwischen den Abteilungen der Schreibtische, die in Schulbank Ordnung da standen, waren weiss und ohne jegliche Flecken.
Die Neonlampen die sich fast über das ganze Stockwerk ersteckten, leuchteten Hell, obwohl das Tageslicht durch die gesamte linke Hauswand drang, die einfach nur aus Fensterglas bestand.
So konnten die Mitarbeiter perfekt ihren Ausblick auf die Stadt geniessen, während die Sonne am hellen und wolkenlosen Himmel glitzerte.
Ich drehte nach links ab.
Ich hätte ja gesagt, weibliche Intuition.
Aber rechts ging es einfach nicht weiter, da der Lift in der Ecke lag.
Also ja, links schien mir eine gute Variante.
Während ich den Weg entlang lief, wichen mir einige Männer und Frauen aus, die allesamt Akten oder Laptops in den Armen hielten, oder miteinander plappernd ihre Kaffebecher an ihre Plätze transportierten und gerade aus der Küche abgebogen waren.
Ich lächelte einigen schwach zu, falls sie mich überhaupt bemerkten.
Der Schweiss schoss mir in Strömen von den Schläfen hinunter und ich sah vor mir die Tür, auf der Mr. Johnson stand, der Rest der Türe war getönt.
Ich hielt davor und und richtete den Kragen meiner Bluse, ich hatte das Gefühl zu ersticken.
Hannah hatte mir gesagt, dass sie früher arbeiten gehen musste als ich, wer weiss wo in dem riesigen Gebäude sie sich gerade aufhielt.
Und nun war ich auf mich alleine gestellt.
Sie hatte mir erzählt Matthew sei total locker und nett, aber ich glaubte ihr nicht. Wahrscheinlich hatte sie das nur gesagt, dass ich vor Angst nicht starb. Sie kannte mich halt.
Aber es half nicht.
Zögernd klopfte ich an, kurz bevor ich bemerkte dass es daneben eine Klingel hatte.
Ich wusste nicht ob ich jetzt auch noch zusätzlich klingeln sollte, mein Dilemma begann also schon hier.
"Herein."
Eine angenehme ruhige Stimme erklang von innen und ich drückte mit klammen Fingern die Türe auf.
Im Büro roch es nach so einem super teuren Parfum, ganz anders als auf dem, etwas stickigen Gang.
Blinzelnd trat ich ein und drehte mich um, schloss die Türe vorsichtig damit es nicht auch noch knallte.
Dann drehte ich mich um, ein Lächeln auf dem Gesicht.
Obwohl das eigentlich eher ein Zähne zeigen war.
Aber eine freundliche Absicht steckte dahinter.
Vor mir auf einem grossen schwarzen Ledersessel hinter einem gläsernen Schreibtisch mit allerlei hoch modernen Telefone und einem Computer auf der linken Seite, sass ein Mann.
Hinter ihm ragten die Hochhäuser der zentralen Stadt auf als würden sie seinen gut genähten Anzug noch unterstützen, Chef hafter auszusehen.
Ja, er war der Boss schlechthin.
Nadeanzug der ihm hervorragend passte, eine Krawatte die er gerade rückte als er aufstand und blondes, zurück gekämmtes und streng aussehendes Haar.
Intelligente blaue Augen musterten mich und ein charmantes Lächeln lang auf den Schmalen Lippen, das Kinn stand etwas hervor, die Nase war gemacht.
Er war nicht viel älter als ich, vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt.
Wie man in dem Alter schon ein Führer einer Community werden konnte wusste ich auch nicht. Aber so wie er seine Hand locker in der Hosentasche vergraben hatte und die andere nun ausstreckte um mich zu begrüssen, während er in grossen Schritten auf mich zu kam, schien er es sich gewohnt zu sein, Leute rum zu kommandieren.
Ich nahm die grosse Hand, trocken und kühl, aber irgendwie passte es zu der gesamten Erscheinung, die Mr. Johnson ausstrahlte.
"Guten Tag Miss O'Conner, vorbildlich pünktlich."
Er schüttelte mein Hand, kräftig.
Dabei zog er mich etwas näher zu sich, sodass mir sein After Shave in die Nase stieg.
Ich lächelte schnell, er schien wirklich sehr nett zu sein; auch wenn ich mir heute extra die Zeit zu Herzen genommen hatte, damit ich nicht wie sonst immer zu spät kam.
"Danke sehr Mr. Johnson, dass sie mir die Stelle frei gehalten haben."
Ein breites Zahnpasta Lächeln machte sich auf seinen perfekten Zähnen breit.
Ich war mir nicht sicher ob er Make Up benutzte...
Jetzt bei näherem Hinsehen, musste er doch schon etwa dreissig sein.
"Nun, Hannah hat mir bereits erzählt dass sie eine Bereicherung für unser Team wären, ich hoffe mich selbst davon überzeugen zu dürfen."
Er hatte meine Hand nicht losgelassen, stattdessen hatte er mich neben den Tisch gezogen, wo er sich mit der anderen Hand abstützte.
Es war mir etwas zu Nahe, doch ich sagte nichts, meine Nervosität musste wohl mit mir durch gehen.
Er war einfach nur freundlich und lockerer als ich mir einem Chef vorstellte.
Hatte Hannah mir ja erzählt. Nur merkwürdig dass er sie beim Vornamen genannt hatte.
Aber sie arbeitete jetzt ja schon drei Jahre hier, vielleicht war das üblich.
"Natürlich, ich werde mein Bestes geben."
Freundlich sein war nicht schwer für mich, aber dazu gehörte leider auch manchmal nicht genau zu wissen, wie Menschen etwas meinen konnten.
Oder ob sie sich über etwas lustig machten. Solche Dinge verpasste ich eben manchmal.
"Sehr gut zu hören, wirklich sehr erfreulich.
Nennen sie mich Matthew, wenn wir alleine sind."
Ich runzelte fast die Stirn, konnte es aber gerade so verhindern. Das war bestimmt völlig okey, nur weil er ein Filiale Leiter war, musste er nicht so miesepetrig sein.
"Natürlich Matthew."
Lächelnd nickte ich.
Jedoch bot ich ihm nicht meinen Vornamen an, falls ihn das störte zeigte er es nicht.
Er hatte meine Hand losgelassen und drückte mir einen Stapel Blätter in die Arme.
Ich hatte ja Zuhause mit Hannah geübt, damit ich für die Arbeit bereit war, das war einer der Haken gewesen, wenn ich die Stelle bekam. Kein Einlernen.
Tja das hatte ich jetzt davon.
Ich senkte meinen Blick auf die voll geschriebenen Dokumente und blinzelte kurz.
Dann legte er noch allerlei Informationsheftchen dazu.
"Ich nehme an sie sind mit ihrer Arbeit vertraut?"
Ich nickte nur, ich war nicht die allerstärkste, was sich deutlich durch das Brennen in meinen Armen kennzeichnete, desto länger ich den Stapel hielt.
"Perfekt, falls sie jedoch noch Fragen haben, wenden sie sich ruhig an ihre Mitarbeiter, oder natürlich an Miss Clair, sie ist die Etage Leiterin, eine reizende Unterstützung."
Ich lächelte etwas perplex und nickte erneut.
"Eh ja..danke sehr Matthew."
Er nickte nur wegwerfend und beugte sich etwas zu mir herunter, die blauen wässrigen Augen stachen sich förmlich in meine, sodass ich mich beim besten Willen nicht bewegen konnte.
"Im Zweifelsfalle, können sie natürlich auch jederzeit zu mir kommen Miss O'Conner."
Mein Lächeln war beinahe gequält, doch ich nickte eilig und rückte den Stapel etwas zurecht.
"Nundenn, willkommen im Team."
Matthew fuhr sich durch die glatt gekämmten Haare und das Licht schimmerte durch die Fenster herein.
Ohne Zweifel hatte er ein Einzelbüro mit der besten Aussicht.
Klar, er war ja auch der Chef.
So schnell mich meine Füsse auf den hohen Hacken durch den Gang tragen konnten, raste ich zwischen den Tischen hindurch, die allesamt in zwei Reihen in dem grossen Raum verteilt waren, je gegenüber voneinander zwei Tische aufgestellt, allesamt in einer Art Raum, der jedoch nur durch hüfthohe Absperrungen gekennzeichnet war.
Überall standen goldene Namensschilder, genauso wie ich sie aus den Restaurants kannte, wenn man reserviert hatte.
Da, Diana O'Conner. Erleichtert und ohne wirklich etwas hinter dem Stapel sehen zu können, wankte ich zu meiner kleinen Abteilung und legte die Sachen schwungvoll auf den Tisch, sodass einige der Blätter unten weh rutschten und wie eine Feder langsam zu Boden glitten.
"Uff."
Machte ich und sammelte sie kurz ein, bevor ich mich aufstellte und tief durchatmete.
"Geschafft."
Murmelte ich und stemmte die Hände in die zierliche Taille. Ja, ich war weder stark noch gross noch breit gebaut.
Im Vergleich zu mir war Hannah ein Kasten, mit ihrer vollen Hüfte und den etwas breiteren Schultern, die man aber unter ihre blonden Lockenpracht ohnehin nie sah.
"Anstrengender Start?"
Verwirrt woher die Stimme kam drehte ich mich um,  und direkt in die Grünen Augen eines jungen Mannes, der mich breit angrinste.
Ach Herrje, wie ich wohl aussehen musste, und dann das Glitzern im Flaschengrün, ich musste mich nicht mal gross anstrengen um den ersten meiner Mitarbeiter zu amüsieren.
Ich zwang mich zu einem Lächeln, falls das jetzt noch etwas helfen konnte.
"Ja...kann man so sagen."

Ich stand einfach da wie der grösste Volltrottel und kam nicht darum umher, ihn anzustarren als wäre er das letzte Glas Alkohol inmitten einer Veranstaltung für Barbies.
Er war locker gekleidet, überhaupt nicht so wie Matthew, der anscheinend extremen Wert auf die äussere Erscheinung legte.
Und trotzdem, obwohl ich es etwas unfair fand dass ich diese unbequemen Schuhe trug und er Sneakers, musste ich mich zwingen nicht zu auffällig zu sabbern.
Die lockeren Jeans waren schwarz und etwas Zerrissen, doch sie standen ihm irgendwie hervorragend, die dünne Panzerkette die an seiner Hose befestigt war verlieh dem Ganzen einen jungenhaften Touch.
Er hatte einfach ein weisses schlichtes Shirt an, dass die ausgeprägte Bauchmuskulatur ziemlich gut zum Ausdruck brachte und meine Augen auf sich zog.
Als er sich streckte und leise gähnte rutschte es etwas hoch, mir blieb beinahe der Atem stehen, als mein Blick die feine Haarlinie verfolgte, die am Bund seiner Hose verschwand.
Mein Herz begann komischerweise in Sprüngen zu arbeiten und pumpte so Tonnen an Hormonen durch meinen Körper, die mal wieder völlig zum falschen Zeitpunkt auftauchten.
Ich spürte wie mein Gesicht brannte als hätte es Jemand angezündet, ich musste wahrscheinlich bis zum Haaransatz rot geworden sein.
Langsam hob ich den Blick wieder, langsam vorbei an der lockeren Jacke, die schwarz war aber eher zum Sport machen als zum Arbeiten bestimmt war.
Mein Blick erreichte wieder seine ausgeprägten Kiefer Knochen und streifte für eine Millisekunden die vollen Lippen, bevor er sich fing und wieder auf die grünen Augen stiess, die nun nicht mehr nur glitzerten sondern amüsiert funkelten.
Doch da lag auch etwas anderes in seinem Blick, was genau konnte ich nicht erkennen.
Er blickte mir direkt in die Augen, keine wandernden Blicke wie bei mir, sofort schämte ich mich.
Doch er grinste schief und räusperte sich leicht.
"Fertig?"
Seine Stimme war angenehm, beruhigend und etwas verspielt, so wie es eben sein musste um dahin zu schmelzen, ohne einen Fremden jemals zuvor gesehen zu haben.
Verdammt, er hatte es also bemerkt. Das war allerdings kein Wunder, denn ich hatte ja schliesslich geglotzt wie eine Seekuh.
"Eh...ja."
Auf die Schnelle viel mir nichts besseres ein, das war die maximal Leistung die mein Kopf gerade erbringen konnte.
"Gut, ich bin übrigens Ian."
Ian, schöner Name, er passte irgendwie zu dem dunkeln braunen zerzausten Haar, das wohl machte was es wollte und trotzdem nicht schlecht aussah.
Super, wieso konnte ich das nicht auch haben.
Ich musste nur einmal duschen und schon standen diese lästigen kleinen Flaum Härchen nach allen Seiten ab. Es war zum verrückt werden.
"Hi."
Sagte ich knapp, sonst war ich auch nie so sprachlos.
Ich sollte mich jetzt gefälligst zusammen reissen, damit ich nicht völlig rüber kam wie das verschreckte Bambi.
Klar, ich war eher das brave Mädchen, im Gegensatz zu Leuten wie Hannah, die ihren Spass überall fanden und es nie zu ernst nahmen.
Ian zog eine Braue hoch und grinste belustigt aber freundlich.
"Ich würde eigentlich gerne erfahren wie meine Tischnachbarin,hoffentlich für die nächsten Jahre, heisst."
Er hatte hoffentlich gesagt! Jede kleinste Zelle in meinem Körper freute sich, aber ich blieb ganz cool.
Langsam kehrte mein spärliches Selbstbewusstsein zurück und ermutigt durch den Satz lächelte ich ihn an.
"Klar, ich heisse Diana."
Ich hielt ihm rein aus Gewohnheit die Hand hin und biss mir sogleich auf die Lippen.
Falsche Idee.
Ian sah auf meine Hand und lachte kurz brummend, schüttelte dann den Kopf und beobachtete mich genau, als würde er mir das Fleisch ab den Knochen schälen und tief in mich hinein sehen.
Unheimliche Vorstellung.
"Hallo Diana."
Grinsend steckte er die Hände in die Hosentaschen und drehte sich lässig zum Tisch, wo meine ganzen Unterlagen ungeordnet da standen.
"Willst du dir das ganze ohne Kaffe antun?"
Er legte den Kopf schief, noch nie war ich von einer Bewegung so fasziniert gewesen wie jetzt gerade.
Dummheit Diana, reine dumme Mädchenträume.
Trotzdem konnte ich einige, nicht jugendgerechte Gedanken nicht vertreiben, die es mir schwer machten, meine normale Gesichtsfarbe wieder anzunehmen.
"Nein, eigentlich nicht."
Ich musste ebenfalls grinsen, der Stapel kam mir jetzt schon vor wie der Mount Everest.
Wenigstens sass ich Ian gegenüber, auch wenn ich durch die Computer die Rücken an Rücken standen, die grösste Sicht auf ihn verwehrt bekam.
Blöde Aufstellung.
"Na dann, sollten wir uns mal Verstärkung holen."
Mit dem Kopf wies er auf die Küche, wo bereits jetzt, kurz nach Neun Uhr, einige Leute herum standen.
Ich mochte keine Leute. Zu grosse Menschenmassen waren nicht so meins, ich mochte einen engen und guten Freundeskreis irgendwie mehr.
Doch ich liess mir nichts anmerken, irgendwie musste ich ja den Ersten Eindruck wieder ausbügeln.
"Ja, für eine Bergwanderung sollte man gewappnet sein."
Ich setzte voraus dass er das mit meinen Gedanken wusste, doch wieder einmal vergass ich dass sie nur in meinem Kopf waren.
Kurz traf mich sein verwirrter Blick, und als ich verlegen versuchte mich zu erklären, lachte er laut los.
Ich fuhr beinahe zusammen und sah mich eilig um, ich war nicht scharf drauf, jetzt schon von der ganzen Besatzung dieses Stockes angeglotzt zu werden.
Doch anscheinend juckte es sie nicht.
Alles was einige weibliche Mitarbeiter von sich gaben waren Laute, an denen ich ablesen konnte dass sie gerade Ian anstarrten.
Ach herrje, er war also der Frauenschwarm des Laden hier. Verständlich, nicht alle heissen Männer waren auch so freundlich. Jedenfalls war er auf meinen Ersten Eindruck so, ich kannte ihn ja erst fünf Minuten.
Er lief neben mir her zur Küche, ohne grosse Eile oder die Hände aus den Taschen zu nehmen.
Die Küche bestand eigentlich nur aus einem Raum mit einem grossen Snackautomaten, vor dem die Leute Schlange standen und einer riesigen, wirklich riesigen Kaffeemaschine.
Blinzelnd betrat ich den kleinen Raum hinter Ian und sah mich langsam um, die Mitarbeiter plauderten miteinander und schwenkten die Becher mit der heissen Flüssigkeit.
Als Ian rein trat, verstummten einige der Gespräche, vor allem die der Frauen, doch er schien das gar nicht zu merken. Und wenn doch dann versteckte er es meisterhaft.
Ich blieb stehen da die Schlange für den Automaten schon bei der Türe anfing, doch er lief einfach locker weiter, als wäre es das Normalste, sich vorzudrängen.
Einige Frauen sahen aus als würden sie das Leben ihrer eigenen Eltern opfern, damit Ian neben ihnen stehen blieb und sie mit einem stechenden Blick beschenkte.
Ich hob die Braue. Gefiel mir nicht.
Leicht schüttelte ich den Kopf, sowas musste mich nicht interessieren, ich sollte einfach froh sein dass ich einen guten Start hatte.
Meine Augen verfolgten den jungen Mann, der sich einfach zwischen den Anwesenden durch drängte.
Drängen, sie machten ihm eher freiwillig Platz.
Ab und zu wechselte er ein Wort mit ihnen oder Grinste, bei einem blonden Mädchen hob er eine Haarsträhne leicht an und nickte, sie hatte wohl eine neue Frisur.
Ich war baff wie er in der Menge aufblühte, als hätte er nie etwas anderes getan als die Menschen von sich abhängig zu machen, seinen Blicken und Worten.
Doch das alles kapierte er gar nicht, einige Minuten
Später kehrte er einfach zu mir zurück, einen dampfenden Becher Kaffe in der Hand und einen Mars Stängel im Mund hängen.
Als hätte er gerade irgendetwas gewonnen breitere er die Arme aus und grinste mich durch die Schokolade breit an.
Ich starrte nicht. Nur ganz ein wenig.
Ich schien nicht die einzig zu sein, die gerne mit der Schokolade getauscht hätte.
Doch das kam nur davon dass er nett zu mir war, von Anfang an und das etwas ungewohnt war, für die Erwartungen die ich an den neuen Arbeitsplatz gestellt hatte.
Als ich den Kaffe etwas perplex entgegen nahm, nahm er den Mars aus seinem Mund und zog den Karamellfaden mit der Zunge hinein.
Einige Frauen gaben Geräusche von sich, als würden sie unter der Küche auf den Boden schmelzen.
Ich sah nicht wirklich hin, der braune Kaffe war zu verlockend.
"Einmal Kaffe für die Dame."
Ich murmelte ein Danke und drehte mich um, um nicht in irgendwelche Gerüchte verwickelt zu werden.
Bei unserem Platz angekommen, über die Schwelle getreten die den Tisch angrenzte, zu dem langen Gang wo alle anderen Mitarbeiter beschäftigt waren, fühlte ich mich gleich etwas sicherer. So wie eine Zufluchststelle.
Ich nippte an meinem Kaffe, herrlicher Geschmack, besser als der den es in dem Café unter meinem kleinen Appartement gab.
"Du musst nicht vor mir fliehen Diana."
Grinsend stellte sich Ian hinter seinen Platz, eine Hand hielt locker den Mars und ich fragte mich, ob der Name nicht auch ganz passend für den Jungen vor mir war.
Mars war immerhin der Kriegsgott. Und Ian sah aus als würde er jegliche Konkurrenz ohne Probleme zurück lassen.
"Was? Nein nein, ich laufe vor dir nicht weg, ich bin nur nicht wild darauf am ersten Tag in Probleme verstrickt zu werden."
Ich zuckte die Schultern und er nickte verstehend.
"Dann würde ich jetzt lieber gut aufpassen."
Meldete er dann etwas leiser und lehnte sich an den Tisch, sein Blick war hinter mich gerichtet.
Ich drehte mich um und entdeckte eine grosse Schlanke Schönheit. Ihre schwarzen Haare waren
Meisterhaft zu dem perfektesten Dutt den ich jemals gesehen hatte hoch gesteckt.
Schmales Kinn, operierte Nase, super grosse Bambi Augen und Kurven zum Eifersüchtig werden.
Ach du scheisse, diese Frau war ja ein halbes Model.
Und sie kam direkt auf uns zu.
Ihr enger Rock ging nicht viel weiter als bis zu ihren Oberschenkeln, die Bluse war nicht ganz zugeknöpft.
Jetzt waren es die männlichen Mitarbeiter, die mit ihren Stühlen unauffällig zurück rutschten und wohl hofften dass ein sehr kräftiger Windstoss die überflüssige Kleidung weg reissen würde.
Die Frau hatte ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, sie hielt ziemlich genau vor mir  an als würde ich würde ich da gar nicht stehen oder existieren. Dabei stieg mir der Duft von extrem starken rosigen Parfum in die Nase und ich riss mich extrem zusammen nicht zu Niesen, denn es kribbelte.
"Ian, schön dich zu sehen."
Ian grinste breit, so locker wie schon die ganze Zeit, irgendwie kaufte ihm das Jeder ab, so natürlich wie er wirkte. Vielleicht war es ja auch so.
"Ganz meinerseits Fräulein Clair."
Er wackelte mit den Brauen und sie kicherte höher als eine Giraffe mit Stimmbruch.
Das war also die Etage Leiterin. Gut zu wissen, mit ihr sollte ich es mir also definitiv nicht verscherzen.
Wenn da nur nicht mein Sinn dafür werde immer gegen alles zu protestieren was mir nicht passte.
Und dieses Vollweib da vor mir die mich immer mehr zurück drängte, passte mir ganz und gar nicht.
"Alles fit im Schritt."
Scherzte sie und er hob die Hände als wolle er es ihr beweisen.
"In deiner Nähe doch immer."
Ich hob ein Braue. Igitt musste das jetzt sein? Waren die ein Paar oder so? Nein, dem Abstand zwischen ihnen an nicht, doch ich bezweifelte dass Clair ihn nicht gleich ansprang und mit Haut und Haaren verschlang.
Sie kicherte erneut und sah wohl von vorne gerade süss aus, doch ich hatte nur ihren Rücken im
Gesicht, also erkannte ich nicht all zu viel davon.
"Schleim doch nicht so."
Verlegen oder wir auch immer man dieses Schauspiel nennen mochte, verdeckte sie ihr makelloses Gesicht mit den gemachten Fingernägel.
"Nur die Wahrheit, ich würde Sie doch niemals anlügen."
Ja, jetzt wurde es allmählich eklig, und ziemlich unangenehm für mich.
Aber da ich ohnehin ignoriert wurde, versuchte ich an meinem Kaffe zu nippen bevor er kalt ist, obwohl es schwer war den irgendwie zu meinem Mund zu befördern.
"Das ist übrigen Diana, sie arbeitet ab heute auch hier."
In diesem Moment hatte Ian mich erwähnen müssen, und Clair drehte sich abrupt zu mir um.
Viel zu schnell und ruckartig, darauf war ich nicht gefasst sodass ich hoch schreckte.
Der Moment wurde etwas langsamer, als wolle das Schicksal dass ich auch wirklich und ernsthaft leiden musste. Meine Hand hob sich, da ihre Schulter mich anstiess, so nahe war sie, und mein Blick verfolgte die Bewegung genau. Bis ich kapierte was gleich passieren würde, war es zu spät.
Meine Augen weiteten sich.

Jaa Sternchen   was könnte jetzt nur passieren xD
Ich hoffe ihr könnt euch alles gut vorstellen, und wenn ihr Vermutungen zu Ian oder Matthew habt, dann könnt ihr die ruhig äussern. ;)
Ganz viel Liebe auf euch
Tala

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