7. Hilf mir mal kurz!
Hermine Granger p.o.v.
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Dieser Sonntag ist kein richtiger Sonntag. Normalerweise nutze ich diesen freien Tag zur Entspannung, für einen Spaziergang oder einen Ausflug ins Schwimmbad. Aber heute ersticke ich förmlich in Papierkram. Formulare, Aufzeichnungen, Listen. Es ist eine so erschlagende Menge an Material, dass ich nach fünf Stunden entkräftet meinen Kopf auf der Tischplatte ablege.
In der kommenden Woche werde ich in allen Fächern einmal hospitieren und ich bin sehr gespannt darauf, wie sich die Veränderungen des Ministeriums auf den Schulalltag auswirken. Harry und Ron unterstützen Shacklebolt nach allen Kräften. Besonders gespannt bin ich auf Dracos Unterricht. Ich kann ihn mir beim besten Willen nicht als Lehrer vorstellen. Aber ich werde wohl noch einen Tag warten müssen, denn seine Stunde habe ich für Dienstag eingeplant.
Langsam richte ich mich wieder auf und gehe erneut meine Liste durch:
Montag: Alte Runen (Bathsheda), Kräuterkunde (Pomona, Neville), Muggelkunde (Irina)
Dienstag: Geschichte der Zauberei (Cuthbert), Verteidigung gegen die dunklen Künste (Draco), Besenflugstunde (Rolanda)
Mittwoch: Arithmantik (Septima), Astronomie (Aurora)
Donnerstag: Zaubertränke (Horace), Pflege magischer Geschöpfe (Rubeus)
Freitag: Wahrsagen (Firenze, darauffolgende Woche Sybill), Zauberkunst (Filius)
Da ich Irina auch bisher nur persönlich kenne und sie als eher grob kennengelernt habe, interessiert mich auch ihre Gestaltung des Muggelkunde-Unterrichts sehr. Es ist gerade einmal 17:00 Uhr, deshalb beschließe ich, bis zum Abendessen einen Gang durch die Schule zu unternehmen, die ich bisher noch nicht komplett gesehen habe. Schließlich war ich nach dem Neuaufbau nicht mehr wirklich in dem alten Gemäuer oder hatte die Chance mich umzusehen.
Seufzend raffe ich die Pergamentrollen zusammen und verlasse anschließend mein Büro. Auf den ersten Blick sieht das Schulgebäude tatsächlich genauso wie früher aus, nur einige Gemälde sind ausgetauscht worden, ein paar Steinfiguren wurden verändert und es gibt nun ein magisches schwarzes Brett, welches aktuelle Ereignisse und Veranstaltungen anzeigt. Interessiert bleibe ich davor stehen und lese: ≫Neue Schulleiterin Hermine Granger startet motiviert in ihre Amtszeit. Prüfungen für Zauberkunst am 01. und 02. Juni in Etage 4, Zimmer A und C. Nächste Fütterung der Flubberwürmer am Mittwoch. Treffen der Schülersprecher steht noch nicht fest.≪
Ich frage mich, wer die Meldungen für das schwarze Brett hext und überlege mir Septima bei unserem nächsten Treffen danach zu fragen. Danach passiere ich die Eingangshalle und begebe mich auf die Ländereien, die inzwischen hellgrün sind und das Ende des Winters verkünden. Schüler sitzen in kleinen Gruppen auf Bänken oder spazieren zum schwarzen See. Ich nehme den Weg links von mir, der zu den Gewächshäusern führt und bin mir ziemlich sicher, dass ich Neville dort antreffen werde.
Ich spähe durch die Scheiben der einzelnen Türen und entdecke ihn schließlich in Gewächshaus drei. Beflissen öffne ich die Tür und finde ihn voller Erde vor. Seine Arme stecken tief in einem der großen Blumentöpfe und neben ihm schlagen die Tentakeln einer Pflanze um sich, die er versucht einzutopfen.
≫Hey Hermine, hilf mir mal kurz!≪, ruft er atemlos, kurz darauf verpasst er der Pflanze einen Klaps, weil sie ihre Fühler nach ihm ausstreckt: ≫Argh!≪, schnell umrunde ich den Tisch und stehe neben ihm, greife nach den Tentakeln, nachdem ich mir Handschuhe übergezogen habe und halte sie, während Neville die Erde um die Wurzeln verteilt. ≫Die sind wirklich hartnäckige Biester, die können froh sein, dass sie so wertvoll sind, sonst würde ich mir die Mühe nicht machen.≪
Völlig aus der Puste wischt er sich den Schweiß von seiner Stirn und hinterlässt eine Schlammspur darauf. Ich verschränke meine Arme vor der Brust und grinse ihn an: ≫Selbst gewähltes Leid würde ich sagen. Du könntest auch beim Ministerium im geheimen Gewächshaus arbeiten, aber das wolltest du ja nicht.≪
≫Fang bloß nicht damit an, die Arbeitsbedingungen wären lausig gewesen.≪, er winkt ab und kehrt mit seinem Zauberstab die restliche rote Erde vom Tisch. ≫Ach so, was machst du eigentlich hier? Schon nichts mehr zu tun?≪, fragt er lächelnd und entblößt eine Reihe weißer Zähne.
≫Oh doch, aber ich brauche eine Pause. Und du wolltest doch Samen oder sowas besorgen und wolltest eine Genehmigung für finanzielle Mittel, sag mir doch, wie du das bisher gemacht hast.≪, ich ziehe ein Blatt Pergament aus meinem Mantel, das ich vorsorglich eingesteckt habe, sollte ich Neville über den Weg laufen.
≫Ah! Ja, also ich brauche Samen für Schlafbohnen und Setzlinge für Malvenkraut. Das ist nicht weiter schwierig, aber dafür muss ich nach Irland und bekomme deshalb eine Unterkunft und genug Geld, um die Einkäufe zu erledigen. Zum Glück ist Pomona bei ihrem Unterricht nicht auf mich angewiesen, deshalb ist es egal, wann ich fahre.≪, ich nicke und reiche ihm das Blatt. ≫Ich trage hier einfach ein wie viel Geld ich benötige und behalte die Rechnungen, so haben Minerva und ich das immer geregelt.≪
≫Ok, alles klar. Wann willst du fahren?≪
≫Morgen am besten. Die Vorräte sind wirklich knapp und Horace braucht unbedingt Schlafbohnen für den Trank lebenden Todes, der ist nämlich Prüfungsstoff für die 6. Klasse.≪
≫Oh je, es gibt so viel zu wissen und zu koordinieren, ich habe jetzt schon Angst davor das neue Schuljahr zu planen. Dieses Jahr kann ich zum Glück noch die alten Pläne von Minerva benutzen.≪, ich massiere mir meine Stirn mit den Fingern und beobachte die Blätter der Venemosa Tentacula.
≫Wenn du Hilfe brauchst kann ich dir helfen. Ich bin ja auch schon ein paar Jahre da.≪, verlegen kratzt er sich am Hinterkopf.
≫Sehr gern. Ich wollte in der letzten Ferienwoche schon hierher zurückkehren, wenn du möchtest kannst du mir dann zur Hand gehen.≪, antworte ich fröhlich. Neville nickt.
Wir verbringen noch eine Weile damit, der Tentacula mit einer Pinzette ein paar Samen abzunehmen und unterhalten uns über den Schulalltag, an dem Neville zwar eher passiv teilnimmt, aber dennoch kann er mir ein paar nützliche Informationen geben. Irina scheint zumindest eine sehr seltsame Person zu sein. Genau wie Draco hält sie sich was Kommunikation und Kontakt zu Anderen angeht eher zurück, tut aber lautstark ihre Meinung kund, wenn Dinge beschlossen werden sollen, die ihr nicht passen. Bei meinem Gespräch am vorherigen Abend habe ich zumindest von ihr hören können, dass sie in jeder freien Minute zu ihrer Familie in Russland floht, allerdings kann ich mir dann nicht vorstellen, weshalb sie hier arbeitet.
Zum Abendessen beobachte ich gespannt das Treiben der vielen Schüler und Schülerinnen, die ich alle noch nicht kenne. Sie unterhalten sich angeregt während des Essens und beobachten mich verstohlen. Ich kann es ihnen aber auch nicht übelnehmen, schließlich kennt mich fast jeder und plötzlich stehe ich hier und soll die neue Schulleitung sein. Traurig macht mich dabei dennoch der Gedanke an Minerva, die immer eine sehr einfühlsame und dennoch strenge Lehrerin war. Noch weiß ich nicht, ob ich ihrer Nachfolge gerecht werden kann, bin aber dazu entschlossen, es wenigstens zu versuchen.
Die anderen Lehrer sind mehr oder weniger mit sich selbst beschäftigt, denn die Ereignisse der letzten Zeit waren aufwühlend. Einen kurzen Wortwechsel habe ich immerhin mit Septima, die mir erzählt, dass die Schülersprecher für das schwarze Brett verantwortlich sind. Ich werde wohl in den nächsten Tagen mit ihnen sprechen und mich mit ihnen vertraut machen müssen. Auch mit den Vertrauensschülern sollte ich wohl sprechen. Und im gleichen Atemzug fallen mir noch hundert weitere Dinge ein, die ich tun muss, und die voraussichtlich teilweise meinen Abend füllen werden. Schnell beende ich mein Abendessen und eile zurück zu meinem Büro, nachdem ich mich von den restlichen Lehrern knapp verabschiedet habe. Auf dem Weg in den vierten Stock passiere ich einen Gang, aus dem verdächtige Geräusche dringen. Ich sehe mich um und entdecke in der Mitte eine kleine Gruppe von fünf Schülern. Leise dringen ihre Stimmen zu mir, die ich angestrengt zu verstehen versuche.
≫Ihr solltet es doch bis gestern schon beschafft haben!≪, flüstert ein rothaariges Mädchen.
≫Ja, aber in Hogsmeade ist so viel los gewesen, wir konnten nicht ohne aufzufallen dahin verschwinden.≪, antwortet ein braunhaariger Junge.
≫Hey, wenn du es so einfach findest, versuch du es doch das nächste Mal!≪, mischt sich ein großer hagerer Junge, der seine Haare unter einem Spitzhut versteckt, ein. Ich verstehe nicht was das Theater soll, aber als es so aussieht, als würde es gleich eskalieren, schreite ich ein.
≫Würden Sie mir sagen was hier los ist?≪, ich versuche möglichst autoritär zu wirken und baue mich, soweit es mir möglich ist, auf.
≫Nichts wir...≪, beginnt das rothaarige Mädchen, als sie eine Schwarzhaarige mit stark gelocktem Haar unterbricht.
≫Ich hatte noch eine Frage zu den Hausaufgaben von Professor Malfoy, Harvey wollte mir helfen, und hat noch die anderen mitgebracht, weil Sie meinten mir auch helfen zu müssen.≪, Harvey war wohl der braunhaarige, pummelige Junge. Als ich die Kinder genauer betrachte sehe ich, dass sowohl die Rothaarige, als auch die Schwarzhaarige Ravenclaws sind, die Jungen jedoch allesamt Slytherins. Im Moment bin ich mir nicht sicher, ob sie überhaupt gemeinsam Verteidigung gegen die dunklen Künste haben, werde es aber überprüfen und muss sie wohl vorerst gehen lassen. Also lasse ich mir ihre Namen nennen und schicke sie auf ihre Gemeinschaftsräume, es ist ohnehin bald Sperrstunde. Der hagere große Junge heißt also Dexter Wilson, der pummelige Harvey Dunn, der mit dem Spitzhut und dem Muttermal auf der Nase Alister Steward und sie sind Schüler der sechsten Klassenstufe. Die Mädchen besuchen die siebte Klasse. Die mit den schwarzen Krauslocken heißt Olivia Price, die Rothaarige mit den stechend grünen Augen Moira Harris. Allein die unterschiedlichen Klassenstufen schließen eine gemeinsame Teilnahme an Verteidigung gegen die dunklen Künste aus, sie haben mich belogen. Offensichtlich geht hier irgendetwas vor sich, das ich früher oder später herausfinden und beenden muss. Außer es ist etwas Harmloses, aber das wird sich zeigen. Vielleicht kann ich auch die anderen Lehrer darum bitten sie im Auge zu behalten.
Nachdem ich die halbe Nacht über weiterem Papierkram gebrütet habe steht meine erste Hospitationsstunde an. Alte Runen bei Bathsheda. Ich selbst habe alte Runen sehr gern besucht und freue mich darauf erneut eine Stunde erleben zu dürfen. Ich bin pünktlich da und setzte mich in die letzte Reihe, um alles im Blick zu haben. Bathsheda kommt kurz nach mir, mit einem langen mitternachtsblauen Umhang und passendem Hut. Sie ist durchschnittlich groß und hat ein rundes freundliches Gesicht. Ihre grauen welligen Haare trägt sie offen, sodass sie knapp auf ihren Schultern aufliegen.
≫Schön, dass du da bist Hermine! Ich unterrichte heute eine dritte Klasse, das heißt wir behandeln noch die Anfänge, sind inzwischen aber bei den Runen Ingwaz und Dagaz angekommen. Wenn du mitarbeiten möchtest kann ich dir eines der Unterrichtsbücher zur Verfügung stellen.≪, beginnt sie geschäftig, während sie Runentabellen auf jeden Platz schweben lässt.
≫Sehr gern, sind die Bücher noch immer hier im Schrank?≪
≫Ja, bedien dich!≪
Ich nehme mir eines der Exemplare von ‚Alte Runen leicht gemacht' und gehe zurück an meinen Platz, der inzwischen ebenfalls eine Tabelle beherbergt. Bathsheda nennt mir die Aktuelle Seitenzahl, als die ersten Schüler und Schülerinnen verschlafen den Klassenraum betreten. Manche begrüßen mich freundlich, andere bemerken mich gar nicht. Tatkräftig breite ich ein paar Schreibmaterialien vor mir aus und mache mir Notizen. Ich habe nach wie vor keine negativen Anmerkungen zu ihrem Unterricht zu machen. Souverän und geduldig erläutert sie die verschiedenen Bedeutungen von Ingwaz und ihre Auslegung im Runenorakel.
Nach der Stunde unterhalte ich mich kurz mit Bathsheda über meine Notizen und verabschiede mich, denn kurz danach findet bereits Kräuterkunde statt. Heute eile ich zu Gewächshaus drei, in dem die gleiche dritte Klasse unterrichtet wird. Viel Zeit zum Schreiben habe ich nicht, da Pomona mich direkt in ihre Unterrichtsgestaltung einspannt und ich einmal mehr Alraunen umtopfen darf, die aber bereits kurz vor ihrer Pubertät sind. Neville hat wieder seine liebe Not mit der richtigen Platzierung seiner Ohrenschützer, kurz wirkte er wie vor einer Ohnmacht, fing sich aber rechtzeitig. Auch hier habe ich nichts zu beanstanden.
Auf Muggelkunde bin ich nach wie vor gespannt. Ich begebe mich nach der Mittagspause in den entsprechenden Klassenraum und finde Irina in einem leuchtend hellblauen Umhang vor, der prunkvoll geschmückt ist. Ihr Hut liegt auf ihrem Schreibtisch, während sie etwas an der Tafel skizziert, das nach einem Computer aussieht.
≫Hallo Irina.≪, begrüße ich sie freundlich und beobachte ihre präzise Linienführung.
≫Guten Tag, Hermine.≪, sie sieht mich nicht an, sondern führt seelenruhig ihre Zeichnung fort, ≫Du kannst dich in die erste Reihe setzen, ganz links ist ein freier Platz. Heute sprechen wir über den Computer und seine Eigenschaft Muggeln das Einkaufen zu ermöglichen. Es handelt sich um die siebte Klassenstufe. Wenn du willst nimm dir ein Buch aus dem Schrank neben der Tür.≪
Zweifellos war die ganze Angelegenheit damit für sie erledigt, denn sie ignoriert mich geflissentlich. Entspannt nehme ich mir ein Buch und setze mich an das mir zugewiesene Pult. Nach und nach strömen die Schüler in den Raum, mit ihnen auch die beiden Ravenclaws Olivia Price und Moira Harris. Sie tuscheln aufgeregt, als sie an ihrem Platz sitzen, Olivia kritzelt ein paar Worte auf einen Schnipsel Pergament. Mit gerunzelter Stirn wende ich mich ab und bemerke, dass alle Schüler und Schülerinnen augenblicklich still werden, da Irina mit verschränkten Fingern an ihrem Pult lehnt.
≫Guten Tag, Klasse. Ich nehme an, Sie haben alle den Aufsatz beendet. Ich bitte Sie nun darum mir Ihre zwei Rollen Pergament nach vorn zu bringen. Diejenigen, die es vergessen haben, bleiben nach der Stunde und holen die Hausaufgaben nach.≪, spricht sie mit kühler Stimme.
Überraschend still und geordnet geben alle ihre Pergamente ab und kehren an ihre Plätze zurück. Irina führt dann ihren Unterricht fort. Generell wirkt ihre Art und Weise zu unterrichten mehr als unterkühlt, aber als schlecht kann ich es dennoch nicht beurteilen. Ich bin froh als die Stunde beendet ist, da ich fürchte mir eine Blasenentzündung zuzuziehen, müsste ich mich noch weiter in Irinas Umgebung aufhalten. Nach einer kurzen Rückmeldung meinerseits zu ihrem Unterricht, die sie sich beiläufig anhört, gehe ich zurück in die Richtung meines Büros und sehe, wie Draco mit den gleichen Schülern, die ich gestern bereits ermahnte, offensichtlich eine Auseinandersetzung hat. Den großen hageren Dexter Wilson hat er dabei an seinem Umhang gepackt, die anderen versuchen sich offenbar aus ihrer Situation zu winden. Tapfer gehe ich auf die Ansammlung von Menschen zu und melde mich zu Wort:
≫Gibt es ein Problem Draco?≪
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