35. Hermine und Draco IV.

35.1 Draco Malfoy p.o.v. - Beweg dich nicht zu viel.

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Als ich aufwache schmerzt mein ganzer Körper, instinktiv lege ich eine Hand an meine Schläfe und zucke zusammen. Eine zähe Flüssigkeit benetzt meine Finger und scheint in meinen Haaren zu kleben. Ich betrachte meine Hand entrückt, die nun mit Blut befleckt ist, das offenbar aus einer Wunde stammt.

Irritiert richte ich mich vom Steinboden auf, nur leichtes Mondlicht dringt durch das vergitterte Fenster und ermöglicht es, dass ich etwas sehen kann. Dieser Dawlish hat mich mit dem Cruciatus und vermutlich noch ein paar anderen Flüchen gefoltert, wahrscheinlich hat die Sache ihren Reiz verloren, als ich ohnmächtig wurde.

Was soll das alles? Warum versucht diese Person erst jetzt sich zu rächen, wo es doch viel zu spät ist? Ich versuche logisch darüber nachzudenken, wer wollen könnte, dass ich meine Zeit in Askaban absitze. Theoretisch könnten es meine Eltern sein, immerhin wollten sie meinen Kontakt zu Granger unterbinden... eine Anschuldigung zu einem Mord wäre da wohl nicht weit hergeholt. Lediglich den Vorfall mit der Banshee konnten sie nicht wissen und der schien immerhin auch dem Ministerium gemeldet worden zu sein...

Wieder zuckt ein scharfer Schmerz durch meine Schläfe, zischend setze ich mich auf das harte Bett und massiere meine Kopfhaut. Granger musste eine Lösung finden.

Stunden später, langsam wird es heller, öffnet jemand das Fenster in meiner Zellentür, ein Wärter sieht mich an. Ich bin gerade dazu übergegangen ein paar Runden durch den kleinen Raum zu gehen, weil es mich zunehmend kirre macht, nur herumzusitzen.

≫Hinsetzen.≪, knurrt der Schwarzhaarige.

Augenrollend komme ich dem nach, was er sagt. Sofort schießt er einen Handschellenzauber auf mich, um dann die Tür zu öffnen und ein Tablett mit einer Schüssel auf dem Boden abzustellen. Die Flüssigkeit darin schwankt und hinterlässt eine kleine Pfütze auf dem Tablett.

≫Beweg dich nicht zu viel, sonst werden die Kalorien dieser Suppe nicht mehr ausreichend sein, Malfoy.≪, höhnend sieht er auf mich herab, während ich mich nicht von der Stelle bewegen kann. Am liebsten hätte ich die Suppe auf seinem Gesicht geleert.

≫Ich will mit jemandem sprechen.≪

≫In der ersten Woche gibt es keine Besuche.≪, entgegnet der Wärter amüsiert.

≫Ach ja? Man sagte, ich dürfte einen Anwalt haben.≪

≫Wenn es zur Verhandlung kommt.≪

≫Hören Sie, die Vorwürfe sind sowieso aus der Luft gegriffen, lassen sie mich mit Granger sprechen.≪

≫Was soll sie denn tun? Sie kann Ihnen nicht helfen, jetzt wo ihr der Posten der Schulleiterin abgenommen wurde.≪, ein hämisches Grinsen bildet sich auf seinen Lippen, worauf sich der kurze Schnauzer auf seiner Oberlippe ebenfalls verbiegt. Meine Augenbrauen senken sich, als ich ihn böse anstarre.

≫Das soll wohl ein Scherz sein.≪

≫Ist es nicht. Der Beirat hat es gestern beschlossen.≪, ich lecke über meine Unterlippe, Unsicherheit kommt in mir auf. Wenn sie auch gefeuert wurde, wird es schwer dem etwas entgegenzusetzen. Jeder wird denken, dass sie beteiligt war oder mich gedeckt hat. Das mochte zwar stimmen, andererseits sollte sie nicht wegen meiner Dummheit büßen müssen. ≫Keine Sorge, Miss Beljajew wird sich darum kümmern. Sie ist immerhin die Schwester von Ivan Wolkow, dem Rektor der Zauberschule Russlands.≪, Ogon' Drakona', das sogenannte Drachenfeuer des Ostens. Selbstverständlich habe ich bereits von der Schule gehört. Seitdem Wolkow die Leitung übernommen hat, tritt die Schule nur negativ in Erscheinung. Ähnlich zu Durmstrang öffnet sie sich zunehmend der dunklen Magie und verankert diverse Flüche, in Zusammenarbeit mit dem russischen Zaubereiministerium, im Lehrplan. Granger besuchte ebenfalls eine Schule in Russland... ob es dieselbe war? Mir wird bewusst, dass ich erschreckend wenig über sie weiß. Aber wozu auch, immerhin war das bisher nicht notwendig.

≫Müssen Sie nicht arbeiten?≪, schnarre ich, seine Anwesenheit nervt mich.

≫Momentan habe ich mehr Spaß daran, dir die Zukunft schwarzzumalen.≪, dann wendet er sich ab, im Vorbeigehen stößt er die Schüssel mit seinem Fuß um, der Inhalt übergießt sowohl Tablett, als auch Fußboden mit einzelnen Fadennudeln. Fetttropfen glänzen im spärlichen Licht. ≫Das tut mir leid! Keine Sorge, in fünf Stunden gibt es Mittagessen. Du wirst dich freuen, es wird wieder Suppe sein! Aber mit Reis.≪

Ich sage nichts dazu, warte bis er meine Zelle verschließt, der Zauber mich freilässt. Ruckartig stehe ich auf, sammele die Schale vom Boden auf, um sie mit voller Wucht gegen die Wand zu werfen, von der sie unbeeindruckt zurückprallt. Plastik.

≫Die wollen mich nur mürbe machen. Vielleicht ist Granger gar nicht ihres Amtes enthoben worden.≪, flüstere ich zu mir selbst. Wahrscheinlich wirke ich gerade reichlich verwirrt und mürbe, aber in diesem Loch wird mich sowieso niemand zu Gesicht bekommen. Sollte Granger versuchen wollen, mich zu besuchen, gäbe es bestimmt einige Wärter und Ministeriumsangestellte, die das nicht gut finden und zu verhindern wissen.

Das Geschirr verschwindet irgendwann auf magische Weise, lässt allerdings die Nudeln auf den Steinen zurück, deren Geruch sich in der Luft verbreitet und meinen Hunger anfacht.

Mit der Zeit frage ich mich, wann Dawlish wieder in der Tür steht, damit er mich foltern kann. Gleichermaßen erhoffe ich mir ein paar erklärende Worte seinerseits, die bei seinem letzten Besuch ein wenig zu karg ausgefallen sind. Ich will wissen, welchen Zweck das erfüllen soll und welches Ergebnis er sich von seinen Flüchen erwartet. Sterben kann es nicht sein, dann wäre ich nämlich längst nicht mehr am Leben. Oder er versucht, mich nach und nach umzubringen, was ich ihm zutraue.

Die versprochene Suppe zum Mittagessen wird von einem anderen Angestellten, mit der gleichen Prozedur, vorbeigebracht und ich zögere, bevor ich sie esse. Was, wenn sie vergiftet wurde? Was, wenn sie meinen gesundheitlichen Zustand, das Einzige, das momentan noch funktioniert, ebenfalls zerstört? Laut protestierend knurrt mein Magen, also esse ich sie schließlich doch und liege abwartend auf meiner Matratze. Beinahe rechne ich damit, dass ich mich übergeben muss oder mir schwindelig wird. Vorerst geschieht nichts dergleichen, weshalb ich mich entspanne.

~*~

35.2 Hermine Granger p.o.v. - Hallo, Miss.

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Der Raum der Planeten. Schwarz und unscheinbar erscheint er, ganz im Gegensatz zu den schwebenden Himmelskörpern und der Sonne, die man nur mit einer beschichteten Brille betrachten kann. Nachdenklich sitze ich an meinem Schreibtisch an der Wand, über den hinweg ich das langsame Umkreisen beobachte. Es handelt sich um eine exakte Abbildung unseres Sonnensystems, die, zusätzlich zu den Planeten selbst, auch die aktuelle Position zeigt.

Und ich befinde mich an diesem Ort in der Mysteriumsabteilung, weil ich von Hogwarts suspendiert wurde und damit wieder meine alte Arbeitsstelle besetze. Trotzdem sind meine Gedanken überall, nur nicht bei meinem aktuellen Forschungsansatz. Unzufrieden verziehe ich meinen Mund, mustere die Formeln in meinem aufgeschlagenen Notizbuch. Ein Tag ist seit Dracos Verhaftung ins Land gegangen, Terence kann den Fall nicht übernehmen, weil er sich momentan im Ausland befindet. Noch dazu wurde jeder meiner Anträge, auf einen Besuch in Askaban abgelehnt, weil es aufgrund interner Angelegenheiten nicht möglich sei.

Als die Erde sich soweit gedreht hat, dass England im Schatten liegt, habe ich allerdings eine Idee.

Außergewöhnliche Zustände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Und so finde ich mich am nächsten Nachmittag vor dem Tor der Malfoys wieder. Es widerstrebt mir, diesen Menschen so nahe zu kommen, wie es heute notwendig ist, aber ich glaube keine andere Möglichkeit zu haben. Mein Plan sieht folgendermaßen aus: ich versuche ein paar Haare von Narzissa zu stibitzen, damit ich in ihrer Gestalt zu Draco gelange. Wie es sich herausgestellt hat, ist sie diejenige, die in seinem Brief erwähnt wurde, nachdem ich der Verwaltung des Ministeriums einen Besuch abstattete. Nur will ich den Tag nicht vor dem Abend loben, es kann alles anders kommen, als ich es mir vorstelle.

Entschlossen betätige ich die Glocke, die neben dem schmiedeeisernen Tor hängt, worauf sie leise läutet. Langsam öffnen sich die beiden Flügel, ich trete hindurch und folge einem Steinweg bis zur Tür, die bereits von einem Elfen geöffnet wurde.

≫Hallo Miss, wen darf Gilly dem Meister melden?≪, sagt sie, ihre Ohren zittern leicht, ihr Körper wird von einem sauberen, und darüber staune ich sehr, Geschirrtuch umschlossen. Insgesamt sieht sie recht jung aus.

≫Hermine Granger.≪

≫Gilly kommt gleich zurück.≪, entgegnet sie, verschwindet im Inneren des dunklen Herrenhauses. Unwohl sehe ich mich um und entdecke knorrige Rosensträucher, die entlang der Außenmauer gepflanzt wurden und vermutlich seit vielen Jahren dort wuchsen. Innerlich bereite ich mich auf dieses Gespräch vor und bin kurz davor zu flüchten, aber bevor ich das umsetzen kann, erscheint die Elfe erneut. ≫Gilly bringt sie zu Master Malfoy.≪

Ich folge der Elfe, wir durchqueren einen düsteren Korridor, der mit einzelnen Gemälden und einem langen Teppichläufer dekoriert wurde, trotzdem aber wie ein trübseliger Ort wirkt. Wir betreten einen Salon, nicht den, in dem ich gefoltert wurde, Malfoy Senior sitzt an einer Teetafel, seine Frau ist nicht anwesend.

≫Miss Granger! Was für eine Ehre. Setzen Sie sich bitte.≪, dass es eine Freude für ihn ist, glaube ich keineswegs, immerhin erreicht sein kühles Lächeln nicht seine Augen. Dennoch komme ich seiner Aufforderung nach und nehme auf dem Stuhl, der ihm an der runden Tafel gegenüber steht Platz.

≫Mister Malfoy.≪, sage ich und nicke ihm zu. Einen Moment lang sehen wir uns prüfend an, dann lehnt er sich zurück und lässt ein Stück Kandiszucker in seine Tasse schweben.

≫Was führt Sie zu mir?≪

≫Sie wissen, dass ihr Sohn verhaftet wurde und in Askaban sitzt?≪, frage ich geradeheraus. Seine Augen blitzen amüsiert.

≫Natürlich weiß ich das. Aber wissen Sie, wenn er wieder auf freiem Fuß ist, wird er feststellen, dass er auf ihrer albernen Schule nur in Schwierigkeiten gerät.≪, müßig streichen seine Finger über den Henkel einer Tasse, die vermutlich aus feinem englischen Porzellan gefertigt wurde.

≫Haben Sie behauptet, dass er Minerva umgebracht hat?≪

≫Wer weiß das schon? Hat man Ihnen diese Information nicht anvertraut? Immerhin geht es um Ihren Angestellten.≪, amüsiert hebt er einen Mundwinkel, ich schiele auf meine eigene Teetasse, die sich wie von Zauberhand mit einem bernsteinfarbenen Tee gefüllt hat.

Selbstbewusst begegne ich seinem Blick und studiere seine Züge genau, als ich antworte: ≫Ich wurde suspendiert.≪

Es scheint ihn nicht zu überraschen, er neigt seinen Kopf in meine Richtung.

≫Bedauerlich.≪

So komme ich nicht weiter. ≫Wo ist Ihre Frau?≪

≫Sie ist... nicht zugegen.≪, kryptisch verschränkt er seine Finger auf dem Tisch. ≫Vielleicht sollten Sie mir das nächste Mal einen Brief zukommen lassen, dann könnte ich es arrangieren, dass wir Sie beide in Empfang nehmen.≪

Er glaubt also, dass es ein nächstes Mal geben wird? Das bezweifle ich. Während er das alles sagt kann ich es förmlich spüren, dass er lügt. Lucius ist wirklich gut darin, zu lügen. Aber ich bin besser darin, es zu erkennen.

≫Dürfte ich wohl ihr Badezimmer benutzen?≪, frage ich freundlich, worauf er mit einer Hand auf die Tür deutet, durch die ich den Raum betreten habe.

≫Selbstverständlich. Folgen sie linker Hand dem Flur, es ist die zweite Tür auf der rechten Seite.≪, antwortet er lapidar. Sobald ich mich erhoben habe, greift er nach dem Tagespropheten, der neben ihm auf dem Tisch liegt und versperrt mir die Sicht auf ihn, als er die großen Seiten auseinanderfaltet.

Ich durchquere den Flur und lege eine Hand auf den Türknauf der besagten Tür, aber ich halte inne und sehe mich um. Erinnerungen an meinen letzten Besuch in diesem Haus flackern vor meinem inneren Auge auf, ich gehe weiter den Flur entlang und erreiche den zweiten, größeren Salon. Langsam öffne ich die Tür, mein Blick fällt sofort auf den üppigen Kronleuchter an der Decke, ich beachte ihn jedoch nicht weiter, durchquere den Raum und erreiche die Tür, die zu den Kerkern führt. Schnell und leise öffne ich sie, steige die Treppenstufen herunter, die links daneben im Boden verschwinden. Kerzen an den Wänden entzünden sich flackernd, während ich weiter in die Tiefe steige und schließlich an der Kerkertür ankomme.

Alohomora.≪, flüstere ich, worauf sich das Schloss mit einem Klacken öffnet und die Tür einen Spalt aufgleitet. Ich schlucke und werfe einen Blick in das Innere. Nach Luft schnappend lege ich eine Hand auf meinen Mund, während die andere fest meinen Zauberstab umklammert. Ruckartig springt mein Puls in die Höhe, ich kann einfach nicht glauben, wer da vor mir im Kerker sitzt.

≫Miss Granger, dass es sich hierbei nicht um das Badezimmer handelt,werden Sie hoffentlich schon bemerkt haben.≪, knurrt jemand hinter mir. Ich schnelle herum, erhasche einen Blick auf Malfoys wutverzerrtes Gesicht. ≫Expelliarmus!≪, bellt er und ich bin meinen Stab los. Er schickt einen ≫Stupor!≪hinterer, der mich mitten auf meine Brust trifft und in den Kerker stößt. Mir wird schwarz vor Augen.

~*~

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