Verlust


Säbel heraus! Die Klingen fein blinken und blitzen im Sonnenschein,

Und die leichte Brigade, nun ist sie hinein,

fast über sich selber verwundert;

Ihre Säbel , in Rauch und Pulverqualm,

singen manch einem den letzten Psalm,

aber endlich, aus Qualm und Rauch

und ermattet bis auf den letzten Hauch, abgejagt und abgehetzt, müssen sie rückwärts, rückwärts jetzt-

nicht mehr Sechshundert

(Angriff der leichten Brigade)

Mit Erstaunen sah Kate zu wie Elijahs Wunde langsam aufhörte zu bluten. Normalerweise wäre er schon längst an Blutverlust gestorben. Schockiert sah sie ihre Begleiter an. Thy gegenüber von ihr sah nicht überrascht aus und auch die Mädchen vorne schienen sich nicht über Elijahs Heilung zu wundern.  Kate schüttelte den Kopf, sie war unglaublich verwirrt.
"Was zum Teufel ist hier eigentlich los?"  Thy zuckte bei ihren Worten zusammen und sah auf.
"Erwähne seinen Namen bitte nicht."

"Ja, da krieg ich eine Gänsehaut." meinte Lucy.

"Was? Okay, ich will auf der Stelle wissen, was hier los ist.
Wer waren diese Leute, die auf euch geschossen haben.
Warum heilt er und ist noch nicht tot? Und wohin fahren wir überhaupt?" Thy war der einzige dessen Gesicht sie sehen konnte und seine Miene verhieß nichts Gutes. Er schien müde und traurig.

"Haltet an! Sofort!" schrie sie und trat gegen das Fahrerdach.

Lucy schimpfte etwas Unverständliches hielt dann aber an. Sie waren weit gekommen. Irgendwo im Bayou. Hier gab es keine Straßen mehr, nur unbepflasterte Waldwege.
Alle stiegen aus. Lucy ließ das Scheinwerferlicht an, es war immer noch stockfinster, besonders hier wo keine Sterne leuchteten. Aria hielt sich den Bauch und lehnte sich an das Auto.
Thy hielt ihre Hand. Lucy stieg auf die Ladefläche und sah nach Elijah.Man konnte ihr die Sorge um ihren Geliebten ansehen.

"Also.."

Kate sah sie einen nach dem anderen an. Sie wollte Antworten. Aria nahm ihre Hand und sagte ruhig.

" Danke, Kate. Ohne dich hätten wir es vermutlich nicht geschafft. Wir wissen, dass du antworten willst, aber dir muss davor klar sein, das sich das alles hier wirklich verrückt anhören wird."

"Wie verrückt?" Aria lächelte schief. "Sehr verrückt." Kate seufzte. "Ich will es dennoch wissen."

"Na gut. Vergiss nicht, dass ich dich gewarnt habe. Mein ganzer Name ist Ariadne und ich bin ein Engel. Geflohen aus dem Himmelreich. Das ist Thymian, ein Dämon. Lucy ebenfalls. Elijah ist zur Hälfte Engel, soweit ich das beurteilen kann. Diese Leute waren früher meine Lehrer. Weil ich abgehauen bin, suchen sie jetzt nach mir und wollen mich mit allen Mitteln zurückbringen. Ist nicht gut für das Image meines Schulleiters wenn ihm Jungengel abhauen."

Kate sah sie verständnislos an und war still. In ihrem Kopf begannen die seltsamen Ereignisse, die um ihre Mitbewohner geschehen waren, Sinn zu ergeben.

"Du sagtest ja, das es eine verrückte Geschichte ist."

Lucy sprang von der Ladefläche und stellte sich zu ihnen.
Ihr Kleid war während ihrer Flucht zerrissen und überall klebte Erde.
Kate sah an sich herunter und stellte fest das sie diesem Bild ebenfalls entsprach. Sie alle sahen erschöpft und dreckig aus.

"Du glaubst uns?" Kate warf ihre langen Haare zurück, strich ihre schwarze Hose und ihr schwarzes T-shirt zurecht und zog dann die Augenbraun zusammen. Schließlich antwortete sie:

"Nein, ich glaube, ihr habt so eine Art Bandenkrieg am Laufen und diese Dämonen- Engel Geschichte sind eure Gangnamen. Aber egal, es interessiert mich nicht. Euer Freund wirds überleben, auch wenn ich keine Ahnung habe wie und ich muss nach Hause.
Ich habe Amy ganz alleine gelassen und das ist unverzeihlich. Also, viel Glück noch." Kate machte anstalt zu gehen, als Elijah anfing wie wild zu zucken und schmerzhaft aufstöhnte.
Lucy rannte zu ihm und hielt ihn fest. Thymian half ihr.

"Kate, bitte. Ruf Grandmere an und sag ihr sie soll sich um Amy kümmern. Wir brauchen dich." Kate zögerte. Sie wollte zu ihrer Tochter, wollte sie halten und sie beschützen, doch hier lag ein Mensch, der ihre Hilfe brauchte. Elijah schrie auf und Kates Wahl war getroffen.

Sie warf Aria ihr Handy zu und sagte:" Ruf Grandmere an und erklär ihr alles. Ich kümmere mich um Elijah."
Kate sprang auf die Ladefläche und half Lucy und Thymian dabei ihn auf die seite zu drehen. So hielten sie ihn bis der Anfall vorüber war und er sich beruhigt hatte. Kate untersuchte die Wunde noch einmal und stellte eine seltsame Färbung an dessen Rändern fest.
"Gift." murmelte sie vor sich hin. Lucy sah sie erschrocken an.

"Was können wir tun?"

"Nein!" schrie Aria und brach in Tränen aus. Sie hielt das Handy in der Hand und sprach mit Kate Großmutter.

"Aber, das ist unmöglich! Nein! Wir waren noch vor ein paar Stunden dort! Das ist einfach nicht möglich."

Sie ließ das Handy fallen und stand erstarrt da. Thy sah sie verwirrt an und ging schließlich zu ihr. Wie in Trance starrt sie vor sich hin. Ihr Gesicht war kreidebleich und tränenfeucht. Kate stand langsam auf, ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen und gefühllos fragte sie Aria nach dem Grund für ihr Verhalten. Aria sah sie an.

"Die Sporthalle. Sie hat Feuer gefangen. Alle Menschen darin sind tot. Die Türen waren versperrt. Alle sind tot. Tot." Kate verstand die Bedeutung ihre Worte nicht sofort. Fieberhaft überlegte sie und dann erkannte sie was ihr Verstand nicht erkennen wollte.

"Amy, meine kleine Tochter. Sie...sie ist..." Kate kippte um, fiel neben Elijah auf die Ladefläche und blieb besinnungslos liegen. Lucy weinte stumm und sah Aria an.

"Ist ihre Tochter wirklich...?" Aria nickte unglücklich. "Grandmere sagte, das niemand entkommen konnte. All diese Menschen. Unsere kleine Amy."

Thymian zog seine Jacke aus und legte sie Kate unter den Kopf. Auch er weinte stumme Tränen der Trauer um dieses kleine Mädchen, dass sein Herz berührt hatte.

"Wo fahren wir nun hin?" fragte Lucy nach einiger Zeit. "Weiter." antwortete ihr Elijah. Er sah sie an. "Du bist wach, Kumpel." meinte Thy. "So schnell kratz ich nicht ab. Ich kenn hier in der Nähe eine Hütte. Dort können wir uns verkriechen bis alles wieder okay ist." "Es wird nie wieder okay sein." antwortete Kate ihm leise. Darauf sagte niemand ein Wort. Niemand wagte es ihr zu widersprechen. Lucy setzte sich wieder hinter das Steuer und gemeinsam fuhren sie weiter bis sie das Haus, von dem Elijah erzählt hatte, sahen.

Es war nicht groß, eher eine Hütte. Die Fassade bestand aus altem dunklem Holz und war schon etwas baufällig. Lucy und Thymian trugen Elijah zur Veranda und setzten ihn dort auf einen der Stühle. Aria und Kate kamen langsam nach.
"Wo ist der Schlüssel?" fragte Thy Elijah. Dieser schüttelte den Kopf.

"Ich habe keinen Schlüssel. Der Kerl, dem diese Hütte gehört hatte, ist schon lange tot. Es gibt einen Hintereingang. Zerschlag dort eines der Fenster und schließ so die Tür auf."

Elijahs Stimme war immer leiser geworden und man sah ihm an, dass es ihm große Mühe kostete bei Bewusstsein zu bleiben.
Thymian lief sofort los. Kate stand abseits und starrte auf die Erde vor ihr. Leise flüsterte Lucy:" Glaubst du sie übersteht das?"
Aria schüttelte den Kopf. "Amy war alles was sie im Leben gehabt hat. Ich glaube kaum, dass sie über diesen Verlust hinweg kommt."

"Dann müssen wir auf sie aufpassen und ihr zeigen das es noch so viele Dinge gibt für die es sich zu leben lohnt." Aria lächelte.

"So viel Optimismus von einer Dämonin?" Lucy lächelte ebenfalls. "So viel Pessimismus von einem Engel." Thymian riss die Tür auf und ließ sie in die dunkle Hütte. Bis auf zwei alte Laternen war es stockfinster. Die Laternen warfen unheimliche Schatten an die Wände und ließen die Wirklichkeit verschwimmen. Die Hütte war auch innen verfallen. Es gab ein Sofa und ein paar Stühle, dazu eine alte Küche. Elijah wurde sofort auf das Bett gelegt. Kate setzte sich neben ihm auf den Boden. Lucy sah sich auf dem Dachboden nach Decken oder anderen nützlichen Dingen um. Aria und Thy durchsuchten die Küche.

"Geht es dir gut?" fragte Thy vorsichtig. "Natürlich. Wir sind alle am Leben und in Sicherheit." Er sah sie eindringlich an.

"Das meinte ich nicht." Aria schluckte und senkte den Blick.

"Ich... ich habe Angst vor ihnen, Thymian. Diese Aktion heute war einfach nur Wahnsinn. Ich habe Fiore noch nie so erlebt. Und ich weiß nicht was wir tun sollen."

Thy nahm sie zärtlich in die Arme und küsste sie auf die Wange.

"Ich bin bei dir egal was passiert, ich hoffe nur du bereust nicht mit mir geflohen zu sein." Aria lehnte sich bestürzt zurück.

"Bist du verrückt. Nein, nein!! Das war die beste Entscheidung meines Lebens. Ich habe so viel erlebt und gelernt. Ich habe gelebt und wenn sie uns finden und mich vernichten, dann werde ich mit einem Lächeln im Gesicht sterben, denn du hast mir das Leben geschenkt.

Sag so etwas nie wieder." Mit gespielter Entrüstung schlug sie ihn leicht und küsste ihn dann innig.

"Igitt. Haltet euch zurück solange wir auf so engem Raum zusammen leben, okay?" Lucy verzog das Gesicht als sie die beiden eng umschlungen sah. "Da oben ist noch ein Doppelbett. Da passen sicher drei von uns rein. Ich denke, ihr Turteltäubchen solltet euch das Bett mit Kate teilen. Ich bleibe unten bei Elijah."

"Was ist mit wachen? Sollte nicht einer von uns wach bleiben und die anderen wecken wenn etwas passiert?" fragte Thymian.

"Gute Idee. Ich fange an. Thymian, du als nächster. Danach Aria. Die letzte Schicht übernehme wieder ich. Vermutlich kann ich sowieso nicht schlafen. Jeder bleibt nur etwa zwei Stunden wach, dann holt ihr den nächsten. Einverstanden?" Jeder nickte und sie begaben sich zur Ruhe. Es war ohne Zweifel für jeden ein anstrengender Tag gewesen.

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