Eine neue Welt
Ein kleines braunhaariges Mädchen saß am Küchentisch und aß Cornflakes aus einer pinken Schüssel. Thymian berührte sein graues T-shirt und die schwarze Jeans und fragte sich einen Moment ob er Kate auch um neue Kleider hätte bitten sollen. Das Mädchen sah ihn an und lächelte, sofort verwarf Thy den Gedanken an neue Kleider. Er hatte noch nie zuvor ein Kind aus der Nähe gesehen. In der Hölle gab es keine Kinder, nur Junge Demonen wie ihn doch im Prinzip waren sie alle körperlich schon ausgewachsen. So ein kleines und zugegeben niedliche Wesen hatte er noch nie gesehen.
"Hallo." sagte die Kleine und lächelte noch breiter und entblößte eine Zahnlücke. Thy erwiederte das Lächeln und kam näher. Kate stand am Küchentisch und schmierte Brote, auch sie lächelte ihn kurz an und deutete auf den Esstisch. Die Küche war klein und sehr alt. Es gab einen Gasherd und einen Ofen, viele Schränke und Kästen, alle in Blautönen.
Am anderen Ende der Küche befand sich eine Spüle, darüber drei im Halbkreis angeordnete Fenster. Die Sonne erleuchtete den Raum, sodass keine Notwenigkeit für elektisches Licht bestand. Neben Kate, auf der Arbeitsplatte stand ein kleiner Fernseher. Die Lautstärke war nicht voll aufgedreht, daher konnte man immer noch die Vögel drausen hören.
Das kleine Mädchen sah Thy aufmerksam an und lachte plötzlich. Thy war fasziniert und beobachtete sie ebenfalls aufmerksam.
"Warum lachst du, kleines Mädchen?" fragte er sie neugierig.
"Ich lache, weil du lustig bist. Übrigens ich bin Amy."
"Aha. Wohnst du auch hier?" Wieder lachte Amy, doch diesmal konnte er Kates lachen hinter sich ebenfalls hören. Kate drehte sich um und kam zu ihnen, in der Hand hatte sie eine Pausenbox. Thy nahm an das darin die Brote verstaut waren. Erst jetzt bemerkte Thy die seltsame uniform die Kate trug. Sie bestand aus einem pinken rock und einer ebenfalls pinken Bluse. An ihrer Bluse befand sich ein Namensschild.
Da der Rock so kurz war, hatte Kate sich hohe Stieffel angezogen um zumindest ein bisschen auf abzudecken. Thy konnte es ihr nicht verübeln, dieses Gewand konnte selbst eine anständige Frau wie eine Hure aussehen lassen.
"Thy, das ist meine Tochter Amy." Thy nickte, doch er wusste nicht was das eine mit dem anderen zu tun hatte. Bor hatte vor ihm noch andere Zöglinge gehabt, viele hatten vom Tag ihrer Entstehung alleine gelebt. Thy war eine Ausnahme gewesen.
"Also wohnt sie hier?" Kate und Amy sahen ihn stirnrunzelnd und zum Teil auch amüsiert an.
Thy konnte die Ähnlichkeit zwischen beiden sehen. Sie war tatsächlich ihre Tochter.
"Natürlich. Er macht nur Scherze." Aria war die Treppe hinunter gekommen und stand nun im Türrahmen. Sein Blick folgte ihren langen Beinen hinauf zu dieser unverschämt kurzen Hose, über eine hübsche blaue Bluse, die Arias Augen unter den dichten wimmpern zum strahlen brachten, nur um schlussendlich ihr Gesicht zu betrachten. Thy lächelte unwillkürlich, denn er wusste das sie nur ihm gehörte.
"Danke für die Kleider, Kate. Du bist wirklich eine Lebensretterin." sagte Aria und setzte sich zu den anderen an den Tisch. Kate lächelte. "Gern geschehn. Los esst. Amy muss in die Schule und bevor wir zur Arbeit aufbrechen müssen wir euren Wagen noch in die Werkstatt bringen."
Thy und Aria sahen sich an. Sie waren Kate so unglaublich dankbar.
Amy war eine lebhafte Erzählerin und Thymian konnte nicht genug von ihren Geschichten bekommen. Sie erzählte ihm alles was er über Kinder und Eltern, über Liebe und Freundschaft wissen wollte. Kate unterhielt sich mit Aria im vorderen Teil des Wagens und Thy hatte die ganze Autofahrt über zeit Antworten auf dringende Fragen zu bekommen.
"Was ist Liebe, ich meine für dich als Kind?"
"Das ist wenn jemand dich so gerne hat, das er für immer bei dir bleiben will."
"Lieben Eltern ihre Kinder?"
"Na, klar. Jede Mami und jeder Daddy liebt sein Kind über alles." "Wie lange wohnst du schon bei Kate."
"Ich bin jetzt sieben Jahre alt, also genauso lange wohne ich bei ihr."
"Wer ist die alte Frau die bei euch lebt?"
"Das ist Grand-mere. Sie ist die Mama von meiner Mami. Sie ist total lieb und passt auf mich auf wenn Mama arbeiten muss."
"Hast du schon mal jemanden geschlagen?"
"Nein, auf keinen Fall. Gewalt ist schlecht."
"Tatsächlich. Das ist interessant."
"Wieso?"
"Mein Vater hat mir beigebracht, dass Gewalt gut und toll ist."
"Seltsamer Vater."
"Grausamer Vater. Aber zurück zu meinen Fragen: Was ist deiner Meinung nach der Sinn des Lebens?"
"Oh, das ist leicht. So viel Schokolade zu essen, wie man kann."
"Haha. Das glaube ich dir sofort. Warum weinen Menschen."
"Aus dem selben Grund wie du und Aria auch. Weil man traurig ist."
"Hast du einen Vater? Und warum hilft Kate uns?" Bevor Amy antworten konnte schaltete sich Kate ein.
"So da wären wir. Amy, viel Spaß in der Schule. Ich hab dich lieb, und pass auf dich auf." Amy beugte sich über den Vordersitz zu ihrer Mutter und drückte ihr einen dicken Kuss auf die Wange.
"Ich hab dich auch lieb. Bis dann Aria. Tschüss Thy." Amy hüpfte aus dem Auto und rannte zusammen mit vielen anderen Kindern in ein großes aus rotem Backstein gemachtes Haus.
"Was ist das für ein Ort, Kate?" fragte Thy und streckte seinen Kopf aus dem Fenster. Kate sah ihn verwirrt an.
"Das ist eine Schule. Weißt du etwa nicht was eine Schule ist?" Sofort schaltete sich Aria ein.
"Natürlich weiß er das. Wir waren nur auf einer etwas anderen Schule." Thy sah Aria an und flüsterte in ihr Ohr.
" Sah so deine Ausbildungsstätte aus?" Aria schüttelte düster den Kopf. Nein, das hier sah viel lebendiger und schöner aus als der kalte und unnahbare Ort an dem sie aufgewachsen war.
Kate fuhr wieder los und meinte nach einigen Minuten.
"Hört mal ihr beide. Ich würde es wirlich schätzen wenn ihr Amy nicht nach ihrem Vater fragen könntet." "Warum?" fragte Thy. Dieser konnte seine Neugierde nicht zügeln. Kate sah ihn im Rückspiegel kurz an und meinte dann entschieden:
"Bitte, tut mir den Gefallen einfach." Beide nickten, wie könnten sie ihrer Lebensretterin so eine einfache Bitte abschlagen.
Thymians Auto würde etwa eine Woche in der Werkstatt verbringen müssen. Um die Zeit sinnvoll zu nutzen, fragte Thymian gleich nach einem Job, doch in der Werkstatt war nichts zu tun.
Kate fragte nach seinen Fähigkeiten und als Thy sein ausgeprägtes Schreibtalent erwähnte, hatte sie eine Idee. Die Schule brauchte eine Aushilfe in der Buchhaltung, sie würden zwar nicht viel bezahlen aber genug um für die Reperatur aufzukommen. Sofort willigte Thy ein und lief zurück zu Amys Schule. Da Kate schon spät dran war und zu ihrer Kellnerschicht im Dinner musste, konnte sie ihn nicht mehr hinfahren. Für Thymian war das kein Problem, er strahlte wie die Sonne als er Aria einen Kuss auf den Mund drückte und loslief. Aria blieb bei Kate.
Diese hatte vor sie als Aushilfskellnerin ihrem Boss anzubieten. Auf der Fahrt zum etwas abseits gelegenen Dinner, sah Aria Kate genau an. Die Sache mit Amys Vater ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie wusste zumindest das es etwas war das Kate belastete, also tat sie etwas das sie sonst nie tun würde. Sie benutzte ihre Engelfähigkeit um Kate positive und bestärkende Engerien zu schicken. Dafür musste sie sich sehr konzentrieren, die Manipulation von Gefühlen war noch nie Arias speziall Gebiet gewesen.
Sie schloss die Augen und dachte an das schönste in ihrem Leben, so wie es ihr ihre Lehrer erklärt hatten. Normalerweise war dies für einen Jungengel die allumfassende Liebe Gottes doch Aria dachte an Thy wie er über etwas nachdachte und erklärte, sie fing dieses wohlig warme und zuversichtliche Gefühl ein und kanalisierte es. Aria ließ die Gefühle langsam in Kates Aura gleiten. Kates Gesicht wurde wärmer und ihre Augen fingen wieder an zu strahlen als wäre nichts Tragisches je passiert. Aria war zufrieden mit sich.
Kate rannte förmlich ins Dinner, stieß die Tür auf und rannte beinahe in eine ihrer Kolleginnen. Sie hatte kurzes schwarzes Haar und müde Augen.
"Hi, Clara." sagte Kate im vorbeihetzen. Aria folgte ihr in das Dinner. Auf dem Weg sah sie sich aufmerksam um. Das Dinner war im alten Stil der 50ziger eingerichtet worden. Allerdings nun viel zu verfallen und verdreckt um noch einen gewissen Charm ausüben zu können. An den Tischen saßen hauptsächlich vorbeifahrende Trucker und ortsansäßige alte Menschen und ein paar Familien. Außer Clara war noch eine weitere Frau im Dienst.
Sie war etwas älter als ihre Kolleginnen, hatte schulterlanges rotegefärbtes Haar und lächelte sie freundlich an, als Kate und Aria an ihr vorbeiliefen, ohne langsamer zu werden. Vor dem Büro ihres Bosses, stemmpelte Kate ihren Dienstausweis ab und drehte sich noch einmal zu Aria um.
"Aria, bleib dicht bei mir. Heb nichts auf, das er auf den Boden fallen lässt und sag am besten garnichts." Kate sah Aria eindringlich an und wartete darauf das diese zum Zeichen des Verständnisses nickte. Bevor Kate allerdings eintrat sah sie sich Aria noch einmal genau an. Schnell knöpte sie Arias blaue Bluse bis oben zu und band ihr weißblondes Haar zu einem Knoten im Nacken.
"Du wirst mir dafür noch dankbar sein." meinte sie und trat ein. Aria wusste nicht wirlich was, sie erwartet hatte, doch ganz sicher keinen großen, dicklichen Mann, dessen böses Blitzen in den Augen Aria einen schauer über den Rücken laufen ließ. Ein Schnurbart zierte sein gesicht und ließ es älter wirken. Das Büro war klein, hatte an der einen Wand ein großes Fenster auf der gegenüberliegenden Wand befand sich ein großes Regal in dem sich Akten und Papiere stapelten. In der Mitte stand ein großer, unaufgeräumter Schreibtisch.
Der Raum stank nach Männeraftershave, Kaffee und Schweißsocken, Aria musste die Luft anhalten um in diesem Gestank überhaupt stehen zu können. Kate strafte die Schultern und sagte lächelnd:
"Guten Morgen, Mr. Charlie. Das ist eine Freundin von mir, Aria, sie würde gerne für die Woche als Aushilfe bei uns arbeiten." Der Mann sah von seinen Papieren zu seinen Gästen, stand auf und strich seine ohnehin schon zu tode gegelten Haar nach hinten. Langsam kam er auf die beiden Frauen zu und lehnte sich schließlich lässig an seinen vollgestopften Schreibtisch. Er lächelte als er Aria von unten bis oben taxierte, wobei er unangenehm lange bei ihren Brüsten verharrte, dann meinte er abfällig:
" Bei uns. Tatsächlich, als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war das hier noch mein Laden. Hat sich daran etwa irgendwas geändert. Kitty- Kat?" Kate knirschte mit den Zähnen und erwiederte unterwürfig:
" Nein, Sir. Tut mir leid." Der Mann leckte sich über die Lippen und verschrenkte die muskulösen Arme vor der Brust. Sein abgetragenes Hawaiihemd rutschte dabei etwas nach oben und entblößte ein stück seines haarigen Bauchs.
"Na gut. Da Samara gekündigt hat, brauche ich hier dringend eine Aushilfe bis ich jemand Neuen gefunden habe. Du kannst heute anfangen, Andrea."
"Aria. Nicht Andrea." Mr. Charlie kam ihr näher, er war etwa zehn centimeter größer als sie und bließ ihr seinen abschleulich nach Alkohol und Nikotin richenden Atem ins Gesicht.
"Natürlich. Aria." Hauchte er. Kate nahm Aria an der Hand und verließ mit ihr den Raum. Draußen holte Aria erst mal tief Luft und sah Kate geschockt an.
"Ich weiß. Bei uns heißt er nur Mr. Sheen." Aria sah sie verwirrt an.
"Nach Charlie Sheen. Du weißt schon, der Schauspieler, der so viel trinkt und Drogen nimmt. Ach vergiss es, nicht so wichtig." Die rothaarige Kellnerin kam zu ihnen.
"Alles erledigt?" Kate nickte und ging zum Tresen um sich eine der Schürzen umzubinden. Im Dinner war relativ viel los und Clara kam nicht mehr hinterher. Die Klingel bei der Durchreiche hinter dem Tresen hörte garnicht mehr auf zu läuten. Gehetzt rannte Clara umher und warf Kate dabei einen flehenlichen Blick zu. Diese machte sie sogleich ans Werk. Aria blieb stehen und sah die andere Frau neugierig an. Aria schätzte sie auf ende dreizig obwohl sie immer noch wunderschön war. Ihre Figur war mollig aber irgendwie passte das zu ihr.
"Ich bin Maria. Komm mit ich zeige dir die Toilletten, dann kannst du deine schicke neue Uniform anziehen und gleich loslegen. Übernimmst du für mich die hinteren Tische Kate?"
"Klar, kein Problem. Beeilt euch aber. Kannst du Aria auch gleich die Regeln erklären?"
Maria nickte, schnappte sich eine hässliche pinke Uniform unterhalb des Tresens und führte Aria zu den Toiletten. Während Aria sich widerwillig umzog, erklärte Maria ihr die Basics ihres Berufsstandes.
"Zu allererst: unser Boss ist ein grapschendes Arschloch. Bleib niemals alleine mit ihm, er wird dich vergewaltigen wenn er die Chance dazu kriegt. Und hier funktionieren die Dinge etwas anders. Mr. Charlie gehören die meisten Einrichtungen in Abbeville, deshalb legt sich garantiert niemand mit ihm an. Schon garnicht wegen einer Kellnerin wie dich oder mich. "
"Vergewaltigen? Was ist das?" Maria runzelte die Stirn.
"Das weißt du nicht. Woher kommst du, aus dem verlorenen Paradies? Vergewaltigen heißt das er ohne dein Einverständnis, sicher auch mit Gewalt, mit dir Sex hat. Was Sex ist weißt du ja hoffentlich?" Aria war vollkommen geschockt, davon hatte sie bis jetzt nichts gehört.
"Ich weiß was Sex ist. Es gibt wirklich Menschen die soetwas tun?" Maria schnaupte.
"Klar, eine Menge sogar. Aber dir wird nichts passieren, solange du immer mit einer von uns zusammen bist. Er ist zwar groß aber ihm sind zwei Frauen anscheinend zu anstrengend, außerdem braucht er ja Kellnerinnen. Das nächste ist, das du deine uniform immer schon zu Hause anziehen musst. Ich weiß sie ist hässlich und absolut furchtbar, aber der Boss wird jede Gelegenheit nutzen dich zu schikanieren. Er hat eine deiner Vorgängerinnen einmal gezwungen sich in seinem Büro umzuziehen, während er drin war."
Aria verließ die Kabine und stellte sich vor Maria. Diese nickte anerkennend und betrachtete Aria genauer. Danach sah sie ihr in die Augen. Marias Augen waren von einem warmen Braun und ihr gutmütiger und liebevoller Blick ließ Aria ihre Nervosität vergessen.
"Sei immer freundlich zu den Kunden. Aber vermeide es zu freundlich zu werden. Du bist ein hübsches Mädchen und die Männer in dieser Gegend werden dir nichts tun, solange du bei Kate wohnst, aber die vorbeifahrenden Trucker können durchaus grob werden. Überlass die uns und kümmere dich nur um die Tische die Kate, Clara und ich dir zuteilen."
Aria nickte und sah sich im Spiegel an. "Keine Bange, kellneren ist nicht so schwer. Schau uns einfach zu und dann wird das schon." Die Uniform war in der Tat schrecklich. Im grunde das Genaue gegeteil ihrer Engeltracht. Aria mochte es irgendwie. Maria zog den Rock und die Bluse zurecht und begutachtete ihr Werk noch einmal um ganz sicher zu sein das Aria so vor Menschen treten konnte. Sie lächelten einander an und verließen die Toilette.
Thymian wurde sofort zur Rektorin gebracht, als er sich für den Schreibtischjob bewerben wollte. Die Sekretärin meinte er müsse etwas warten und verwies ihn auf einen der Stühle vor dem Büro der Rektorin. Thy war so neugierig auf die Arbeit und natürlich konnte er es kaum fassen wie viele Kinder hier einfach so herumliefen. Sie lachten und spielen und erfreuten sich des schönen Sommertages. Niemals hätte er geglaubt etwas so schönes zu sehen.
Die Schule war schon sehr alt, die Flure dreckig und die meisten Klassenräume hatten mehr als einen kaputten Tisch. Aber das machte nichts, denn irgenwie hatte es die neue Rektorin geschafft, die Schule dennoch glänzen zu lassen. Überall hingen bunte Plakate und es herrschte eine unglaublich friedliche Stimmung. Als er die Sekretärin danach fragte erzählte ihm diese, dass es nicht immer so war. Das die Schule vor einigen Jahren noch einem schwarzen Loch glich, ein Ort an dem alle Fröhlichkeit und Neugierde verloren gingen.
Gewalt und Terror waren hier auf der Programm gewesen. Doch eines Tages war Rektorin Rosen aufgetaucht und hatte alles umgekrempelt. Nun kamen die Kinder gerne her und die Schule blüte regelrecht auf. Thymian freute sich schon drauf diese ausergewöhnliche Frau kennenzulernen. Plötzlich kam Amy mit einigen anderen Mädchen herein und legten der Sekretärin einen Strauß Wildblumen auf den Tisch.
"Der ist für Frau Rosen. Können wir ihr die Blumen reinbringen?" fragte ein blondes Mädchen in Amys alter. Als Amy Thy entdeckte lief sie zu ihm.
"Was machst du den hier?" fragte sie ihn mit strahlenden Augen.
"Ich bewerbe mich hier für einen Job und du?" Amy lachte.
"Ich hab gerade Pause und meine Freundinnen und ich haben Blumen für Frau Rosen gepflückt. Wir wollen ihn ihr jetzt geben." Thy sah die Blumen interessiert an.
"Warum? Was für eine Bedeutung haben die Blumen?" Amy zuckte die Achseln. Ein braunhaariges Mädchen gesellte sich zu ihr und sah Thy neugierig an. Amy antwortete:
" Wir haben Frau Rosen gern, deshalb schenken wir ihr Blumen. Das ist einfach so. Wenn du jemanden gern hast, schenkst du ihm Blumen." Amy sah ihre Freundin an und stellte sie Thy vor. "Das ist Annabella, meine allerbeste Freundin auf der ganzen Welt. Annabella, das ist Thy. Er und seine große Liebe Aria wohnen für ein paar Tage bei uns." Annabella lächelte Thy an.
"Wenn du jemanden liebst, musst du ihr aber rote Rosen schenken. Rote Rosen stehen für Liebe.", ergänzte Annabella Amys ausführungen zum Thema Blumen. Die Tür der Rektorin wurde geöffnet und hinaus trat ein Engel. Zumindes kam es Thy so vor. Die Frau war mittleren Alters, hatte lange blonde Haare und freundliche braune Augen. Sie trug ein braunes Kostüm und lächelte die Mädchen vor sich freundlich an. Sie strahlte Ruhe und Autorität aus, doch in einer anderen Weise als die Autorität in der Hölle. In der Hölle, wurden Führungspositionen durch Gewalt und Drohungen besetzt. Diese Frau schaffte es, dass man ihr folgen wollte.
Frau Rosen beugte sich zu den Mädchen hinunter und nahm die Blumen freudestrahlend in Empfang. Die Kinder freuten sich sehr, als Frau Rosen sich überschwänglich bedankte und versprach die Blumen sofort in eine Vase zu stellen. Ein Gong ertönte und die Kinder liefen glücklich aus dem Raum. Thy war verwirrt, denn er wusste nicht was dieser Gong zu bedeuten hatte. Etwas traurig sah er Amy hinterher, als sie plötzlich wieder zurückkam und Thy umarmte.
Nur ganz kurz, drückte sich der kleine, warme Körper Amys an seine Brust, danach lächelte sie und verschwand mit einem tschüss in die Welt hinaus. Thys Herz war vollkommen verwirrt von diesem eigenartigen Gefühl von Wärme und Zuneigung, dass in ihm erblüht war als Amy ihm so offenkundig ihre Zuneigung gezeigt hatte. Thy beschloss unbedingt auch so ein kleines Wesen zu zeugen und es bedingungslos zu Lieben. Er war so aufgeregte, dass er Frau Rosens lächelnden Blick nicht wahrnahm, seine Gedanken waren bei dem Moment, in dem er Ariadne von seiner wundervollen Idee erzählen konnte.
"Hallo, Sie wollten mich doch wegen eines Jobs sprechen, oder irre ich da?" fragte Frau Rosen. Thymians Gedanken kehrten wieder ins hier und jetzt, während er nickte. Frau Rosen bat hin in ihr Büro und setzte sich an ihren Schreibtisch. Das Büro besaß mehrere Fenster und wurde beinahe nur von Sonnenlicht beleuchtet. An den Wänden standen Regale mit Ordnern und Kunststücken. Überall hingen Bilder von Frau Rosen und anderen Menschen. Sie deutete ihm, sich zu setzten und fragte lächelnd nach seinem Namen.
"Mein Name ist Thymian. "
"Kein Nachnahme?" Thy überlegte fieberhaft und konnte doch nur an einen einzigen Namen denken.
"Demon. Ich bin Thymian Demon." Frau Rosen lächelte und nahm ein Formular.
"Würden Sie das hier bitte ausfüllen, Mr. Demon." Thy nickte und fing an die Fragen zu beantworten. Es waren eigentlich einfache Fragen nach Geburtstag, Wohnort, Ausbildung, Versicherung. Aber für Thymian gestalteten sich diese Fragen als unglaublich schwer.
Er hatte keine Ahnung, wann genau er geschaffen wurde, daher wusste er auch nicht wie alt er war. Allerdings schätze er sich und Aria auf etwa neunzehn oder zwanzig. Schnell rechnete er zurück und schrieb die Jahreszahlen auf. Für den Monat und den Tag nahm er einfach das erste Treffen mit Ariadne . Sein offizieller Geburtstag war als der 1. Juli. 1994.
Wohnort war schnell geklärt, doch als Ausbildung konnte er schlecht den Hausunterricht bei Bor hinschreiben. Frau Rosen bemerkte, dass er mit den letzten beiden Fragen Schwierigkeiten hatte und nahm ihm das Formular ab.
"Vielleicht könnten Sie mir etwas über sich erzählen. Ich lasse nicht gerne Fremde in meine Schule." Thy seufzte erleichtert und begann zu erzählen.
"Ich wohne bei Kate, Amys Mutter. Meine Freundin Aria und ich sind von zu Hause weggelaufen und versuchen jetzt ein neues Leben anzufangen." Frau Rosen lächelte überrascht, doch sie schätzte seine Ehrlichkeit.
" Ich hatte Hausunterricht bei meinem Vater und habe zuvor noch nie gearbeitet. Ich schreibe seit ich jung bin Tagebuch. Ich denke, ich kann gut schreiben und würde unglaublich gerne mehr über diese Schule und über Kinder erfahren."
"Das hört sich alles sehr jung, um nicht zu sagen kindisch an. Verstehen sie mich nicht falsch. Ihre Handschrift ist schön und sie drücken sich gewählt aus. Aber..."
"Bitte, Frau Rosen. Ich werde jede Arbeit machen, die sie haben. Aria und ich müssen sowieso bald wieder weiterziehen."
"Ist ihre Familie hinter Ihnen her?" Thy überlegte ob er die Wahrheit oder nicht doch eine kleine Lüge erzählen sollte, doch er hatte so viel und oft gelogen als er in der Hölle war. Er hatte keine Lust mehr.
"Ja, aber keine Sorge, bevor sie uns hier aufspüren sind Aria und ich wieder weg." Frau Rosen sah ihn skeptisch an und verzog den Mund. Schließlich seuzte sie schwer und meinte:
" Na gut. Sie können Connie im Büro helfen und während der Pausen Aufsicht haben. Ich werde Ihnen nicht viel Geld zahlen können, aber es wird reichen, damit Sie zumindest in die nächste Stadt kommen." Frau Rosen stand auf und öffnete die Bürotür. Thy erhob sich ebenfalls und bedankte sich beim hinausgehen mehrmals. Connie, die Sekretärin sah ihn lächelnd an und überreichte ihm einen Stapel Papiere.
"Willkommen im Team, Junge."
Anmerkung der Autorin: Was sagt ihr zu Thymians Name? Sehr seltsam oder doch passend? Liebe Grüße LM
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