24. Daisy und Violet

"Haben wir ein Ziel?", fragte Lucy und biss in ihre Gummischlange. Sie liebte dieses süße Zeug über alles und Elijah liebte es wie ihre Augen anfingen zu leuchten wenn sie sie aß. Sie saßen in einem gestohlenen roten Auto, keine besondere Marke aber das der Besitzer tot war, machte es einfacher ihn ohne schlechtes Gewissen zu stehlen. Sie waren noch einmal zu Maddies Haus gefahren und hatten ein paar Sachen eingepackt.

Es war nicht die perfekte Vorbereitung aber besser als nichts. Maddie hatten sie auch noch einmal im Krankenhaus besucht und frische Kleidung gebracht. Natürlich wusste diese das ihr Sohn noch immer in Gefahr war, zumindest so lange er die Formel bei sich trug. Aber das war seine Entscheidung, sein Leben, sie respektierte dies. Aedan wurde soeben operiert und es bestand eine gute Chance, das er überleben würde. Elijah hatte sich schweren Herzens von seiner nun menschlichen Mutter getrennt. Sie war ihm so zerbrechlich vorgekommen.

"Hallo, Elijah! Ich rede mit dir?"

"Tut mir leid, ich habe gerade an meine Mutter denken müssen." Lucy strich ihm sanft über die Wange.

"Es wird alles Gut, da bin ich sicher. Maddie ist stark, sehr stark sogar. Eigentlich stärker als wir alle. Sie kriegt das hin. Außerdem ist ja Kate da, sie wird ihr sicher helfen. Sie hat ja auch versprochen bei ihr im Krankenhaus vorbei zusehen." Elijah nickte bedächtig.

"Also wohin fahren wir? Wer wird zuerst gerettet?"

"Daisy und Violet.", antwortete er mit einem triumphierenden Lächeln. "Nein."

"Ach komm schon. Die beiden brauchen die Formel und sind uns am nächsten. Morgan City ist nur ein paar Meilen weiter. Es dauert auch nicht lange." Lucy schüttelte den Kopf.

"Das sagst du jedes Mal und dann bleiben wir doch ein paar Tage. Ich kanns nicht leiden wie sie dir ständig schöne Augen machen." Elijah nahm ihre Hand.

"Lass sie doch. Glaub mir nichts was sie tun wird etwas an meinen Gefühlen für dich ändern."

"Ich kann sie trotzdem nicht leiden. Sie sind immer so gemein zu mir." Plötzlich klingelte Elijahs Telefon und unterbrach ihre hitzige Diskussion. Er reichte es Lucy und wartete bis sie das Gespräch angenommen hatte. Da Lucy am Beifahrersitz saß hatte sie die Aufgabe sich um Telefonate und Proviant zu kümmern. Letzteres tat sie wesentlich lieber. Sie stellte das Handy auf Lautsprecher und meinte gespielt fröhlich:

"Hallo hier sprechen Elijah und Lucy. Was gibt es?" Sie konnten weinen und schluchzen hören.

"Hier ist Maddie. Elijah, Lucy leider muss ich euch mitteilen das Aedan gestorben ist. Die Blutung war zu stark. Die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun." Sie sahen sich an. Diese Worte lösten alle möglichen Gefühle aus. Da sie den Verstorbenen nicht so gut kannten, war es schwierig angemessen darauf zu reagieren. Elijah fand zuerst seine Stimme wieder.

"Das tut mir sehr leid für dich Mom. Ich weiß du hast ihn gemocht." Maddie lachte ohne einen Funken Humor.

"Ja, ja das stimmt. Ich mochte ihn. Er hat mehr verdient als den Tod." "Hast du schon mit Ariadne geredet?", warf Lucy ein. "Nein, noch nicht. Das wollte ich gleich machen. Sie wird am Boden zerstört sein." Elijah schüttelte den Kopf.

"Sollen wir umdrehen, Mom?"

"Nein, nein, ihr habt etwas zu erledigen. Etwas wichtiges und außerdem bist du hier nicht sicher, Schatz. Nein, ihr erledigt eure Aufgabe und ich kümmere mich um Ariadne und .........Aedan." Elijah strich sich frustriert übers Gesicht.

"Es tut mir wirklich leid."

"Es ist nicht unsere Schuld, Elijah. Aedan hatte die Möglichkeit Ariadne das Leben zu retten und hat sie ergriffen. Er starb als guter Mensch."

"Na gut. Wir rufen dich wieder an. Ich liebe dich, Mom."

"Ich liebe dich auch, mein Junge."

Lucy legte auf und starrte für einige Sekunden nur starr aus dem Fenster. "Wow, das nenn ich ein echt beschissenes Schicksal." Elijah stimmte ihr nickend zu. "Übrigens wir sind fast da."
Daisy und Violet Hessel waren zwei Dämonen Mitte dreißig. Beide hatten sie rabenschwarzes schulterlanges Haar und große Nasen. Sie waren Schwestern, Daisy älter, Violet jünger und arbeiteten in einem Laden für Haushaltsgeräte. Elijah kannte sie schon sehr lange, hatte aber nie versucht eine der beiden um ein Date zu bitten. Er mochte sie auf rein freundschaftlicher Basis und das wussten sie.

Seit er Lucy allerdings das erste Mal zu ihrem kleinen schrullige Hexenhaus am Rand der Stadt mitgenommen hatte, hatten sie es sich zur Aufgabe gemacht sie so oft wie möglich eifersüchtig zu machen. Es machte ihnen einfach Spaß Lucy die aus einem höheren Höllenkreis als sie selbst kam, zu ärgern. Elijah verstand diesen Drang zwar nicht, dennoch verband ihn eine echte Freundschaft mit den Schwestern. Wie immer wurde er freudestrahlend von Daisy und Violet empfangen. Sie umarmten ihn ausgiebig und ignorierten Lucy dabei vollkommen. Wie zwei Wasserfälle redeten die beiden auf ihn ein.

"Wollen wir reingehen und alles weitere Besprechen."

"Besprechen? Was gibt es denn?", meinte Violet verwirrt.

"Vielleicht haben uns Engel oder Dämonen gefunden? Müssen wir umziehen? Oh nein und wir haben gerade neue Kräuter im Garten gepflanzt." , stimmte Daisy mit ein.

"Jetzt ist alles aus! Wir werden sterben!", murmelten sie beide traurig und verzweifelt. Die Schwestern waren nicht nur sehr gesprächig sondern auch sehr leicht aufzuregen. Allerdings war es Elijah lieber sie traurig zu sehen als wütend. Die Wut der Schwestern war legendär und hatte schon für einige große Probleme gesorgt.

"Es ist nichts dergleichen. Ich habe eine gute Nachricht. Aber dafür müssen wir uns hinsetzten und darüber reden. Also?" Sie nickten und harkten sich jeweils links und rechts bei ihm unter. Ohne auf Lucy zu achten schritten sie in ihr kleines Haus umgeben von braunen Pflanzen und jeder Menge Gartenzwerge.

"Ja achtet gar nicht auf mich. Ist ja nur mein Freund, den ihr da grad entführt." Stunden später saßen sie immer noch im Wohnzimmer des Hexenhauses. Elijah nannte es in Gedanken zumindest immer so. Seit er sich erinnern konnte, brodelte stets ein Topf auf dem Herd und im ganzen Haus roch es nach den unmöglichsten Kräutern. Überall lagen Bücher und anderer Krimskrams. Daisy liebte Tierbilder, daher hingen diese überall. Allerdings konnten sie sich keine Tiere halten, diese würden depressiv und aggressiv werden. Keine gute Kombination für einen süßen Hasen oder Hund. Wie immer dauerte es ewig beide Schwester dazu zu bringen sich hinzusetzten und ordentlich an einem Gespräch teilzunehmen. Elijah hielt es für die Folgen der Isolation. Sie hatten nur einander zum Reden und dies führte offenbar zu einigen Kommunikationsschwierigkeiten mit anderen Personen.

"Dieses Papier wird uns also zu Menschen machen?", fragte Daisy skeptisch und sah das zerknitterte Stück Papier in Elijahs Hand an.

"So hier der Tee. Ein neues Rezept das wir ausprobieren. Schaut mal ob es euch schmeckt."

"Äh, danke V. aber wir müssen bald wieder los."

Sowohl Elijah wie auch Lucy wussten genau das man den Tee weder genießen noch bei sich behalten konnte. Die Schwestern stellten ihn selbst aus Kräutern in ihrem Garten her, doch durch ihre dämonische Ausstrahlung verdorben die Kräuter in Windeseile und damit auch der Geschmack. Daisy sah ihre kleine Schwester an und nahm ihre Hand.

"Mensch sein wäre schon nett. Unser Garten sähe sicher gesünder aus und vielleicht könnten wir sogar ein paar nette Männer kennenlernen, die danach nicht im Gefängnis landen."

"Ja das wäre schon nett.", stimmte Violet zögerlich zu, "aber was ist wenn es nicht funktioniert?" Daisy nickte verständnisvoll, die Ängste ihrer kleinen Schwester waren nichts Neues. Lucy seufzte und lehnte sich in ihrem großen braunen Ledersessel nach vorne.

"Ich weiß ihr liebt es mich zu ignorieren, aber fällt euch nicht auf das etwas anders an mir ist?" Zum ersten Mal an diesem wirklich anstrengenden Nachmittag sahen beide Schwestern Lucy an. Zuerst schien es als würden sie wieder nur durch sie hin durchblicken, doch dann sahen sie es. Ihre Augen weiteten sich in Erstaunen und sofort war ihr Interesse geweckt. Violet kam auf sie zu und strich ihr sanft über den Arm. "Du bist ein Mensch!", rief sie verwundert aus.

Daisy stellte sich neben ihre Schwester und berührte Lucys rote Locken. "Das ist unglaublich.", stimmte sie Violet zu. Die Schwestern sahen Lucy noch einige Sekunden schweigend an.
Lucy lächelte nur und versuchte bei dem intensiven Starren ihrer Gastgeber nicht genervt mit den Augen zu rollen.

"Also? Was denkt ihr. Wollt ihr diese Veränderung wagen?", fragte Elijah sanft aber drängend. Sie waren schon viel zu lange hier. Daisy sah Violet an und nickte dann entschlossen.

"Ich zuerst. Falls etwas schief geht." Elijah lächelte und gab ihr das Papier.

"Es wird nichts schief gehen. Glaub mir. Alles wird gut gehen und danach könnt ihr euch ein paar echte Freunde suchen. Ich kenne da zufällig ein nettes Paar, ein ehemaliger Dämon und ein ehemaliger Engel." Daisy nickte lächelnd und las die Worte auf dem Papier vor.

"Ich treffe die Wahl mit Kopf und Herz." Die Veränderung setzte sofort ein. Violet sah ihre Schwester verwundert an.

"Schwesterherz! Du bist ein Mensch! Es funktioniert!", kreischte sie und tanzte wild im Wohnzimmer herum. Plötzlich klopfte es an der Tür. Elijah sah Daisy skeptisch an.

"Erwartet ihr noch jemanden?" Daisy schüttelte achselzuckend den Kopf und ging zur Tür. Lucy und Elijah standen auf und bewaffneten sich mit was immer in der Nähe war. Also einem Teller und Serviermesser. Violet schien nichts davon mitzubekommen. Sie tanzte immer noch glücklich und sang dabei fröhlich:

" Wir werden Menschen und kriegen endlich Männer. Und vielleicht sogar ein Haustier."

"Oh Hallo. Brauchen Sie etwas? Haben Sie sich verlaufen?", fragte Daisy den unbekannten Besucher höflich. Weder Elijah noch Lucy konnten von ihrem Standpunkt aus sehen um wem es sich handelte. Plötzlich ertönte ein markerschütternder Schrei, doch er kam nicht von der Haustür und dessen Bedrohung. Violet stand stocksteif in der Mitte des Wohnzimmers.

Aus ihrem Bauch ragte das Ende eines langen Messers und Blut rannte ihr weites geblümtes Kleid herunter. Daisy schrie entsetzt auf, doch bevor sie zu ihrer Schwester laufen konnte legte der Unbekannte an der Tür ein Messer an ihre Kehle und stieß sie ins Wohnzimmer. Fiore zog ihr Messer aus Violets Körper und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Mit Entsetzen starrten Lucy und Elijah auf Violets Blut, das sich langsam um sie herum sammelte.

"Was soll das?! Wieso macht ihr das?!", schrie Daisy ihre Angreifer weinend an. Fiore lächelte und putzte ihr Messer an einem Kissen.

"Was sollen wir tun?", fragte Lucy besorgt.

"Ich wünschte Ariadne wäre hier. Sie hätte sicher einen Plan.", meinte Elijah etwas lauter als seine Freundin. Sofort färbte Fiores Kopf sich rot und sie schrie ihn an.

"Dieser Abschaum soll verrecken! Genauso wie du es wirst! Wo ist das Papier, Elijah?" Dieser antwortete nicht, starrte nur stumm in Fiores wirre Augen.

"Na gut. Wenn du es nicht sagen willst. Nathaniele töte die Frau." Nataniele grinste wahnsinnig und drückte sein Messer stärker an Daisys Hals. Panisch schrie Elijah dazwischen.

"Nein! Stopp! Ich gebe dir was du willst, doch lass Daisy und Lucy gehen. Bitte!" Fiore nickte triumphierend und sah Nataniele an.

"Lass sie gehen! Wir brauchen sie nun nicht mehr!" Etwas enttäuscht ließ Nataniele seine Geisel gehen und wartete auf weitere Befehle seiner neuen Herrin. Daisy brach schluchzend neben ihrer toten kleinen Schwester zusammen.

"Daisy! Komm du musst verschwinden! Bring dich in Sicherheit! Los jetzt!", sagte Elijah drängend und scheuchte Daisy unsanft aus dem Haus. Lucy nahm ein Papier aus ihrer Jackentasche und reichte es Fiore widerwillig. Diese lachte und steckte das Papier ein.

"Natanielle, du tötest Lucy. Ich kriege Elijah."

Mit diesen Worten rannte sie auf Elijah zu und holte mit ihrem Messer aus. Natürlich würde es nicht so einfach sein. Elijah wusste sich zu verteidigen, er wich geschickt aus und schlug Fiore das Messer aus der Hand. Diese schrie wütend auf, ihre Augen schienen Blitze zu versprühen. Elijah holte mit der rechten Faust aus und schlug Fiore ins Gesicht. Taumelnd wich sie einen Schritt zurück, viel über Violets Leiche und landete mit dem Hintern im Blut.

"Das wirst du bereuen!" Elijah lächelte.

"Ich glaube kaum! Du vergisst Dämonenblut ist giftig!" Dort wo Fiores Haut Violets Blut berührt hatte, bildeten sich Blasen. Von Schmerzen erfüllt versuchte sie das Blut abzuwischen, verteilte es dadurch aber nur. Beinahe panisch suchte nach ihrem Messer. Lucy hatte derweilen ihre eigenen Probleme. Sie war als Mensch nicht mehr so stark oder so schnell wie sie es einst gewesen war. Eine ordentliche Kampfausbildung hatte sie auch nicht genossen. Nataniele schien ihre Angst zu spüren und kam grinsend näher. Doch anders als Fiore griff er nicht mit Wut an, er ließ sich zeit und scheuchte Lucy durchs Zimmer. Von seinem schmutzigen Körper ging ein übelriechender Gestank aus.

Nur mit Mühe hielt Lucy ihren Brechreiz unter Kontrolle. Er versuchte mit einem ausholenden Kinnharken seine Beute zu erwischen, doch Lucy duckte sich und rammte ihr Knie mit voller Wucht in seine Leistengegend. Mit einem zutiefst schmerzerfüllter Gesichtsausdruck knickten seine Beine ein und er schaffte es nur mit Mühe sich auf den Beinen zu halten. Den Tränen nahe hielt er seine Weichteile fest und atmete zischend ein und aus.

"Dafür wirst du büßen, Schlampe!", schrie Nataniele mit hochrotem Kopf und hob Lucy hoch, warf sie quer durchs Zimmer in die angrenzende Küche. Lucy krachte gegen den warmen Ofen und landete unsanft davor auf dem Boden. Es regnete Schüsseln und Kochzutaten auf sie.

Lucy hielt sich den Bauch und versuchte zu atmen zu kommen. An ihrer rechten Schläfe rann warmes Blut hinunter, eine der Schüsseln hatte sie beim Aufprall geschnitten. Ihr Angreifer ignorierte die schreiende Fiore und rannte auf sie zu. In einem Moment der geistigen Klarheit öffnete Lucy den Ofen und kickte gegen Nathanieles Beine. Diese Kombination von Aktionen sorgten dafür, das Nataniele mit dem Kopf voran im heißen Ofen landete. Lucy nahm eine Pfanne, die zufällig auch am Herd stand und speck britt, und schlug sie mit voller Wucht gegen Nathanieles Kopf. Beim Kontakt von Pfanne und Kopf erschlaffte sein Körper und zeigte keine Lebenszeichen mehr. Völlig außer Atem beobachtete sie wie Fiore mit Elijah rang. Lucy warf den Speck aus der Pfanne, wischte sich das Blut aus den Augen und stolperte ins Wohnzimmer.

Fiore war so in ihrer Wut gefangen, das sie Lucy nicht bemerkte. Doch Elijah bemerkte sie, er sah sie immer und auch in diesem Moment war er sich im Klaren darüber was sie plante. Also stieß er Fiore von sich, genau in dem Moment in dem Lucy mit all ihrer Kraft die Pfanne schwang. Auch Fiores Kopf machte Bekanntschaft mit dem harten Metall. Sie sackte genau wie Nathaniele zusammen und blieb stumm im Wohnzimmer liegen. Lucy wollte noch einmal ausholen- nur um sicher zu gehen, doch Elijah hielt sie auf.

"Wir müssen Daisy finden. Sie hat das echte Papier."

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