Die Wette

Rias p.o.v.

"Sorry, dass ich dir das sagen muss, aber ich glaube, du leidest an einer immensen Selbstüberschätzung. Und an einem großen Ego gleich noch dazu", erwiderte ich mit trockener Stimme.

Zumindest hoffte ich, dass meine Stimme nichts von dem Aufruhr in meinem Inneren nach außen dringen ließ.
Verdammt, er machte es mir echt nicht leicht.
Besonders nicht, wenn er so nah bei mir stand, ich seinen süchtig machenden Geruch nach Moschus in der Nase hatte, seine Wärme spüren konnte und die ganze Zeit der Versuchung widerstehen musste, sein heißes Sixpack zu begaffen.

Ein Wunder, dass ich vorhin nicht gesabbert hatte.
Er litt keineswegs an einer immensen Selbstüberschätzung. Er war wirklich heiß.
Aber das würde ich ihm nie einfach so auf die Nase binden.
Ich würde stark bleiben und so tun, als würde mich sein Anblick, sein Geruch und alles, was er sagte, kalt lassen.

Aber scheiße, das war nicht so einfach.
Und manche Reaktionen meines Körpers konnte ich einfach nicht unterdrücken.
Wie zum Beispiel, dass sich durch seinen Atem an meinem Ohr Gänsehaut bildete.

Ich versuchte, mir vor Augen zu führen, wer da vor mir stand.
Das war Damien, jemand, der andere manipulierte und nur nach Macht strebte.
Der seine Leute, sein verdammtes Rudel, einschüchterte.
Ich sollte nicht so auf ihn reagieren. Ich sollte ihn verachten, ihn hassen.
Schließlich verabscheute ich solche oberflächlichen Leute, die nach Macht strebten und Angst und Schrecken verbreiteten.

Also, warum wollte ich ihn am liebsten wieder an mich ziehen? Warum wollte ich wieder seine Lippen auf den meinen spüren, seine warme Zunge in meinem Mund, seine Hände auf meiner Haut?
Das ergab doch keinen Sinn. Wie konnte ich ihn begehren, wo ich doch hasste, was er verkörperte?

"Ria, Ria, Ria...", flüsterte er leise, mit einem gespielt tadelnden Unterton in der Stimme an meinem Ohr.
Sein Atem streifte meine Haut und schon wieder bekam ich davon eine Gänsehaut. Ich konnte es einfach nicht unterdrücken.
"Warum gibst du es nicht einfach zu? Es ist nichts falsch daran, seinen Mate heiß zu finden."

Meine rechte Hand ballte sich zu einer Faust. Natürlich war nichts falsch daran. Aber trotzdem wollte ich es nicht zugeben. Verdammt, ich wollte ihn nicht heiß finden! Er war extrem besitzergreifend, total arrogant und vor allem schüchterte er andere Leute ein. Ganz zu schweigen davon, dass er nicht davor zurückscheute, Leute umzubringen. Ich musste an die Lichtung denken. All die Facetten, die ich bereits von ihm kennengelernt hatte, konnten mein Herz nicht erobern.
Er hatte sich mich noch nicht verdient.
Und bis dahin würde ich vor ihm auch nicht zugeben, wie attraktiv ich ihn fand. Dass ich mich zu ihm hingezogen fühlte. Nun, zumindest auf körperlicher Ebene.
Alles andere musste er sich noch erkämpfen. Bisher hatte er nämlich nichts getan, das mich für ihn einnahm.

"Ich weiß, dass daran nichts falsch ist", erwiderte ich kühl.
"Aber da ich dich nicht heiß finde, muss ich auch nichts zugeben."
Hoffentlich hörte er die Lüge nicht aus meinen Worten heraus.

"Und könntest du mich jetzt hatte in Ruhe lassen? Ich habe zu tun", fügte ich noch kühl hinzu.

Sofort ertönte ein Knurren, dieses Mal direkt an meinem Ohr.
Shit, wieso musste er das ständig machen?
Es stellte ganz verrückte Dinge in meinem Bauch an, es schien geradezu die Glut des Verlangens in meinem Magen anzufachen.
Ich fand es extrem scharf, wenn er so knurrte.

Ich biss mir wieder auf die Lippe, versuchte, mich auf diesen kurzen kleinen Schmerz zu konzentrieren, um nicht dumme Dinge anzustellen.

Er richtete sich plötzlich wieder auf, sah mir aber fest in die Augen.

"Jetzt hör mir mal zu, Ria, ich werde dich nicht in Ruhe lassen. Und zwar für dein verdammtes Leben lang nicht! Keine einzige Sekunde. Also kannst du auch gleich damit anfangen, mich zu akzeptieren, weil irgendwann wirst du das sowieso tun! Verstanden?"

Er versuchte offensichtlich, die Wut aus seiner Stimme herauszuhalten, aber es gelang ihm nicht sonderlich.
Und selbst wenn, funkelte sie mir aus seinen grünen Augen entgegen.

Hm. Sah ganz so aus, als schien es ihn wahnsinnig zu machen, dass ich ihn noch nicht akzeptiert hatte.

Aber was viel wichtiger war: er glaubte doch nicht wirklich, dass ich ihm irgendwann verfallen würde, oder? Nur, weil er überaus sexy war? Also bitte, Aussehen war noch nicht alles.
Und diesem körperlichen Verlangen würde ich schon noch widerstehen können.
Besonders jetzt, wo er mit seinen Worten an meinem Trotz gerührt hatte.
Ich empfand seine Worte, seine Überzeugung, ich würde ihn sowieso bald akzeptieren, als Herausforderung.
Und ich würde diese Herausforderung nur zu gerne annehmen und ihm beweisen, dass ich jemand war, der nicht so einfach aufgab.

Trotzig reckte ich das Kinn und starrte ihm in die Augen.

"Wollen wir wetten?", fragte ich kühl.

Für einen Moment starrte er mich nur an. Ungläubig. Als könnte er nicht fassen, dass ich jetzt nicht einfach so klein beigab.
Also wirklich, für was für einen Feigling hielt er mich?

Als er checkte, dass ich es ernst meinte, biss er die Zähne zusammen. Sein Kiefer war so angespannt, dass ich beinahe schon Angst hatte, er würde ihn sich brechen.

"Schön", knurrte er schließlich.
"Ich wette, dass du mich akzeptieren wirst. Und du?"

Kurz lächelte ich. Er ging darauf ein. Er war sich seiner Sache wohl ziemlich sicher.
Oh, er hatte ja keine Ahnung. Ich hatte bisher immer jede Wette gewonnen. Ich würde auch diese hier gewinnen.
Diese enorme Anziehungskraft zu ihm würde ich schon noch ignorieren können.
Nichts würde mich daran hindern, diese Wette zu gewinnen.
Dafür würde schon allein mein Stolz sorgen.

"Ich wette, dass ich dich ...in einem Zeitraum von einem Monat nicht akzeptieren werde", erwiderte ich nachdenklich.
Nicht, dass ich mir bei der Sache unsicher war, aber sicher war sicher.

Bei der Erwähnung des Zeitraums kniff Damien misstrauisch die Augen zusammen.

"Sechs Monate", widersprach er mir.

Ich zog spöttisch die Augenbrauen hoch.
"Dann bist du deiner selbst also doch nicht so sicher wie du tust?", spottete ich.

Wieder knurrte er leise. Fuck. Ich grub mir die Fingernägel in die Handfläche. Er musste damit aufhören. Dieses Knurren hatte eine ziemlich doofe Wirkung auf mich.

Herausfordernd sah er mich an. Provozierte mich, auf die Wette einzugehen.
Also bitte. Als ob ich bei sechs Monaten zustimmen würde. Das war zu viel.
Ich brauchte eine Sicherheit. Nicht, dass ich sechs Monate nicht auch schaffen würde, aber wie gesagt, ich ging lieber auf Nummer sicher.

"Zwei Monate", antwortete ich kühl und verschränkte meine Arme.
Sah ihn prüfend an.
Würde er darauf eingehen?

"Fünf Monate", erwiderte er genauso kühl wie ich.

Ich schnaubte. Natürlich ging er nicht darauf ein.

Kurz überlegte ich.
Dann machte ich den nächsten Vorschlag.
"Zweieinhalb Monate."

"Viereinhalb Monate", kam es sofort von ihm.

Nun entkam mir ein Knurren. Wenn das so weiterging, würden wir bei dreieinhalb Monaten liegen.
Das war fast ein Drittel Jahr.

"90 Tage, nicht mehr und nicht weniger. Das ist mein letztes Angebot", erklärte ich mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

Bei meinem Ton wanderte Damiens eine Augenbraue nach oben.
Anerkennend musterte er mich.
Dann grinste er.

"Du verhandelst hart. Aber gut. 90 Tage. Um was wetten wir?"

Das war tatsächlich eine gute Frage. Hm. Was wollte ich haben?
Für einen Moment dachte ich nach.
Und dann hatte ich es.

Ich grinste ihn süffisant an.
"Wenn ich gewinne....dann wirst du deinem Rudel ein richtiger Alpha sein, heißt, du wirst sie gerecht und freundlich behandeln, deine Einschüchterungsspiele und den ganzen Scheiß lassen", verlangte ich mit funkelnden Augen.

Er sagte nichts. Starrte mich nur an.
Dann fragte er leise nach:

"Du wünschst dir, dass ich meinem Rudel ein gerechter und freundlicher Alpha bin?"

"Exakt", erwiderte ich nur.

Nachdenklich runzelte er die Stirn.

"Und was bringt dir das?", fragte er dann.
Als würde er nicht verstehen, warum ich mir keine eine Million Euro wünschte oder etwas anderes für mich selber.

"Es wird mich glücklich machen, dass ich das Leben mehrerer Leute verbessert habe. Dass ich mehreren Leuten eine Freude machen konnte", erwiderte ich wahrheitsgemäß.

Noch immer sah er mich so komisch an. Als könnte er es nicht fassen, dass ich mir etwas für andere wünschte. Als würde nur das eigene Leben zählen und sonst nichts.
Als würde es einem selbst nichts bringen, anderen zu helfen. Oh Mann, er hatte ja wirklich keine Ahnung.

"Also?", fragte ich nach, da er noch immer nichts gesagt hatte.
"Wirst du es machen?"

Nach einem Moment, in dem er mich nachdenklich angesehen hatte, nickte er schließlich.
Okay. Wow. Damit hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Aber das war wunderbar.
Fröhlich lächelte ich. Oh Mann. Das war wirklich hervorragend.
Ich...

"Hey, du hast noch nicht gewonnen, also hör auf, so zu lächeln", verlangte Damien genervt.

Doch ich grinste ihn nur unbeschwert an.
"Du hast Recht. Noch nicht. Ich hab noch nicht gewonnen. Aber ich werde es."

Er schnaubte nur.
"Das werden wir ja sehen. Aber kommen wir nun zu mir. Denn wenn ich gewinne...", nun grinste er spitzbübisch.
"....dann wirst du alles tun, was ich will."

Ich schenkte ihm einen Blick, der eindeutig besagte : bist du verrückt geworden?
Das würde ich garantiert nicht tun.

"Was?", fragte er nur, als wäre es etwas ganz Gewöhnliches, das er vorgeschlagen hatte.

Ich schnaubte verächtlich.

"Wenn du einen Schoßhund willst, der immer springt, wenn du pfeifst, dann musst du woanders suchen. Ich werde garantiert nicht immer tun, was du willst. Also bitte. Für was hältst du mich? Für einen Roboter?"
Verachtung sprach aus meiner Stimme. Ich konnte sie nicht zurückhalten.
Das war eine bescheuerte Idee.
Aber typisch Damien. So wie es schien, war er ein richtiger Kontrollfreak. Er musste immer die Kontrolle behalten und mich hatte er anders als seine Rudelmitglieder nicht unter Kontrolle. Denn ich ließ mich von ihm nicht einschüchtern. Er konnte alles versuchen, was er wollte, er würde mich nie kontrollieren.
Und wenn es nach mir ginge, würde das auch so bleiben. Ich war ein freier Mensch. Na ja, ein freier Werwolf, besser gesagt.

Genervt verdrehte Damien die Augen.
"Na schön. Dann eben nicht", erklärte er genervt.

Kurz dachte er nach, dann machte er einen neuen Vorschlag, wieder mit einem hinterlistigen Grinsen auf den Lippen:

"Wenn ich gewinne...."
Ich war wirklich gespannt, was jetzt kam.

Grinsend fuhr er fort:
"...dann wirst du mir jeden Tag sagen, dass ich der heißeste, attraktivste und unwiderstehlichste Typ auf Erden bin und dass du mich mehr liebst als alles andere."
Mit einem Funkeln in den Augen und noch immer einem fetten Grinsen auf den Lippen sah er mich herausfordernd an.

Ich presste die Lippen zusammen. Das war zwar besser als sein Vorschlag davor, aber dennoch....

"Nein", kam es aus mir heraus.

"Oh doch.", erwiderte er bestimmend.

Ein Knurren entschlüpfte mir.
Augenblicklich erwiderte Damien das Knurren.
Er mochte vielleicht der Stärkere von uns beiden sein, aber dennoch würde ich nicht einfach so klein beigeben.
Mein Knurren wurde lauter, Damiens darauf ebenso.
So standen wir uns gegenüber und knurrten uns an.
Dann hörte Damien plötzlich auf. Misstrauisch hörte auch ich auf.

"Ich kann auch einen anderen Vorschlag machen, wie zum Beispiel, dass ich jeden Tag jemanden verletzen werde, wenn ich gewinne", sagte er da leise.

Sofort fing ich wieder an zu knurren, warnend.

Er zog eine Augenbraue hoch.
"Was ist dir lieber?", fragte er provozierend.

Was für ein Idiot. Er wusste nun, was meine "Schwäche" war und nutzte sie ohne jede Reue aus.
Arschloch.

"Gut", stieß ich hervor.
"Wenn du gewinnst, werde ich dir jeden Tag diese Lügen erzählen."

Er schnaubte.
"Wenn du mich akzeptiert hast, wirst du endlich zugeben, dass ich der schärfste Typ auf Erden bin", erklärte er mir, als wäre das eine Gewissheit.

Oh Mann, er regte mich damit so auf.
"Niemals", knurrte ich.
"Weil es nämlich nicht der Wahrheit entspricht und ich keine Lügnerin bin."

Damit drückte ich mich an ihm vorbei und wandte mich nun endlich meinem neuen Zuhause zu.

"Das sagst du jetzt", erwiderte er unbeeindruckt hinter mir.
Ich versuchte, ihn zu ignorieren.
Irgendwie entwickelte sich das zu einer Gewohnheit zwischen uns beiden.

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