1. Tag der Wette
Rias p.o.v.
Das Zwitschern der Vögel weckte mich. Doch ich war zu müde, wollte nicht aufstehen.
Also ignorierte ich es und versuchte wieder ganz und gar ins Land der Träume einzutauchen.
Tatsächlich funktionierte es und ich schlief schnell wieder ein.
Als ich das nächste Mal aufwachte, wusste ich zuerst nicht, warum.
Aber nach und nach wurde ich immer wacher. Und bemerkte die unglaubliche Hitze unter und teilweise auf mir.
Blinzelnd öffnete ich die Augen. Es war zu dunkel, um was zu erkennen, aber doch hell genug, sodass ich wusste, wo ich mich befand.
Sofort hielt ich den Atem an, wie aus einem Reflex.
Diese unglaubliche Wärme....das war Damien. Ich lag nämlich auf ihm. Und wenn ich richtig lag, war diese Warme an meiner Hüfte sein Arm, den er um mich geschlungen hatte.
Das wäre noch okay gewesen, denn seinem regelmäßigen Atem nach zu urteilen, schlief er. Ich hätte bestimmt von ihm unbemerkt runtergehen und so tun können, als wäre nichts passiert.
Wenn mich da nicht ein klitzekleines Detail hindern würde.
Denn mein Kopf lag in seiner Halsgrube, mein Gesicht der zarten Haut zugewandt.
Sein unbeschreiblich guter Duft hatte sich im gesamten Unterschlupf ausgebreitet und stellte komische Dinge mit mir an.
Als wäre es nie weg gewesen, glühte die Glut des Verlangens in mir.
Sein Hals lockte mich geradezu, ihn zu markieren.
Scheiße.
Mein Atem beschleunigte sich. Wie war ich nur in diese Position gelangt? Ich konnte mich nicht daran erinnern, mich auf ihn gewälzt zu haben.
Und verdammt, ich würde das doch nicht freiwillig im Schlaf getan haben oder?
Bestimmt war er daran schuld.
Doch irgendwie zweifelte ich daran.
Wie auch immer, ich musste schleunigst hier weg. Noch etwas länger und ich würde nicht widerstehen können, ihn zu markieren. Und verdammt, einerseits war da die Wette. Wenn ich ihn markierte, würde ich ihn bestimmt bald akzeptieren. Vielleicht war es dumm von mir, im ersten Augenblick an diese doofe Wette zu denken, aber so war ich nunmal.
Ich verlor nie eine Wette. Wirklich nie.
Und besonders bei Damien wollte ich da keine Ausnahme machen. Diesem Kerl musste man zeigen, dass er nicht immer gewinnen konnte.
Außerdem...wenn ich ihn jetzt markierte, würde er sich kaum noch um mich bemühen müssen.
Er würde weitermachen wie bisher.
Und das wollte ich nicht.
Ich wollte nicht nicht von ihm bezwingen lassen. Wollte nicht mit jemandem zusammen sein, der seine Rudelmitglieder scheiße behandelte.
Also musste ich mich so schnell wie möglich aus dieser kompromittierenden Lage bringen.
Mein einer Arm lag auf Damiens Bizeps. Auf Damiens ziemlich beeindruckenden Bizeps, wie ich hinzufügen musste.
Schnell riss ich mich von dem Anblick los. Verdammt, was war heute nur los mit mir?
Genervt von mir selbst machte ich mich an die Arbeit.
Langsam, sodass er nichts merkte, löste ich meinen Arm von seinem und setzte ihn über seiner Schulter auf der Erde auf.
Mein rechter Arm war neben meinem Kopf bereits auf der Erde, also musste ich mich jetzt nur noch von dieser verlockenden Stelle an seinem Hals lösen, mich hochstemmen und dann war ich außer Gefahr.
Also biss ich die Zähne zusammen, ignorierte diese Versuchung vor mir und hob langsam meinen Kopf.
Dann atmete ich tief durch, was allerdings nicht viel brachte, da sein Geruch noch immer hier drin hing.
Ich brauchte unbedingt frische Luft.
Ich stemmte mein Gewicht auf meine Arme, setzte meine Knie auf den Boden neben Damiens Beinen und wollte wie ein Krebs nach rechts krabbeln, um seinen Arm von meiner Hüfte zu bekommen.
Doch bevor ich mich auch nur ein Stück bewegen konnte, wurde ich plötzlich wieder nach unten an Damiens Brust gedrückt.
Nicht gerade sehr sanft.
Der Aufprall ließ mich aufkeuchen.
Und ja, es war der Aufprall und nicht etwa die Tatsache, dass ich Damien so nah war.
"Du bleibst hier", murmelte Damien mit sexy verschlafener Stimme.
Mein Gott, selbst zu seiner Stimme fühlte ich mich hingezogen.
Lag das an der Markierung oder warum war ich so?
Und Mann, warum musste mein Mate nur so sexy sein?
Das machte alles um so einiges schwieriger.
Ich versuchte, dieses Verlangen in mir ganz weit wegzuschieben und knurrte ihn böse an.
Ich brauchte frische Luft. Er sollte mich gefälligst loslassen.
Wenn er mich noch länger bei sich hielt, konnte ich für nichts garantieren.
Entgegen meiner Erwartung knurrte er nicht zurück wie sonst auch. Nein, stattdessen drückte er mich noch enger an sich obwohl schon jetzt kein Blatt mehr zwischen uns passte. Den Kopf vergrub er in meinem Haar und atmete tief ein.
Seinem Hals war ich ganz nah.
Ich wusste genau, wo ich ihn beißen würde. Wie ich meine Lippen sachte an seine zarte Haut pressen und meine Zähne darin vergraben würde.
Verdammt, die Versuchung war so groß.
Die Hände stemmte ich gegen seine Brust, doch das nutzte nichts.
Er war zu stark. Warum musste ich auch ausgerechnet den Sohn eines Alphas als Mate haben?
"Lass es einfach zu, Ria", murmelte er an meinem Ohr, sodass ich eine Gänsehaut bekam.
Erst danach erfasste ich die Bedeutung seiner Worte.
Was sollte ich zulassen? Dass er mich an sich drückte? Also bitte, er musste es doch besser wissen!
Wieder knurrte ich ihn warnend an, aber das ließ ihn unbeeindruckt.
Wut überkam mich und verdrängte die Glut des Verlangens in mir.
Er konnte nicht so mit mir umgehen! Darüber hatten wir doch gestern gesprochen. Ich dachte, er hätte es eingesehen.
Ich wollte wieder einen Versuch unternehmen, ihn von mir wegzudrücken, diesmal von der Wut in mir befeuert, da knurrte auch er auf.
"Verdammt, Ria, was ist so schlimm daran, es zuzulassen? Du willst es doch. Und bestreite es nicht. Ich weiß es."
Das sagte er mit solch einer großen Sicherheit, als könnte er in meinen Körper schlüpfen und meine Gedanken und Gefühle spüren...
Gefühle...
Erschrocken riss ich die Augen auf.
Ich konzentrierte mich und tatsächlich: meine Abwehr war zusammengebrochen.
Dieser Kontrollfreak stalkte meine Gefühlswelt.
Schnell errichtete ich wieder diese Mauer.
Ich brauchte unbedingt eine bessere Sicherheitsmaßnahme. Ich konnte nicht zulassen, dass meine Mauer jederzeit einstürzte.
Sofort bebte Damiens Körper ganz leicht von dem Knurren, das tief aus seiner Brust kam.
Er öffnete die Augen und blickte mich mit einem wütenden Lodern darin an.
"Warum tust du das immer?", fragte er betont ruhig, aber seine Wut konnte er nicht verstecken.
Es war mir egal, wie sehr ihn mein Handeln aufregte.
Er regte mich schließlich tausend Mal mehr auf.
"Privatsphäre", sagte ich ganz deutlich und langsam, als wäre er ein kleines begriffsstutziges Kind.
Seine Miene verdüsterte sich zusehends.
Ich musste ein Grinsen unterdrücken.
"Ich brauche keinen Schnüffler in meiner Gefühlswelt."
Etwas blitzte in seinen smaragdgrünen Augen auf.
"Ich bin dein Mate", erwiderte er wütend und vorwurfsvoll. Als würde das sein Stalking rechtfertigen.
Ich zog nur unbeeindruckt eine Augenbraue hoch.
Ließ mir nicht anmerken, wie viel Mühe es mich kostete, seine Nähe zu ignorieren und das, was sie mit mir anstellte.
"Das ist kein Grund, mein Inneres auszuspionieren. Oder tu ich etwa dasselbe bei dir?"
Ein leichtes Lächeln umspielte nun seine Lippen.
"Oh, du kannst jederzeit mein Inneres ausspionieren, wenn du willst. Du musst nur deine wunderhübschen Zähnchen in meinen Hals vergraben."
Ich verengte die Augen.
"Nicht in hundert Jahren!", zischte ich.
Sofort verschwand das Lächeln auf seinen Lippen.
"Sei nicht so stur!", knurrte er.
"Du weißt, dass es nicht aufzuhalten ist. Also warum zögerst du es heraus?"
Seine Nähe war komplett vergessen. Eine tosende Wut rauschte durch meine Adern.
Wie ich seine Arroganz hasste!
Noch nie war ich einem Menschen oder Werwolf mit solch unermesslichen Ego begegnet!
"Ich akzeptiere dich nicht, um dir zu beweisen, wie unrecht du hast!", zischte ich mit vor Wut trotziger Stimme.
"Ich akzeptiere dich nicht, um dir zu beweisen, dass du nicht so unwiderstehlich, furchteinflößend und gefährlich bist, wie du allen weismachen willst!"
Die ganze Zeit hatte er mich wütend angestarrt, doch bei meinen letzten Worten geschah eine Veränderung, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Zuerst bogen sich seine Mundwinkel ganz langsam nach oben, dann fing sein Oberkörper sanft an zu beben.
Ich blinzelte, konnte meinen Augen kaum trauen.
Er lachte. Ganz richtig. Damien, das arrogante Arschloch, lachte.
"Was ist so witzig?", zischte ich.
Er sah mich amüsiert an.
"Ich lache, weil du keine Ahnung hast, was du sagst."
Ein gefährliches Schimmern trat in seine Augen und er senkte seine Stimme.
"Ich bin eine der gefährlichsten Personen, die dir je begegnen werden und daher solltest du dich davor hüten, mich zu verärgern."
Einen Moment sah ich ihn nur an.
Dann verdrehte ich genervt die Augen.
"Ich dachte, wir haben den Punkt bereits abgehakt, dass du mir keine Angst einjagst und auch nie einjagen wirst. Also warum fängst du wieder damit an?"
Die Frage war rhetorisch, ich erwartete keine Antwort.
Ich sah gerade noch, wie seine Miene sich verdüsterte, da rollte ich mich auch schon von ihm.
Widerstrebend gab er mich frei.
Ich krabbelte aus der kleinen Höhle und genoss erst einmal die frische Luft. Tief atmete ich ein und ließ sie jeden noch so feinen Hauch von Damiens moschusartigen Geruch vertreiben.
Dann streckte ich mich erst einmal.
Hm, ein Morgensprint würde mir bestimmt gut tun.
Ich musste nur irgendwie Damien abhängen.
Ich hatte keinen Bock, zusammen mit ihm in meiner Wolfsgestalt durch den Wald zu wetzen.
Penetrant wie er war, kam er mir auch schon hinterher.
Ich stieß ein leises Seufzen aus. Wir kannten uns noch nicht lange und er trieb mich bereits in den Wahnsinn.
Ich wollte gar nicht wissen, wie es sein würde, wenn ich ein ganzes Leben mit ihm zusammen verbringen würde.
Aber das würde ich ja zum Glück auch nicht erfahren.
"Du brauchst neue Klamotten", meinte Damien plötzlich.
Ich blickte auf sein T-Shirt hinab, das ich trug. Nun, wo er Recht hatte, hatte er Recht.
Mit einem Lächeln drehte ich mich zu ihm um. Sofort kniff er misstrauisch die Augen zusammen. Komisch. Als würde er sich auf etwas gefasst machen, wenn ich lächelte.
Also wirklich. Ich hatte ihn doch bestimmt schon oft angelächelt, ohne böse Hintergedanken. Oder?
"Das stimmt. Du kannst mir gerne welche bringen."
Ich versuchte, meine Miene unschuldig und freundlich aussehen zu lassen.
Aber offensichtlich machte ich irgendetwas falsch, denn sein Misstrauen schwand nicht.
"Du wirst mit mir kommen", befahl er ruhig.
Idiot. Er durchkreuzte meine Pläne. Konnte ich nicht eine Sekunde ohne ihn sein? Konnte er mir nicht eine Minute Freiraum lassen?
Ich würde schließlich nicht abhauen. Ich wollte nur einen stinknormalen Sprint in meiner Wolfsgestalt machen.
War mir das etwa verboten?
Aber da ich fürchtete, mit Unfreundlichkeit nicht besonders weit zu kommen, versuchte ich das Gegenteil und hielt meine freundliche Fassade aufrecht.
"Das würde ich ja wirklich gern, aber ich muss mal für kleine Mädchen."
Er zog nur unbeeindruckt eine Augenbraue hoch.
"Ich kann auf dich warten."
Es wurde immer schwieriger, diese freundliche Maske aufrecht zu erhalten.
Mittlerweile sah ich bestimmt aus, als würde ich eine Grimasse ziehen. Ich musste das auf jeden Fall noch üben. Zu schade, dass ich hier im Wald keinen Spiegel hatte.
Aber vielleicht würde Damien mir einen bringen.
"Das musst du wirklich nicht. Ich wollte mich auch noch in dem Bach in der Nähe waschen."
Ich bemerkte in der Sekunde, in der ein Funkeln in seine Augen trat, dass ich einen Fehler begangen hatte.
Keine Sekunde später stand er direkt vor mir und flüsterte mit rauer Stimme.
"Es wird mir ein Vergnügen sein, dir beim Baden zu helfen."
Ungläubig blickte ich ihn an.
Scheiß auf Freundlichkeit!
"Das kannst du vergessen! Aber sowas von!", zischte ich aufgebracht und verschränkte abwehrend die Arme.
Doch er zuckte lediglich die Schultern.
"Dann stehe ich Wache. Nicht, dass irgendjemand vorbei kommt. Und so kann ich dich auch vor wilden Tieren schützen."
Ich schnaubte laut. Keinen einzigen Moment nahm ich ihm sein selbstloses Verhalten ab.
"Und wer wird mich vor dir schützen?", fragte ich ihn.
Künstlich erschrocken riss er die Augen auf und legte sich gespielt tief getroffen eine Hand auf die Brust.
"Vor mir? Wer sagt denn, dass du vor mir beschützt werden musst? Ich dachte, ich bin gar nicht so furchteinflößend und gefährlich, wie mich alle finden."
Genervt verdrehte ich die Augen.
"Bist du auch nicht. Aber du bist nervig. Ich hab keinen Bock darauf, dass du mich beim Baden anstarrst und die ganze Zeit sabberst."
Einer seiner Mundwinkel bog sich nach oben.
"Wer sagt denn, dass ich dich anstarren würde? Ich würde dir natürlich Privatsphäre schenken."
Ich bedachte ihn mit einem Blick, der genau besagte, dass ich ihn durchschaute.
Der Typ, der die ganze Zeit meine Gefühle spüren wollte, würde mir dann also beim Baden Privatsphäre schenken?
Das konnte er seinem Kuscheltier erzählen, aber nicht mir.
Schließlich seufzte er.
"Okay, du hast ja recht, ich würde wahrscheinlich gucken. Aber mal ehrlich, das tut ja nichts zur Sache. Schließlich werde ich dich sowieso schon bald nackt sehen."
Und da war sie wieder: seine enorme Arroganz.
Ich habe sie wirklich vermisst. Nicht.
"Wir beide wissen, dass das nur Wunschdenken deinerseits ist", erwiderte ich von oben herab.
Doch er ließ sich keineswegs verunsichern, im Gegenteil, er schenkte mir nur ein verschwörerisches Lächeln, als wüsste er etwas, das ich nicht wusste.
So langsam fragte ich mich echt, ob seine Arroganz eine Grenze besaß.
Irgendwie zweifelte ich daran.
"Wir werden ja sehen.", versprach er mir mit einem Zwinkern.
Ich sah ihn böse an.
Wir würden sehen, ja.
Wir würden beide sehen, wie unrecht er hatte.
Und ich würde mit Freuden sehen, wie sein enormes Ego einen tiefen Riss bekam.
Ich würde ihm nur helfen.
So viel Arroganz konnte schließlich nicht mehr gesund sein...
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