Kapitel 4 - Gefangen in den Händen der Feinde

Rey

Dunkelheit empfing mich, als ich langsam meine Augen aufschlug und versuchte mich zu orientieren. Wo war ich und was war passiert? In meinem Kopf hämmerte es fürchterlich.
"Das wird ja mal Zeit." Das Pochen wurde stärker, als ich mich gezwungenermaßen umdrehen musste. Zu sehr mit mir selbst beschäftigt, hatte ich gar nicht bemerkt, dass ich nicht alleine war. Die Person war genauso dunkel, wie der Raum. Fast hätte ich gedacht, dass Kylo Ren vor mir stand, doch von der mir vertrauten roten, massiven Klinge fehlte jede Spur. Nur schwach konnte ich dafür eine aufblitzende Axt in den Händen meines Gegenübers erkennen.
"Wer bist du?" zischte ich wütend und suchte gleichzeitig mit meinen Augen den Raum ab. Hier musste es doch irgendetwas geben, womit ich mich verteidigen konnte.
"Ich glaube, dass ist dein geringstes Problem, Schrottsammlerin." Die Maske verbarg seine Abneigung keineswegs.
"Ach und deshalb hast du mich mit einer Axt angegriffen? Wo ich doch nur eine Schrottsammlerin bin?" So leicht würde ich mich nicht unterkriegen lassen.
"Du hast ihn umgebracht! Den Obersten Anführer!" Rein aus einem Reflex heraus duckte sich mein Körper rechtzeitig weg, als die Rasiermesser scharfe Klinge nur wenige Meter an mir vorbei zischte. Er hatte also mir die Schuld für seine Tat zugeschoben. Bis heute war mir unklar, was ihn dazu veranlasst hatte es zu tun. Warum hatte er seinen Meister getötet, wenn er sich gleich danach selbst zum Anführer ernannt hatte? War ich einfach nur das bis dahin fehlende Puzzle Teil gewesen, um seine Gier nach Macht zu befriedigen?
Meine Augen hatten sich mittlerweile an das dämmrige Licht gewöhnt und erst jetzt bemerkte ich, wie bedrohliche nahe mir die Gestalt war.
"Wenn es nach mir oder General Hux ginge, wärst du schon lange nicht mehr am Leben. Doch bedauerlicherweise ist Kylo Ren der Oberste Anführer und entscheidet was zu tun ist."
"Wer bist du?" wiederholte ich meine Frage. Im Gegensatz zu der Maske von Kylo Ren, war seine wesentlich einfacherer und helmartiger gehalten. Was der Verzerrung seines höhnischen Lachens aber nicht den geringsten Abbruch tat.
"Du lässt auch nicht locker was? Da es dich so brennend interessiert: Revan, Mitglied der Ritter von Ren."
Die Ritter von Ren waren die anderen Schüler von Luke, die sich wie sein Neffe der dunklen Seite angeschlossen hatten. Keine wirklich rosigen Aussichten.
"Und wo sind wir?" fragte ich weiter.
"Oh ich kann dir gratulieren. Du bist eine der ersten Gefangenen in unserer neuen Basis auf Hoth." antwortete er mir stolz auf meine Frage. Ich seufzte innerlich. Von Hoth aus ein Signal zum Widerstand zu senden, war zwecklos. Der Planet war einfach zu abgeschnitten vom restlichen System und deshalb war die Chance, dass die anderen mein Signal empfangen würden, ziemlich gering.
"Und wie war es?" Die Verwirrung musste mir im Gesicht gestanden haben, denn er setzte nach:
"Wie hat es sich angefühlt, den mächtigsten Machtnutzer in der Galaxis auszuschalten? Vielleicht sollte ich mal an dir selbst ausprobieren wie-"
"Das reicht, Revan!" kam es plötzlich von der Tür. Diese Stimme würde ich überall erkennen. Meine Vermutung wurde bestätigt, als Ben zu uns trat.
"Ich kümmere mich um sie, keine Sorge." Damit schickte er seine Vorhut weg. Ich hatte mir noch keine Gedanken gemacht, wie ich mich bei einem erneuten Aufeinander treffen verhalten sollte. Jetzt hätte ich mich gerne für mein gedankenloses Handeln selbst geohrfeigt, denn es war natürlich naiv gewesen zu denken, dass wir uns nie wieder begegnen würden.
"Ich wusste gar nicht, dass du neuerdings ein paar Gehilfen hast." unterbrach ich die Stille und stand mutig wie ich war auf. Ich hatte es satt, für jeden angreifbar auf dem Boden herum zu sitzen.
"Tja, auch ein Oberster Anführer schafft nicht alles alleine." antwortete er mir amüsiert, wurde aber gleich darauf wieder ernst.
"Du bist nicht ohne Grund hier Rey." sagte er und richtete, wie bei unserer ersten Begegnung, seine Hand auf mich. Das was jetzt kam kannte ich bereits und ich versuchte mich dagegen zu wehren. Doch auch dieses Mal verlor ich die Kontrolle über meinen Körper. Ich stand wie eingefroren vor ihm und war nicht in der Lage auch nur eine Bewegung zu tun.
"Ich werde den Widerstand endgültig auslöschen und du wirst mir dabei helfen. Sie bauen auf dich, du bist ein wichtiges Mitglied." Ich musste an Poe, Finn und all die anderen denken die ich zurück gelassen hatte. Bestimmt waren sie schon längst auf der Suche nach mir.
"Und nun wirst du mir zeigen, wo sich der Widerstand aufhält." sagte er und ein unfassbarer Schmerz breitete sich in meinem Kopf aus. Wir spielten das alte Spiel ein weiteres Mal. Und ich hatte einmal ernsthaft daran geglaubt, dass er sich ändern könnte. Noch an Leias Sterbebett hatte ich es zugegeben und doch wurde mein Glaube an das Gute von Sekunde zu Sekunde unseres Zusammentreffens schwächer.
"Niemals!" antwortete ich und versuchte mich zu konzentrieren. Ich hatte es schon einmal geschafft das Blatt zu wenden und in seine Gedanken einzudringen. Und auch dieses Mal schossen mir die einzelnen Wortfetzen geradezu entgegen, als ich die unsichtbare Barriere zwischen uns überwand.

Ich wusste selbst, dass ich Rey eliminieren musste, denn sie holte zu viel von dem hervor, was ich versuchte zu verdrängen. Doch ich konnte es nicht, genauso wenig, wie ich anderen den Befehl dazu geben konnte.

Dieser Gedanke erinnerte mich an die Worte von Revan vorhin. Er konnte mich nicht töten, genauso wenig wie er Hux oder andere damit beauftragen konnte.
"Rey, hör auf damit!" Der Druck verschwand sofort, als er urplötzlich seine Hand zurückzog.
Mein Zugang zu seinen Gedanken war dahin. Stattdessen überkam mich ein unglaublich starkes Schwindelgefühl, was mich durch den Raum taumeln ließ. Ben fluchte leise.
"Verdammt, was hat Revan mit dir gemacht? Er sollte dich doch nur betäuben!"
Ich verstand weder warum er sich über den Ritter aufregte, noch warum er nicht schon längst gegangen war. Verzweifelt blinzelte ich immer wieder mit meinen Augen, aber es war hoffnungslos. Der Raum vor mir verschwamm gänzlich und alles begann sich immer schneller zu drehen. Ein brennender Schmerz durchzog mein Bein, als ich bei meinem nächsten Schritt gezwungenermaßen Bekanntschaft mit einer Wand machte. Das allein reichte schon aus, um mich noch stärker stolpern zu lassen. Die Orientierung hatte ich mittlerweile komplett verloren.
"Rey?" Ich wollte ihm eine Antwort geben, mich ihm entgegenstellen. Er durfte mich nicht so schwach sehen. Doch dazu kam ich nicht mehr, denn dieses Mal traf mein Kopf zuerst auf das harte Metall. Ich kippte nach hinten weg. Meine Beine hatten einfach keine Kraft mehr. Es musste die Wunde an meinem Kopf sein, die mir der Ritter Revan verpasst hatte.
Das war das Ende dachte ich. Die erste Ordnung würde mich einfach in meiner Zelle verbluten lassen oder noch viel schlimmeres. Vielleicht würden sie mich gerade so am Leben halten, damit ich ihnen die benötigten Informationen gab, nur um mich dann noch qualvoller umzubringen. Mir wurde schwarz vor Augen und ich wartete auf den Moment, wo ich auf den Boden auftreffen und das Brennen meine Wirbelsäule durchfahren würde. Doch er kam nicht. Stattdessen spürte ich mit einem Mal zwei starke Arme, die mir Halt und zumindest ein wenig Sicherheit gaben.

Kylo

Ich fing sie gerade noch rechtzeitig auf und setzte mich, mit ihr in meinen Armen, auf den Boden. Vorsichtig fuhr ich mit meiner Hand an ihrem Hinterkopf entlang, wo ich die Wunde vermutete, während ich sie mit meinem anderen Arm fest an mich drückte. Ich vergaß, dass es falsch war, wie ich mich verhielt und das es mich nicht kümmern sollte, wie es ihr ging. Das einzige was für mich in diesem Moment zählte war sie und ihr Wohlergehen. Und genau das machte mir verdammt nochmal Angst.
Ihr Gesicht hatte jegliche Farbe verloren und mit geschlossenen Augen atmete sie schwer in mein Gewand. Als ich meine Hand wieder von ihrer Wunde nahm, war sie fast komplett mit Blut bedeckt. Revan hatte sie zwar betäubt, aber nicht so wie es vorgesehen war. Statt einem Betäubungsschuss, hatte er sie wahrscheinlich mit seiner Axt zusammengeschlagen. Ein blutiges Versprechen, dass er sie beim nächsten Mal richtig Bekanntschaft mit der Waffe machen lassen würde.
Zwar existierte in dieser Basis eine Medistation, dort konnte ich aber unmöglich mit Rey auftauchen und Hux weiß machen, dass eine Gefangene unsere ärztliche Versorgung benötigte. Schon gar nicht jetzt, wo die Station gerade erst im Aufbau war. Da ich mir nicht anders zu helfen wusste, riss ich ein Stück von meinem Umgang ab und drückte den Fetzen auf die entsprechende Stelle. Der Stoff sog das Blut auf und nach einiger Zeit hörte die Blutung endlich auf. Ein Zucken ging durch den zarten Körper in meinen Armen. Dann schaute ich ein weiteres Mal in diese wunderschönen Rehaugen.
"Geht es wieder?" hakte ich besorgt nach und half ihr dabei sich aufzusetzen.
"Ja, ich denke schon." murmelte sie und ich bemerkte, wie viel Kraft sie alleine das Sprechen kostete.
"Revan wird schon sehen was er davon hat, wenn er meine Befehle nicht befolgt." sagte ich wütend eher zu mir, als zu ihr und setzte mich neben sie. Doch sie hörte mir gar nicht richtig zu, sondern schaute mich die ganze Zeit nur verwirrt an.
"Warum hast du das getan?" kam es auf einmal aus ihrem Mund.
"Wie meinst du das?" Jetzt war ich derjenige der verwirrt war.
"Warum hast du mir geholfen? Schon wieder?" Mir war natürlich nicht entgangen, was Revan vorhin zu ihr gesagt hatte. Welche Anschuldigungen er ihr gemacht hatte, obwohl ich dafür verantwortlich war! Obwohl ich sie vor Snoke gerettet hatte! Und gerade eben hatte ich erneut der einzigen Hoffnung des Widerstandes geholfen. Wie oft musste ich noch schlimme Dinge tun, bis ich endlich der werden würde der ich sein müsste?
"Ich weiß es nicht." Ich belog sie und mich selbst, denn die Wahrheit war, dass ich Rey noch nie als meinen Feind betrachtet hatte. Und allein ein Blick in ihr unschuldiges, hoffnungsvolles Gesicht reichte, um zu wissen, dass ich es niemals können würde.
"Das glaube ich dir nicht." Wie gut sie mich doch jedes Mal aufs neue durchschaute.
Ich stand auf, denn diese ganze Situation hier war schon wieder ein einziger Fehler. Der Sog zur hellen Seite würde nur stärker werden, wenn ich das weiter zu ließ. Normalerweise müsste ich sie in diesem Moment verhören und nicht ihr helfen und mit ihr reden.
"Ich weiß, dass noch Gutes in dir steckt Ben." Woher nahm sie immer ihre Stärke und die Kraft aufzustehen? Weiter zu machen, obwohl so vieles sie versuchte aus der Bahn zu werfen? Allein das sie den Mut hatte mich bei meinen alten Namen zu nennen. In dem besagten Fahrstuhl, der uns an dem einen Tag, vor nicht allzu langer Zeit, zu Snoke brachte, hatte sie mich das erste Mal mit Ben angesprochen. Jeder andere hätte um sein Leben fürchten müssen, hätte er es gewagt mich so anzureden. Doch in der Ersten Ordnung wusste fast niemand, dass ich früher einmal Ben Solo gewesen war. Und die paar wenigen Ausnahmen, wie die Ritter von Ren und zu meinem Bedauern Hux, hatten nie einen anderen Namen als Kylo Ren verwendet. Bei ihr hatte ich es allerdings zugelassen. Vielleicht, weil der Klang meines Namens aus ihrem Mund mir jedes einzelne Mal eine Gänsehaut bescherte. Ja, mir Kylo Ren! Oder weil sie es einfach nicht aufgab, mich so zu nennen, egal wie oft ich ihre Hoffnungen zu nichte machte. Genauso wie jetzt.
"Du verschwendest deine Zeit. Ich habe dir einen Platz an meiner Seite angeboten, aber du hast mich zurück gewiesen!"
"Ich wollte nie über die Galaxis herrschen!" Ihre Stimme klang wieder genauso fest und entschlossen, wie ich es von ihr gewohnt war. Nur das dieses Mal etwas verletzliches darin mit schwang, genau wie damals in Snokes Thronsaal.
"Ich dachte mit seinem Tod hätte der Krieg endlich ein Ende gefunden! Ich dachte, du würdest zurück kehren zu deiner Mutter und stattdessen hast du die Galaxis für viele weitere Jahre in die Dunkelheit gestürzt!" Was sollte ich ihr bloß antworten? Das sie komplett falsch lag? Das ich niemals Snokes Platz hatte einnehmen wollen, sondern das ich nur sie an meiner Seite haben wollte, um die Galaxis neu aufzubauen? Nein dafür war es längst zu spät. Sie glaubte, ich wäre der Alte geblieben, das Monster. Und so sollte es bleiben.
"Und ich habe dir schon oft genug gesagt, dass du die Vergangenheit los lassen musst. Hör endlich auf an etwas Gutes in mir zu glauben oder zu sehen! Es wird sich nichts ändern!" erwiderte ich ihr. Mit schnellen Schritten verließ ich ihre Zelle. An der eisernen Tür verharrte ich abermals.
"Was denkst du eigentlich? Das du mich kennst? Eine Schrottsammlerin, die plötzlich so beim Widerstand auftauchte und gefeiert wurde, nur weil sie eine geheime Karte zurück gebracht hatte? Die sich verzweifelt an meine Eltern und meinen Onkel klammerte, nur weil sie nie eine eigene Familie hatte? Die im ersten Moment meinem Onkel mehr geglaubt hat, als mir?" Ich spürte ihren seelischen Schmerz durch unsere Verbindung, er hinterließ einen dumpfen Stich in meinem Herzen. Mir war sofort klar, dass ich zu weit gegangen war. Reys Eltern mit hinein zu ziehen, nach denen sie sich schon ihr ganzes Leben lang sehnte, war einfach nur gemein und herzlos gewesen. Besonders, weil ich selbst zumindest eine Ahnung davon hatte, wie es war keine richtigen Eltern zu haben. Aber immerhin hatte ich bis zu meiner Zeit in Lukes Akademie ein paar schöne Jahre mit ihnen verbracht. Nicht einmal das war Rey vergönnt gewesen und würde es auch niemals. Denn ihre Eltern waren lange vor meinen gestorben. Während ich zu ihnen hätte zurück kehren können, war ihr diese Chance verwehrt geblieben.
"Verschwinde!" Eine Träne hatte sich aus ihrem Augenwinkel gelöst und rollte über ihre Wange.
"Rey-" setzte ich an, aber sie fiel mir sofort ins Wort.
"Ich habe gesagt: Verschwinde! Bitte lass mich einfach alleine!"
Wollte ich nicht genau das? Das sie mich nicht länger hier haben wollte und froh war, wenn ich endlich ging? Warum fühlte ich mich dann bloß so schuldig?
"Verschwinde verdammt!" Ich kam ihrer unmissverständlichen Aufforderung schließlich nach, denn ich konnte nicht mehr länger ihre Traurigkeit und Verzweiflung ertragen, für die ich verantwortlich war. Jedoch ließ den ganzen restlichen Tag der Stich in meinem Herzen nicht mal für eine Sekunde lang nach.

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