Kapitel 37 - Enthüllung
Ben
"Womit kann ich Euch dienen, Sir?" Wir waren noch nicht einmal am Ende der Schiffsrampe angekommen, als uns bereits ein geschäftstüchtiger Corellianer entgegen kam. Auf dem gesamten Landeplatz wimmelte es nur so vor Händlern, die zwischen den neu eingetroffenen Schiffen hin und her gingen, um möglichst viele Kunden für sich zu gewinnen.
"Mein Schiff ist leer gelaufen. Der Tank muss vollständig mit neuem Sprit aufgefüllt werden." brachte ich mein Anliegen vor und drückte Reys Hand fester. Bedauerlicherweise hatte ich sie nicht davon abhalten können mich zu begleiten. Corellia war ein sehr belebter Planet, bei dem sowohl Mitglieder der Ersten Ordnung und des Widerstandes in der riesigen Masse aus verschiedenen Spezies der Galaxis nicht wirklich auffielen. Hoffentlich hatte der Widerstand unsere Flucht noch nicht bemerkt und die Erste Ordnung hatte wichtigere Probleme, als einem ehemaligen Obersten Anführer und einer Jedi hinterher zu jagen.
"Wie sie wünschen, Sir. Das macht 70 Credits." antwortete der Mann, der gut einen Kopf kleiner war als ich, und winkte einige Arbeitsdroiden heran. Ich bezahlte den genannten Preis und entfernte mich mit meiner Freundin einige Meter, während sich die Droiden daran machten einen großen Kanister herbei zu schaffen und zu öffnen. Wachsam sah ich mich mehrere Male nach allen Seiten um.
"Ist alles in Ordnung?" fragte Rey und fügte hinzu "Wegen deinem Vater meine ich." Komischerweise hatte ich seit unserer Landung nicht weiter über dieses Thema nachgedacht. Ich war zu beschäftigt damit gewesen nach möglichen Feinden Ausschau zu halten.
"Ja...ja alles gut." Ein einziges Mal hatte mich mein Vater mit nach Corellia genommen. Wir waren mitten in der Nacht zusammen mit Chewbacca aufgebrochen, damit meine Mutter unseren Ausflug nicht bemerkte. Ihrer Meinung nach war ich noch zu klein für diese Art von Abenteuer gewesen. Der riesige Raumhafen sah genauso aus wie damals und ich erinnerte mich noch daran, wie mein Vater zu mir sagte an diesem Ort würden sich die übelsten Halunken der Galaxis herumtreiben. Er hatte Corellia genauso sehr gehasst, wie einen gewissen Jabba the Hutt, welchen er in seiner Vergangenheit aus dem Weg räumen konnte. Er hatte den Planeten wegen irgendeines Deals aufgesucht, den er mithilfe von Lando aushandeln wollte. In dieser Zeit bewunderte ich meinen Vater und wollte so sein wie er. Ich träumte davon eines Tages ein ebenso guter Pilot zu sein und die Galaxis unsicher zu machen. Die Macht, die Jedi, die Sith...mit all dem konnte ich als Kind nichts anfangen.
"Du hättest lieber im Schiff bleiben sollen." wechselte ich das Thema, als ich eine junge Twi'lek entdeckte, die uns aufmerksam beobachtete. Fieberhaft überlegte ich, wie ich herausfinden konnte, für wen sie arbeitete, ohne das ich zu große Aufmerksamkeit erregte. Als Flüchtiger konnte man niemanden trauen.
"Vielleicht ist sie einfach nur neugierig." wandte Rey zögernd ein.
"Oder sie ist ein Spion." sagte ich und hatte meine Hand schon an meinem Lichtschwertgriff, als sich die Fremde wegdrehte und von zwei älteren Twi'leks in Empfang genommen wurde. Erleichtert atmete ich aus und auch meine Freundin entspannte sich merklich neben mir. Das schien nur eine Familienzusammenkunft zu sein und kein Spionagemanöver.
"Man kann trotzdem nie vorsichtig genug sein." sagte ich und wie um meine Aussage zu bestätigen, wurde Rey bei unserem Rückweg zum Schiff von einem hustenden Corellianer angerempelt. Der Mann sah fürchterlich krank aus und brach förmlich in sich zusammen, als Rey angeekelt zurückwich.
"Siehst du ich habe es dir gesagt. Nichts wie weg von hier." fluchte ich vor mich hin und zog sie schnell weiter.
"Können wir ihm nicht irgendwie helfen?" fragte Rey und warf noch einmal einen Blick zurück. Das war eine Schwachstelle von ihr, die ich relativ schnell entdeckt hatte: Mitleid. Rey sorgte sich immer zuerst um andere, als um sich selbst. Natürlich ließ mich der Anblick von gerade eben auch nicht kalt, aber in all den Jahren bei der Ersten Ordnung hatte ich gelernt Leid auszublenden. Es war der einzige Weg, um Snokes grausame Aufträge in die Tat umzusetzen.
"Wir haben schon genug damit zu tun, auf uns selbst aufzupassen. Komm jetzt." Widerwillig folgte sie mir zurück zu unserem Schiff, wo uns bereits der Händler von vorhin erwartete.
"Meine Droiden haben Ihr Schiff vollständig betankt, Sir. Ich wünsche eine gute Weiterreise." Er deutete eine Verbeugung an, ehe er mit seinen Arbeitsdroiden im Schlepptau das nächste Schiff inspizierte, dass soeben eingetroffen war.
"Rey?" rief ich bereits zum dritten Mal in Folge, aber erhielt keine Antwort. Kurz nachdem wir Corellia hinter uns gelassen hatten, wollte Rey etwas aus dem hinteren Teil des Schiffes holen. Mittlerweile hatten wir Naboo fast erreicht und sie war immer noch nicht zurück im Cockpit. Kurzerhand aktivierte ich den Autopiloten und machte mich auf den Weg zu ihr. Ich rief noch einmal ihren Namen und wollte schon fragen, ob es ihr gut ging, verstummte aber sobald ich um die Ecke bog: Rey hatte sich auf dem Boden zusammen gerollt und schlief friedlich. Ein Arm lag angewinkelt unter ihrem Kopf und den anderen hatte sie schützend um ihre Körpermitte geschlungen. Darauf bedacht so leise wie möglich zu sein, näherte ich mich langsam. Mehrere Aufzeichnungen von Luke lagen neben ihr verstreut, welche ich sorgsam einsammelte und in einem Stapel zu Reys restlichen Gepäck legte. Wahrscheinlich wollte sie sie holen und war dann vor lauter Erschöpfung eingeschlafen. Kein Wunder, schließlich hatte sie genauso wie ich kein Auge letzte Nacht zu gekriegt. Und dann kamen noch die ganzen Veränderungen aufgrund der Schwangerschaft dazu, mit denen ihr Körper klar kommen musste.
Ich kramte meinen Umhang hervor, das letzte Überbleibsel neben meinen Lichtschwert von Kylo Ren. Behutsam breitete ich den schwarzen Stoff über Rey aus, damit sie es wenigstens ein bisschen wärmer hatte. Eigentlich hätte ich zurück ins Cockpit gehen müssen, um zu sehen, wie weit wir noch von unserem Ziel entfernt waren. Stattdessen war ich, wie so oft, vollkommen gefesselt von ihrem Anblick. Selbst im Schlaf war Rey wunderschön. Ich konnte nicht glauben, dass das von nun an mein Leben war. Das ich es mit ihr verbringen durfte. Sanft strich ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und beugte mich vor, um ihr einen leichten Kuss auf die Stirn zu geben. Ihre gleichmäßigen Atemzüge erfüllten den Raum und ich genoss für ein paar Minuten die Ruhe.
Wieso konnte es nicht immer so sein? Anstatt das wir in den nächsten Monaten unser Glück einfach genießen konnten, mussten wir vor allem und jedem die Flucht ergreifen. Jeden Tag mit der Angst leben entdeckt zu werden. Wann war die Galaxis zu so einem grausamen Ort geworden? Wie hatte es überhaupt so weit kommen können? Seit Jahrzehnten gab es Krieg. Die Parteien wechselten, aber der Konflikt blieb. Mal waren es Jedi und Sith, Separatisten und Republikaner, Imperiale und Rebellen oder eben der Widerstand und die Erste Ordnung, welche sich bis aufs Blut bekämpften. Waren wir nicht besser, als das? Es war genug. Die Kämpfe mussten endlich ein Ende haben. Aber das war nicht länger die Aufgabe von mir oder Rey. Ich konnte nur hoffen, dass Revan meinen Posten übernehmen würde und nicht Hux. Dann hatten wir wenigstens noch den Hauch einer Chance auf Frieden. Rey regte sich kurz, stieß ein leises Seufzen aus und schmiegte sich enger in den wärmenden Umhang. Sie verdiente so viel mehr, als das hier.
Schon wenig später konnte ich das Seenland Naboos ausmachen und ging zum Cockpit zurück, um das Schiff sicher beim früheren Anwesen meiner Großmutter zu landen. Danach nahm ich meine Freundin in die Arme und trug sie ins Haus. Meine Sorge sie würde durch den Ortswechsel wach werden stellte sich als völlig unbegründet heraus. Rey schlief immer noch ruhig und fest, als ich sie auf das Himmelbett in der oberen Etage der Villa legte.
Hux
Mit verkrampften Fingern umklammerte ich das Holopad, unfähig meinen Hass auf diese blauen Kreaturen zu bändigen. Die Mission nach Csilla sollte mein Triumph werden. Der Anfang vom Aufstieg zum Obersten Anführer. Mit seinem heimtückischen Angriff hatte Zurco otuk reru unsere Besatzung auf die Hälfte reduziert, das Vertrauen der Mitglieder in mich zerstört und uns zur Flucht gezwungen. Er würde früher oder später sehen, dass er sich mit dem Falschen angelegt hatte. Ich würde ihn, seine Familie, sein gesamtes Volk finden und vernichten. Er würde das Schlusslicht bilden, nachdem ich seine Kinder vor seinen eigenen Augen abgeschlachtet hatte. Niemand forderte den Sohn von Brendol Hux heraus und kam ungestraft davon.
"Sir, wir dringen jetzt...in...in die Atmosphäre von Eadu vor." Mitakas stotternde Stimme drang in mein Bewusstsein. Ich löste meinen Blick von dem Holopad in meinen Händen und entdeckte den zitternden Leutnant in der anderen Ecke des Raumes. Er hatte noch nie seine Angst vor seinen ranghöheren Vorgesetzten verbergen können, aber wenn er jemals in dieser Verfassung vor Kylo Ren gestanden hätte, dann wäre er längst nicht mehr ein Teil der Ersten Ordnung. Mich brachte dagegen niemand aus der Ruhe. Kein Snoke, kein Kylo Ren und erst Recht kein Zurco otuk reru. Sie waren nichts weiter als Tyrannen, welche früher oder später ihre Macht verloren. Ein Anführer schuf kein Chaos, er veränderte sein Reich in kleinen Schritten. Kylo Ren hatte durch den Mord seines Meisters die Führung an sich gerissen, sein Ritterpack an Bord gebracht und uns mehr Verluste als Siege beschert. Und dann war er gefallen. Von dem Obersten Anführer schien jede Spur seit der Schlacht um den äußeren Rand von Ziost zu fehlen.
Die Worte meines Vaters hatten sich ein weiteres Mal bewahrheitet. Meine Herrschaft hatte soeben begonnen. Alles was ich jetzt noch tun musste, war die anderen Mitglieder für mich zu gewinnen.
Auf dem Planeten Eadu befand sich ein früherer imperialer Stützpunkt, sowie eine alte Forschungseinrichtung für Kyberkristall Technologie. Ein perfekter Rückzugsort, um die Truppen neu zu formieren und einen vergeltenden Gegenangriff zu planen.
„Leutnant" stoppte ich Mitaka in der Tür, der im Begriff war sich davon zu stehlen. Dieser Junge hatte wirklich noch viel zu lernen, wenn er eines Tages eine der führenden Positionen übernehmen wollte.
"Ja Sir?" drehte sich der Angesprochene um und schluckte schwer. An alles musste man selbst denken.
"Sie haben vergessen mir den aktuellen Lagebericht mitzuteilen." half ich ihm auf die Sprünge und sah ihn erwartungsvoll an.
"Oh natürlich!" Hastig zog er sein Holopad wieder hervor.
"Wir haben neben der Steadfast drei weitere Begleitschiffe verloren, auf denen sich der Großteil unserer Vorräte befand. Unsere Besatzung ist ungefähr um die Hälfte dezimiert, aber Captain Canady hält es nicht für ausgeschlossen, dass noch weitere Rettungskapseln zu uns stoßen werden. Notwendige Reparaturarbeiten haben bereits begonnen." Nervös fuhr sich Mitaka immer wieder durch seine fahrige Frisur.
"Und der Oberste Anführer? Ist er weiterhin unauffindbar?" kam ich zu dem Thema, was mich momentan neben der Auslöschung der Chiss und Planung meiner Regentschaft am meisten interessierte.
"Ja, Sir" antwortete der Leutnant und ein Gefühl des Triumphs erfasste mich. Monatelang hatte ich einen Plan geschmiedet, um ihn loszuwerden und dann hatte Zurco otuk reru ihn mir einfach aus dem Weg geräumt. Es war mir völlig gleichgültig, ob der ach so mächtige Kylo Ren nun in dem Feuer oder durch eine Kugel aus feindlichen Linien umgekommen war. Hauptsache die Erste Ordnung war für immer von diesem Elend befreit.
"Allerdings wurden mehrere Soldaten Zeuge davon, wie er die Steadfast in seinem Shuttle verließ. Das legt die Vermutung nahe, dass er den Angriff überlebt hat und sich in absehbarer Zeit mit uns in Verbindung setzen wird." Das wäre auch zu einfach gewesen. Aber ich wäre nicht Armitage Hux, wenn ich keinen Plan B parat hätte. Schon vor Wochen hatte ich Tiron Ren entsandt, um die geborgenen Supremacy Teile zu durchsuchen. Der Generalsstab hatte keinerlei Fragen gestellt und Kylo Ren war zu abgelenkt von seinen eigenen Träumereien gewesen, um zu bemerken, dass ein wichtiges Glied in seinem Ritterpack fehlte. Manchmal hatte ich mich gefragt, was oder wer die Ursache für das abwesende Verhalten des Meisters von Ren war. Was konnte so wichtig sein, dass seine Gedanken nur noch darum zu kreisen schienen? Aber so schnell wie meine Neugier kam, so schnell wurde sie durch die Erkenntnis ersetzt, dass ich diese Schwachstelle zu meinem Vorteil nutzen konnte. Selbst die Ritter vermissten ihren Kumpanen nicht, im Gegenteil: Sie wirkten froh darüber, eine Auszeit von ihm zu haben.
Schon bald würde er zurückkehren und mir hoffentlich mein Mittel zum sicheren Sieg bringen. Wenn ich Kylo Ren als den wahren Mörder Snokes entlarven konnte, dann würde nie wieder jemand Zweifel an meinen Führungsqualitäten hegen. Die Machtübernahme würde unbemerkt, beinahe friedlich von statten gehen. Schließlich war ich dann der Mann, welcher die Wahrheit ans Licht gebracht hatte: Kylo Rens Herrschaft hatte von Anfang an auf Lügen basiert. Selbst wenn er es wagen sollte zurückzukehren, würde er keinerlei Zuspruch mehr erhalten. Und dann würde ich ihm endgültig den Gar ausmachen.
"Darf ich Sie etwas fragen, General?" wandte sich Mitaka noch einmal an mich, nachdem ich seine Worte zur Kenntnis genommen und ihm befohlen hatte sich bei den Reparaturarbeiten nützlich zu machen. Dieser Tag steckte voller Überraschungen. Sogar ein Leutnant bemerkte meine Raffinesse und fragte mich um Rat. Und den wollte ich ihm nicht verwehren. Ich nickte ihm zu und er räusperte sich.
"Wie schafft man es? Ich meine Sie sitzen hier, nach so einem niederschmetternden Angriff aus heiterem Himmel und tun so, als wären wir nicht gerade auf der Flucht vor einer riesigen Übermacht. Wie können Sie so ruhig bleiben, obwohl aus allen möglichen Richtungen Feinde auf unseren Tod lauern?"
"Lassen Sie mich Ihnen einen guten Rat geben: Seien Sie auf alles vorbereitet. Spielen Sie jede Schlacht, jede mögliche Verkettung von Ereignissen immer in Ihrem Kopf ab, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Freunde können Feinde, und Feinde können Verbündete werden. Verlassen Sie sich nur auf sich selbst und Sie werden keine Überraschungen erleben."
Ein paar Stunden später stand ich auf einer abgenutzten, imperialen Plattform und organisierte die Verladung unserer übrigen Ressourcen. Man könnte meinen das wäre eine leichte Aufgabe, aber da hatte ich die Rechnung ohne die Sturmtruppler gemacht. Mal wieder gaben sie mir eine glanzvolle Darbietung ihrer Unfähigkeit.
"Ihr vier da drüben! Die Schusswaffen müssen in den anderen Lagerraum! Rechts, nichts links!" schrie ich über das Getümmel hinweg und dirigierte sie mit wilden Handzeichen zum entsprechenden Platz. Kaum hatte ich das erledigt, wartete schon das nächste Problem auf mich.
"Sir, in unserer Liste fehlt noch die genaue Anzahl der verbliebenen TIE-Jäger." kam Offizier Engell auf mich zu geeilt.
"General Parnadee ist für die Luftflotte zuständig. Wenden Sie sich an ihn." versuchte ich ihn abzuwimmeln. Ich hatte schon genug damit zu tun, das hier alles glatt lief. Wie aufs Stichwort rannte nur ein paar Meter entfernt ein Strumstruppler einen Kanister mit Treibstoff um.
"Aber Sir-" Jetzt riss mein Geduldsfaden endgültig und wie um meine Laune weiter zu verschlechtern, brach mit einem Donnern ein Unwetter los.
"Wenden Sie sich an General Parnadee! Sind Sie taub?" brüllte ich Engell an und ließ ihn verdattert im Regen stehen.
"Und du!" Wutentbrannt stiefelte ich zu dem Taugenichts von Sturmtruppler herüber, der wie bedröppelt neben dem auslaufenden Kanister stand. Wie sollte die Erste Ordnung Zurco otuk rerus Flotte in die Flucht schlagen, wenn unsere Armee es nicht einmal fertig brachte, unsere Ressourcen zu verladen?
"Du Hohlkopf! Mach das weg oder ich verdonnere dich zu einem Jahr Sanitärdienst!" machte ich ihm eine klare Ansage und drückte ihm einen Lappen in die Hand. Der Soldat verdrehte bloß die Augen und machte sich widerwillig an die Arbeit. Ich drehte mich von diesem jämmerlichen Anblick weg und nahm ein paar tiefe Atemzüge, um wieder runter zu kommen. Es fehlte nicht mehr viel, bis ich völlig durchdrehte. Doch die Ruhe währte nicht lange, denn es trat schon wieder jemand an mich heran. Wenn das wieder Engell war, dann würde ich ihm eigenhändig den Hals umdrehen und ihn hinunter in die Schlucht neben der Plattform werfen.
"Engell, ich schwöre bei allen Göttern...machen Sie sich aus dem Staub oder ich vergesse mich! Meine Zeit ist viel zu wertvoll, um sie Ihrer sinnlosen Fragerei zu opfern!" sagte ich und unternahm einen halbherzigen Versuch meine vom Regen zerstörte Frisur wieder zu richten. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie schlimm ich gerade aussah, aber immerhin hatte ich nicht solche langen und unbändigen Haare wie Ren. Er sah im Regen bestimmt noch furchtbarer aus, als ohnehin schon. Nicht nur sein Verhalten hatte wie ein Verstoß gegen die Prinzipien der Ersten Ordnung gewirkt, sondern auch sein Aussehen. Es war nur eine Kleinigkeit, aber auch Kleinigkeiten waren von Belang. Ren hatte natürlich von so etwas nicht die geringste Ahnung, was für eine Schande. Wie gerne hätte ich ihm seine Haare eigenhändig abgeschnitten, aber vielleicht bekam ich die Gelegenheit ja noch. Spätestens wenn ich meinen rechtmäßigen Platz als neuer Oberster Anführer einnahm.
"Keine Zeit, Armitage? Nicht mal für einen guten alten Bekannten?" Dieses höhnische Lachen würde ich überall wiedererkennen. Es gehörte nicht Engell oder einem anderen Mitglied der Ersten Ordnung. Es gehörte nicht in dieses System und stand für alles, was ich zutiefst verabscheute. Doch für den Moment musste ich mich wohl oder übel mit ihm arrangieren. Also drehte ich mich um und sah ihm direkt in die Augen. Vor mir stand niemand geringeres als Tiron Ren.
Ich führte ihn zu meinem neuen Quartier, der einzige Rückzugsort an dem wir wirklich für uns waren. Ein paar Soldaten waren gerade dabei die Forschungseinrichtung zu inspizieren und herauszufinden, ob sie als neue Kommandozentrale zu gebrauchen war. Also musste das Schlachtschiff erst einmal bis auf Weiteres als Schlafplatz dienen.
"Auf meinem Weg hierher bin ich einer außerordentlichen Flotte begegnet. Ich dachte es wäre die Erste Ordnung, ich war sogar kurz davor an Bord zu gehen. Bis ich die weißen klauenförmigen Jäger gesehen habe." erzählte der Ritter und ich wusste genau was als nächstes kam.
"Sag mal Armitage, wolltest du die blauen Krieger nicht eigentlich auf unsere Seite ziehen?" fragte er, offensichtlich mehr als amüsiert über meine Niederlage.
"Ja, wollte ich. Und dann haben sie uns ohne ersichtlichen Grund den Krieg erklärt." antwortete ich gepresst, während ich die Tür meines Quartiers öffnete. Ich stand kurz davor meine Beherrschung zu verlieren. Auch wenn die meisten es nicht offen zeigten, gaben mir fast alle die Schuld an unseren Verlusten. Und jetzt durfte ich mir auch noch die gehässigen Bemerkungen dieses Ritters anhören.
"Und fast unsere gesamte Streitmacht ausgelöscht. So ein Pech, ich hätte gern Kylo Rens Reaktion gesehen. Er muss getobt haben wie ein wildes Tier. Es gleicht einem Wunder, dass Sie noch leben, General." fuhr Tiron fort, als er nach mir den Raum betrat und an dem spärlichen Tisch Platz nahm.
"Ren ist verschwunden. Mitten in der Schlacht hat er sich aus der Affäre gezogen und keiner weiß wo er ist." Das war eine Neuigkeit mit der mein Verbündeter nicht gerechnet hatte. Seine Überraschung stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.
"Ihnen ist aber hoffentlich klar, dass sein Verschwinden nichts an unserem Ziel ändert: Ich möchte, dass er beseitigt wird, ein für alle Mal!" stellte der Ritter sofort unmissverständlich klar und erzählte mir danach von seiner beschwerlichen Reise zu den Überresten der Supremacy. Ich hörte nur mit einem Ohr zu, meine Konzentration galt voll und ganz dem Holoprojektor den er in seinem Redefluss zu mir herüber schob.
"Es hat mich Tage gedauert die entsprechenden Kameraaufnahmen zu sichten und auf den Projektor zu übertragen, aber dafür liegt jetzt das perfekte Werkzeug für unsere Rache direkt vor uns." Sorgsam nahm ich den kleinen Projektor an mich. Mein Plan war mal wieder perfekt aufgegangen. Nach so vielen Jahren war endlich die Zeit der Abrechnung gekommen.
"Also hat sich unsere Vermutung bestätigt? Kylo Ren ist Snokes wahrer Mörder?" hakte ich nach, was Tiron Ren lediglich ein zynisches Grinsen entlockte. Ein Glück, dass unser Bündnis bald endete. Der Typ war mir vor unserer Zusammenarbeit nicht geheuer gewesen und auch jetzt rief sein Anblick alles andere als Glücksgefühle in mir hervor.
"Schau doch einfach selbst, Armitage."
Die Wände von Snokes Thronsaal waren genauso rot, wie das Blut seiner unzähligen Opfer. Doch der dunkle Machtnutzer kannte keine Grenzen, wenn es darum ging die Galaxis nach seinen Vorstellungen zu formen. In der Mitte des Raumes, mehrere Meter über dem spiegelglatten Boden befand sich bereits jemand Neues in seiner Gewalt. Ein außergewöhnliches Mädchen. Eine Schrottsammlerin, die aus dem Nichts gekommen war und sich als Jedi entpuppt hatte. Aufmerksam beobachteten die um den Thron postierten Leibwächter ihren Meister dabei, wie er Rey auf grausamste Weise folterte. Einige Meter entfernt zeigte sich dagegen ein völlig anderes Bild. Kylo Ren verharrte in kniender Haltung vor dem Thron und hielt seinen Kopf tief gesenkt. Er konnte ihre Schmerzensschreie kaum ertragen. Schließlich wusste er besser als jeder andere, was es bedeutete Snokes Klauen in seinem Kopf zu haben.
"Oh ja, ich hätte nicht erwartet, dass Skywalker so weise ist. Wir werden ihm und dem Orden der Jedi das Ende angedeihen lassen, das er ersehnt. Nachdem wir die Rebellen vernichtet haben begeben wir uns auf seinen Planeten und löschen die ganze Insel aus." Snokes Stimme triefte vor Genugtuung, als er Luke Skywalkers neue Schülerin auf den Boden fallen ließ. Er hatte sich die Information genommen, die er wollte und dann den Rest weggeworfen. Doch so einfach gab Rey sich nicht geschlagen. Blitzschnell richtete sie sich wieder auf und griff mit der Macht nach Lukes Lichtschwert, was Snoke neben sich auf die Armlehne seines Thrones gelegt hatte. Amüsiert beobachtete der dunkle Machtnutzer ihren armseligen Versuch Widerstand zu leisten. Gegenstände mit der Macht zu bewegen war ein Trick für unerfahrene Schüler, jedoch nicht für uralte Meister und Überlebenskünstler, wie ihn. Dieses Mädchen war wirklich so überheblich zu glauben, sie könnte sich ihm widersetzen. Und Überheblichkeit musste bestraft werden. Also krümmte Snoke die Finger und ließ den silbernen Lichtschwertgriff an Reys Hinterkopf fliegen, bevor er in einem hohen Bogen zurück an seiner Seite landete.
"So couragiert." bemerkte er und erfreute sich an ihrem stetig wachsenden Hass und Zorn. Zu einer anderen Zeit hätte sie durchaus eine großartige Schülerin abgegeben.
"Jetzt sieh her. " Er zerrte Rey quer durch den Raum, vor ein kugelförmiges Aussichtsfenster. Die Wände des Thronsaals teilten sich und gaben den Blick auf das frei, was vom Widerstand übrig geblieben war: Eine Handvoll Transporter. Anscheinend hatte General Organa auch noch das letzte Kommandoschiff aufgeben müssen.
"Der gesamte Widerstand sitzt in diesen Transportern. Schon bald werden sie alle Vergangenheit sein. Für dich ist alles verloren." Mit Erschrecken sah Rey dabei zu, wie ein Transporter nach dem anderen unter dem feindlichen Beschuss explodierte, während Snokes Gelächter in ihrem Kopf widerhallte. Unfähig seinen Spott weiter zu ertragen, wirbelte Rey mit gefletschten Zähnen herum und griff erneut mit der Macht zu. Aber dieses Mal hatte sie es nicht auf ihre eigene, sondern auf die Waffe von Kylo Ren abgesehen. Weder Snoke noch sein Lehrling hatten mit so einer Verzweiflungstat gerechnet und so flog das Lichtschwert von Kylos Gürtel direkt in ihre Hand. Die rote Klinge schoss zischend hervor, als sie die Waffe aktivierte und die Prätorianer machten sich kampfbereit.
"Oh und immer noch dieser glühende Funken Hoffnung. Du besitzt das Temperament eines wahren Jedi!" Mit hoch erhobenen Schwert stürmte Rey geradewegs auf Snoke zu, derselbe zeigte sich allerdings von ihrem Angriff gänzlich unbeeindruckt. Als sie ihn fast erreicht hatte, schleuderte er sie mithilfe der Macht zurück. Das Mädchen kam hart auf dem Boden auf, wobei ihr das Lichtschwert entglitt und nach ein paar kreiselförmigen Umdrehungen vor Kylos Stiefeln zum liegen kam.
"Und deswegen musst du sterben." beendete Snoke seinen Satz und nutzte abermals die Macht, um Rey auf die Knie hochzuziehen und ihre Arme auf den Rücken zu drehen. Als er sie fest in seinem Griff hatte, wanderten seine Augen zu Ren. Er erwartete einen Tumult verschiedener Emotionen, doch zu seiner Überraschung fand er nichts dergleichen vor. Der junge Solo strahlte Ruhe und Konzentration aus. Er schien endlich sich selbst gefunden zu haben und war bereit seinen Platz als Nachfolger seines Großvaters einzunehmen. Vielleicht hatte er zu vorschnell über ihn geurteilt.
"Mein würdiger Schüler, Sohn der Dunkelheit, rechtmäßiger Erbe des Lord Vader: Wo es einst Konflikt gab, fühle ich nun Entschlossenheit. Wo es einst Schwäche gab, Stärke. Schließe deine Ausbildung ab und erfülle dein Schicksal." sprach Snoke, wohl wissend das Kylo sich nach derartigem Lob seinerseits sehnte. Han Solos Sohn erhob sich und schritt auf Rey zu.
"Ich weiß, was ich zu tun habe." sagte er mit tonloser Stimme und kalten Augen, als er sie erreichte und richtete den Griff seines Lichtschwerts auf die Höhe ihres Brustkorbs.
"Ben!" rief Rey verzweifelt, in der Hoffnung so zu ihm durchzudringen. Auch Snoke wartete auf ein Anzeichen von Schwäche in Kylos Zügen, doch da war nur pure Entschlossenheit.
"Du denkst, du könntest ihn bekehren? Armseliges Kind. Es ist nicht möglich mich zu verraten. Es ist nicht möglich mich zu besiegen. Ich sehe seine Gedanken. Ich sehe seine Absichten, jede einzelne." lachte Snoke und schloss zufrieden die Augen. Er wollte dieses Spektakel in der Macht genießen, seine weltliche Sicht war nur ein farbloser Abklatsch dagegen.
"Ich sehe ihn das Lichtschwert schwenken, bereit loszuschlagen. Und jetzt törichtes Kind zündet er es und tötet seinen wahren Feind!" Es waren die letzten Worte des Obersten Anführers, ehe er von der blauen Klinge in zwei Hälften geschnitten wurde. Seine Arroganz hatte ihn blind gemacht. Kylo hatte nicht nur den Griff seiner eigenen Waffe gedreht, sondern gleichzeitig auch das Lichtschwert seines Onkels, was auf der Armlehne von Snoke ruhte. Sein Meister hatte Recht behalten, er hatte seinen wahren Feind getötet. Nämlich den Mann, der ihn schon sein ganzes Leben lang quälte. Kylo krümmte seine Finger erneut und die blaue Klinge landete in Reys ausgestreckter Hand. Er zündete ebenfalls sein Schwert, während sie aufstand. Sie hatten einen kurzen Augenblick, um einander anzublicken, dann stürmten bereits die Prätorianer in ihren roten Rüstungen heran, um ihren Meister zu rächen. In mehreren Gruppen näherten sie sich, bis an die Zähne mit scharfklingigen Schwertern, Peitschen und Schlachtäxten bewaffnet. Rücken an Rücken, wie eine Einheit, warteten Rey und Kylo auf ihren Angriff.
Es steckte noch viel mehr dahinter, als ich mir hätte ausmalen können. Kylo hatte nicht nur den Obersten Anführer Snoke kaltblütig ermordet, sondern sich darüber hinaus mit dem Feind verbündet. Den Aufnahmen nach zu urteilen war das Mädchen nicht einfach nur eine dreckige Schrottsammlerin für Ren, wie er es all die letzten Monate behauptet hatte. Organas Sohn mochte zwar ein instabiler Mann sein, aber ich hatte noch nie gesehen, dass er eines von Snokes Opfern verschonte. Bis jetzt. Er hatte ihr Leben über das seines Meisters gestellt und für ihre Rettung ohne zu zögern sein eigenes riskiert. Sehr oft war er ohne ersichtlichen Grund verschwunden und paar Tage später wieder aufgetaucht. Jedes Mal hatte er dem Generalsstab eine andere Ausrede aufgetischt, obwohl das Mädchen der Grund war. Während ich und viele andere Offiziere damit beschäftigt waren uns Taktiken zu überlegen und auf entsprechende Signale des Gegners zu reagieren, hatte unser ehrenwerter Anführer nichts besseres zu tun gehabt, als mit der Widerstandsschlampe ins Bett zu steigen. Ein Bild was ich mir äußerst ungern vorstellte. Nicht auszudenken, was er ihr zwischen heimlichen Küssen und Zärtlichkeiten alles ins Ohr geflüstert hatte. Höchstwahrscheinlich hoch geheime Informationen über die nächsten Vorhaben der Ersten Ordnung. Wie sonst hätte dieser jämmerliche Haufen von Rebellen unsere Basis auf Mustafar zerstören können? Ohne seine Hilfe jedenfalls nicht.
"Dieser Betrüger muss auf der Stelle eliminiert werden. Ich gebe heute noch einen offiziellen Fahndungsbescheid an alle Truppen heraus. Kylo Ren hat sich des Hochverrats gegenüber der Ersten Ordnung schuldig gemacht und dafür wird er bezahlen!" schrie ich und schlug in meinem Zorn auf die eiserne Tischplatte. Sie war das einzige was zwischen mir und Tiron Ren stand, der zur Abwechslung mal ernst drein schaute.
"Ja, er muss sterben, aber auf die richtige Art. Zur richtigen Zeit." kommentierte der Ritter nur, seine Augen starr auf das Standbild des Holoprojektors gerichtet: Ren und die Jedi standen mit gezückten Lichtschwertern Seite an Seite. Es wirkte immer noch völlig absurd.
"Was schlagen Sie vor?" erwiderte ich. Es war das erste Mal, dass mich seine Meinung wirklich interessierte. Tiron hasste Ren genauso wie ich, vielleicht sogar noch mehr.
"Ihn einfach nur auszuschalten, wäre zu gnädig angesichts seiner Verbrechen. Ich will ihm solche Schmerzen zufügen, dass er mich anfleht ihn zu töten." stellte mein Verbündeter mir seinen Plan dar und ein wildes Funkeln trat in seine Augen.
"Die Kameraaufnahmen haben uns nicht nur gezeigt, wer Snokes Mörder ist. Wir wissen jetzt auch, wer Rens Schwachstelle ist."
"Das Mädchen." ergänzte ich.
"Das Mädchen." stimmte er mir zu.
"Stellen Sie es sich vor General. Stellen Sie sich vor, wie Ren gefesselt vor Ihren Thron gebracht wird. Stellen Sie sich seinen Blick vor, wenn wir ihm das Mädchen vorführen. Wie er darum bettelt, dass wir sein Leben nehmen statt ihres. Wie er tatenlos dabei zusehen muss, wie die Liebe seines Lebens vor seinen Augen gefoltert wird, bis ihr Herz aufhört zu schlagen." erläuterte mir der Ritter seine Vorstellungen bis ins kleinste Detail. Ich konnte förmliche Rens Schreie in meinen Ohren hören. Es war das perfekte Szenario. Die grausamste Rache.
"Einverstanden." sagte ich lächelnd und wir besiegelten unseren Plan mit einem Handschlag. Rens Tod war von nun an nur noch eine Frage der Zeit.
Nach einer Ewigkeit lade ich auch mal wieder etwas hoch. Fast ganze 4 Monate habe ich hier nichts hochgeladen, was mir wahnsinnig leid tut. Ich hatte öfters mit Schreibblockaden zu kämpfen und sehr viele private Dinge zu erledigen. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass euch das Kapitel gefällt.
Wie fandet ihr Hux Reaktion auf die Kameraufnahmen?
Bis bald,
Eure starline20002 :)
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