Kapitel 33 - Wiedersehen
Revan
Als ich an diesem Morgen mein Quartier verließ, erwartete mich eine unangenehme Überraschung. General Hux hatte sich vor der Tür postiert und auf mein Erscheinen gewartet. Anders konnte ich mir zumindest nicht das Holopad in seinen Händen erklären, auf welchem höchstwahrscheinlich die heutigen Tagesaufgaben aufgelistet waren. In welchem Paralleluniversum lebte er eigentlich, dass er auch nur eine Minute lang annahm, ich würde seine Anweisungen befolgen? Der Einzige, dessen Befehle ich ausführte, war Ben.
"Ich glaube Sie haben die Tür verwechselt, General. Das Quartier des Obersten Anführers befindet sich am anderen Ende vom Gang. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag." versuchte ich mich aus der Misere zu ziehen und ging schnell an Hux vorbei. Der General hatte nicht zu viel versprochen. Seit dem unglücklichen Vorfall in Bens Quartier wurde ich von noch mehr Offizieren belagert und durfte Beschwerden über mich ergehen lassen. Hux schien es förmlich zu genießen uns zur Weißglut zu treiben.
"Nicht so schnell!" Es sollte wohl bei einem Versuch bleiben. Genervt drehte ich mich zu Hux um, mir blieb sowieso nichts anderes übrig.
"Was ist denn noch?" Mir war durchaus bewusst, dass ich mich nicht ewig in meinem Quartier verbarrikadieren und betrinken konnte, angesichts meiner Position bei der Ersten Ordnung und Bens Verfassung. Ich durfte nicht alles riskieren, was ich mir über Jahre hinweg aufgebaut hatte, nur wegen einer Frau. Einer Frau, für die ich etwas empfand, egal wie sehr ich versuchte sie zu vergessen. Vor ihr hatte ich nicht gewusst, dass ich in der Lage war solche Gefühle zu entwickeln. Ich sah sie in den wenigen hellen, aber auch in meinen dunkelsten Stunden, wenn meine Gedanken vom Alkohol benebelt waren.
Ihre Haut, so blau wie die Schmetterlinge, welchen Ben und ich damals als Kinder hinterher jagten. Ihr langes Haar, dass vor lauter Schneeflocken nur so schimmerte. Und die durchdringenden roten Augen, die mich mit jedem Mal vorwurfsvoller ansahen. Ich hatte sie im Stich gelassen.
"Da der Oberste Anführer sich zu diesem Zeitpunkt in einem wichtigen Meeting befindet, kann ich nur mit Ihnen Vorlieb nehmen. Wenigstens einer kommt langsam zur Besinnung." antwortete Hux. Besinnung und Ben? Da konnte ich nur lachen. Der einzige Grund der meinen besten Freund zu diesen öden Besprechungen zog, war die Hoffnung sich so von der Jedi ablenken zu können. Es war mir sowieso völlig schleierhaft, warum sich die beiden so oft stritten, anstatt die ihnen verbleibende gemeinsame Zeit bestmöglich zu nutzen. Schließlich hatten sie doch letztendlich zueinander gefunden, obwohl so vieles gegen ihre Beziehung sprach. Sie hatten all das, was ich mit Zisila niemals haben würde.
"Kommen Sie einfach zum Punkt, General." seufzte ich resigniert, bei dem Anblick von Offizier Quinn der es ebenfalls auf mich abgesehen hatte. Mit schnellen Schritten näherte er sich uns. Vielleicht hätte ich doch lieber in meinem Quartier bleiben sollen.
"Das Schlachtschiff von Captain Canady hat heute Morgen ein Signal abgefangen, was wir nicht entschlüsseln konnten." sagte Hux schließlich und ehe ich weiter nachfragen konnte, mischte sich Quinn in unser Gespräch ein.
"Bei unseren Nachforschungen ist es uns gelungen den Ursprung des Signals zu bestimmen. Es besteht kein Zweifel daran, dass es vom Planeten Csilla aus den Unbekannten Regionen kommt."
"Also hat Zurco otuk reru endlich Kontakt zu uns aufgenommen. Das wurde auch mal Zeit." erwiderte Hux zufrieden und lobte Quinn für seine ausgezeichnete Arbeit. Aber das bekam ich nur am Rande mit. Konnte es sein, dass...Nein, unmöglich. Sie hatte mir schließlich klar zu verstehen gegeben, dass sie mich nie wiedersehen wollte.
"Das glaube ich leider nicht, Sir. Der Anführer der Chiss hätte sich deutlicher ausgedrückt." wandte Quinn ein und las die empfangenen, übersetzten Worte vor.
"Sie sind ungefährlich, aber keiner will es einsehen. Ich bin die Lügnerin, obwohl er unser Volk betrogen hat. Und dafür soll ich den Rest meines Lebens" Da verstummte Quinn urplötzlich.
"Was? Wie geht es weiter?" drängte ich, während sich in meinem Kopf alle möglichen Szenarien abspielten. Diese Nachricht kam zweifellos von Zisila. Es gab niemand anderen auf Csilla, der sich mit diesen Worten an die Erste Ordnung wenden würde.
Die Flaws hatten sich also tatsächlich als ungefährlich herausgestellt, aber niemand schien ihr Glauben zu schenken. Und so wie ich diese Mitteilung deutete, war das noch nicht einmal das schlimmste.
"Das Signal endet an dieser Stelle, Sir." antwortete der Offizier in einem bedauernden Tonfall, bevor er von Hux mit neuen Aufgaben betraut und weggeschickt wurde.
"Wir müssen den Obersten Anführer darüber unverzüglich in Kenntnis setzen." schlug Hux vor und machte sich bereits auf den Weg zum großen Konferenzraum, als ich ihn zurückhielt.
"Das wird nicht nötig sein, General. Ich kümmere mich persönlich darum." sagte ich und ließ ihn ohne eine weitere Erklärung stehen. Nicht einmal von meinem besten Freund konnte ich mich verabschieden, zu sehr lief mir die Zeit davon. Aber ich war mir sicher, dass Ben meine Entscheidung akzeptierte, schließlich wusste er wie es sich anfühlte, wenn eine andere Person plötzlich wichtiger war, als man selbst. Ich musste einfach nach Csilla und mich mit meinen eigenen Augen davon überzeugen, dass es ihr gut ging. Ganz gleich, was zwischen uns vorgefallen war, denn anders konnte ich mit der ganzen Sache nicht abschließen.
Ich passierte die Unbekannten Regionen bei Anbruch der Nacht und nahm direkten Kurs auf Csilla. Es war jedes Mal aufs Neue ein holpriger Ritt, der auch an meinem Schiff nicht spurlos vorüber ging. Ein Glück für mich, dass ich mir über die Jahre hinweg einige Tricks bei meinem besten Freund abschauen konnte. Auch wenn er es niemals zugegeben hätte, aber Ben machte dem Namen Solo alle Ehre, was das Fliegen anging.
Schon bald erreichte ich die ersten empor ragenden Gletscher der weiten Eiswüste, von welcher ich dachte, ich würde sie nie wiedersehen. Wie man sich doch irren konnte. Vorsichtig landete ich das Schiff direkt vor den Stufen des Hauptstützpunktes, darauf bedacht, bei meinem Manöver keines der Häuser des nahe gelegenen Dorfes zu beschädigen. Lange blieb meine Landung nicht unbemerkt. Kaum war ich die Rampe hinunter geschritten, wurde ich von mehreren Soldaten angehalten.
"Vei k'ir vah ran'as?" Verdammt, dieses Mal hatte ich keinen Protokolldroiden dabei. Wie sollte ich ihnen denn begreiflich machen, was ich vorhatte? Ich sprach weder Cheunh, noch konnte ich es verstehen. Der Soldat wiederholte energisch seine Frage und rüttelte mich unsanft an meiner Schulter.
"Ähm ich...also äh" stammelte ich und der Gesichtsausdruck meines Gegenübers verfinsterte sich nur noch mehr. Falls das überhaupt möglich war. Die Chiss waren nicht gerade das freundlichste Volk in der Galaxis.
"Let bav csso!" ertönte es da plötzlich und die Soldaten ließen von mir ab, um Vlasko icar Platz zu machen. Selten war ich so erleichtert gewesen ihn zu sehen. Der Kommandant schien mich wieder zuerkennen, denn er gab mir ein unmissverständliches Zeichen, dass ich ihm folgen sollte. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. In Windeseile erklomm ich die steilen Stufen und folgte Vlasko icar durch den dunklen Gang, welcher direkt in den kunstvollen Thronsaal mündete. Dieser war fast nicht wieder zuerkennen, angesichts der vielen Chiss, welche ein und aus gingen. Wahrscheinlich fiel deswegen meine Begrüßung auch weniger förmlich aus, als bei meinem letzten Besuch. Kaum trat ich durch die Tür, wurde ich auch schon von zwei Soldaten flankiert. Vlasko icar war unterdessen schon bei Zirno doshi angelangt, der in ein tiefes Gespräch mit seinem Vater verwickelt war. Von Zisila fehlte jede Spur, was nur noch mehr Sorge in mir aufsteigen ließ.
Der Kommandant wechselte ein paar Worte mit seinen Vorgesetzten, bevor er sich verneigte und den Saal verließ.
"Warum bist du hier, Ritter?" sprach Zurco otuk reru, als ich vor dem eisernen Thron zum Stehen kam. Ich konnte nicht sagen, ob die Verwunderung in seiner Stimme echt war oder nicht.
"Der Oberste Anführer der Ersten Ordnung, Kylo Ren, schickt mich. Ihr habt uns keinerlei Rückmeldung bezüglich unseres Angebotes zukommen lassen. Wie habt Ihr entschieden?" antwortete ich ihm mit fester Stimme. Auf keinen Fall würde ich sofort meine wahren Absichten durchscheinen lassen. Dafür kannte ich mein Gegenüber zu wenig. Außerdem interessierte es mich wirklich, was er zu diesem Thema zu sagen hatte.
"Das kommt darauf an. Können wir denn noch auf Eure bedingungslose Unterstützung bei der Bekämpfung der Flaws zählen?" warf Zisilas Bruder in den Raum und drehte sich zu mir um. Anscheinend übernahm er nun diese Unterhaltung anstelle seines Vaters.
"Selbstverständlich." versicherte ich ihm sofort. Nur über meine Leiche, würde ich denen dabei helfen eine unschuldige Spezies auszulöschen.
"Nun gut. Mein Vater hat über beide Angebote nachgedacht und sich letztendlich für Eure Seite entschieden. Da Ihr nun schon einmal hier seid, können wir gleich den Vertrag unterzeichnen." erwiderte der Chis daraufhin und winkte einem Soldaten zu, der einen Papierstapel in seinen Händen hielt. Verdammter Mist, in was war ich da nur schon wieder hinein geraten. Ich konnte doch nicht ohne Bens Zustimmung solch ein wichtiges Abkommen mit den Chiss treffen. Vor allem, weil ich eigentlich aus einem ganz anderen Grund hergekommen war.
"Ich fürchte das geht nicht. Ich bin nicht der Oberste Anführer." verneinte ich seinen Vorschlag und trat instinktiv ein paar Schritte nach hinten.
"Da habt ihr Recht, aber Ihr seid einer seiner engsten Vertrautesten. Umso eher wir uns einigen, umso eher gewinnt die Erste Ordnung diesen Krieg und schafft Frieden in der Galaxis. Das wollt Ihr doch, nicht wahr?" Ich nickte, denn damit hatte er ausnahmsweise recht. Der Krieg wütete schon viel zu lange und die meisten schienen inzwischen vergessen zu haben, warum wir uns überhaupt gegenseitig bekämpften. Dabei hatten unterschiedliche Motivationen uns in diese Auseinandersetzung geführt. Meine war die Hoffnung gewesen, sie wiederzusehen. Aber egal auf welchen Planeten ich gekämpft, welche Dörfer und Städte ich durchkämmt und welche Leute ich niedergestreckt hatte, sie war nie dabei gewesen. Alles was mir jetzt noch übrig blieb war, damit klar zu kommen, dass ich meine Schwester für immer verloren hatte. Mit dem Gewissen klar zu kommen, dass sie meinetwegen in den Minen umgekommen war. Mir war bewusst, das ich von vielen verachtet wurde, aber keiner brachte mir so einen Hass entgegen, wie ich mir selbst.
"Ich sehe wir verstehen uns. Nun nehmt Euren Helm ab und kommt hier rüber, um zu unterzeichnen." forderte Zirno doshi mich auf.
"Was hat mein Helm mit der ganzen Sache zu tun?" fragte ich misstrauisch und meine Hand wanderte automatisch zu meiner Axt an meinem Gürtel. Die Züge, die dieses Gespräch annahm, gefielen mir nicht und mein Gefühl schien sich zu bestätigen, denn die Soldaten kamen immer näher. Unbemerkt hatten sie mich von allen Seiten eingekesselt.
"Es ist lediglich eine Sache der Höflichkeit. Mein Vater möchte seinem Gegenüber in die Augen schauen, wenn er ein Abkommen solch einer Wichtigkeit schließt." Diese Erklärung klang zwar einigermaßen plausibel, dem Ganzen trauen tat ich nach wie vor nicht. Allerdings war die Situation so angespannt, dass ich mich dazu entschied seiner Bitte nachzukommen. Eine Eskalation konnte ich mir erst dann leisten, wenn ich wusste wie es um Zisila stand.
"Wo ist eigentlich eure Schwester? Sollte sie nicht bei so einer wichtigen Entscheidung anwesend sein?" Diese Worte sollte ich bitter bereuen. Blut spritzte auf den marmorierten Boden, als die scharfe Schneide der Axt in der Brust des ersten Soldaten verschwand. Mir blieben nur wenige Sekunden, um mit anzusehen, wie der Chis in sich zusammenfiel, bevor mich der nächste Soldat von hinten attackierte. Erst als ich ihm die Axt in den Arm jagte, löste sich sein fester Griff um meinen Oberkörper und der Lauf seinen Blasters bohrte sich nicht länger in meinen Rücken. Mithilfe der Macht beförderte ich ihn an die nächste Wand, wo er seltsam verdreht liegen blieb.
"Was wird hier gespielt zum Teufel nochmal?" fragte ich verbissen nach, nachdem ich noch zwei weitere Soldaten ausgeschaltet hatte. Die anderen verharrten in ihrer Bewegung, als Zirno doshi langsam auf mich zuschritt. Zurco otuk reru hatte sich währenddessen in seinem Thron zurückgelehnt und verfolgte das Geschehen aus sicherer Entfernung.
"Deine Sorge um sie verrät dich. Glaubst du ernsthaft Eindringlinge im verbotenen Gebiet bleiben unbemerkt? Ich wusste von Anfang an, dass meine Schwester das unmöglich allein vollbringen konnte." Die Augen meines Gegenübers funkelten gefährlich.
"Was habt ihr mit Zisila gemacht?" erwiderte ich fest, ohne auf seine vorherige Aussage einzugehen. Anscheinend war das Wesen der meisten Chiss noch kälter als ich angenommen hatte. Nicht einmal zu ihrer eigenen Familie standen sie, wenn es hart auf hart kam. Ihnen ging es nur um sich selbst.
"Sie ist dort, wo Verräter hingehören. Ihr Verhalten hat uns leider keine andere Wahl gelassen." antwortete er unberührt vom Schicksal seiner Schwester.
"Sie ist also eine Verräterin, weil sie die Wahrheit ans Licht gebracht hat? Die Wahrheit darüber, dass ihr eine unschuldige Art auslöschen wollt?" Wutentbrannt stürmte ich auf ihn zu, doch bevor ich nur ansatzweise in seine Nähe kam, wurde ich von mehreren Soldaten überwältigt. Es waren zu viele um eine reale Chance zu haben und ehe ich mich versah, hatte sich schon die Nadel in meine Schulter gebohrt. In diesem Moment war mein Schicksal besiegelt, denn meine Muskeln wurden augenblicklich taub und es würde nicht mehr lange dauern, bis ich endgültig mein Bewusstsein verlor.
"Nicht nur ein Spion der Ersten Ordnung, sondern darüber hinaus ein dreckiger Lügner."
"Spion?" ächzte ich, während ich einige Soldaten mithilfe der Macht von mir stieß, was sie zwar kurzzeitig aus der Fassung brachte, sie aber nicht unschädlich machte. Da ich in dieser eingeklemmten Position weder meine Axt, noch meinen Blaster erreichte blieb mir aber nur dieses Verteidigungsmittel. Es dauerte ein paar weitere Sekunden, bis ich mich auch von den übrigen Soldaten befreit hatte. Danach sackte ich endgültig zusammen und alles wurde schwarz.
Das Erste was ich spürte, als ich langsam wieder zu Bewusstsein kam, war eine warme Hand, die mit meiner eigenen verschränkt war. Je mehr Minuten vergingen, desto mehr fügten sich die Teile zu einem Gesamtbild zusammen. Ihre zierlichen Arme, welche um meinem Oberkörper geschlungen waren. Gleichzeitig fest aber auch tröstend in ihrer Natur, sodass man nicht anders konnte, als sich beschützt zu fühlen. Der behutsame Druck ihrer Finger, als sie ihre Hand immer und immer wieder durch mein Haar fahren ließ. Und dann ihr tränenüberströmtes Gesicht, als ich endlich genug Kraft hatte, um meine Augen blinzelnd zu öffnen. Zisilas Gesicht.
"Du bist hier." hauchte ich, nur um gleich darauf meine Augen zu schließen, weil die Welt sich abermals zu drehen begann. So stark wie mein Kopf dröhnte, hatten die Chiss mich nicht gerade glimpflich davon kommen lassen. Die Schmerzen wurden schnell zur Nebensache, als Zisila sanft ein paar Haarsträhnen aus meinem Gesicht strich, nur um mir anschließend einen Kuss auf die Stirn zu geben. Wenn all diese Strapazen und Risiken nötig waren, um bei ihr zu sein, dann würde ich sie immer wieder auf mich nehmen.
"Ja, das bin ich." erwiderte sie mit tränenerstickter Stimme und lehnte sich leicht zurück, als ich abermals meine Augen aufschlug. Dieses Mal erkannte ich alles klar und deutlich. Wir befanden uns in einem finsteren, kalten Raum, der an einer Seite mit Gittern und einer massiven Tür verkleidet war. Die einzige Lichtquelle war eine alte Gaslampe, wie ich sie aus meiner Kindheit in den Minen kannte, welche direkt über Zisilas Kopf in der Gesteinswand angebracht war.
"Es tut mir so leid." schluchzte sie heftig, während auch ich langsam bemerkte, in welch einer aussichtslosen Situation wir uns befanden. Zwar hielt das Taubheitsgefühl in vielen meiner Muskeln weiterhin an, aber ich schaffte es meine freie Hand an ihre Wange zu legen. Ich konnte es nicht ertragen sie so traurig zu sehen.
"Du musst dich nicht entschuldigen. Ich bin aus freien Stücken hierher gekommen und ich würde es wieder tun, selbst wenn ich die Konsequenzen kennen würde." murmelte ich und strich sanft ihre Tränen weg, die immer mehr zunahmen. Selbst das Sprechen kostete mich immense Kraft.
"Es ist nicht nur das. Ich bereue es so sehr, welche Anschuldigungen ich dir bei unserer letzten Begegnung an den Kopf geworfen habe und das ich einfach abgehauen bin und das ich-" Sie kniff ihre Augen zusammen, als eine neue Welle von Tränen sie überrollte. Niemand hätte übersehen können, wie sehr Zisila von Schuldgefühlen gequält wurde.
"Und das du meinetwegen jetzt auch noch Schmerzen leiden musst." ergänzte sie schließlich, nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, und ihr Blick fiel auf meine aufgeschürften Handknöchel. Das war dann wohl der Zeitpunkt, um einiges klar zu stellen.
"Glaub mir, ich hab schon viel schlimmeres durchgemacht. Und außerdem hätte ich dich nicht einfach küssen dürfen. Wenn hier jemand schuld an dem ganzen Schlamassel ist, dann bin das ja wohl ich." sagte ich drückte ihre Hand, die weiterhin mit meiner eigenen fest verwoben, über meinem Oberkörper lag.
"Trotzdem sind diese Worte unverzeihlich. Natürlich kam der Kuss überraschend für mich, aber ich hätte nicht so reagieren dürfen. Du musst wissen, ich wurde so oft in den letzten Jahren betrogen und verletzt, besonders von den Menschen, die mir nach wie vor nah stehen. Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand sich wirklich aufrichtig für mich interessiert und habe einfach Angst, schätze ich." Spätestens nach diesen Worten waren jegliche, vorangegangene Streitigkeiten vergessen und es bestand kein Zweifel, dass von uns beiden damit eine große Last abfiel. Mit Zisilas Hilfe gelang es mir schließlich mich Stück für Stück aufzurichten und gegen eine Gesteinswand zu lehnen. Die dringend benötigte Verschnaufpause sollte allerdings nicht lange andauern. Kaum hatte sich Zisila zu mir gesetzt, kündigte das Zischen der Tür einen unerwünschten Besucher an.
"Störe ich rein zufällig?" waren Zirno doshis erste Worte, als er die Zelle betrat. Seine Hand fuhr über das heruntergekommene Mauerwerk, während er uns von oben herab betrachtete. Ich hatte angenommen spätestens jetzt würde sich Zisila von mir distanzieren, aber das Gegenteil trat ein. Sie nahm abermals meine Hand, eine winzige Geste, die aber vollkommen ausreichte um ihren Bruder zu provozieren.
"Ich muss sagen, ich bin wirklich enttäuscht von dir, Schwesterherz. Erst verrätst du unsere Familie und jetzt gibst du dich auch noch mit so einem Abschaum ab." Verächtlich fasste er mich ins Auge.
"Du weißt nicht das Geringste über ihn." entgegnete Zisila genauso entrüstet. Mein Herz machte einen lächerlichen Sprung, als ich ihre Worte vernahm. Gab es vielleicht doch die Möglichkeit, dass sie genauso fühlte wie ich?
Nichtsdestotrotz musste ich aber dringend etwas unternehmen, bevor ein Streit zwischen den beiden Geschwistern entbrannte.
"Und was habt Ihr jetzt vor? Sollen wir den Rest unseres Lebens in dieser Zelle hinsiechen, bis eines Tages nichts mehr von uns übrig ist?" ergriff ich das Wort, um die Aufmerksamkeit des hochgewachsenen, kräftig gebauten Chis auf mich zu lenken. Er war zweifellos das Abbild seines Vaters in seinen früheren, jungen Jahren.
"Ich habe eine viel bessere Idee. Da wir nun den unwiderlegbaren Beweis haben, dass ihr euch, als Spion der Ersten Ordnung, in die Angelegenheit unseres Volkes eingemischt habt, bleibt uns nur noch eine gewaltsame Lösung. Unser Vater wird noch heute Nacht eurem System den Krieg erklären." Bevor ich diese Nachricht auch nur ansatzweise realisieren konnte, war Zisila blitzartig aufgesprungen und hatte sich ihrem Bruder in den Weg gestellt. Bevor ich realisieren konnte, dass mein unvorsichtiges Handeln unermessliches Leid über die gesamte Galaxis bringen würde.
"Das wagt ihr nicht! Revan hat es für mich getan, nicht wegen seiner Zugehörigkeit zu der Ersten Ordnung!"
"Es ist einfach unfassbar, wie sehr er dich schon für sich eingenommen hat. Siehst du es denn nicht? Wir haben ihnen unsere Treue geschworen und zum Dank hintergehen sie uns, bevor es überhaupt zu einem Vertragsschluss kommen kann! Wach endlich auf, sie haben den Frieden zwischen unseren Parteien zerstört, nicht wir!" schrie Zirno doshi so laut und wutentbrannt zurück, dass selbst die hinter ihm positionierten Wachen merklich zusammen zuckten. Zisila wich zurück, als hätte er ihr gerade mitten ins Gesicht geschlagen. Wahrscheinlich wäre das sogar weniger schmerzhaft gewesen.
"Du bist genauso wie er. Genauso verrückt, genauso verzehrt nach Macht. Wenn unsere Mutter noch hier wäre, dann würde sie dich nicht mehr wiedererkennen." sagte sie bekümmert und unvergossene Tränen glänzten in ihren Augen.
"Aber sie ist nicht hier, oder? Und genau deswegen müssen wir tun, was getan werden muss. Um zu verhindern, dass noch weitere von uns den Tod finden." Zirno doshi versuchte die Anschuldigungen seiner Schwester nicht einmal zu leugnen. Zu sehr war er davon überzeugt, das Richtige zu tun.
"Indem ihr einen weiteren, sinnlosen Krieg eröffnet? Die Erste Ordnung wird nicht den Hauch einer Chance haben und das weißt du genau!" Ich sah es förmlich vor mir. Es würde noch mehr Zerstörung, Tod, Schmerz geben. Zerbombte Häuser, aufgerissene Gestalten, verwaiste Kinder, Sklaverei. Der schon jetzt längst nicht mehr beherrschbare Krieg würde niemals ein Ende finden.
"Jetzt hört mal zu: Wenn ihr meint jemanden töten zu müssen, um alles wieder in Ordnung zu bringen, dann nehmt mich, anstatt abertausende Unschuldige zu vernichten! Ich bin der Schuldige und zwar ganz allein." räusperte ich mich lautstark und trat neben Zisila.
"Revan, nicht!" flehte die Chis, aber nicht mal sie würde mich von meinem Vorhaben abbringen. Es war das einzig Richtige. Für die Galaxis, für Ben, für die Ritter und ganz besonders für mich. Ich hatte das wohl wichtigste Leben auf dem Gewissen. Das Leben meiner Schwester. Es war nur gerecht, wenn auch ich ging. Selbst wenn ich...selbst wenn ich die Frau zurück lassen musste, der mein Herz gehörte. Für immer.
"Das hättet ihr wohl gern, Ritter!" Ein bitteres Lachen entkam Zirno doshis Kehle, bevor er beschloss, dass wir seine wertvolle Zeit nicht länger in Anspruch nehmen sollten.
"Zirno! Zirno, bitte!" appellierte Zisila noch ein letztes Mal an seine Vernunft, als er sich umdrehte und den Wachen nach draußen folgte. Zirno doshi verharrte kein einziges Mal in seiner Bewegung und mit dem Zischen der Tür nahm das Grauen seinen Lauf.
Rey
"Rey?" Wie so oft in den letzten Tagen, wurde ich von einem lauten Klopfen gegen meine Zimmertür geweckt. Es war eindeutig Connix Stimme. Seit sie meine Situation kannte, sah sie öfters nach mir.
Schlaftrunken setzte ich mich auf und griff nach dem unordentlichen Haufen Klamotten, der neben meinem Bett lag. Die Nacht war wieder einmal zu kurz gewesen.
"Gib mir zehn Minuten!" rief ich in Richtung Connix, als diese mich nach meinem Appetit bezüglich dem Frühstück fragte. Ein zustimmendes Murmeln ertönte von der anderen Seite, während ich mir schnell die erstbesten Kleidungsstücke aus dem Chaos meines Zimmerbodens aussuchte und überstreifte.
Ruckartig blieb ich an der Badezimmertür stehen, als ein Stechen durch meinen Bauch fuhr. Würde das jemals aufhören?
"Rey?"
"Ich muss noch kurz ins Bad. Einen Moment, okay?" Ich wartete erst gar nicht Connix Antwort ab und schloss die Badezimmertür hinter mir zu. Mehrere Minuten saß ich einfach nur zusammen gekrümmt auf den kalten Fließen, bevor die Schmerzen endlich nachließen. Mühsam schleppte ich mich vorwärts zur Kloschlüssel. Für einen kurzen, naiven Moment wirkte alles wie immer. Und dann entdeckte ich die durchgeweichten, roten Flecken auf meiner Unterwäsche. Blut.
"Hey, bist du in Ordnung?" Ich musste schrecklich aussehen, so wie mich Connix gerade musterte. Eine gefühlte Ewigkeit war vergangen, bis ich mich endlich wieder aus dem Badezimmer begeben hatte.
"Ja, alles gut." wehrte ich nur ab, meine Gedanken waren gerade ganz woanders. Und wenn ich das Kind jetzt verloren hatte?
"Sicher? Du wirkst ziemlich durch den Wind." meinte Connix, als wir uns langsam auf den Weg zur Kantine machten. Ich nickte nur bekräftigend und versuchte den kalten Schweiß zu ignorieren, der überall auf meinem Körper ausbrach. Vielleicht war es ja besser so. Ich konnte dem Kind schließlich nicht die glückliche Familie geben, die es brauchte. Und vor allem wurde mir so eine schwierige Entscheidung abgenommen. Aber andererseits hatte ich bereits Gefühle für dieses kleine Wesen, was in mir heran wuchs, entwickelt. Ich konnte nicht so tun, als würde all das spurlos an mir vorbei gehen.
Das erste Mal seit Wochen ging ich wieder mit Finn spazieren. Nach dem Frühstück waren wir uns zufälligerweise vor der Kantine begegnet und er hatte mich nach einem klärenden Gespräch gefragt.
Wie fast jeden Tag schien die Sonne großzügig auf das Basisgebäude und die vereinzelten, angrenzenden Bäume herunter. Es erschien beinahe unmöglich auf Aloga einen verregneten Tag zu erleben. Wir redeten nur über Belangloses, sodass in mir allmählich die Frage aufkam, was er denn nun wichtiges mit mir besprechen wollte. Nicht einmal eine Entschuldigung hatte ich von ihm gehört.
"Rey, ist alles in Ordnung?" fragte Finn verwirrt, als er merkte, dass ich mich gar nicht mehr am Gespräch beteiligte. Sollte ich ihm sagen, was in mir vorging? Das ich schwanger war? Nein, er würde nur Fragen stellen. Und wenn er mich nach dem Vater fragen würde, dann...neue Tränen stiegen hoch, die ich schnell weg blinzelte.
"Ich weiß zwar nicht, was zwischen dir und Poe vorgefallen ist, aber es ist noch nicht zu spät." Entsetzt sah ich ihn an. Dachte er ernsthaft, dass Poe der Grund für meinen Zustand war?
"Ich habe mich bei Poe entschuldigt, aber mehr kann ich nicht tun. Ich liebe ihn nicht." antwortete ich kalt. Kein anderer Mann würde jemals in meinem Leben an erster Stelle stehen, als Ben.
"Worüber wolltest du eigentlich mit mir reden?" warf ich ein, bevor er wieder mit Poe angefangen konnte. Ob er wohl von dem missglückten Liebesgeständnis seines besten Freundes wusste? Das Poe kein Nein akzeptierte wusste ich ja bereits, aber ich dachte wenigstens Finn könnte es. Zumal ihn diese Angelegenheit nicht das Geringste anging.
"Ich sehe doch, dass dich etwas beschäftigt. Wenn es nicht Poe ist, was dann?" Das war ihm aber früh aufgefallen.
"Nichts." sagte ich nur und beschleunigte meine Schritte. Wenn er jetzt erwartete, dass ich mich ihm anvertraute, dann hatte er sich gewaltig geschnitten. Finn schnaubte hinter mir.
"Nichts? Ernsthaft? Ich sehe doch das es anders ist."
Ich wendete mich ab, als ich wieder das schmerzhafte Ziehen in meinem Unterleib spürte. Genauso wie heute Morgen tat es verdammt weh. Aber dieses Mal war es noch um einiges schlimmer.
"Es ist nichts." stieß ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Das Ziehen wurde immer stärker. Ich hätte verdammt nochmal zu Doktor Kalonia gehen sollen, anstatt mich auf dieses Treffen mit meinem besten Freund einzulassen.
"Sprich doch mit mir, Rey! Was ist bloß mit dir los?" schrie Finn aufgebracht.
"Lass mich doch einfach-ahh!" Ich krümmte mich inzwischen vor Schmerzen und die Angst um mein Kind fraß mich förmlich auf. Es konnte doch für dieses ganze Chaos hier nichts.
Ich hörte Finn hinter mir erschrocken aufatmen.
"Rey, was hast du? Rey?" Er stürzte zu mir, als meine Beine unter mir wegknickten. Behutsam schob er seine Arme unter meinen Rücken und verhinderte so meinen Aufprall mit dem Boden.
"Ich weiß es nicht." wimmerte ich und konnte die Tränen nicht länger zurückhalten.
"Ich rufe jemanden, warte!" sagte er schnell, aber da kam zufälligerweise gerade Poe um die Ecke. Seine Augen weiteten sich entsetzt, als er uns beide so sah.
"Poe, ruf Hilfe schnell!" Zum Glück löste sich dieser schnell aus seiner Schockstarre und beorderte per Komlink eine Liege, bevor er zu uns rannte. Ich lag mittlerweile in den Armen von meinem besten Freund, vor Schmerzen komplett verkrampft.
"Finn, es geht ihm nicht gut." schluchzte ich panisch, während unzählige Bilder an meinem inneren Auge vorbei schossen. Ben der sich von mir abwandte, ich allein mit meinem Kind auf Jakku. Und schließlich ein kleiner, lebloser Körper der allmählich im Sand versank. Würde so meine Zukunft aussehen?
Warum nahm mich das alles so sehr mit? Ich hatte doch schon längst den Gedanken an eine glückliche Familie mit Ben verworfen.
"Rey, es wird alles gut." versuchte Finn mich zu beruhigen. Seine Hand strich zärtlich über meine schweißbedeckte Stirn und mein Haar. Doch mir entgingen die sorgenvollen Blicke nicht, die er mit Poe austauschte.
"Nein, es geht ihm nicht gut!" Ich spürte einfach, dass etwas nicht stimmte. Das Baby war doch unschuldig, es konnte nichts dafür. Es hatte es nicht verdient, so zu leiden. Mein Atem ging immer schneller, ich wusste nicht mehr wo oben und unten war.
Und dann entdeckte ich ihn. Ich hatte nicht damit gerechnet, ihn so schnell wiederzusehen, und jetzt stand er nur wenige Meter hinter Poe und betrachtete mich bestürzt. Ich erwiderte seinen Blick verzweifelt. Schaute direkt in diese warmen, braunen Augen. Sie waren ein Punkt, an dem ich mich festhalten konnte.
Rey, was ist passiert?
Ich konnte Ben nicht antworten, zu erschöpft war ich von den Krämpfen und zu sehr war ich mit weinen beschäftigt. Wieso kam er immer wieder zu mir zurück?
"Was meinst du damit, Rey?" fragte Poe besorgt, der an meinem Fußende saß.
"Poe!" Rose, Connix und ein Sanitäterteam kamen um die Ecke gerannt. Mein Sichtfeld schwand und wurde schließlich endgültig schwarz, als mir eine Spritze in den Arm gejagt wurde.
Ich saß wirklich ewig an diesem Kapitel und bin immer noch nicht wirklich zufrieden damit. Vielleicht gefällt es euch ja trotzdem.
Was denkt ihr, wird Ben als nächstes tun, jetzt wo er Rey so gesehen hat?
Ich wünsche euch allen außerdem ein gutes neues Jahr 2021! Feiert so gut es den Umständen entsprechend geht und genießt die gemeinsame Zeit mit eurer Familie und/oder Freunden. Das nächste Jahr kann nur besser werden!
Eure starline20002 :)
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