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Harry PoV
Die vorherige Nacht war die beste, meines Lebens. Mein Kopf lag auf Louis Brust, dessen Arm war um meine Hüfte geschlungen und ich konnte den süßen Duft von Louis einatmen. Es war selten das ich wirklich gut schlief, aber nachdem wir gestern noch einen Film angesehen hatten, schlossen sich meine Äugelein wie von selbst und ich wachte kein einziges Mal auf.
Die Wärme von Louis Körper nahm ich noch am nächsten Morgen wahr, und als ich aufwachte, verspürte ich dieses wohlige kribbeln in mir, das mit solch einem Herzrasen begleitet wurde, dass ich mich fragte, wieso mir mein Herz denn noch nicht raus gesprungen war.
Es dauerte nicht lange, da wachte Louis ebenfalls aus und begrüßte mich mit einem verschlafenen Lächeln. Auch wenn ich am liebsten den ganzen Tag mit ihm im Bett verbracht hätte, standen wir ziemlich bald auf und liefen in die Küche, in der der Tisch schon voller Leckereien geschmückt war. Brotaufstriche wie Nutella, Honig oder Käse ließen meinen Magen knurren, und das vorbereitete Rührei ließ mich ebenfalls beinahe sabbern. Doch ebenso war ich verblüfft: meine Mutter hatte mit schon ewig kein Frühstück mehr zubereitet.
Gestern Abend hatte ich sie nur noch kurz gesehen, nachdem ich in ihr Schlafzimmer gegangen war, und ihr erzählte das Louis doch bei mir übernachten würde. Das Lächeln was sich an dieser Stelle auf ihrem Gesicht ausbreitete, war für mich unbezahlbar. Obwohl sie blass um die Nase war, ihre Haare fertig, und ihr Gesicht ungeschminkt war, bekam sie dieses gewisse glitzern in den Augen und sagte: "Louis macht dich glücklich, oder?"
Und nach kurzem überlegen stimmte ich zu: "Und wie er mich glücklich macht."
Wenn ich bei Louis war, vergaß ich alles um mich herum. Ich bekam dieses Gefühl von Liebe von ihm und ich wusste nicht woran es lag, dass ich mich bei ihm wie unbezahlbar fühlte. Er war so komisch, und verrückt. Hatte so viele Pläne, die für mich total unrealistisch schienen. Wie - das er noch dieses Jahr nach Israel und Spanien fliegen, und in Frankreich studieren will. Er will in den folgenden drei Jahren mindestens weitere 10 Länder gesehen haben, und möchte ein Schulcoach für Schüler werden. Das waren für mich alles Pläne, für die ich weder Geld noch das nötige Selbstbewusstsein hatte. Doch als ich ihm dies erklärte, antwortete er mir: "Das Leben ist zu kurz um über Geld nachzudenken. Ich habe auch kein Geld und gehe. Und das meiste Selbstbewusstsein habe ich ihn Australien mitgenommen, Harry. Auslandsaufenthalte zeigen dir, wer du wirklich bist. Du lernst dich mehr kennen, als in irgendeiner anderen Zeit."
Er war durch und durch ein herzensguter, abenteuerlustiger Junge, dem das Wohlergehen der anderen am Wichtigsten war. Und ich wusste ganz genau, hätte ich das meinem Opa erzählt, würde er mir ebenfalls empfehlen: "Halt ihn fest. Lasse so jemanden niemals aus deinem Leben gehen." Aber wenn Louis tatsächlich diese ganzen Reisen abbrechen würde, wäre er schnell aus meiner kleinen Welt verschwunden. Ich versuchte dennoch Louis Rat zu befolgen.
Ich genoss jetzt die Zeit, die ich noch mit ihm hatte, oder mit ihm haben werde. Das war das wichtigste für diesen Moment. Genießen, und Dankbar sein. Heimlich glaubte ich ja immer noch, dass er ein Engel war, der mir zugeschickt wurde.
Seit wann dachte ich eigentlich so positiv ?
"Das sieht wahnsinnig lecker aus", riss mich Louis plötzlich aus den Gedanken und sofort sah ich zu dem Älteren, der sich bereits an den Tisch gesetzt hatte, und mich erwartungsvoll ansah.
"Hast du das gemacht?", fragte er mich weiter, und verlegen über meine Verpeiltheit, schüttelte ich meinen Kopf und setzte mich neben Louis.
"Meine Mutter hat es anscheinend gemacht", hauchte ich und nahm nachdenklich das Besteck in die Hand. "Das macht sie nur selten. Sie hat eigentlich gar keine Zeit dafür."
Schnell räusperte ich mich nochmal. "Egal, bedien dich. Nimm dir, was du magst."
Der Blauäugige schenkte mir einen sanften Blick, ehe er sich eine Scheibe Brot vom Tisch nahm, und dieses mit Käse und Gürkchen belegte. Ich tat es ihm gleich, doch viel bekam ich wie immer, nicht wirklich unter. Es war wie ein mechanischer Vorgang ohne Geschmack für mich. Ich aß, und meistens war es so, dass mir nach wenigen Bissen der Appetit verging. Doch heute schaffte ich mehr als sonst, und ich hatte das Gefühl, als wäre die Nutella heute besser als in den letzten Tagen.
"Harry Ehm..Ich muss mal mit dir über was ernsteres reden, wenn es okay ist" Ich zuckte zusammen, während nicht nur durch Louis ernste Tonlage sofort alles komisch wurde, sondern ich auch am liebsten direkt wieder alles ausgespuckt- und mich tief in das nächste Loch gekrochen hätte.
"Ja? Um was geht's denn?", fragte ich nach und legte unbewusst das Besteck wieder auf die Seite.
Ich schluckte die letzten Bisse so schwer runter, als wären es Steine.
"Es geht um den 10.09.2015."
Sofort hielt ich mit allem inne und spannte mich so stark an, dass ich meine Hände zu Fäusten bildete, und meine Knochen weiß hervor stachen.
Ich konnte nur gerade auf den Teller starren, nachdem sich mein Herzschlag in binnen von Sekunden verdreifacht hatte und es war wie ein Reflex, als ich abrupt aufstand, und den Stuhl beinahe auf den Boden schleuderte. "Egal um was es da geht, ich will es nicht wissen, tut mir leid", blockte ich sofort hart ab, als ich wahrnahm das er seinen Mund öffnete, und räumte mit zittrigen Fingern den Teller in die Spülmaschine.
Ich spürte, dass dieses Datum einen größeren Effekt auf mich hatte, als alles andere auf dieser Welt, und ich wurde fast panisch, als Louis nicht locker ließ, und meinte, dass es ihm wirklich wichtig wäre, darüber etwas zu sagen.
Meine Finger begannen zu zittern, und mir wurde ganz schwummrig. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und schnell hielt ich mich am Türrahmen fest, um nicht den Boden unter meinen Füßen zu verlieren. Ich wollte diesem Thema schon sehr lange aus dem Weg gehen, und zwang meine Mutter förmlich, diesen Tag nie wieder zu erwähnen.
Aber das Louis ausgerechnet diesen Tag erwähnte, ließ mich blass werden.
"Hey, Harry. Bitte beruhige dich. Ich will nur ..-" Louis unterbrach sich selbst, als ich die Hand anhob und ihn so zum schweigen brachte.
Ich wollte es nicht hören. Egal um was gehen sollte.
An diesem Tag wollte ich mir den letzten Atemzug rauben. Ich wollte mich wortwörtlich in das kalte Wasser schubsen. Ich ertrank schon vorher an meinen Problemen, aber dieses Mal wollte ich wirklich meinen Kopf unter Wasser tauchen, und ihn nicht mehr anheben. Mein Körper erschauderte mit einem mal und schluckend bohrte ich meine Fingerkuppen in meine Hüfte. Alleine wenn ich an diesen schrecklichen Tag, an dem alles schief gelaufen, und zu Boden gegangen war dachte - bekam ich totale Panik und mein ganzes Leben erschien wie ein einziges tiefes Loch.
"Louis du verstehst es nicht. An diesem Tag ist was ganz schlimmes passiert. Bitte hör auf..-"
"Nein. Harry lass mich ausreden bitte."
Zischend unterbrach ich ihn, während sich Tränen in meinen Augen sammelten. Es setzte mich wahnsinnig unter Druck das er nicht aufhörte zu reden, und Louis unaufhörlich weiter starrte. Am liebsten wäre ich sofort in Tränen ausgebrochen und hätte mich in mein Bett verkrochen. Mein Gesicht war schweißnass, sämtliche Sehnen waren an meinem Hals angespannt und meine Miene war schmerzvoll verzerrte.
"Harry..", versuchte der Wuschelkopf nochmal ganz sanft anzusetzen, und wieder versuchte ich ihn mit einem "Du verstehst das nicht", abzurütteln. Aber er ließ nicht locker.
"Doch ich verstehe das", warf er mir entgegen, und in mir sammelte sich nicht nur Wut, sondern auch Enttäuschung und Trauer zugleich.
Ich antwortete ihm nur mit einem festen Kopfschütteln. Ich hielt mir die Ohren zu, in der Hoffnung das ich seinen Worten aus dem Weg gehen könnte. Alles drehte sich in mir. Ich krümmte mich zusammen, spannte mich an, hörte das Blut in meinen Ohren Rauschen.
Doch dann hörte ich plötzlich klipp und klar wie er sagte: "Ich habe dich damals gerettet, Harry."
Ich hielt automatisch mit allem inne. Hielt die Luft an, und nahm die Hände wie in Zeitlupe von meinen Ohren.
"Ich habe dich aus dem See gezogen. Ich habe dir den Kuss des Lebens wieder gegeben. Harry, ich liebe dich über alles. Du bist bei mir sicher."
Er nahm mich auf einmal fest in den Arm, und küsste meine Stirn: "Ich akzeptiere deine Vergangenheit. Und ich werde dir helfen. Egal wo. Ich zeige dir wieder wie man glücklich wird."
Und als ich meinen Kopf anhob, und in seine Augen sah, wusste ich zum aller ersten Mal, wie sich Liebe wirklich anfühlte.
Als ich am Abend darauf nochmal über Louis nachdachte, schmückte sich ein Lächeln auf meine Lippen.
5 Tage dauerte es, bis ich mit ihm überhaupt redete.
5 weitere Tage dauerte es, bis ich ihn an mich heran ließ.
Und danach fing er an, meine Gefühle zu erobern.
Es dauerte nur zehn Tage, ehe er mich immer glücklicher machte.
Glücklicher - nicht glücklich. Aber dafür war ich ab jetzt mehr als Dankbar.
Louis war ein Engel. Mein Engel. Und mit ihm an meiner Seite, veränderte sich mein Leben immer mehr ins bessere.
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