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Louis PoV

Vier Tage später zwängte ich mich wieder in die Schule. Ich trug ein kleines Päckchen namens Angst bei mir herum, dass mich seit dem Vorfall ständig begleitete. Unruhe und Unsicherheit machten mir den Alltag schwer, nachdem ich auch Nachts kaum Schlaf abbekam und ich mich im Minutentakt immer wieder umdrehte weil ich bedenken über die Schule hatte. Aber wie immer, wenn ich mir Sorgen machte, fragte ich mich selbst, was das schlimmste wäre, was mir passieren könnte.

Ich tröstete mich schlichtweg damit, dass ich Harry gerettet hatte. Wer wüsste was sie Harry angetan hätten, wenn ich nicht eingesprungen wäre. Aber immerhin wurden Luke und Sebastian jetzt weg gebracht. Ich wusste nicht genau, was für eine Strafe sie tatsächlich bekamen, aber der Lehrer ermutigte mich damit, dass ich sie erstmal nicht wieder sehen würde.

Unmotiviert betrat ich also langsam das Klassenzimmer. Jeder von ihnen starrte mich erschrocken an. Entweder weil ich so furchtbar entstellt aussah, oder weil ich jetzt schon wieder in der Schule war, obwohl ich zuhause bleiben hätte müssen. Mein Blick huschte nicht wie sonst zu aller erst zu Harry, dessen Augenkontakt ich gerade mied, sondern zu Cole aus meiner Klasse, der Zielgerade auf mich zulief.

Ich erwartete nicht, dass er eine Hand auf meine Schulter legte, und mich lächelnd mit einem: "Wieso bist du in der Schule?", besorgt begrüßte. Das tat er aber.

Perplex sah ich in sein Gesicht, in seine grünen Augen, und leckte mir über meine aufgerissenen Lippen. Für einen Moment starrte ich einfach nur in sein Gesicht, das trockene stellen aufwies, und räusperte mich dann leise.

"Ich will keinen Unterrichtsstoff verpassen", sagte ich ernst und seufzte, als Cole mich nach draußen zog.

Er lief auf den Flur, stützte seinen Arm auf einen der roten Spinde ab, und blickte mir mit ernster Miene entgegen. Sein Blick verunsicherte mich kaum merklich, weswegen ich die Nase kräuselte, und nachfragte, warum er mich denn so unverschämt anstarrte.

Die Antwort ließ kurze Momente auf sich warten, doch als sie ausgesprochen war, lächelte ich schwach.

"Ich will dir ja deine süße Traumblase nicht zerstören, aber Harry ist verdammt undankbar. Wir haben ihn alle darauf angesprochen, und er hat nicht einmal gut von dir geredet. Wir meinten, ob er denn nicht froh wäre, dass sich jemand für ihn eingesetzt hätte, und das einzige was er von sich gab war, dass es ein Fehler war. Er hat sie nicht mehr alle. Louis, ich sag dir das jetzt, damit du dir keine Hoffnungen machst. Oder hat er sich bei dir privat bedankt? Ich glaube nicht."

"Ich habe Harrys Nummer nicht. Wir schreiben nicht."

"Na und?!"

Cole schien durch und durch aufgebracht über den Fakt, dass Harry anscheinend so undankbar war. Als ich zu Lächeln anfing, schüttelte er wild den Kopf, sodass seine dunklen Haare wild umherflogen, und tippte mit seinen Finger fest auf meine Brust, wobei ich sofort scharf die Luft einzog. Entschuldigend blinzelte Cole kurz, ehe er erneut den Kopf schüttelte.

"Wieso lächelst du denn jetzt?", blaffte er mich etwas an. "Findest du das etwa lustig? Du hast dich für ihn eingesetzt, und er redet nicht mal mit dir. Das ist die allerletzte Schublade. Erwartest du denn nichts von ihm? Nicht mal ein Danke?"

"Jeder normale Mensch erwartet ein Danke, aber ich nicht", antwortete ich ihm plump und sah dabei zu, wie sich seine Augen weiteten: "Dir ist das also total egal?"

"Ja. Ich habe gelernt, dass es mir egal ist. Dankbarkeit ist wie eine Rose. Und Undankbarkeit ist wie Unkraut. Und beides gibt es immer, egal wann. Wenn ich erwarte das jemand Dankbar ist, und es dann nicht ist, würde ich mich nur mit dem Kummer plagen. Aber erwarte ich es nicht, ist es eine viel größere Freude und Überraschung."

Ich zuckte mit meinen Schultern, und atmete tief durch, als Cole kein Wort von mir zu verstehen schien. Das war nichts Neues für mich, denn nicht nur Cole und Harry reagierten ständig so, sondern auch fast jeder andere. Und das akzeptierte ich, denn jeder sollte seinen eigenen Weg zum glücklich werden finden. Ich hatte meinen durch unzählige Interviews in Australien gefunden, indem ich nicht nur berühmte Menschen befragte, sondern auch alte, junge, sowie fröhliche Menschen. Alle erklärten sie mir ihre Probleme, ihre Sorgen, oder auch ihre Wege, dass Problem zu lösen. Und ein Spruch, denn ich liebend gelernt hatte war von ihnen beispielsweise: "Nenne das Problem nicht Problem, sondern Herausforderung." Und diesen Schritt befolgte ich auch.

"Jesus heilte damals auch elf Leprakranke an einem einzigen Nachmittag..-" Sofort unterbrach Cole mich: "Lass mich bloß mit diesem Jesus Scheiß in Ruhe Louis", grummelte er vor sich hin aber ich schüttelte den Kopf.

"Weißt du wie viele sich damals bedankt haben? Einer. Ein einziger hat sich damals bei ihm bedankt, obwohl er ihnen allen wahrscheinlich das Leben gerettet hatte. Aber hörte Jesus auf? Nein, er half ständig weiter. Er rettete noch viele anderen Menschen, und das werde ich auch tun. Ich werde auch Harry nicht plötzlich alleine lassen, nur weil er kein Danke gesagt hat. Cole, ich erwarte keine Dankbarkeit, sondern Respekt. Und ich habe Freude am geben und helfen. Selbst wenn ich dafür einstecken muss."

Cole starrte mich unentwegt an und schien aber auf keinen klaren Gedanken zu kommen. Er hatte seine Stirn zu einer nachdenklichen Miene gefaltet, und dennoch verspürte ich ein unnatürliches ziehen in meiner Brust, weil ich mich fragte, ob Cole doch recht hatte, und Harry es gar nicht interessierte, ob ich mich für ihn einsetzte oder nicht.

Bevor ich aber seinen Worten glaubte, lief ich in das Klassenzimmer hinein und wollte mich selbst davon überzeugen. Als ich auf den Lockenkopf zulief, hatte er seine Nase in einem Buch vergraben, und kritzelte wild auf einem Blatt Papier herum. Sobald er mich bemerkte steckte er den Zettel abrupt weg, fuhr sich sichtlich nervös durch die Haare und sah mich an.

Unsere Blicke trafen sich, und während ich schwach lächelte, setzte ich mich neben ihn und stellte meine Schultasche ab. Ich spürte seinen besorgten Blick auf meinem blauen Auge, und als ich plötzlich seine Finger auf meiner Wange spürte, zuckte ich zusammen und bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper.

"Du hättest es nicht tun müssen", hörte ich wenig später seine schüchterne Stimme flüstern, und merkte wie er seine Hand wieder weg nahm. Die Stelle wurde kalt, und sofort vermisste ich das Gefühl seiner warmen Hand.

Ich sah in seine grünen Augen, die immer noch matt und glanzlos waren, bevor ich ihm mitteilte, dass dies selbstverständlich und ein Reflex von meiner Seite aus war.

Das war es auch wirklich. Ich würde es immer wieder tun.

Als der Lehrer das Klassenzimmer betrat, beugte ich mich schnell zu meiner Tasche, holte Stift und Papier hervor. Doch plötzlich spürte ich wieder Harrys Hand ganz vorsichtig an meiner, wobei ich augenblicklich tausende von Schmetterlingen durch meinen Bauch fliegen spürte.

"Danke", hörte ich ihn kaum hörbar flüstern, und als ich zu ihm blinzelte, lächelte er ein wenig.

[hello. Ich denke für nächste Woche kommt erst wieder am Wochenende ein Update. Ich habe unter der Woche echt keine Zeit mehr dafür, wegen Schule und hoffe ihr versteht das.

Wie fandet ihr das Kapitel? Was sagt ihr zu dem Thema Dankbarkeit? Ich finde bitte und danke ist ein muss, sonst mag ich die Person gleich weniger haha

Alles liebe
Jasy 🌙

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