XXXIV
„Und woher?", fragte David den Orangehaarigen.
Dieser sah zu mir und unter seinem eindringlichen Blick wurde ich etwas kleiner. „Von ihrem Vater." Was?! Wie sollte denn mein Vater uns helfen? Abgesehen davon würde er niemals zustimmen. Auch die anderen schienen von der Idee nicht begeistert und Darryl sah seinem Freund ungläubig an. Also begründete Molotov seine Ansicht mit, „Wir haben einen gemeinsamen Feind und daher ist es doch naheliegend, dass wir uns zusammentun."
„Vergiss nicht was das letzte Mal passiert ist. Wir waren kurz davor endgültig Frieden zu haben und dann ging alles bergab!", warf Jessie ein.
Darryl und David fingen nun auch an zu diskutieren und mir blieb nichts anderes übrig als ihnen zuzusehen. Allerdings nervte mich das Ganze irgendwann, weswegen ich sie alle unterbrach. „Stopp! So kommen wir nie zu einer Lösung!" Alle sahen mich überrascht an, also fuhr ich fort. „Ich kann verstehen, dass ihr meinem Vater nicht vertraut. Ich tue es ja auch nicht. Aber er kann uns helfen und deswegen sollten wir es wenigstens versuchen."
„Wir haben es bereits einmal versucht! Und wohin hat uns das gebracht?", knurrte Jessie sauer, die von allen am meisten gegen meinen Vater war.
„Denkst du über den Vorschlag auch nur eine Sekunde nach?", fragte Darryl mit aggressivem Blick auf Jessie. „Wir haben damals nicht zusammengearbeitet. Wenn wir es jetzt tun, dann könnte das uns allen helfen." Dankbar lächelte ich Darryl für seine Unterstützung an.
„Hoffentlich vergisst du bei der ganzen Sache aber nicht, dass ihr Vater es ist, der für Malcoms Tod verantwortlich ist!", fauchte Jessie und ging.
David und Molotov zogen scharf die Luft ein und Darryl hatte die Aussage erstmal den Wind aus den Segeln genommen. Perplex sah er Jessie hinterher. Ich wusste nur zu gut in welchem Zwiespalt er gerade war. Er wünschte meinen Vater den Tod, aber er brauchte auch seine Hilfe.
„Also was machen wir jetzt?", fragte David vorsichtig nach.
Darryl seufzte und schien sich selbst noch uneinig. Dennoch endschied er. „Laila und ich werden ihm mal einen Besuch abstatten. Er kann dann immer noch selbst entscheiden, auf wessen Seite er steht." Mit schnellen Schritten kam er auf mich zu. „Wir werden in einer Stunde wieder da sein. Versucht derweil das Chaos ein wenig aufzuräumen und David du schonst dich gefälligst", bestimmte er, da der Braunhaarige noch immer nicht allein aufrecht stehen konnte.
Als beide nickten, nahm er mich an die Hand und führte mich zu seinem Quad. Oh nein, nicht schon wieder! Darryl lachte als er meinen Blick sah und mit mulmigem Gefühl setzte ich mich hinter ihn. Ähnlich wie das letzte Mal war die Fahrt nicht sonderlich sanft und ich war mehr als froh, dass wir endlich da waren.
„Komm schon, so schlimm ist es doch gar nicht", grinste mich Darryl an.
Ich konnte nur seufzen und die Augen verdrehen. „Oh doch."
Zusammen liefen wir den Weg zur Haustür und da das Auto meines Vaters dastand, konnten wir uns sicher sein, dass er da war. Plötzlich fiel mir etwas ein. „Sag mal...", fing ich zögerlich an und fuhr fort als Darryl mich auffordernd ansah, „Woher wusste Molotov eigentlich wie er das Schloss im Arbeitszimmer zu öffnen hat und woher hatte er das ganze Werkzeug dazu? Ich mein, irgendwas ist da doch verdächtig."
Darryl sah mich zögernd an und es schien als würde er mit sich selbst diskutieren, was und ob er mir antworten sollte. Da er dies aber tat, nahm ich mal an, dass der gute Darryl die Diskussion gewonnen hatte.
„Weißt du, Molotov spricht nicht gerne darüber, aber er hat das alles von seinem Vater gelernt", erklärte er.
„Wie meinst du das?"
„Naja, sein Vater ist sowas wie ein Auftragsdieb. Da gehört es zum Job auch mal Schlösser zu knacken und so verdienen sie sich ihren Lebensunterhalt. Deswegen ist Molotov auch nicht immer da. Er hilft seinem Vater und dadurch bekommen sie auch ne Menge Kohle."
Jetzt machte das alles irgendwie auch Sinn. Doch aus irgendeinem Grund nahm ich es Molotov nicht übel. „Darum hatte er auch den neuen Wagen."
Darryl nickte zur Bestätigung. „Ja, aber er will aus dem Business aussteigen. Das geht nur nicht so einfach und deswegen hält sich seine Begeisterung über das Auto auch in Grenzen."
„Hm." Mein Blick richtete sich wieder nach vorne, denn wir standen nun direkt vor der Haustür. Obwohl Molotov in kriminelle Dinge verwickelt war, tat er mir leid. Sein Vater drängte ihn offensichtlich dazu.
„Versteh mich aber nicht falsch. Er wird nicht zu den Einbrüchen und Diebstählen gezwungen. Er macht es freiwillig, um seinen Vater zu unterstützen", verteidigte Darryl Molotovs Vater.
„Ja, aber wenn er das nicht tun würde, dann hätte er ein schlechtes Gewissen", meinte ich.
Darryl nickte langsam. „Stimmt." Danach klingelte er und ich machte vorsichtshalber einen Schritt nach hinten. Um mir Sicherheit zu geben, griff Darryl nach meiner Hand und drückte sie beruhigend, während er mit seinem gesunden Daume darüberstrich.
Dann plötzlich öffnete sich die Tür.
„Ihr?!", rief mein Vater erstaunt und mit offenem Mund starrte er uns beide an und schien nicht zu wissen, ob unser Erscheinen real oder nur eine Einbildung war.
„Ja, Wir", entgegnete Darryl und er machte eine kurze Pause, um das Knurren in seiner Stimme in den Griff zu bekommen. „Wir wollten mit ihnen reden."
Mein Vater sah uns beide verstört an. „Warum solltet ihr das wollen?! Und über was?"
„Hören sie uns erstmal an", bat Darryl und die beiden lieferten sich Blickduelle. Ich stand nur genervt daneben und fragte mich, ob ich diesen Mann wirklich die letzten Jahre meinen Vater nannte. Gestresst atmete mein Vater aus und strafte die Schultern, ehe er uns widerwillig rein ließ. Ich betrat das Haus nach Darryl und hielt immer noch seine Hand. Wir setzten uns an den Küchentisch und Darryl fing an zu sprechen, als mein Vater ihn abfällig und auffordernd ansah.
„Wir wurden heute Morgen von Ihnen überrascht und es gab einen kleinen Angriff. Sie sind in unser Revier eingedrungen und in letzter Zeit werden es immer mehr. Wenn wir nichts unternehmen, dann leiden wir alle darunter und es wird wieder mehr Morde geben", erklärte Darryl kurz und knapp. „Um es einfach zu sagen, wir brauchen ihre Hilfe."
Ich konnte deutlich sehen, wie schwer dem Schwarzhaarigen diese Worte fielen, weswegen ich ihn aufmunternd anlächelte.
Mein Vater wirkte nachdenklich. Er musste Darryls Worte erstmal verarbeiten. Und als er uns nicht antwortete, ergänzte Darryl noch, „Denken sie an Annabella. Sie wollten ihren Tod rächen. Sie dachten das hätten sie bereits, doch wenn sie ehrlich sind, dann wissen sie, dass dies nicht so ist. Der wahre Feind ist unter uns und er dringt immer mehr vor. Es wird Zeit die alten Geschehnisse zu vergraben und endlich Frieden zu schließen. Und wenn sie das schon nicht für ihre Frau tun, dann wenigstens für ihre Tochter."
Ich hielt den Atem an. Hatte Darryl vielleicht die falschen Worte gewählt?
Mein Vater schien erst entgeistert. Doch dann lehnte er den Kopf zurück und sagte, „Ich helfe euch, aber nur unter einer Bedingung."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top