XXVI
Müde lag ich mit dem Rücken auf Darryls Bett und starrte an die Decke über mir. Mara hatte nicht allzu lange gebraucht, um Darryl zu verarzten. Sie schien geübt darin und ich hatte mir die Frage gestellt, wie oft er sich schon verletzt hatte.
Den restlichen Tag hatte er mir ein wenig sein Heim gezeigt und mir weitere Leute vorgestellt. Die meisten kannten mich schon von damals, ich sie aber nicht.
Am Abend hatten wir dann zusammen mit allen gegessen und ich strafte Molotov immer noch mit meinem Blick, dafür dass er Darryl verletzt hatte. Wenn auch aus Versehen. Und nun waren wir in seinem Zimmer und machten uns bettfertig. Der Schwarzhaarige war mittlerweile damit beschäftigt sich umzuziehen, was ziemlich lange dauerte, da seine Verletzung schmerzte. Auch wenn er das nie zugeben würde.
Der weiche Stoff seines Shirts schmiegte sich an meinen Rücken und zufrieden sog ich tief die Luft und seinen wunderbaren Geruch ein.
„Wir müssen morgen wieder in die Schule", bemerkte er plötzlich und meine kleine Seifenblase der Gemütlichkeit platzte, weswegen ich genervt mit den Augen rollte. „Wir waren heute schon nicht da, Laila", merkte er an.
„Ja, aber paar Tage mehr oder weniger schaden doch auch nicht", versuchte ich ihn umzustimmen.
Doch er ließ nicht mit sich reden. „Auch wenn ich vorher noch nie in der Schule war, Schule ist wichtig."
Grummelnd nahm ich es einfach hin und schloss meine Augen. Von Sara oder meinem Dad hatte ich den ganzen Tag über nichts gehört und war darüber auch ganz froh. Wenn ich ehrlich war, wusste ich auch gar nicht wie ich Sara gegenübertreten sollte. Wäre es besser sie zu ignorieren? Sollte ich ihr Vorwürfe machen? Oder sollte ich ihr eine Chance geben, das Ganze zu erklären?
„Worüber denkst du nach?", wollte Darryl plötzlich wissen und setzte sich zu mir aufs Bett.
Ich seufzte. „Ich weiß einfach nicht, wie ich morgen mit Sara umgehen soll." Meine blauen Augen richtete ich auf ihn. „Sie hat mich die ganze Zeit über angelogen und total falsch beraten."
„Ja, aber sie hat uns auch geholfen. Ohne sie hätten wir es wahrscheinlich nie in die Schule geschafft."
Verteidigte er sie gerade ernsthaft?!
Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum. „Hm kann sein." Plötzlich fiel mir etwas ein. „Was ist eigentlich mit ihr und David? Sind sie zusammen?" Immerhin hatte sie ihn angehimmelt und sie kannten sich ja.
Darryl entwich ein kleines Lachen, was mir unglaublich gut gefiel. „Nein, sie sind nicht zusammen. Um ehrlich zu sein glaub ich sogar, dass David Angst vor ihr hat."
„Angst?", wiederholte ich ungläubig. Wieso sollte er Angst vor ihr haben? Er konnte ihr doch sagen, dass er nichts von ihr wollte.
„Naja", Darryl suchte nach den richtigen Worten, „Er hatte noch nie eine Beziehung mit einem Mädchen und hat Angst davor sie zurückzuweisen. Schließlich will er sie nicht verletzen."
Das klang zwar logisch, aber so konnte das doch nicht weitergehen. Sollte ich wieder mit Sara reden würde dies auf jeden Fall eins der Gesprächsthemen sein.
„Hast du schon mal versucht mit ihm darüber zu reden?"
Er nickte. „Mehr als einmal. Aber das bringt nichts. Zwischen denen funkts immer mal wieder, schon damals. Bisher ist aber nichts passiert." Es entstand eine komische Stille und ich fing an nervös meine Hände zu kneten. „Wir sollten jetzt schlafen gehen", schlug er vor und dich stimmt ihm zu.
Kurze Zeit später lagen wir nebeneinander, hatten aber dem anderen den Rücken zugekehrt. Dennoch spürte ich seine Wärme durch den Stoff durch, da sein Rücken sich stark an meinen drückte, so als wollte er sicher gehen, dass ich noch da war.
Irgendwann wurden meine Augenlider schwer und ich schlief ein.
Der Schlaf war aber mehr als unangenehm. Ich hatte mehrere Alpträume und schwitzte fiel. Zudem wälzte ich mich immer wieder hin und her. Auch wachte ich zwischendurch auf. Die Träume waren mit Sicherheit auch Erinnerungen. Das blöde war nur, dass ich mich danach nicht an sie erinnern konnte. Ich wusste nur noch, dass es schrecklich war und ich froh war, aufgewacht zu sein.
Als ich wieder luftschnappend aufwachte spürte ich einen komischen Druck auf mir. So als würde mir jemand die Luft zum Atmen nehmen.
Verwirrt versuchte ich mich aufzurichten, aber es ging nicht. Vergebens drückte ich gegen den Widerstand. Doch genau dieser bewegte sich nun und der Druck war weg. Erleichtert atmete ich auf.
Jetzt konnte ich auch erkennen, weshalb ich fast erdrückt wurde. Darryl lag mit seinem ganzen Körper auf mir und hatte sich nun auf seinen Armen abgestützt und sah mich besorgt an. Seine grünen Augen leuchteten leicht in der Dunkelheit.
„Darryl?", flüsterte ich mit noch bebender Stimme.
„Shsh", entgegnete er nur und wischte mir über die Wange. Erst da bemerkte ich, dass ich angefangen hatte leicht zu weinen.
Mit besorgten Augen sah er zu mir runter und als noch immer Tränen über mein Gesicht rannen und das Kissen langsam feucht wurde, beute er sich hinunter und küsste sie mir weg. Dabei legte er sich wieder leicht auf mich als wolle er mich beschützen.
„Nicht weinen. Ich kann dich nicht so sehen. Was ist denn los?", wollte er leise mit verzweifeltem Unterton wissen.
„Nur geträumt", antwortete ich und sah weg. Er war so gut zu mir, ich hatte ihn überhaupt nicht verdient, wenn ich ihn ständig zurückwies.
Er legte den Kopf schief, entfernte sich aber nicht von mir. „Nur geträumt? Oder waren es vielleicht auch Erinnerungen?"
„Wahrscheinlich Beides, aber ich kann mich nicht erinnern oder es auseinanderhalten", jammerte ich und Darryl fing wieder an meine Tränen weg zu küssen.
„Das ist nicht schlimm, wir bekommen das schon wieder hin", versicherte er mir und ich fragte mich wie lange er schon so auf mir lag und mich beobachtete.
Tatsächlich wurde ich ruhiger und seine Berührungen gaben mir die Sicherheit, die ich brauchte. Zudem lag er nun komplett auf mir und stützte sich auf seinen Ellenbogen ab, um mir näher zu sein. Unter seinen großen Oberkörper und seinen sanften Blick hatte ich das Gefühl geborgen zu sein und mich verstecken zu können.
Als sein vertrauter Duft mir in die Nase stieg drückte ich mich eng an ihn. Ihn schien das auch zu beruhigen, denn er drückte seinen Kopf an meine Schulter und vergrub sein Gesicht in meinem Haar, wodurch mein Gesicht in seiner Halsbeuge lag.
Ich hoffte einfach noch etwas schlafen zu können, da morgen Dienstag war und somit Schule. Und auch wenn ich keine Lust hatte, so gab es ein was Positives. Darryl würde bei mir sein. Ben würde es nicht mehr wagen mich anzurühren und in unserer kleinen Gruppe fühlte ich mich sicher.
Nur müsste ich mein Schulzeug von Zuhause holen. Doch das würde ich hoffentlich nicht allein müssen. Ich würde nichts mehr allein müssen. Darryl war ab jetzt an meiner Seite. Und jetzt wurde es mir auch klar. Ich wollte nicht mehr ohne ihn sein. Nie mehr.
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