20. Kapitel

Den ganzen restlichen Tag lag ich nur im Bett und habe mir die Zeit mit schlafen oder nachdenken vertrieben. Die folgenden Tage verliefen ebenfalls ruhig und ohne das ich etwas von Noah hörte oder sah. Auch wenn ich es nicht so recht zugeben will, so verletzt es mich schon ein bisschen, das er sich nach dem Kuss nicht mehr hat blicken lassen. Vielleicht habe ich zu viel herein interpretiert, es zu nah an mich heran gelassen. Aber seien wir mal ehrlich, wie hätte ich nicht? Er ist seit meinem ersten Tag da und auch wenn es mir bisher noch nie wirklich aufgefallen ist, ist er immer genau dann da wenn ich jemanden brauche. Also ist es doch nur menschlich das ich mich zu ihm hingezogen fühle und es mich enttäuscht, das ihm wohl nicht so ist.
Es ist wohl töricht zu glauben das daraus jemals mehr werden könnte als es war, ein einfacher Kuss zwischen zwei Menschen die Halt gebraucht haben. Ich weiß das und er ja wohl auch. Dennoch scheint meinem Herz dieses wissen verweigert...

Ich sitze auf meinem Bett und spiele mit dem Stoff meiner Bettdecke um irgendwie die Zeit tot zu schlagen. Immer wieder lasse ich meine Finger über die Enden der Naht hüpfen und fahre die dünnen Fäden nach. Eine triste Beschäftigung die auch nicht lang Wirkung zeigt, jedoch für diesen Moment reicht es.

Körperlich fühle ich mich schon deutlich besser, woran wahrscheinlich die unzähligen Medikamente Schuld tragen, jedoch leidet mein seelisches Wohl. Darunter hier seit Tagen vollkommen allein und eingesperrt zu sein. Was würde ich jetzt für ein Buch geben? Oder zumindest irgendetwas das mir die Zeit erträglicher macht. Sogar über ein Glas, eine Murmel oder eine anderes Stück Stoff würde ich mich freuen...

Ein lautes Klopfen lässt mich hochschrecken. Ohne auf ein 'herein' oder ähnliches zu warten tritt die Person ein, was mir allerdings schon bekannt ist, da es hier irgendwie die Art des Hauses ist keine Antwort zu brauchen egal um was es geht. Ein großgebauter Wachmann mit bernsteinfarbenen Augen und hellbraunem Haar steht vor meinem Bett. Auf seinem Gesicht liegt eine kalte Maske, welche ich nicht zu durchschauen vermag, jedoch schüchtert sie mich nicht mehr ein so wie damals, an dem Tag als ich hier ankam. Damals waren die Wachen für mich gefühllose Ungeheuer gewesen, allein ihre Anwesenheit mit ihren breiten Schultern und den harten Blicken reichten aus um mir eine Gänsehaut über den Körper zu jagen. Heute sehe ich in ihnen nicht mehr, als in gewöhnlichen anderen Vampiren, schließlich kenne ich nun die wahre Bedrohung und weiß wovor ich wirklich Angst haben muss. "Der Prinz verlangt ihre Anwesenheit im Salon." Seine laute Stimme lenkt mich für eine Sekunde davon ab was er gerade gesagt hat. Für Eine Millisekunde Frage ich mich ob ich mich verhört habe, jedoch wird mir der Ernst der Lage bewusst als ich wieder in das harte Gesicht des Wachmanns sehe. Der Prinz.
Bin ich schon bereit zum sterben? Wohl kaum.

Immer weiter werde ich durch die langen Korridore des Schlosses geschubst, was mich einige Male aufkeuchen lässt. Kann man mir nicht einmal eingestehen das ich in einem Bodenlangen Kleid und hohen Schuhen rennen muss? Da kann man nunmal nicht so schnell sein wie die Wachmänner in flachen und bequemen Schuhen, zumindest nicht ohne sich dabei zu verletzen und da ich schon verletzt bin möchte ich ungern die Liste der Ärztin verlängern. An die Gute sollte man hier doch auch mal denken, die hat doch eh schon genug Arbeit, soll sie etwa hier noch mehr bekommen, nur weil hier die Herausforderung von hohen Schuhen nicht anerkannt wird?
Wieder bekomme ich einen Schlag in den Rücken, der mich dazu zwingt noch schnellere Schritte zu machen. Wäre ich in besserer Verfassung hätte ich jetzt dem blöden Arsch von Wachmann hinter mir meine Meinung gesagt, jedoch will ich nicht noch mehr Stress als ich ohne hin schon habe, dazu fehlt mir dafür im Moment jegliche mentale Kraft. Ich darf schließlich nicht vergessen zu wem ich gerade geprügelt werde. Zu dem abartigen Bastard der mir das angetan hat und der an allem Schuld ist, zu dem kranken Psychopathen, dem Schizophrenen Arsch oder wie auch immer man ihn nennen will.

Ich wurde sogar gezwungen mich elegant einzukleiden, für ihn.
In ein marineblaues bodenlanges Kleid bestickt mit tausenden kleinen silbernen Perlen und einem kleinen Gürtel an der Taille haben sie mich gesteckt. Selbst die Haare musste ich mir richten lassen.
Unter anderen Umständen hätte ich dieses Kleid wahrscheinlich bewundert und wäre stolz es tragen zu dürfen, jedoch verabscheue ich es in diesem Moment mehr als alles andere. Weil ich weiß das er es ausgesucht hat, er will das ich es trage, allein das ekelt mich an und macht es für mich untragbar.
Schade um das schöne Kleid.

Die Wachen vor mir verlangsamen ihr Tempo und mein Puls beschleunigt sich um das tausendfache. Je näher wir der imposanten Eichentür kommen, desto unregelmäßiger kann ich atmen. Jeder Schritt in seine Richtung fühlt sich an als würden tausende Metallklotze auf mich niederfallen und mich in die Tiefe reißen. In eine Tiefe aus der ich den Weg nicht raus kenne.
Die Männer treten vor die Tür, klopfen drei mal und öffnen Sie mit einem Ruck.
Ich kralle nervös meine Hände in den seidigen Stoff des Kleides, während sie mich vor sich schieben und somit direkt in den großen Salon. Mit zitternden Knien trete ich ein und zucke zusammen als die schwere Tür hinter mir wieder zufällt. Da stehe ich nun, rausgeputzt wie eine Weihnachtsgans vor einer großen gedeckten Tafel. Äh was zum...?
Ich blinzel einige Male um mir sicher zu sein mich nicht zu täuschen, aber tatsächlich. Vor mir ein riesiger gedeckter Tisch, mitten im Salon versteht sich. Und das ist ja nichteinmal das, was mich so sehr überrumpelt, sondern die überall auf dem Boden verteilten Rosen und Kerzen, ebenfalls die etlichen in edlen alten Vasen angerichteten Blüten auf dem Tisch und den Fensterbänken. Würde nicht ich hier stehen und wäre das hier nicht ein Schloss voller herzloser mordender Vampire hätte man glauben können jemand würde einen Heiratsantrag bekommen oder eine Verlobung würde gefeiert werden. Jedes andere Mädchen wäre wahrscheinlich nun dahin geschmolzen, aber ich kann es nicht. Nicht unter diesen Umständen.

Vollkommen irritiert lasse ich meinen Blick durch den traumhaft geschmückten Raum wandern bis ich an ihm hängenbleibe. Da steht er also, eingekleidet in einen seidenanzug welcher die selbe Farbe trägt wie das Kleid welches er für mich ausgesucht hat. Das weiße Hemd ein stück aufgeknöpft, seine Haare hängen ihm wirr ins Gesicht und auf den Lippen trägt er ein lässiges Schmunzeln. "Jofan" flüstere ich mit zitternder Stimme und mein Herz setzt für eine Sekunde aus. Natürlich wusste ich bevor ich hier hereingekommen bin wer mich hier erwartet, jedoch ihm in die Augen zu sehen, vor ihm zu stehen, ist nochmal etwas ganz anderes. Sofort flackern die Erinnerungen vor meinem inneren Auge auf, wie er mich über den Boden schleift und die Blicke aller Leute die es mit ansahen und nichts taten. Ein eisig kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Wieso muss er mir alles versauen? Wieso zerstört er alles? War das Kleid nicht genug? Jetzt werde ich auch noch nie wieder Rosen und Kerzen anschauen können ohne an ihn und das Geschehene zu denken. Ich spüre wie sich Tränen in meinen Augen sammeln, einfach jede Faser meines Körpers wird zurück versetzt in diese Situation und es raubt mir einfach jegliche Kraft. Ich will sofort rennen, weg von hier, jedoch ist er schneller. Irgendwie scheint er mir meine Panik anzusehen.
Innerhalb von wenigen Sekunden steht er vor mir und hält mich an meinem Handgelenk zurück. Ich versuche mich instinktiv aus seinem Griff zu befreien und zu meiner eigenen Überraschung lässt er es zu. Leicht taumele ich zurück, da ich nicht damit gerechnet habe mich so einfach los reißen zu können. Kurz habe ich das Gefühl so etwas wie Enttäuschung seinerseits wegen meiner Reaktion wahrzunehmen, jedoch muss das gerade einfach nur Einbildung gewesen sein.

Aber bitte was passiert hier? Wo bin ich hier und wieso hat er es einfach so zugelassen das ich seine Hand wegschlage? Wahrscheinlich sehe ich gerade aus wie die Verwirrung in Person, soll es mir recht sein. Das alles ist einfach zu viel, und dieses Ambiente tut meinen Hormonen nicht gut. Ich verstehe einfach nicht was das hier soll...

Jedoch weiß ich eins ganz sicher, ich möchte hier einfach nur weg, weg von ihm.

"Du siehst wunderschön aus." Sagt er mit einem zarten Lächeln auf den Lippen nachdem er mich kurz gemustert hat und reißt mich somit aus meinen Gedanken in denen ich eben schon wieder versunken bin. Vor einiger Zeit hätte mir dieses Lächeln wahrscheinlich eine wohlige Gänsehaut verschafft, doch nun ist alles was es in mir auslöst Abscheu. Ein Hauch von Wut mach sich in mir breit, bei der Dreistigkeit die er hat mir einfach ein Kompliment zu machen nach allem was passiert ist. Soll er sich sein Kompliment sonst wo hin stecken!

Er entfernt sich langsam von mir und gerade als ich denke Ich kann endlich flüchten steht er mit zwei Kristallgläsern und einer Flasche Champagner wieder vor mir. Was soll das denn jetzt? Denkt er etwa ich würde mit ihm jetzt hier einfach stehen und Champagner trinken? Wie wäre es mal mit einem 'tut mir leid das ich dich fast umgebracht habe', doch stattdessen lächelt er mich nur so dumm an und veranstaltet so eine Faß. Er hält mir eines der Gläser hin und lächelt mir ermutigend entgegen. Dieses Lächeln gibt mir dann auch den Rest und macht aus dem Hauch ziemlich schnell einen Orkan.

Ich schlage ihm das Glas aus der Hand und es zerschellt mit einem lauten klirren auf den zuvor aufwendig polierten Mamorfliesen. Die unangenehme Stille, welche zuvor zwischen uns gelegen hat wurde somit gerade beseitigt, denn nun gingen meine Nerven und meine Gefühle mit mir durch. "WAS FÄLLT DIR EIN NACH ALLEM WAS DU MIR ANGETAN HAST MIR SO GEGENÜBER ZU TRETEN!? DENKST DU DIESES WIDERLICHE KLEID ÄNDERT ETWAS DARAN WAS ICH WEGEN DIR DURCHMACHEN MUSSTE?! WIE NAIV UND DUMM MUSST DU SEIN DAS DU GLAUBST ICH WÜRDE HIER JETZT MIT DIR VON DEINEM EKELHAFTEN CHAMPAGNER TRINKEN ALS WÄRE ICH NOCH DEIN EIGENTUM!" Schreie ich ihm wutentbrannt entgegen und entferne mich dabei einige Schritte von ihm, einfach weil ich seine Anwesenheit, seine Nähe nicht ertragen kann, außerdem weiß ich nicht wie gut ich mich noch beherrschen kann, da mir ziemlich danach ist ihn windelweich zu prügeln so wie er es bei mir gemacht hat. Daher ist der Abstand eine ganz gute Idee denke ich.
Dieses wiederliche Fake-Lächeln kann er sich in seinen aufgeblasenen Arsch schieben!

Ich atme einige Male tief durch um mich wieder etwas zu fangen und meine Kraft für das Folgende, was auch immer das sein mag, zu sammeln. Ein... Aus... Ein... Aus....
Voller überschwänglischem Mut hebe ich den Kopf und sehe ihm entgegen. Doch ehrlich gesagt überfordert mich seine Reaktion so um einiges.

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Heute mal ein etwas längeres Kapitel als sonst, ich hoffe es hat euch gefallen!

Bin gerade etwas am vorproduzieren für die nächste Zeit, da ich meinen derzeitigen Schreibfluss mal ausnutzen möchte!

Irgendwie finde ich bisher am besten #Jolina und #Nolina, wer noch mehr Ideen hat ab in die Kommis!!!

Bella :*

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