Kapitel 2 - Wein mit einem Schuss Alkohol

In der riesigen Palastküche roch es nach gebratenem Fleisch, geräuchertem Fisch, gedünstetem Gemüse und noch viel mehr. June hatte den Eindruck, sie sei auf einem Gewürzmarkt gelandet. Die umherwuselnden Köche und Bediensteten ließen einen schnell den Überblick verlieren.

Immer schön an den anderen Bediensteten orientieren, hatte Tilda June eingebläut. Das war gar nicht so leicht, denn diese bewegten sich fast mit der gleichen Geschwindigkeit, in der die Köche ihre Zwiebeln kleinhackten. June war schon bemüht genug, entgegenkommenden Personen auszuweichen, wie sollte sie da ein riesiges Tablett mit lauter Sektgläsern auf ihren Fingern balancieren? Sie hatte sich die Sache wahrlich leichter vorgestellt.

Du musst nur an den Königstisch gelangen, von da an ist alles einfacher, hatte sie gesagt.
Das ist ganz leicht, du schaffst das schon June, hatte sie gesagt. Da war sich das Zimmermädchen nicht mehr ganz so sicher.

Mit zitternden Fingern umklammerte sie die Phiole mit hochkonzentriertem Alkohol, die Tilda ihr gegeben hatte. Etwas mehr Alkohol wird ihn gefügig machen, hatte sie gesagt. Bei dem Gedanken, sie könnte dabei erwischt werden, drehte sich ihr der Magen um. Wieso wollte sie das alles nochmal machen? Achja, um sich den Mann ihrer Träume zu schnappen. Ihr Leben konnte jedoch zum Albtraum werden, wenn June nicht vorsichtig genug war.

So elegant es eben mit einem schweren Tablett auf der rechten Hand ging, bahnte June sich den Weg zum Königstisch. Zuvor hatte sie ausfindig gemacht, welche Diener für die Königsfamilie zuständig waren und war diesen gefolgt. Jetzt durfte doch nichts mehr schief gehen oder nicht?

Genau in diesem Moment wurde sie von einem tanzenden Paar angerempelt. Die Kelche auf ihrem Tablett schwankten gefährlich und drohten umzufallen. Erst im letzten Moment schafft June es, das Tablett in Balance zu bekommen. Scheiße, fluchte June in Gedanken, wenn sie sich nochmal so einen Fauxpas erlaubte, konnte sie direkt schreien: Hallo ich bin doch keine Dienerin und total unfähig für diesen Job!

June versuchte so unauffällig wie möglich weiter auf die lange Tafel zuzugehen, die sich auf einem Podest über die anderen Gäste erhob. Mit jedem weiteren Schritt, den sie näher kam, schlug ihr Herz schneller. Ihre Hände wurden schwitzig und es wurde noch schwieriger, das Tablett auf ihrer Hand zuhalten. Als June dann auch noch Loki erblickte, setzte ihr Herz vollkommen aus, bevor es sich mit extra schnellen Schlägen wieder berappelte. Ihre Beine schienen wie aus Gummi und in ihrem Bauch flatterte eine ganze Armada von Schmetterlingen.

Beruhig dich, June, redete sie sich ein, das ist nur ein Mann...

...Ein äußerst heißer, atrraktiver, muskulöser Mann. Ein Mann, der nur mit einem Wimpernschlag so viel bei mir auslösen kann.

Ab dem Moment seines Anblicks war es mit Junes Konzentration vorbei. Am liebsten hätte sie den Prinzen unter den Tisch gezerrt und sein Leinenhemd ausgezogen, das eh nur locker über seinem Körper hing und Teile seiner durchtrainierten Brust entblößte. Dazu diese unwiderstehliche, schwarze Lederjacke mit den grünen Verzierungen.

June musste ihre Augen zwingen, in eine andere Richtung zu schauen. Sonst hätte sie den Weg zum Königstisch womöglich nicht unbeschadet überstanden. Erst als sie die Stufen zur Tafel hinaufstieg, wagte sie einen Blick in seine Richtung.

Sein grüner Blick ließ ihren Atem stocken.

LOKI LAUFEYSON

Der Festsaal war gefüllt mit Gästen. Gäste von denen ich die Hälfte nie gesehen hatte und von denen ich die andere Hälfte nicht mochte. Gelangweilt lehnte ich mich in meinem sesselartigen Stuhl zurück. Wieso musst ich noch gleich auf diesen blödsinnigen Maskenball? Achja, weil Mutter es für nicht schicklich gehalten hätte, wenn der Prinz von Asgard bei einer so wichtigen Veranstaltung fehlen würde. Erstens war dieser Maskenball von keiner größeren Wichtigkeit und zweitens war Thor schon da. Niemanden hätte es gestört, wenn ich nicht hier meine Zeit verschwendet hätte. Und wie Thor um Aufmerksamkeit buhlen wollte ich schon gar nicht.

Das Pling pling der Harfenmusik ging mir mittlerweile auf die Nerven. Wer diesen Ball organisiert hatte, gehörte verflucht. Und dazu diese dämlichen Masken, die jedes Gesicht bedeckten. Was sollte das? Vielleicht war es auch einfach eine Erfindung für die Hässlichen.

Mein Gesicht schweifte durch die Halle auf der Suche nach etwas Spannendem. Das Aufregenste was in der Zeit passierte, war eine Dienerin, die fast ihr Tablett fallen ließ. Schmunzelnd wand ich meinen Blick wieder ab und legte den Kopf in den Nacken. Wenn nicht in den nächsten zehn Minuten etwas passierte, würde ich dem Maskenball den Rücken kehren.

Als eine weitere Minute verstrich und ich mir gelangweilt Trauben in den Mund warf, veränderte sich plötzlich mein Umfeld. Am Rand meiner Wahrnehmung tauchten intensive Gefühle auf. Normalerweise nahm ich Gedanken und Emotionen nur als dumpfes Hintergrundrauschen wahr, doch besonders intensive Gefühlen hebten sich aus dem Grau der anderen Emotionen ab.

Sofort erwachte ich aus der Trance der Langeweile und suchte mit geschärften Sinnen nach der Person. In einem Saal hunderter Gäste war das schwieriger als gedacht, doch mit jeder Sekunde konnte ich mehr von demjenigen wahrnehmen. Urplötzlich fiel mein Blick auf eine Dienerin. Es war diejenige, die fast ihr Tablett hatte fallen lassen.

Als ich mich auf sie konzentrierte, konnte ich ein Feuer von Emotionen in ihr Spüren. Da war Unsicherheit, Aufregung, Liebe, doch vor allem brennende Leidenschaft. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen, vielleicht konnte der Abend doch noch spannend werden.

Mit genauem Blick beobachtete ich jeden ihrer Schritte. Dann blieb die Dienerin vor mir stehen und ihr grün-grauer Blick traf meinen.

Obwohl eine filigrane Maske die obere Hälfte ihres Gesichts verdeckte, konnte ich ihre Schönheit sofort erfassen. Ihre faszinierenden Augen blinzelten mich kurz an, bevor die Dienerin sie wieder zu Boden richtete. Mein Blick wanderte an ihrem Körper von unten nach oben. Ihr enges, rotes Kleid betonte ihre schlanke Figur und als sie sich überbeugte, um einen Kelch auf den Tisch zustellen, konnte ich einen kurzen Blick auf ihren Ausschnitt erhaschen.

Die Anziehung, die ich für diese Dienerin verspürte, war kaum zu leugnen. Erregt beugte ich mich vor, stützte meine Ellebogen auf die Tischplatte und beobachtete, wie sie weitere Kelche an meine Familie verteilte. Kurz bevor die Dienerin die Stufen nach unten nahm, sah sie sich nochmal kurz nach mir um und ich glaubte, ein Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen.

Als ich einen Schluck von ihrem Wein nahm, überraschte mich kurz seine Stärke. Vielleicht war das aber auch nur eine Nebenwirkung von dieser Dienerin. Klar war jedoch, dass ich sie für diesen Abend nicht mehr aus den Augen verlieren würde.

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