Kapitel 15 - Bei allen Göttern!

June war noch immer verwirrt von Asgards Prinzen, als sie sich auf den Weg zu den Unterkünften der Zimmermädchen machte. Sie stellte sich nach wie vor die Frage, ob Thor immer so höflich und zuvorkommend war oder ihr nur schöne Augen machen wollte? Oder hatte sie sich komplett in seinen Worten und Gesten getäuscht und er hatte nichts anderes gewollt als nett zu sein? Eigentlich war er June immer wie der von sich selbst eingenommene Prinz vorgekommen, der nichts anderes im Sinn hatte als Kampf, Ruhm und Feiern. Vielleicht hatte sie sich ja in ihm getäuscht und Thor war mitfühlender, als es äußerlich schien.

Und dann war da noch sein Bruder, der sie erst geküsst hatte und dann ohne ein weiteres Wort verschwunden war. Was war da schon wieder in ihn gefahren? June schob es einfach auf das plötzliche Auftauchen Thors, das Loki womöglich aus dem Konzept gebracht hatte.

Als sie in den schmalen, hell erleuchteten Gang einbog, in dem auch ihr Zimmer lag, traf sie auf Merena, die June über die letzten Monate mit ihrer schüchternen und liebevollen Art eine gute Freundin geworden war. Erfreut lächelte die kleine, blonde Frau ihr zu, was June erwiderte.

"Hi June, ich hab dich gesucht!", begrüßte Merena sie mit leiser Stimme und blieb vor ihr stehen.
"Schön dich zu sehen, was ist los?", entgegnete June und sah sie fragend an.
"Tilda ist heute zurückgekommen!"

Bei dem Namen ihrer besten Freundin erhellte sich Junes Gesicht und sie hakte breit grinsend nach: "Wirklich? Wo ist sie?"
"In ihrem Zimmer."
"Danke Merena, du bist die Beste!", rief June aus und lief schnurstraks auf das letzte Zimmer im Gang zu. Sie musste Tilda so viel berichten. Gleichzeitig war June auch gekränkt von ihrem Verhalten. Ihre beste Freundin war ohne ein Wort verschwunden, als June sie am nötigsten gebraucht hätte und tauchte plötzlich auf, ohne ihr Bescheid zu geben. Das passte nicht zu ihr. Da musste etwas faul sein. Entweder war Tilda sauer auf sie -June konnte sich jedoch nicht denken weshalb- oder es hatte einen Notfall gegeben.

Mit zittrigen Finger klopfte June an die Tür. Und kaum hatte das kleinere Zimmermädchen die Tür geöffnet, überfiel June sie auch schon mit einer Umarmung.
"Bei Odin, Tilda!", fing June vorwurfsvoll an und schob sie ein Stück von sich weg, um sie näher betrachten zu können, "Was war los bei dir? Ist etwas schlimmes passiert? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!"

Tilda schob die aufgelöste June sanft von sich weg und bedeutete ihr mit einer ausschweifenden Geste, sich auf das Bett zu setzten.
"Es tut mir so Leid, aber es gab einen familiären Notfall", brachte Tilda stockend hervor und setzte sich mit etwas Abstand neben ihr auf die Bettdecke.
Junes riß erschrocken die Augen auf.

"Oh nein, erzähl! Was ist passiert?"
"Meine...meine Tante", berichtete Tilda, es fiel ihr schtlich schwer, darüber zu reden, "Sie lag im sterben. Es ging alles so schnell, sodass ich sofort abreisen musste. Als ich ankam, war sie bereits gestorben."
June sah sie geschockt an. Damit hätte sie nie gerechnet und sofort verrauchte jede Wut auf sie.
"Bei allen Göttern, du Arme. Das tut mir so Leid für dich, komm her", meinte June mitfühlend und zog ihre beste Freundin in eine zweite Umarmung. Hilflos streichelte sie über Tildas Rücken, doch diese entfernte sich schnell wieder von June.

"Sorry, sonst werde ich noch sentimental", erklärte sich Tilda nur und warf ihr ein trauriges Lächeln zu.
"Das ist doch nicht schlimm", beteuerte June und beobachtete mit zusammen gezogenen Augenbrauen die Ringe unter ihren Augen.
"Standest du ihr sehr nahe?"
Tilda nickte nur und wischte sich flüchtig mit dem Handrücken über die Wange.

"Wenn ich irgenetwas für dich tun kann, dann sag es mir", bot June an. Sie fühlte sich so hilflos und unnütz in diesem Moment. Sie konnte es kaum ertragen, wie Tilda stumm vor ihr saß. Ihre Freundin schien wie ausgewechselt.

"Ablenkung wäre nicht schlecht. Gibt es was neues wegen Loki?", wollte Tilda wissen.
June warf ihr einen kritischen Blick zu, denn sie fand es sehr unsentimental, jetzt über ihre Liebesprobleme zu sprechen.
"Fändest du es wirklich okay, darüber zu reden?"
Tilda nickte wieder: "Ja, dann muss ich mir wenigstens keine Gedanken mehr wegen meiner Tante machen."

Obwohl June noch immer nicht ganz überzeugt von der Sache war, tat sie Tilda den Gefallen und erzählte ihr alles was passiert war. Von dem Angriff aus über ihr Techtelmechtel mit Loki auf der Wiese bis hin zu dem Spaziergang mit Thor. Tilda hing gebannt an ihren Lippen und unterbrach sie nicht einmal, fast fehlten June ihre sarkastischen Kommentare.
"...Also, was soll ich nun mit Loki machen? Ich meine, er hat sich mehr oder weniger entschuldigt, aber ich weiß nicht."

"Hmm", gab Tilda von sich und stützte ihr Kinn auf der Handfläche ab. Sehr hilfreich.
"Wann ist er denn mal alleine? Du könntest ansonsten die Gelegenheit nutzen, um nochmal mit ihm zu reden."
June überlegte. Eigentlich gab es einige Moment, in denen Loki keine Gesellschaft hatte und mit seinen Büchern beschäftigt war.
"Nach dem Abendessen mit seiner Familie müsste er alleine in seinem Gemach sein. Außer es gab mal wieder eine Feier, da würde ich keinen Fuß zu späteren Zeiten oder am Morgen in sein Zimmer setzen", antwortete das Zimmermädchen und dachte schmerzlich an den einen Morgen zurück, an dem June ihn mit einer Anderen erwischt hatte.

Tilda lächelte sie aufmunternd an: "Ich würde es einfach versuchen. Aber sprich nochmal mit ihm, dann kannst du vielleicht erfahren, ob er es auch Ernst meint. Berichte mir alles danach. Und was das mit Thor angeht bin ich mir sicher, dass er einen Narren an dir gefressen hat. Wenn das mit Loki nicht klappt, kannst du es ja immer noch mit ihm versuchen."
Tilda zwinkerte ihr verschmitzt dazu.

Das konnte sie doch nicht Ernst meinen?
"Erstens: ich bin nicht an ihm interessiert. Zweitens: was ist mit dir? Hättest du gar nichts dagegen?"
Tilda sah sie verwundert und mit gerunzelter Stirn an: "Wieso sollte ich?"
"Na, du wolltest doch mal was von ihm! Oder hat sich deine Schwärmerei für ihn ins Nichts aufgelöst?"
Junes beste Freundin zuckte mit den Schultern und sah auf die Bettdecke: "Das war einmal. Inzwischen ist mir aufgefallen, was für ein eingeblideter Schnösel er ist."

June fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie ihre Worte vernahm und hielt dagegen: "Zu mir war er nett!"
"Jetzt verteidigst du ihn auch noch? Wenn das Loki hören würde", sagte sie grinsend, "Außerdem ist er nur nett zu dir, weil er dich ins Bett kriegen will."
Ihr Gegenüber atmete empört aus, was war denn mit ihr los? Der Tod ihrer Tante musste Tilda wirklich mitgenommen haben! Andererseits wusste June, dass ihre Aussagen einen großen Wahrheitsgehalt hatten.

"Ich verteidige ihn nicht", nuschelte June und blickte schmollend zu der Kleineren auf.
"Oh doch das tust du. An deiner Stelle würde ich mich von ihm fernhalten, wenn Loki von eurem kleinen Verhältnis nichts spitz bekommen soll."
"Tilda!", rief June empört, schnappte sich ihr Kopfkissen und haute dem Zimmermädchen eins drüber, "Wir haben doch kein Verhältnis! Ja ich finde ihn attraktiv, aber mehr nicht."
Die Angesprochene zog nur eine Augenbraue hoch, setzte jedoch sofort wieder einen neutralen Gesichtsausdruck auf, als June nochmal mit dem Kissen ausholte.

"Ich will nur etwas von Loki", meinte sie dann ruhiger.
"Na dann ist doch alles klar. Wieso fragst du mich noch? Rede mit ihm. Morgen. Wo ist eigentlich sein Gemach?"
"Wenn man vom Festsaal rechts aus der zweitletzten Tür geht, den Gang entlang, nach links, die zweite Tür. Wieso?"
"Ach, nur so. Vielleicht kann ich dir ja mal bei etwas behilflich sein", antwortete Tilda schnell und stand von ihrem Bett auf.

"Ich hole mir etwas zu essen. Kommst du mit?", fragte sie und drückte die Klinke der Zimmertür hinunter. June stand nickend auf und folgte ihr aus dem Zimmer.

"Weiß man eigentlich schon etwas wegen dem Angreifer?", wollte Tilda wissen und bog nach rechts in einen schmalen Gang ab.
"Äh Tilda, hier entlang", lachte June. Ihre Freundin war wirklich nicht ganz auf der Höhe. "Und nein, bis jetzt noch nichts genaues. Selbst Heimdall konnte in den letzten zwei Tagen nichts ausmachen. Der Angreifer muss sich also der Zauberkraft bedient haben. Schon gruselig. Derjenige könnte direkt unter uns sein. Vielleicht bist du es ja."

Tilda warf ihr ein geschockten Blick zu, fing jedoch an zu lachen, als sie Junes mühsam unterdrücktes Grinsen sah.
"Dieser Blick war goldwert", lachte nun auch Letztere und zog die Tür zum Speisesaal auf. Sie war froh, ihre beste Freundin bei sich zu haben.

Niemals hätte sie ahnen können, dass ihre Zweisamkeit nicht mehr lange währen würde.

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Hallo meine lieben Loki-Fans!

Das hier war eher ein Laberkapitel, aber es musste sein.
Endlich ist Tilda wieder zurück, ich habe sie schon vermisst! xD

Seid ihr eigentlich auch schon so gespannt auf die neue Loki-Serie? Die soll ja Anfang Juni rauskommen. Also ich freue mich drauf! :)

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