Kapitel 14 - Von Liebe zu Wut
Thor bot June höflich seinen Arm an, als sie zusammen durch das Birkenwäldchen zum Palast schritten, Es fühlte sich seltsam an, dem Prinzen so nahe zu sein, zumal er Lokis Bruder war. June betrachtete möglichst unauffällig seine hochgewachsene Statur und sein kantiges Gescht. Sein blondes Haar war so lang wie ihres und seine blauen Augen funkelten unter seinen dichten Augenbrauen, als er ihren Blick grinsend erwiderte.
Mist, wieso muss ich Odins Söhne auch immer nur so anstarren?, schallte sich June und wendete ihren Kopf schnellstmöglich dem Palastgarten zu, der mit seinen Rosenbüschen und kleinen Springbrunnen hinter den Blättern der Birken sichtbar wurde.
"Ich muss mich nochmals dafür entschuldigen, dass ich Euch heute wie damals unangemessen gestört habe", durchbrach Thor die Stille, die sie schon den gesamten Waldweg verfolgt hatte.
"Es sei Euch verziehen, ihr verfolgtet ja keine böse Absicht", beruhigte June ihn und schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Thor nickte dankend und fragte: "Wie geht es Euch nun nach dem Angriff, Lady June?"
Das Zimmermädchen blinzelte kurz verwirrt. War es reine Höflichkeit oder machte er sich wirklich Sorgen? Wahrscheinlich Ersteres und sie bildete sich mal wieder zu viel auf seine Worte ein.
"Es geht mir gut, danke der Nachfrage", berichtete June und beugte sich unter einem tief hängenden Ast hindurch, "Die Erinnerungen werden mich wohl für eine Weile verfolgen, doch daran werde ich wohl nichts ändern können."
"Das kann ich Euch bestätigen", meinte Thor und trat auf den hellen Vorlplatz des Palastgartens, auf dem das klare Wasser aus den Springbrunnen um die Wette plätscherte, "Es war sehr nobel von Euch, meinen Bruder zu retten. Ich bin Euch zu Dank verpflichtet."
June spürte, wie seine Augen sie eindringlich taxierten und ließ ein paar Haarsträhnen vor ihr Gesicht fallen.
"Es war meine Pflicht, Ihr müsst mir nicht danken. Nicht dafür", erwiderte June und musste daran denken, dass es eher ein Reflex als eine Heldentat gewesen war, als sie Loki zur Seite gestoßen hatte.
"Da muss ich Euch widersprechen. Nicht jede holde Dame hätte dies getan", beharrte Thor, sein Blick lag noch immer auf ihr. Hatte er sie gerade im Ernst schön genannt? Wenn das Loki hörte, wäre er nicht sehr begeistert.
Als June unsicher zu ihm aufschaute, löste er seinen Blick wieder hastig von ihr und führte sie die Steinstufen in den Bogengang hinauf. Das Ende des zur Seite offenen Gangs war schnell erreicht und Thor hielt vor einer vergoldeten Tür, als er sagte: "Hier muss ich mich leider von Euch trennen, Lady June."
Diese löste sich von seinem Unterarm und deutete einen Knicks an.
"Es war mir eine Ehre, Euch begleiten zu dürfen, mein Prinz", antwortete June in dem gleichen schwulstigen Ton. Wenn Tilda sie hörte, wäre sie wohl längst in ein leicht angeekeltes Gelächter verfallen. Bei dem Gedanken an Tilda verhärtete sich ihr Magen. June musste sie unbedingt finden. Noch heute.
"Auf ein Wiedersehen", verabschiedete sich Thor, nahm ihre zierliche Hand in seine raue, vernarbte und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. June wurde unweigerlich rosig um die Wangen, obwohl ein Handkuss eine übliche Abschiedsgeste in Asgard war. Nur eben nicht so üblich von dem Prinzen. Leicht enttäuscht dachte sie daran, dass Loki nie so höflch zu ihr war.
Als Thor hinter der vergoldeten Tür verschwunden war, erlaubte June sich ein breites Grinsen. Sie musste unbedingt Tilda von allem berichten.
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LOKI LAUFEYSON
Den ganzen Weg in den Thronsaal über konnte ich an nichts anderes denken als an Junes Lippen und ihre weiche Haut. Ihre Küsse hatten sich so intensiv angefühlt wie bei keiner anderen. Als Thor uns unterbrochen hatte, war ich von meinen Gefühlen so überwältigt gewesen, dass ich zu keinem vernünftigen Gedanken mehr fähig gewesen war. Als ich an das überraschte Gesicht meines Bruders und den Blick, den er June geschenkt hatte, zurückdachte, stieg die heiße Wut in mir auf.
Er hatte es mal wieder vermasselt. Niemand darf sie so ansehen wie Thor es getan hatte. Am liebsten würde ich auf direktem Weg umdrehen und meine Faust nähere Bekannschaft mit seinem Gesicht machen lassen. Wie konnte er es auch nur wagen? June gehört alleine mir. Wenn ich auch nur einmal sähe, wie er sie anfasst, gäbe es Streit.
Er war schon immer der Liebling Vaters gewesen, dieser aufgeblasene Schnösel. Ich würde es niemals erlauben ihn mir auch noch June wegnehmen zu lassen.
Und in diesem Moment wurde mir bewusste, dass ich mehr für sie empfand als für irgendeine Frau, mit der ich zusammen gewesen bin.
In Gedanken stieß ich die schwere, goldene Tür zum Thronsaal auf und durchschritt den hohen Saal, der von massiven Säulen gesäumt wurde. Schon von weitem sah ich Vater auf dem erhöhten Thron sitzen und wünschte mir zugleich, ich könne es an seiner statt.
"Loki", hallte es von den Wänden des Saals wider, als Odin sein Wort an mich richtete, "Gut, dass du so schnell kommen konntest, ich habe etwas mit dir zu besprechen."
"Vater", begrüßte ich ihn nickend und wartete, bis er die Treppe zu mir herunter geschritten war.
"Wir wissen nun, dass sich der Angreifer Zauberkraft bemächtigt hat. Frigga wollte deshalb, dass du ihr hilfst, etwas über einen potenziellen Zauber herauszufinden, der es einem Wesen ermöglicht, scheinbar unsichbar durch die sieben Welten zu wandeln."
"Wie du wünschst", antwortete ich angesäuert, nur deshalb hatte er mich so dringend sprechen wollen?"
Ich wollte mich gerade wieder zum gehen wenden, als Vater mich davon abhielt: "Ich habe beschlossen, Thor zu meinem Nachfolger zu erwähnen."
Geschockt blieb ich stehen. Das konnte nicht sein Ernst sein! Er ließ doch nicht wirklich diesen selbstverliebten Tölpel den Thron besteigen?
Auf Fersen drehte ich mich schlagartig zu ihm um.
"Was? Das kannst du nicht wirklich wollen!", rief ich ungläubig und sah mit weit aufgerissenen Augen meinen Vater an, der seine Hand beschwichtigend nach mir ausstreckte. Unglaublich enttäuscht und erzürnt zugleich trat ich einen Schritt zurück. Das durfte einfach nicht sein!
Der Allvater ließ langsam seine Hand sinken. "Die Krönung findet in einigen Monaten statt. Bis dahin wirst du seine Krönung akzeptieren."
Ohne ein weiteres Wort schnellte ich auf den Ausgang des Thronsaals zu. Ich konnte nicht zulassen, dass Vaters Liebling wieder den Vorzug bekam. Es drehte sich alles immer nur um ihn. Thor hier, Thor da. Und dafür hasste ich ihn.
Allein meinem Vater hatte die Welt sein arrogantes und selbstverliebtes Auftreten zu verdanken. Und so einer sollte über alles herrschen? Er konnte noch nicht mal seine Augen von einer Frau lassen, die mir gehörte.
Erbost schlug ich die Tür mit einem Knall hinter mir zu und ging zügig nach draußen auf den Traningsplatz. Ich musste mich irgendwie abreagieren, ansonsten würde Thor nicht mehr länger der Thronfolger sein.
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Hallo ihr Lieben!
Heute mal ein kürzeres Kapitel von mir, das nächste sollte aber wieder länger werden.
Ich muss mich nochmal bei euch für eure Votes und lieben wie lustigen Kommentare bedanken, die freuen mich jedes Mal aufs neue. ♡
Habt einen schönen Tag :)
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