Kapitel 7

"Kiara? Ist alles okay mit dir?"

Langsam, aber sicher komme ich wieder in der Realität an. Ich habe das Gefühl, gerade ein Déjà-vu gehabt zu haben. Nicht nur, weil ich erneut gefragt wurde, ob alles in Ordnung mit mir ist, sondern auch, weil ich weiß, dass ich das, was ich eben gesehen habe, auf jeden Fall schon einmal erlebt habe.

"Ähm, ja", antworte ich meiner Freundin, damit sie sich nicht noch Sorgen macht und ich in Erklärungsnot komme. "Ich war nur in meinen Gedanken. Und ich bin etwas müde, da Shane mich gestern mit seiner Musik wach gehalten hat." Schon wieder eine Lüge, und ich hasse es.

"Und deine Eltern haben nichts gesagt? Ich meine, von meinen Eltern würde er richtig angeschnauzt werden", merkt Olivia schmunzelnd an. "Das weiß ich, weil ich zuhause diejenige bin, die angeschnauzt wird." Nun fangen wir beide an zu lachen.

"Das Ding ist, dass meine Eltern ein Schlafzimmer im Erdgeschoss haben, während Shane und ich unsere Zimmer einen Stock weiter oben haben. Es war jetzt nicht so laute Musik, dass man es unten hören hätte können, aber der Bass ist mir nicht entgangen. Ich habe ja schon von klein auf ein sensibles Gehör." Und jetzt, da ich ein Vampir bin, ist dies noch ausgeprägter, denke ich mir dazu.

"Ja, daran kann ich mich erinnern", entgegnet sie mir und öffnet ihren Spind, um ein Buch herauszuholen. Als sie dieses in der Hand hält und den Spind wieder geschlossen hat, sieht sie kurz auf die Uhr, die an der Wand gegenüber von uns hängt. "Ich gehe dann mal, ich will nicht zu spät kommen. Englisch haben wir ja wieder zusammen, richtig? Dann bis später." Darauf nicke ich nur.

Nachdem meine Freundin gegangen ist, bleibe ich gedankenverloren im Gang stehen. Ich kann es einfach nicht fassen. Gestern hat Stefan mir noch versichert, dass ich ihm vertrauen kann, dass er mir nichts Böses will. Dabei war er derjenige, der dafür verantwortlich ist, dass ich jetzt ein Vampir bin und mein Leben komplett auf dem Kopf steht.

Ohne dass ich es kontrollieren kann, baut sich in mir eine gewaltige Wut auf. Er hätte mir die Wahrheit sagen sollen, aber stattdessen hat er mein Vertrauen missbraucht. Nun verstehe ich auch, warum er nach meinem ersten Flashback so vorsichtig und besorgt danach gefragt hat.

Ich bin auf einmal so wütend auf Stefan, dass ich am liebsten etwas kaputt machen möchte. Deswegen beschließe ich, in eine Art Abstellkammer zu gehen, wo sich einige Unterrichtsmaterialien, die in den Fachräumen kein Platz mehr haben, aber auch Gegenstände, die irgendwann einmal gefunden und nie wieder abgeholt wurden, befinden.

Ich gehe geradewegs auf ein Regal mit solchen Gegenständen zu und stauche einmal dagegen. Entgegen meiner Erwartung kippt das Regal fast um, sodass ich es schnell mit meinen Händen festhalten muss. Anscheinend hatte ich mehr Schwung im Bein, als ich dachte. Allgemein fühle ich mich im Moment sehr stark, angetrieben von meiner Wut.

Im nächsten Moment fege ich alte Bücher, Mäppchen und andere belanglose Dinge von den Brettern. Mir ist durchaus bewusst, dass ich damit einen Lärm verursache, doch das ist mir gerade sowas von egal.

Manche würden mein Verhalten vielleicht für übertrieben empfinden - ich muss in der Tat auch zugeben, dass ich mich so nicht kenne -, aber irgendwie habe ich doch allen Grund dazu.

"Hey, was ist denn da drinnen los?!", höre ich eine männliche Stimme von außen. Wer auch immer dort steht, scheint besorgt zu sein. "Ich komme jetzt herein, okay?" Vermutlich hätte ich ihn abweisen und ihm versichern sollen, dass das nicht nötig ist. Aber ich schweige und lasse ihn eintreten.

Ein Junge, etwa in meinem Alter. Er sieht eigentlich ziemlich süß aus, aber mein Typ ist er nicht wirklich. Da ich ihn zusätzlich nicht kenne, bedeutet er mir rein gar nichts. Wahrscheinlich hindere ich mich auch aus diesem Grund nicht daran, langsam auf ihn zuzugehen, als ich seinen Puls hören kann und mich ein spürbares Verlangen überkommt.

"Ich schätze, du hast einen gewaltigen Fehler gemacht, als du hier eingetreten bist", gebe ich nun von mir und mache den letzten Schritt auf den Jungen zu, sodass ich ihm inzwischen direkt gegenüberstehe. Ich halte ihn an den Schultern und schaue ihm in die Augen. "Sei still und beweg' dich nicht."

Ich bin schon im Begriff zuzubeißen, doch dann werde ich plötzlich zur Seite gerissen. Aus dem Nichts ist ein Mädchen mit welligen, blonden Haaren aufgetaucht. Ich erkenne sie sofort, da sie sich durch das Organisieren einiger Veranstaltungen und die Leitung mehrerer Komitees einen Namen an der High School gemacht hat. Außerdem wurde sie Miss Mystic Falls. Caroline Forbes, die Tochter des Sheriffs.

Nachdem sie den Jungen offensichtlich manipuliert hat zu verschwinden, wendet sie sich sauer an mich: "Ich habe zwar keine Ahnung, wer du bist und was du dir bei der Sache eben gedacht hast, aber das war nicht cool, okay? Du kannst nicht einfach tun und lassen, was du willst. Stell' dir vor, jemand hätte seine Wunde entdeckt und sie sofort mit dir in Verbindung gebracht, weil ihr beide nacheinander aus der Kammer gegangen wärt. Du würdest wirklich in Schwierigkeiten sein."

Zum Ende hin ist sie etwas ruhiger geworden, was dieselbe Wirkung irgendwie auch auf mich übertragen hat. "Ja, es tut mir leid. Ich wollte das eigentlich gar nicht, ich hab... Na ja, die Kontrolle verloren", fange ich an, meinen Blick vor Scham auf den Boden gerichtet. Ich dachte echt, ich könnte Herrscher über meine Triebe sein, denn gestern hat es immerhin bestens funktioniert. Doch soeben hat sich mehr als deutlich gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist.

"Du musst wissen, dass ich erst seit Kurzem ein Vampir bin. Anscheinend brauche ich doch noch ein wenig Übung", fahre ich dann fort. "Besonders für den Fall, dass mich jemand, von dem ich dachte, ich könnte ihm vertrauen, mich bitter enttäuscht." Seinen Namen erwähne ich gezielt nicht, da ich genau weiß, dass Caroline ebenfalls oft mit Stefan abhängt.

"Ich verstehe", erwidert sie darauf. "Weißt du, ich glaube, es wäre das Beste, wenn du das Schulgelände vorerst verlässt, bis du dich vollständig beruhigt hast. Oder ich nehme dich zu mir, dann kann ich vielleicht Fragen beantworten, wenn du welche hast. Meine Mom ist den ganzen Tag über nicht da, von daher ist das in Ordnung. Und einen Tag mal nicht in der Schule zu sein, hat auch noch niemanden umgebracht."

"Danke, Caroline. Das ist wirklich nicht selbstverständlich", bedanke ich mich bei ihr. "Oh, und ich heiße übrigens Kiara."

"Also dann, Kiara", lächelt sie mich an, als wäre nichts vorgefallen. "Ich helfe dir sehr gern, nicht der Rede wert. Bei Gelegenheit können wir ja später noch in den Mystic Grill gehen und ich stelle dir meine Freunde vor."

Auch wenn mir bewusst ist, dass zu diesen Freunden Elena, Stefan und Damon gehören, gefällt mir die Idee. "Klar, gerne."

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Ach, ich liebe Caroline. Am Anfang der Serie konnte ich sie nicht wirklich leiden, aber dann ist sie mir immer mehr ans Herz gewachsen😍

Ich bin ja mittlerweile aus dem Urlaub zurück und mache mich dann langsam wieder an die Arbeit auf Wattpad. Neben dem Schreiben muss ich noch eine letzte Geschichte für einen Award bewerten. Oh, und dann habe ich noch vor, The Originals weiterzuschauen🙈

Wie lange habt ihr noch Ferien und was habt ihr für Pläne?😊

Bis dann❤️

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